Das war’s. Diesmal mit: Fetzenjeans, Er ist wieder da, Problemfrauen und Halloween

28. Oktober 2015 -- Süße Erinnerung von anno dazumal: Damals hatte ich einen guten Freund,...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

dem mei­ne lie­be Oma (gelern­te Schnei­de­rin) ange­bo­ten hat­te, sei­ne Jeans zu fli­cken: „Das ist doch auch kalt, mit all den Löchern!“ Geschich­te wie­der­holt sich, Mode auch. Schlen­de­re an diver­sen Kla­mot­ten­ket­ten vorbei:

Bei den einen sind die Hosen­ris­se streng genormt (an jedem Ober­schen­kel zwei kras­se und aus­fran­sen­de Ris­se, wei­ter unten links und rechts ein klei­ne­rer) bei ande­ren sind sie „indi­vi­du­ell“ ver­teilt. Jeder Lum­pen ein Uni­kat! Zer­ris­se­ne Hosen von der Stan­ge! Beim Eltern­abend kürz­lich zähl­te ich drei Frau­en mit genorm­ten, zwei mit indi­vi­du­el­len Ris­sen. Eine wei­te­re Dame trug mehr Riß als Hose. Der Unter­gang des Abend­lan­des mani­fes­tiert sich auch in Kleinigkeiten.

– – – – –

29. Okto­ber 2015 – Bei uns kur­siert seit lan­gem der Halb­witz, daß man als Kas­sie­re­rin in unse­rem bevor­zug­ten Super­markt min­des­tens zwei die­ser Merk­ma­le als Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zung auf­wei­sen muß (wir leben in einer ten­den­zi­ell pro­le­ta­ri­schen Gegend): Auf­ge­setz­te, ultrab­un­te Fin­ger­kral­len, sicht­ba­re Täto­wie­run­gen, gewag­te (also absicht­lich unna­tür­lich wir­ken­de) Haar­far­ben, Pier­cings. Es ist kaum anders erklär­bar. Gut – vie­le lau­fen so rum, aber jene Kas­se (anders etwa beim ört­li­chen Aldi und Lidl) ist schon eine spe­zi­el­le Wunderkammer.

Eine die­ser Kas­sie­re­rin­nen hat ein auf­fal­lend, über­durch­schnitt­lich hüb­sches Gesicht. In die­ser Hin­sicht gibt es also kei­nen Anlaß für eine kos­me­ti­sche Trotz­re­ak­ti­on. Aber: Sie hat den Groß­teil des Haupt­haa­res rasiert, der Rest ist drei­far­big und kom­pli­ziert gefloch­ten. Allein im Gesicht beher­bergt sie sechs oder sie­ben Pier­cings, im Som­mer sah ich auch ihr Dekol­le­te ver­na­delt. Die Fin­ger­nä­gel sind geschätz­te drei Zen­ti­me­ter lang, der­zeit grün/neonpink und straß­ver­ziert. Auf dem Unter­arm trägt sie einen auf­wen­di­gen Schrift­zug, eine läng­li­che Bot­schaft, die ich auf­grund der außer­or­dent­li­chen Kal­li­gra­phie noch nie ent­zif­fern konn­te. Ihr eines Ohr­läpp­chen ziert ein simp­ler Ste­cker, das ande­re hängt mäch­tig über­dehnt bis auf die Schul­ter, ein gro­ßer brau­ner Knopf mit einem Geheim­zei­chen steckt darin.

Da mei­ne Klei­nen stets nicht umhin kön­nen, pene­trant zu star­ren, hat­te ich ihnen das Phä­no­men mal küchen­psy­cho­lo­gisch erklärt: Daß sich die jun­ge Dame sicher nicht wohl in ihrer Haut füh­le, daß sie ver­mut­lich um Auf­merk­sam­keit kämp­fe etc…. – ich mein, wie sonst erklär ich’s dem Kinde?

Kind Nr. 6 heu­te, gut christ­lich, mit herz­li­cher Inbrunst nach dem Abkas­sie­ren und dem obli­ga­to­ri­schen „einen schö­nen Fei­er­abend noch“ (der Super­markt for­der­te sei­ne Kun­den eine Zeit­lang per Kas­sen­auf­kle­ber auf, Mel­dung zu erstat­ten, falls die­ser Gruß fehl­te!): „Ihnen auch, ich hof­fe, es geht Ihnen bald besser!“

– – – – –

30. Okto­ber 2015 – Er ist wie­der da, ers­tens: Im Reli­gi­ons­kurs der Toch­ter setzt sich die­se Ansicht durch: Die Tat­sa­che, daß ein sol­cher Film gezeigt wer­den dür­fe, ist ein ein­deu­ti­ger Beleg, daß „die Nazis“ wirk­lich wie­der vor der Tür stün­den. In sol­chen Momen­ten kippt mein gele­gent­li­cher Ein­druck, daß gera­de „etwas kippt“ in Deutschland.

Er ist wie­der da, zwei­tens: Ich hat­te kein Inter­es­se am Film und hol­te mei­ne (vom Buch begeis­ter­ten) mit­tel­gro­ßen Kin­der von der Vor­füh­rung ab. Der Strei­fen hat ihnen mit­tel­gut gefal­len. Das letz­te Drit­tel sei schal gewe­sen. „Mama, am Ende blickt der Hit­ler auf Pegi­da-Demos und auf eine Sze­ne, wo Schwarz­ver­mumm­te einen Müll­con­tai­ner anzün­den. Dazu mur­melt er etwas wie ‘Na, damit läßt sich was anfan­gen‘. Gibt’s das eigent­lich in echt, daß Pegi­das Müll­con­tai­ner abfa­ckeln? Oder war das eher… – Mot­to Lügenpresse?“

Er ist wie­der da, drit­tens: Ich höre, wie sich ein paar Müt­ter über den Film unter­hal­ten. Kann es nicht las­sen, ein nach mei­nem Dafür­hal­ten wit­zi­ges Stück Kin­der­mund preis­zu­ge­ben. Mein Sohn hat­te näm­lich gesagt: „Ansons­ten waren im Kino vor allem Älte­re. Die sind bestimmt hin­ge­gan­gen, weil sie den Hit­ler damals selbst live erlebt hat­ten und jetzt mal schau­en wollten.“

Ich hab die­se „Älte­ren“ ja selbst gese­hen, Leu­te im Alter zwi­schen 55 bis 60. Mein süßer nai­ver Sohn! Die Poin­te ver­san­de­te. Mei­ne Ladies sag­ten seuf­zend: Klar, das ist die Gene­ra­ti­on. Folg­te ein kur­zer Dis­put, wann der zwei­te Welt­krieg noch­mal war. Man, also frau, liegt deut­lich aus­ein­an­der. Es gab Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten. Demo­kra­tie muß das ertragen.

– – – – –

31. 10. 2015 – Jedes Jahr an die­sem Tag das glei­che: Nein, wir gehen defi­ni­tiv nicht „Süßes oder Sau­res“ hei­schen. Ihr geht nicht! Aber (Kin­der­kla­ge) das “gan­ze Dorf” sei doch auf den Bei­nen…? Eti­am si omnes, ego non; na klar! gilt das gera­de heu­te. Es gibt Apfel­mus aus dem Gar­ten, ist süß genug.

Die grö­ße­ren Mäd­chen habens längst kapiert, hier geht’s nun um Men­dels­sohns 5. Sin­fo­nie, die Refor­ma­ti­ons­sin­fo­nie. „Man muß es halt lie­ben, trotz allem.“ Ich unter­lie­ge laut beschallt in dem Behar­ren, einen katho­li­schen Haus­halt zu repräsentieren.

Das behal­te ich mir im Gegen­zug (“Mama! Du über­treibst immer!”) vor: Im ers­ten Stock, unse­rer Wohn­eta­ge, einen Eimer kal­tes Was­ser bereit­hal­ten zu dür­fen. Für die soge­nann­ten Kids, die an unse­rer Tür „Süßes oder Sau­res“ zu hei­schen wagen. Sau­res? Immer gern.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (57)

Marcus Junge

31. Oktober 2015 22:39

"Demokratie muß das ertragen."

Nur das Volksherrschaft, mit solchem Volk nicht funktioniert, da selbst die elementarsten Dinge (Wissen) nicht vorhanden sind, aber trotzdem gewählt werden darf. "Mündiger" Bürger geht anders.

Das beste Argument gegen die "Demokratie" sei immer noch ein Gespräch mit dem durchschnittlichen Wähler (Churchill zugeschrieben).

Gustav Grambauer

31. Oktober 2015 23:14

Crashkurs Halloween, vier Minuten ab 14 : 24:

https://www.youtube.com/watch?v=KWl4Gp3AvaI

- G. G.

Meier Pirmin

1. November 2015 04:06

Am frühen Morgen des Allerheiligentages kann ich nur bekennen, wie widerwärtig mir der (im einst christlichen Europa) Ersatzkult von Halloween geworden ist. Ich sage dies als im Prinzip heimatloser Katholik. Immerhin hätte das Ganze, würde man es auf seine Wurzeln zurückverfolgen, mit Totenkult zu tun.

@Junge. Churchill zitieren Sie sonst nicht, wofür ich Verständnis hätte. Immerhin bezeichnete er die Demokratie als die schlechteste aller Staatsformen, mit Ausnahme aller anderen. Dass ein Goethe-Preisträger sich bemüssigt fühlte, nach einer Abstimmung in der Schweiz mit unvorhergesehenem Resultat an der Leipziger Buchmesse von "30 Prozent Idioten" zu reden, mit denen man in jeder Gesellschaft rechnen müsse, ist von mir aus gesehen kein Gegenargument gegen die Demokratie. Diejenigen, die "falsch" stimmen, sage ich als einer, der jeden Tag ein Buch liest, gehören oft zu den sogenannten unteren Bildungsschichten und leben eher in abgelegenen Gegenden als in Städten. Zum Beispiel im Käse produzierenden Greyerzerland, wo ich über die letzten Spuren des Vampirismus im Alpenraum geforscht habe. Mit anderen Worten: die Toten sitmmen mit. Dort, wo sie noch mitstimmen, kommen manchmal überraschende Resultate raus.

"Wir Toten, wir Toten, sind grössere Heere,
Als ihr auf dem Lande, als ihr auf dem Meere!" (Conrad Ferdinand Meyer)

Hoffe, dass dieser Kommentar nicht nur als schräger SiN-Kommentar "leicht daneben" und abschweifend engestuft wird.

RL

1. November 2015 09:14

Da ich in Südbayern lebe, drehe ich mich einmal nach Osten, winke und grüße dann: " Hallo Wien ".
Zum Glück wohne ich etwas abseits, da kommt keiner mit diesem Schmarrn an.

Eisenhans

1. November 2015 10:09

§ Meier Pirmin
Aber Herr Meier, niemand hat jemals behauptet, Ihre Kommentare
seien auch nur im Entferntesten abschweifend....

der Gehenkte

1. November 2015 10:43

Gut zu wissen, daß wir nicht die einzigen sind. In unserer Familie seit Jahren vergleichbare Wahrnehmungen und Diskussionen - bei "Süßes oder Saures auch Differenzen. Focus
gestern sogar mit pädagogischem Furor. Frau meint, das sei immerhin ein soziales Erlebnis für die "Kinder", die bei uns auch schon mal im Zwölferpack und Mannesstimme erscheinen.

Die Frage der Selbstverstümmelungen müßte wirklich mal von allen Seiten beleuchtet werden. Vermutlich käme Entscheidendes zum Vorschein. Von ganz normaler "demokratischer" Verblödung bis hin zu Borderline-Symptomen

Muß Demokratie das ertragen? Muß sie wohl, sind ja ihre höchsteigenen Gewächse (wir übrigens auch). Kann ich das ertragen, das ist die Frage. Der "Spiegel" macht in seinem "Forum Schule - Schülerantworten" daraus ein Gaudium, von Abfuckprämie über Hitlerpunsch bis zur Uhraufführung. Wissen ist bekanntlich relativ und je mehr man weiß, um so sokratischer wird man. Manchmal denke ich, die simplen Seelen haben es doch leichter ...

Ein Fremder aus Elea

1. November 2015 10:50

Süßes oder Saures... hmm... warum nicht Halloween μέλας ζωμός kochen und in Styroporschüsseln anbieten?

Da kann sich doch kein Kind beschweren, passt doch thematisch genau zu Halloween.

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzsauer.

Meier Pirmin

1. November 2015 12:35

@Grambauer. Danke für den Hinweis auf das Gespräch zwischen Jo Conrad und Alexander Wagandt. Die beiden sind weniger blöd wie in Wikipedia hingestellt. Wenn jedoch Jo Conrad unter Recherchieren Googeln versteht und Wagandt mit einem unklaren Begriff von "Bodenrecht" kommt, scheint mir das Gespräch trotzdem noch sehr unausgegoren. Die Bodenideologie erinnert mich u.a. auch an die Zionisten, die auf dieser Grundlage 200 palästinensische Dörfer, darunter das biblische Emaus, glaubten dem Erdboden gleich machen zu dürfen zugunsten einer neu-alten Siedlungspolitik. Man muss anders argumentieren, wenn man einen wahren Kern zum Schutz der Alteingesesessenen herausarbeiten will. Noch interessant: Eine Tochter von mir wollte mich vor mehr als 15 Jahren bei ihrem damaligen Australienauftenthalt um 50 000 Dollar anpumpen. Dann dürfe sie dort bleiben! Eine solche Geschichte erzeugt heute in Europa Rührung. Glücklicherweise kam sie wieder heim, nicht bloss, weil ich nicht zahlte.

Stephan

1. November 2015 12:53

Beim Elternabend kürzlich zählte ich drei Frauen mit genormten, zwei mit individuellen Rissen. Eine weitere Dame trug mehr Riß als Hose. Der Untergang des Abendlandes manifestiert sich auch in Kleinigkeiten.

Hoffentlich nicht Ihr Ernst. Steilvorlage.

Franks Frey

1. November 2015 13:13

@Ellen Kositza
Liebe Frau Kositza, ich musste als eines von neun Kindern eines protestantischen Pfarrers an St.Martin "Ein feste Burg ist unser Gott" an den Haustüren singen, als alle anderen "ein armer Mann, ein armer Mann... " oder "St. Martin, St. Martin" sangen. Es war so hochnot peinlich und schrecklich.... Wir haben es aber getan, weil wir natürlich auch Süßigkeiten wollten und weil wir unseren Eltern und Gott gehorchen wollten (mussten), denn Gott sieht und hört bekanntlich ja alles auch die falschen Lieder.
Ich dachte damals genau das gleiche: Mein Vater muss immer übertreiben.

Ulli

1. November 2015 13:24

Sinnentleerte und daher angesagte und zum Kommerz verkommene Rituale wie Halloween kann man durchaus kritisieren, zumal eben je nach Konfession entweder der Reformationstag oder Allerheiligen dadurch entwertet werden. Ein gewisses Augenmaß kann dabei aber nicht schaden, ich sehe es nicht als Weltuntergang an, wenn ein paar aufgeregte kostümierte Kinder abends bei mir klingeln um Süßigkeiten zu erbetteln,
dafür gibts bei mir auch keinen Wassereimer.
In ihrer Sichtweise auf andere Erscheinungsformen des modernen Werteverfalls hingegen gebe ich der Autorin nachdrücklich recht, mich graust es beim allgegenwärtigen Anblick gepiercter und tätowierter Unterschicht jedenfalls mehr als beim einmal jährlich abendlichen Süßigkeitenstreifzug kleiner Kinder.

Thomas Wawerka

1. November 2015 15:35

Ich besitze eine über 100 Jahre alte Schwarte mit christlichen, moralisch-erbaulichen Gruselgeschichten, etwa derart: Deutsche wollen auswandern, Kapitän raubt ihr ganzes Erspartes und setzt sie an einer Küste aus, wo ihnen der Tod droht, dann trifft der Blitz das Schiff und es brennt, aber nicht nur das: Es kommt brennend, mit der ganzen verdammten Mannschaft, jedes Jahr zur selben Nacht wieder. - Einfach geschrieben, die Botschaft überdeutlich, nichts Originelles, antiquierte Sprache, am Ende immer ein christlich grundierter Lehrsatz. Lange Zeit wusste ich nicht, was ich mit dem Buch anfangen sollte, ich wollte es nicht wegwerfen, weil ... naja, weil ich Bücher halt prinzipiell nicht gern wegwerfe. Aber letztes Jahr hab ich dann beschlossen, mich nicht mehr gegen Halloween zu wehren, sondern es zu nutzen. Ich habe ausgehöhlte Kürbisse mit Kerzen in den Keller des Pfarrhauses gestellt, Stühle runtergeschafft und den Kindern, die bei mir klingelten, eine Geschichte aus dem Buch vorgelesen. Sie hörten mucksmäuschenstill zu! Der Keller bietet die geeignete Stimmung, da sieht's aus wie im Verlies, und so eine Art Geschichte hört ein Kind ja heute sonst nicht mehr - es war also etwas Neues, Unbekanntes, durchaus Beeindruckendes. Und keins der Kinder hatte ich je davor in der Gemeinde gesehen!
Anderes Beispiel: 1. Mai, "Tag der Arbeit" - da habe ich einen Gottesdienst mit der Bitte um den Segen für die Arbeit angeboten, das Gegenstück zum Erntedank.
Man kann sich über etwas ärgern, oder man kann es nutzen - "taufen" sozusagen, wie es die Kirche ja seit jeher z.B. mit heidnischen Kultstätten getan hat. Das sollte doch auch in einem katholischen Haushalt "machbar" sein ... oder ganz besonders dort!

Olaf

1. November 2015 15:57

In einem linken Forum las ich neulich die These, dass die 70- und 80jährigen deshalb so oft dement sind, weil sie so böse Dinge im Reich Nr. 3 taten. Für Linke gelten weder Mathe noch Raum und Zeit oder sonstige störende Fakten. Linke sind nicht politisch, Linke sind doof und verrückt. Ein australischer Autor sagte neulich im TV eine Selbstverständlichkeit, die man aber selten hört, nämlich, dass Deutschland ein ziemlich kleines Land sei. Politiker behaupten ja immer, wir sind groß, reich und können alle aufnehmen. Die haben wohl noch nie einen Globus gesehen, und auch noch nie was von Bevölkerungszahlen gehört. Der CDU-Hinterbänkler Willsch sagte neulich, von den 7 Milliarden Menschen auf der Erde, haben 6,5 Milliarden weniger als Hartz 4, und die würden gerne in Merkels Zwergenreich kommen. Den Linken in der CDU und in den anderen Blockparteien sind Zahlen und Fakten allerdings weiterhin egal.

Czernitz

1. November 2015 16:04

Es ist schon ein paar Jahre her, da stand an einer Haltestelle in Moabit ein Maskierter mit Sense. Man hätte sich fürchten können. Dennoch hatte der Busfahrer Mumm genug, um anzuhalten. Der Fahrgast, etwa fünf Jahre alt, stieg ein - und prompt verhedderte er sich mit seiner Gummisense, von der ein Schädel baumelte, in den Haltestangen des Busses. Eine Oma mußte ihm helfen, sich wieder zu befreien. Nun hätte man den Fünfjährigen gewiß als einen kommerzialisierten oder keltisierten Zeitgeistler betrachten können oder ihn gar einen amerikanisierten Dümmling glauben schimpfen zu müssen. Ich dachte an meine Kindheit zurück. Damals liefen wir mit ausgehöhlten Rüben, jeweils mit Kerze beleuchtet, durchs Dorf. Halloween hat inzwischen mehr positive denn negative Seiten für mich. Halloween verstehe ich als ein Aufbäumen unserer verschütteten Götter gegen die schmutzigen semitischen Götter, gegen Jockel, Tripel und Dattel. Es freut mich, daß Kinder in der Lage sind, diese Götter an die Wand zu drücken, bis daß sie qietschen, und ich ich amüsiere mich jedes Jahr aufs neue über Halloween.

Magnus Göller

1. November 2015 16:25

"Eine weitere Dame trug mehr Riß als Hose. Der Untergang des Abendlandes manifestiert sich auch in Kleinigkeiten."

Da habe habe ich regelrecht in den Bildschirm gelacht.

Grandios.

Eines der schönsten Stücke Ihrer Reihe, Frau Kositza.

Wenn wir schon untergehen sollen, dann will mindestens ich auch gelegentlich, grade zum Possen, dazu lachen.

Sie sind mindestens so gescheit und beobachtungsgenau wie Miss Marple, aber das auch noch als mehrfache Mutter und für mich, soweit ich das überblicken kann, derzeit treffsicherste Schriftstellerin dieses Genres deutscher Zunge.

Weiter so.

Mein Sonntag ist jetzt schon um dreißig gefühlte IQ-Punkte besser.

Ich fühle mich wie als ob hochbegabt.

Dabei habe ich nur einen überaus köstlichen Text gelesen.

Danke.

Hühnerbaron

1. November 2015 16:42

Mit Halloween kommt doch "Der Abend von Allerheiligen" - im Wort steckt es noch - über Umwege wieder zurück. Gedenken wir der echten Geister. Ein „altes heidnisches Totenfest mit einer dünnen christlichen Hülle“. M. E. ist es ein klassisches Winteranfangsfest, das irgendwie durch die Jahrtausende mitgeschleppt wurde.

Kositza: Klar. Das predigen sie uns ja Jahr für Jahr in Radio und TV: "Wer nun denkt, Halloween sei eine amerikanische Erfindung, der irrt sich gewaltig!"Usw., usf. Mit etwas gutem Willen kann ich auch Cheerleader als anfeuerende Germanenweiber (Tacitus)und Mißwahlen als Anklang griechischer Mythologie (Apfel des Paris) etc. interpretieren. Allein, für diesen guten Willen ist mein Charakter zu sehr gen Pessimismus geneigt...

Coon

1. November 2015 16:47

Morgen ist Allerseelen. Ein Tag im Jahr ist ja den Toten frei. Komm an mein Herz, dass ich Dich wiederhabe, wie einst in Mai.

Peter Niemann

1. November 2015 17:03

Faszinierend zu beobachten wie schnell der Konsumstandort Schland sich in eine Kopie der USA verwandelt, daß seit dem Untergang der politischen Bipolarität 1991 sich das Tempo rasant beschleunigt hat: "Bunte" Bevölkerung und Schauspieler im Fernsehen, Werbung und Öffentlichkeit, Bräuche wie Halloween und X-Mas die primär dem Absatz der Großunternehmen dient, Sprache deren Stil, Inhalt und Satzlänge die Konzentrationsspanne eines optimierten Konsumenten wiedergibt und allmählich verenglischt, Propagandamedien die auf die Einhaltung einer "toleranten" Intoleranz dringen oder Smartphones die wie Rosenkränze dauernd angefaßt werden ("Devotionale" laut dem Philosophen Han).
Wenn ich solche Entwicklungen beobachte ist immerhin der Schmerz über die Abschaffung Schlands für kurze Zeit etwas gelindert, auch wenn ich tatsächlich tief deprimiert bin was ich als noch halbjunger Erwachsener beobachten muß.
Immerhin versuchen wir (damit auch Sie, E.K.) zu verhindern daß unsere Kinder solche gedankenlose und konsumfixierte Drohnen werden, das ist unser Trost.

Eckesachs

1. November 2015 18:03

,,Eine dieser Kassiererinnen hat ein auffallend, überdurchschnittlich hübsches Gesicht. "

Und das gehört mal ausgesprochen. Ein Mann muß es ihr sagen. Möglicherweise fühlt sie sich häßlich und dick, wie viele Frauen, und spickt ihr Gesicht deshalb mit Schrottmetall. Eine Art Selbstkasteiung.

Und warum fragen Sie die Kassiererin nicht einfach, was auf ihrem Arm geschrieben steht? Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht und auch schon viele Rechtschreibfehler gefunden.

Kositza: Eine Art Selbstakasteiung ist es sicher, ein fehlgeleiteter Ehrgeiz. Ihre (sehr schlanke) Hübschheit ist nicht klassisch, sondern in meinen Augen pornoesk; und diese Art Frauen bekommen ja (jedenfalls für ihr Äußeres) durchaus Komplimente & Anerkennung, daran wirds kaum mangeln. Sexuelle Anerkennung ist da ja oft ein Surrogat für mangelnde Wärme und "echte Liebe", aber jetzt wirds wirklich küchenpsychologisch.
Nee, Fragen wär frech ggüber Dritten: Ich kauf nur einmal wöchentlich ein, und bei unserer Familiengröße können Sie sich denken, wie frohgemut meine wartenden Hinterleute auf das vollbesetzte Fließband schauen...

Walter Risotto

1. November 2015 18:17

"Bei uns kursiert seit langem der Halbwitz, daß man als Kassiererin in unserem bevorzugten Supermarkt mindestens zwei dieser Merkmale als Einstellungsvoraussetzung aufweisen muß (wir leben in einer tendenziell proletarischen Gegend): Aufgesetzte, ultrabunte Fingerkrallen, sichtbare Tätowierungen, gewagte (also absichtlich unnatürlich wirkende) Haarfarben, Piercings."

Sehr gut. Hängt natürlich auch vom Laden ab, witzigerweise (wenn man so will) ist das Äußere der Kassiererinnen von großen Supermarktketten wie Aldi, Lidl, Penny wesentlich zurückhaltender als bei inhabergeführten Läden wie Rewe, Kaisers usw. Die großen Ketten lassen also noch nicht alles durchgehen. Ist aber nur eine Frage der Zeit, bis man auch da... aber lassen wir das, das würde zu sehr nach miesepetrigem Rentner klingen. Ich habe aber immerhin noch ein drittes Merkmal für die heutige typische Verkäuferin/Kassiererin beizutragen, gern auch in kleinen Läden, oder beim Bäcker, im Gemüseladen usw. Dies Merkmal besteht darin, dem Kunden während des ganzen Kaufvorgangs nicht ein einziges mal in die Augen zu blicken. Auch nicht während das Wechselgeld in die Hand des Kunden gereicht wird, was gestisch gar nicht so einfach zu koordinieren ist - die Hand des Kunden treffen, ohne sie zu sehen. Diese Verkäuferinnen schaffen das aber und schauen dabei immer seitlich am Kunden vorbei. Aber da ist nie etwas. Das tut mir dann immer leid, weil ich denke, dass sie ihren Job hassen und daher auch keine Kunden sehen wollen. Dabei ist Verkäuferin eine gute ehrliche Arbeit. Immerhin gibt es aber auch immer wieder Gegenbeispiele, Verkäuferinnen, die ihre Arbeit mögen, den Kunden ansehen usw. Leider sind die aber schon lange die Minderheit. Ist es in anderen Ländern eigentlich besser? Oder noch unbesser?

L.

1. November 2015 18:42

@Olaf

Für Linke gelten weder Mathe noch Raum und Zeit oder sonstige störende Fakten. Linke sind nicht politisch, Linke sind doof und verrückt.

Linke sind nicht links weil sie dumm sind sondern sie sind dumm weil sie links sind.

Wenn man die Welt aus eines verrückten Sichtwinkel betrachtet kann man nicht zu vernünftigen Ergebnissen kommen.

Franks Frey

1. November 2015 19:17

@ Thomas Wawerka
Sehr geschickt Herr Wawerka! So werden neue Synkretismen gebastelt. Ostern war ja auch mal ein heidnisches Fest, von dem die Fruchtbarkeitssymbole Eier und Kaninchen noch heute zeugen.

Nemo Obligatur

1. November 2015 19:31

Halloween? Au backe! Andererseits hat das Fest dieselben Wurzeln wie Allerheiligen. Es ist eigentlich eine Art keltisches Allerheiligen, welches über den Umweg der USA, wenn auch arg entstellt, nach Europa zurückgefunden hat.

Um diese Jahreszeit denke ich meistens an etwas anderes: Als ich vier oder fünf Jahre alt war, also so weit meine Erinnerung zurückreicht, ist mein Vater mit mir auf einen Friedhof gegangen. Ich wurde so sehr schonend, indirekt und vielleicht auch gar nicht beabsichtigt mit Endlichkeit allen Lebens konfrontiert. Ich sehe noch die Grablichter im Dämmerlicht. Irgendwo auf diesem Friedhof müssen Verwandte von mir gelegen haben. Nicht in direkter Linie, denn meine Eltern und Großeltern lebten noch, und die Generationen darüber lagen unerreichbar fern irgendwo im Osten. Auf dem Friedhof, das weiß ich noch gut, gab es auch ein Ehrenmal für die Gefallenen beider Weltkriege. Mein Vater erkklärte mir dessen Bedeutung. So weit ich mich entsinne jedenfalls, war es dieser Moment, ein Novemberabend zu Anfang der 1970er Jahre, in dem ich zum ersten Mal eine ungefähre Ahnung vom Tod, von dem Begriff Vorfahr, aber auch von Volk, Krieg und vielleicht sogar von Schicksal bekam. Ich wage zu behaupten, dass mich dieser besondere Moment niemals wieder verlassen hat.

Was geben wir heute unseren Kindern mit? Süßigkeiten? Damit das große Vergessen, Beschweigen und Verdrehen nicht so bitter wird?

Carsten

1. November 2015 19:46

Gestern Halloween. Die erste Kinderblase klingelt. Ich: Hier gibt's nur was, wenn ihr wisst, welcher Feiertag morgen ist. Antwort: Öööh, äh, ???. Also gibt's nix. Die nächste Schar, selbe Frage. Es sind vier Negerkinder. Ein Negermädchen schiebt ihre Maske hoch und denkt ganz angestrengt nach: Hmm, das habe ich vorhin auf dem Kalender noch gelesen. Ich: Denk nach! Sie: Jetzt weiß ich - Sonntag! Immerhin Trostpreis: Mandarinen für alle.

Hartwig

1. November 2015 20:39

Sehr geehrte Frau Kositza,
vor Wochen der Exkurs in die Namensgebung; war es Jousi oder Jouseline, wenn ich mich recht erinnere. Und jetzt die Fingernägel und Tattoos. Ich gehe auch offenen Auges durch die Lande mit einem Blick für die Details. Kann Sie verstehen. Dennoch frage ich mich, ob es in diesen Wochen der richtige Zeitpunkt ist, die deutsche Unterschicht aufs Korn zu nehmen. Sie mögen in Ihrer Gegend selten sein, aber die seidentuchbehangenen Pumphosenträgerinnen und schlaubebrillten Babysprachenversteher sind um einiges wehrkraftzersetzender.
Frage mich, warum die Rechte, bei allem Verständnis für die Gründe, es nicht unterlässt, potentielle Sympathisanten zu ärgern. Sie erinnern sich vielleicht auf meine Einwände bzgl. ähnlicher Artikel über Homosexuelle. Diese mögen nicht die Speerspitze bilden, aber diejenigen, die ich kenne, sind momentan die Lautesten gegen den aktuellen Wahnsinn.

Thomas Wawerka

1. November 2015 20:42

Franks Frey: So werden neue Synkretismen gebastelt.

Als Synkretismenbastler möchte ich mich wirklich nicht verstehen. Aber es war ja schon immer eine Gratwanderung zwischen übermäßiger Anpassung an die real existierende Kultur und übermäßiger Ablehnung. Und: Was können die Kinder dafür? Ich bin früher auch verkleidet betteln gegangen, zur Fastnacht war das in meiner Heimat Brauch (ohne jeden christlichen Hintergrund). Ich hab ein Sprüchlein aufgesagt und 20 Pfennig und nen Lutscher bekommen und mich gefreut. Halloween finde ich nicht schön, die Symbolik geht mir zu nahe an einen Kult des Todes und der Gewalt (andererseits: Das sind doch Elemente jedes Lebens, und vielleicht ist es nicht mal schlecht, wenn Kinder spielerisch damit umgehen ...), und außerdem mag ich die Erpressung nicht: "Süßes, sonst gibt's Saures!" (Wir mussten immerhin selber noch irgendeine Leistung bringen mit einem Reim oder dergleichen, statt zu drohen ...). Aber die Kinder haben nun mal ihre Freude an dem Rummel, die will ich ihnen nicht oberlehrerhaft verderben. Lieber den Impuls aufnehmen und zu etwas Gutem wenden! - Meine Kinder haben den ganzen Spuk ein paarmal mitgemacht, ich hab sie still in mich hineingrummelnd ziehen lassen, aber mittlerweile ist es ihnen einfach zu doof.
Mit Verboten erhöht man ja doch nur oft den Reiz des Verbotenen.

Gustav Grambauer

1. November 2015 21:01

Manche haben immer noch nicht verstanden, warum Halloween über den noch harmlosen Hintergrund von Konsumismus, kultureller Überfremdung und Erziehung zur Erpressung hinaus zurückgewiesen werden sollte.

Ich könnte es nicht besser sagen - es handelt sich um die Selbst-Initiation von Kinder-Seelen in die Dienerschaft an einem Kult, die weit über den unmittelbaren Ritus hinausgreift, und mit dem sie für die Programme der UNESCO gefügig gemacht werden. Es gibt das unausgesprochene Verdikt, daß niemand auf der Welt mehr, auch Erwachsene nicht, eine "Bildungeinrichtung" zu verlassen hat ohne in den Kult Luzifers eingeweiht zu sein.

Diese Initiation hat vor allem noch ganz andere Riten zum Kern, für die die Szenen an den Haustüren nur Requisite und Wirkungsmacht- Katalysator sind.

https://new.euro-med.dk/20151031-halloween-allerheiligen.php

https://henrymakow.com/halloween_celebrates_sex_and_d.html

Okkulter Kindes-Mißbrauch wiegt noch um viele schwerer als z. B. jedweder sexuelle Kindes-Mißbrauch.

Man sollte diese Tage, in denen die Geisterwelt nah ist, zur Versenkung i. S. v, "Wie lieblich ist der Boten Schritt, sie künden den Frieden uns an" nutzen.

- G. G.

Ralf Kaiser

1. November 2015 21:50

Das "Wörterbuch der deutschen Volkskunde" von Erich und Beitl (3. Aufl. 1974; S.13f) sagt uns, daß

bei uns Allerheiligen die Einleitung zu Allerseelen ist. (...) Allerseelen und dessen Vortag, Allerheiligen, sind Sammelpunkte der Totenverehrung, seit Papst Johann XIX. 1006 die allgemeine Begehung eingeführt hat. (...) An Allerheiligen, mittags um 12 Uhr, ist eine ganze Stunde "Schidungsläuten" oder Seelenausläuten. Die Seelen werden frei, bis ihnen am Morgen nach Allerseelen mit allen Glocken das Zeichen zum Abschied gegeben wird (Österreich). Das meiste Brauchtum von Allerseelen ist bestimmt durch den Glauben an ihre körperliche Anwesenheit. (...) Vor allem aber werden sie gespeist mit Bohnenbrei in hölzernem Seelennapf (Österreich). Es ist "Allerseelengastung" (Ennstal, Steiermark). Die Verbreitung des Brauches zeigen die vielen sprachlichen Bezeichnungen, die man für die Gebäcke und Gebildbrote von Allerseelen hat: Armenseelenbrot, Seelstücke, Seelchen, Seelenbrätzen, -buchelen, -zelten, -laibchen, -wecken, -zöpfe, Totenbrot, heilige Stritzel. (...) Häufig wurden Allerseelenopfer in Gaben an Arme und Kinder umgewandelt. Die Kinder lassen sich von ihren Paten beschenken oder halten Heische-Umzüge mit Allerseelenliedchen.

Kinder nehmen die Rolle der Toten ein und ziehen von Haus zu Haus, um Eßbares zu fordern. Eigentlich für Katholiken nichts Fremdes in unserem Kulturraum.

Simon

1. November 2015 21:53

Wir in Oberschwaben haben die Tradition der Rübengeister. Wenn Ihre Kinder sowas machen wollen, dann können Sie ja diese Tradition aufgreifen.

Schatten von E.

1. November 2015 21:56

Es tut mir leid, aber bei Halloween liegen Sie hier alle ziemlich daneben. Ich empfehle eine Eingabe in den Suchbereich mit "Halloween" bei Counter Currents Publishing. Dort findet sich reichhaltiges Material, das Halloween in einem ganz anderen Licht zeigt.

https://www.counter-currents.com/2015/10/video-of-the-dayhugh-macdonald-an-amateur-history-of-halloween/

Halloween wäre etwas, was wir metapolitisch kapern und instrumentalisieren könnten. Statt dessen lese ich hier nur katholische Argumente ohne wirkliche Substanz. Wird SiN jetzt katholisch?

Kositza: Neenee, nur zu, kapern und instrumentalisieren Sie nur ordentlich! Aber bitte mit Substanz! Zu Ihrer Frage nach dem Katholiken-Index bei SiN: Guten Morgän!

Westpreuße

1. November 2015 23:09

Frau Kositza,
herzlichen Dank für den Hinweis auf Mendelssohns
Reformationssinfonie, Reformationssymphonie...

Zum REFORMATIONSTAG:
Heiliger, lieber Luther,
Du schabtest die Butter
Deinen Kollegen vom Brot!
Das verzeihe dir Gott!
(Goethe)

Zu ALLERHEILIGEN:
Die übernächste Nachbarin, eine alte Dame, ist verstorben. Einige Tage später klopfte es nachts an meiner Wohnungstür. Ich hörte es eher im Halbschlaf. Dann ein zweites Mal. So noch nie nachts passiert. Zumal an der Wohnungstür auch eine Klingel ist.
Eher beklommen rappelte ich mich auf: Nicht geträumt. Ein drittes Mal. Laut und fordernd. Ich ging zur Tür, zögerte kurz, dann machte ich sie mit Schwung auf. Dunkel, alles dunkel. Kein Mensch, nirgends. Ich machte Licht an. Nein, niemand da...
Ja, was macht man dann? Ich wusch mit kaltem Wasser mein Gesicht. Ich setzte mich aufs Bett, atmete langsam ein und aus. Dann bekreuzigte ich mich. Sprach leise ein kurzes Bittgebet für die Seele der verstorbenen Nachbarin..Und für meine...

Hatte Walter KEMPOWSKI nicht irgendwann irgendwo gesagt, daß in der dunklen Jahreszeit die Seelen der Verstorbenen unruhig auf der Suche sind nach...(?)... Ich meine aber, daß er die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr meinte...(?)...
(Ja, die Dinge zwischen Himmel und Erde, noch einmal Goethe...).

Patriotische Grüße aus Posen an der Warthe

Gustav Grambauer

1. November 2015 23:56

Hartwig

Ich habe das erste Mal die "Pracht" im Sommer im Ost-Berliner Oranke-Bad so richtig entfaltet gesehen, wo ich nach vielen, vielen Jahren wieder mal war, und wo sie in Badekleidung zu bestaunen sind. Ein Kunst-Museum mit lebenden Skulpturen ...

Dort handelt es sich um mindestens 90 % stramme BFC-Dynamo-Fans ("Mielkes Klub") aus langer Familientradition und dabei großteils sogar unmittelbar um die deklassierte und gebrochene - aber weiterhin zur Wehrhaftigkeit erzogene - noch immer in Hohenschönhausen wohnende Stasi-Enkel-Generation. Ich war fast der Einzige Nicht-Tätowierte und Ungepiercte in dem "proppenvollen" (sie haben Zeit ...) Bad.

Von deren Eltern i. w. S., Thälmann-Tradition, Vorliebe für Schalmeienmusik, hatte ich einige Klassenkameraden, die charakterlich auffallend unverdorben waren. Meine Beziehung zu ihnen war von der Notwendigkeit der Abgrenzung geprägt und das war auch gut so. Heute, wo dies kein Thema mehr ist, sind die mir nahe wie nie zuvor - so wie es lange im Großraum Zürich lebend eine reine Wohltat ist, sporadisch zu den Normal-Denkenden und Normal-Redenden in eine Berliner Eck-Kneipe zu gehen.

Es ist umgekehrt zu den West-Berliner Bädern: Musels würden sich ins Oranke-Bad nicht hineintrauen. Überall BÄRGIDA-Aufkleber, auch sonst gern martialische Motive, entsprechender Habitus, man trägt Perry und Steinar vom zusammengekratzten Hartz-IV. Antifanten würde ich abraten, sich auch nur im weiteren Umkreis blicken zu lassen.

Soweit ich`s anhand ehemaliger besagter Schulkameraden und Sonstiger überblicke wird dort vor allem jeder neue Beitrag bei PI eifrig gelesen, geteilt und auf deftige Art "diskutiert". (Die Eltern und Großeltern stehen nebenbei bemerkt voll dahinter.)

So sehr ihnen die Formen der Kultur fehlen mögen, so weben sie doch auf ihre Art an unserer Kultur mit, vor allem werden gerade die für unsere Kultur noch so manche Kohlen aus dem Feuer holen!!!

- G. G.

Werner Ulrich

2. November 2015 00:22

Spät, weil die Lektüre als Abendfreude aufgespart war: danke, Frau Kositza, köstlich!! Den Spruch von Kind 6 (Quelle so zitieren? warum nicht...) merk ich mir, kann man gut mal anbringen.

Trouver

2. November 2015 01:08

Eine dieser Kassiererinnen hat ein auffallend, überdurchschnittlich hübsches Gesicht.

Es bedarf zunehmend einem bitteren Zynismus, um nicht an jener Naturschönheitsverunstaltung ästhetisch und menschlich zu leiden.

Trouver

2. November 2015 05:26

Faszinierend zu beobachten wie schnell der Konsumstandort Schland sich in eine Kopie der USA verwandelt

Bescheidenste Frage, werter Peter: worin lag ein essenzieller Unterschied zwischen Konsumstandorten Deutschland und USA im Jahre 1913?

Meine Meinung ist, wenn es ja selbst um technische Neuerungen und Veränderungen des Alltages ging, stand unser Land in Sache Modernität den vereinigten Staaten mitnichten nach, in manchen Bereichen war sogar überlegen.

Wir müssen nicht den Vergleich mit dem "Westen" (was ist Westen, eigentlich? Früher war ehe um Norden und Süden Europas die Rede, wir sind mit Engländern und Holländern eng verwandt und für die Slawen sind wir Westen vom feinsten und waren es immer schon gewesen) scheuen, wir sind nicht rückständiger als Angelsachsen.

Nur Mut!

Arminius Arndt

2. November 2015 07:49

Wir in Oberschwaben haben die Tradition der Rübengeister.

Gab es bei uns in Franken früher auch - hatte sich "Runkeln" genannt. Man nahm eine Rübe ("Runkelrübe"), hat die ausgehöhlt, mit ner Fratze und ner Kerze versehen und hat das Ding an allen möglichen Orten zum Zwecke des Schabernacks aufgestellt.

Nen tieferen Sinn konnte ich bis heute nicht erkennen, außer, dass man als Kind trotz jahreszeitlicher früher Dunkelheit einen Grund hatte, auf den Straßen herum zu bollern, denn damals hatte man als Kind eigentlich bei Dunkelheit zu Hause zu sein.

Süßigkeiten gab es aber keine bzw. wurden keine gefordert. Ob das jetzt ein alter Brauch war oder nicht, war uns egal, wir konnten herum toben und hatten Spaß.

Halloween kannte man nur über die Parties der örtlichen US-Besatzungsmacht und man war dem nicht kritisch eingestellt, da Parties immer positiv konnotiert sind, auch wenn man selber damals Halloween selbstverständlich nicht feierte.

Bei uns auf dem Land sind es auch recht wenige Kinder, die herum ziehen - meist schön brav begleitet von den Eltern. Unsere eigenen Kinder haben auf die schlichte Erklärung "Wir machen das nicht" keine weiteren Quengeleien oder ähnliches gestartet, um auch auf die Straßen zu dürfen. Wenn Eltern also das nicht wollen, sehen die Kinder es recht problemlos ein.

Nerviger waren eher die Parties der Erwachsenen und sog. "Jugendlichen", die das Ganze nur als Grund sehen, sich sinnlos zu besaufen und ggf. zu randalieren.

Thema Tatoos etc.:
Da hätte ich früher ganz obligatorisch Adolf Loos zitiert, mach ich aber nicht mehr - bald werden all die Damen in Säcke verhüllt werden, also gönne ich ihnen den Spaß des "express yourself" altersmilde einfach.

Da zur Zeit jeder Tag seinen Raspail Moment hat und das folgende zu den Kerzenlichtern in Kürbissen und Runkelrüben passt, bitte ich um Verständnis, wenn ich zum Abschluss dieses Beitrags und zum Beginn der Woche das folgende aus H.d.H zitiere:

Die Rechte ist eine fröhliche Flamme, ein flackerndes Irrlicht in einem dunklen, ausgebrannten Wald. (Raspail, H.d.H., 1.Auflage, Schnellroda 2015, Seite 295)

Waldgänger aus Schwaben

2. November 2015 08:20

@Simon
nur dass kaum noch Futterrüben angebaut werden. Ich fand damals jedenfalls nur ein einziges mal welche, als ich mit den Kindern Rübengeister schnitzen wollte.

Meine Kinder zogen damals dann in Halloween -Kostümen, Kürbissen und dem Spruch los:

Wir sind die Rübengeister... (Weiter weiss ich nicht mehr)

Der Spruch stammte von anderen Kindern, nicht von mir.

Jedenfalls sollte jeder dem an der Bewahrung der Tradition gelegen ist, versuchen Halloween positiv aufzugreifen, es mit lokalen Traditionen vermengen und auf vor allem au den Sinn von Allerheiligen hinweisen.

Alles, bloss nicht als sauertöpfische Spassbremse rüber kommen. Zuverlässiger kann man kaum den lieben Nachwuchs von der Wurzeln ihrer Traditionen abschneiden.

Thomas Wawerka

2. November 2015 08:24

Schatten von E.: nur katholische Argumente

Bin empört!

Meier Pirmin

2. November 2015 08:48

@Schatten von E. Für Ihren Eindruck einer Katholisierung der Debatte. Es ist schon klar, dass Allerheiligen, aber auch Totensonntag oder sagen wir mal Weihnachten, Fasnacht und Ostern, auch Pfingsten, leider mit christlicher Kultur zu tun haben, eher mehr als die von mir seit 42 Jahren öfffentlich kritisierte Kichensteuer, was mir natürlich konsequenten Boykott durch kath. Bildungshäuser einträgt, weil die Kirchensteuer aus materialistischer Sicht wichtiger als Gott und die Heiligen und das Brauchtum.

Ihre These vom Kapern und Instrumentalisieren ist natürlich aus volkskundlicher Sicht eine Katastrophe, so, wie wenn etwa der alpenländische Betruf zur Touristenattraktion pervertiert wird, natürlich können auch Kirchenfeste missbraucht werden, was in Irland usw. immer wieder der Fall, auch über den Umgang des Front national mit Jeanne d'Arc als Parteiheilige kann ich nicht glücklich sein.

Selbstverständlich lässt sich Halloween volkskundlich vertiefen. Aber, um nur ein Beispiel zu machen, es soll ein jedes Brauchtum, zum Beispiel auch das islamische, wenn möglich in seinem Kulturraum bleiben. Kommt dazu, dass der Zusammenhang mit dem Totenkult nun mal eben nicht mehr gesehen wird und statt dessen Halloween zu einer Art Pseudofasnacht wird, ähnlich wie der Martinstag 11.11. zum Narrentag pervertiert. Auch verkam zum Beispiel St. Niklaus in einigen Schulen, auch dort, wo ich unterrichtete, zum reinen Satireanlass und sogar zur Gelegenheit, die Sau rauszulassen. Als Volkskundler akzeptiere ich zwar Wandlungen im Brauchtum, erlaube mir aber ausdrücklich auf Entwicklungen, die mit Ignoranz, Verdummung, Propaganda und Kommerz zusammenhängen, kritisch hinzuweisen. Ich finde die These vom Kapern und Instrumentalisieren nicht weiterführend.

Der Gutmensch

2. November 2015 09:51

Falls ich Ihre volkskundlichen Betrachtungen mal ergänzen dürfte, liebe Frau Kositza:

Das Phänomen, sich durch auffällige Veränderungen des eigenen Körpers seiner eigenen Identität zu versichern, ist nach meinen Erkenntnissen weder auf das weibliche Geschlecht beschränkt, noch lässt es heute noch zuverlässige Rückschlüsse auf den Erwerb eines bestimmten Bildungsgrades zu. Nur geht es ab dem Hochschulabschluss (noch) etwas dezenter zu; die Tätowierungen sind nicht so auffällig angebracht. Auch sonstiger Schmuck offenbar nicht:

Vor vielen Jahren plauderte ich auf einer Gartenparty mit einem wohlerzogenen Uni-Absolventen. Ein paar Tage später erhielt ich kommentarlos eine E-mail mit einem Fotoanhang. Er zeigte ein wohlgeformtes Gemächt, durchbohrt von Nadeln (ja, offenbar das Gemächt selber und auch an der empfindlichsten Stelle; nicht nur die Haut). Der Mühe, eine höfliche Ablehnung zu formulieren, fand ich mich enthoben; es handelte sich nämlich um eine Sammelmail.

Im übrigen hatte ich letzte Woche die Gelegenheit, sowas wie einen möglichen „Verantwortlichen“ für die Zunahme dieser Form des Körperschmucks auszumachen; und zwar ausgerechnet christliche Missionare:

Ich besuchte nämlich ein von diesen liebevoll ausgestattetes, volkskundliches Museum. Schon allein die Tatsache, dass die erläuternden Tafeln keine Rechtschreibfehler aufwiesen, war eine wahre Wohltat! Auch die Exponate waren aussagekräftig: Präzise gearbeitete Gebrauchsgegenstände der Inuit (u.a. ein Boot und Regenbekleidung aus Lachshaut), wunderbar verzierte Kleidung der Kalmyken, etc. pp. Je mehr Exponate - desto sachlicher die erläuternden Texte; was auch nachvollziehbar war; viele Dinge sprachen ganz einfach für sich selber.

Die Tafeln wurden aber länger, je weniger aussagekräfte Ausstellungsstücke beigefügt waren und sie wurden auch unbestreitbar schwärmerischer; man hatte dazu Fotos ergänzt, die die als besonders kulturvoll beschriebenen Völker abbildeten, deren Angehörige ihre Körper teilweise ausgesprochen phantasiereich verziert hatten. Mich irritierte die offensichtlich tolerante Haltung der Missionare dazu; denn ich meinte, mich erinnern zu können, dass die Bibel so etwas wie Tätowierungen eigentlich nicht goutiert! Aber es handelte sich bei den Missionaren eben um progressive Menschen; stellte man sich die auf den Fotos abgebildeten Menschen einmal mit bleicher Haut vor, fand man sich knappe hundert Jahre später in einer Einkaufspassage in Berlin wieder; je nach Grad der Entblößung (die Lendenschurze waren teilweise mehr Glasperlen als Schurz) auch beim CSD in Kreuzberg.

Eingedenk dieser Erkenntnis ging ich zum nächsten Glaskasten, um daneben den wohl schwärmerischsten Text des Museums zu studieren (wunderbare, vielfältige Kultur) - dieses Mal aber unbebildert (jedenfalls, soweit es das zu missionierende Volk anging). Auch die Exponate waren unbestreitbar kärglich; Steinaxt, ein Messer aus Haifischzähnen, Bumerang, Grabestock, Korb (sämtlich unverziert) und ein angeblicher Feuerstock, der allerdings den Eindruck erweckte, als sei er ein Duplikat aus dem anderen Schaukasten (genau wie das Fischernetz). Das konnte aber gar nicht sein. Denn die Aborigines hatten seit vielen tausend Jahren gar keinen Kontakt zu Völkern, die Feuerstöcke (das ist keine Metapher) benutzten.

Mich ritt wohl kurz der Teufel, denn ich begab mich zum Eingang, um die freundliche Dame zu fragen, wie es mit Zeugnissen für vielfältige Kultur der Aborigines stünde. Sie erläuterte mir geduldig, dass die mündlichen Überlieferungen der Aborigines unterdrückt und die Sandbilder alle lange zertrampelt worden wären und - zu meinem nicht geringen Erstaunen - dass die Missionare teilweise höchstpersönlich gegen Zeugnisse möglichen Teufelskults vorgegangen und die Aborigines bis 1850 sogar als nicht erziehbar betrachtet hätten.

Sie sehen; das Problem (aus welcher Perspektive man es auch betrachtet) scheint ein christliches zu sein.

Der Gutmensch.

Monika

2. November 2015 10:26

Wir Toten, wir Toten, sind größere Heere,
Als ihr auf dem Lande, als ihr auf dem Meere...

Danke, Meier Pirmin, für dieses Zitat.
So ähnliche Gedanken befielen mich in den Katakomben von Paris. Ja, es sind Milliarden Menschen vor uns gestorben:
https://www.spektrum.de/frage/wieviele-menschen-lebten-auf-der-erde/1253576
Und trotzdem halten wir uns für wichtig.
Und erforschen Volksbräuche. Was hat es mit den Vampiren im Alpenraum auf sich ? Das interessiert mich als heimatlose Katholikin auch. Ich mag Rübengeister und Reliquienverehrung.
Halloween finde ich gar nicht gruselig. Und zum Kapern taugt es auch nicht. Wollte es kapern, aber o Schreck, bei mir zogen keine Kinder vorbei.
Es gibt keine Kinder mehr ! Die herumziehen.
Die Erzählung von Westpreuße über sein Widerfahrnis zu Alleiheiligen gefällt mir außerordentlich. Und meine Oma hat mir oft solche Gechichten erzählt.
Schaurig schön. Und ich glaubte das gerne.
Heute gruselt es mich bei bunten Krallenfingernägeln und Piercings und tunnels...
Die Fetzenjeans erinnern mich an eine Schulstory meines Sohnes:

Ein Mitschüler kam mal mit einer sauteuren "used look"- Markenjeans in den Unterricht. Und machte großen Eindruck.
Zuhause verschwand mein Sohn mit seiner alten Jeans im Keller und bearbeitete diese mit Schmirgelpapier und grober Feile. Bis zum gewünschten Effekt. So ging er in die Schule.
Großes Aufsehen. . Ausrufe:" Coole Jeans ! Was ist das denn für eine Marke?"
Mein Sohn, sehr cool damals: " Die ist von TCM " (Anmerkung: das war die Hausmarke von Tschibo). Antwort:"Ach so". Gelangweiltes Umdrehen.
Mein Sohn gründete darauf für kurze Zeit den Club der TCM-Geschädigten.
Der machte sich einen Spaß daraus, mit gefakten, selbstgebastelten Klamotten in die Schule zu gehen.

M. M.

2. November 2015 14:44

> einen Eimer kaltes Wasser

Hm, ein freundlicher Hinweis täte es doch auch. Bedenken sie, in einigen Jahren sind es kräftige, männliche Jugendliche, die an fremden Haustüren nicht Süßes, sondern die Dschizya einfordern, da lohnt es sich doch, beizeiten das Karma zu optimieren.

KJ

2. November 2015 15:56

Halloween - Katholische Propaganda gegen den Protestantismus eben. Ich werde da um so deutlicher Reformationstag feiern!

Ich möchte einfach Ruhe von diesen ganzen neumodischen Versuchen meinen Glauben zu untergraben durch Einschleusung von Mohammedanern oder katholisch-kommerzieller Subversion.

Vielen Dank!
https://www.youtube.com/watch?v=S0UmUCyidVU

Martin Lichtmesz

2. November 2015 16:03

Zur Wiedervorlage:
https://www.sezession.de/34540/hallo-wien-der-untergang-des-abendlandes-in-anekdoten-folge-3.html/2

marodeur

2. November 2015 17:33

Kassiererinnen mit Schrapnells im ganzen Körper sind ein ostdeutsches Phänomen. Typisch ostdeutsch sind auch chaotisch anmutende asymetrische Frisuren mit bunten Strähnen. Diese äußerlichen Entgleisungen lassen mich immer wieder zweifeln, ob meine ostdeutsche Heimat wirklich das bessere Deutschland ist. Was soll man davon halten, wenn die noch rein-deutsche Bevölkerung rumläuft wie eine Mischung aus "Mad Max" und "Die Kinder vom Bahnhof Zoo"? Nicht zu unterschätzen ist sicherlich der Einfluß von Drogen und Alkohol in der Provinz. Die ostdeutsche Jugend ist flächendeckend auf Meth. Es gibt Studien, die eine klare Korrelation vom Grad der äußeren Verunstaltung zu Drogen, Alkohol und Gewalt projezieren. Insofern ist der Wunsch nach Besserung gerechtfertigt.

Nebenbei: Ich bin einmal zusammengezuckt, bei der Stelle "wie sonst erklär ich’s dem Kinde?". Da mußte ich kurz an die (fast) gleichnamige FAZ-Kolumne denken, bei der regelmäßig Themen wie Pegida und co gesinnungsgerecht an politisch zurückgebliebene Leser verabreicht werden. Hat aber Gott-sei-Dank nichts mit ihrem hervorragenden Beitrag zu tun.

Lars Geier

2. November 2015 18:21

Die Jeans mit den Rissen kann ich ertragen. Ich habe selbst eine und kann garantieren: So sehr ziehts nicht durch, echt jetzt. Wenn jemand meint, sich einen Ring von der Größe eines Gymnastikreifens ins Ohrläppchen setzen zu müssen, auch schön. Ist nicht meine Entzündung. Aber bei "Süßes oder Saures" packt mich der Groll. Es ist nicht der Geiz wegen der paar Schokoriegel, die habe ich nun wirklich übrig. Trotzdem fehlt mir jedes Verständnis, dass besorgte Öko-Eltern, deren Sprößlinge sonst ausschließlich Nahrungsmittel aus streng biologischem Anbau, notfalls aus Peru, und Salami von französischen Waldeseln, die dreimal täglich in Milch gebadet und massiert wurden, zu sich nehmen dürfen, zum Einsammeln von 3 kg Industriezucker sich Masken mit taiwanesischen Weichmachern aufsetzen und bis 23 Uhr den Arbeitenden den Feiertag verhageln dürfen. Die Idee mit dem Eimer Wasser ist gar nicht schlecht, unter 10 Grad Außentemperatur bin ich sogar bereit, warmes anzubieten.

Eckesachs

2. November 2015 20:52

,,Kositza: Eine Art Selbstkasteiung ist es sicher, ein fehlgeleiteter Ehrgeiz. Ihre (sehr schlanke) Hübschheit ist nicht klassisch, sondern in meinen Augen pornoesk; und diese Art Frauen bekommen ja (jedenfalls für ihr Äußeres) durchaus Komplimente & Anerkennung, daran wirds kaum mangeln. Sexuelle Anerkennung ist da ja oft ein Surrogat für mangelnde Wärme und „echte Liebe“, aber jetzt wirds wirklich küchenpsychologisch."

Es ist wohl noch mehr. Ich vermute ein Schmerzdefizit.
Ein Grobschmied oder Maurer wird eher selten geschrottmetallt sein, da er weiß, was Schmerz ist. Diese Städter kennen die Schmerzerfahrung nicht und empfinden Pein daher fälschlich als Lust, möglicherweise resultierend aus einer schmerzfreien Kindheit und Erziehung. Keine Buden gebaut, sich nicht mit dem Lattenhammer auf den Daumen gehauen, sich nicht gegenseitig mit Kastanien und Steinen beworfen und vieles mehr.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen:
Das ,,Kompliment" ist eine Zustandsbeschreibung meist spontaner Art, impulsiv und ehrlich. Nur das ehrliche Kompliment wird auch verstanden und geht vom Mann zur Frau. Nur ausnahmsweise umgekehrt.

Etwa so: ,,Sie sind eine so außerordentlich hübsche Frau, das wollte ich Ihnen schon lange mal sagen. Ich frage mich aber, warum Sie sich mit diesem Zeugs so verunstalten. Tut das nicht weh?"

Dritte sind mir egal, außer ich kenne sie gut. Wenn die was wollen, können die sich äußern.

Wenn ich etwas wissen will, will ich das wissen.

Tätowierungen werden öffentlich zur Schau gestellt. Deshalb darf man nachfragen, was sie bedeuten. Habe nur gute Erfahrungen diesbezüglich. Tätowierte und Schrottmetaller reden gern über ihre Verstümmelungen.

@Hartwig

Ich widerspreche Ihnen.

Es ist wichtig, Justin-Dustin und Mandy-Sandy unter Anwendung freundlicher Sprache und mit echtem Interesse (es kann durchaus wissenschaftliches Interesse sein) auf ihre Schweinereien hinzuweisen. Diese Leute benötigen Führung und direkte Ansprache.

Frau Kositza hat das rechte Gespür für diesen Schweinkram. Freilich, es ist ein Nebenkriegsschauplatz. Kultur besteht aber aus tausend Kleinigkeiten. Jede Kleinigkeit ist eine Schlacht wert.

Kaliyuga

2. November 2015 21:00

Danke, Frau Kositza, für Ihren induktiv aufgerollten Rapport aus dem Tageswirklichen.

Walter Risotto et al:

Das elektromaschinelle Wesen fordert herb harschen Blutzoll, die Seelen nach Übertritt ins neuheilige Reich technisch-kommerzieller Errungenschaft nun wie blutleer.

Es sei denn, man träfe die Verkäuferin alleinig und unvermittelt, losgelöst vom fesselnden und prägenden Gerät: Im Flur aufeinander zu, in ihrem Blick ein fast seidiges Flammen, die Stimme sanft und mit einem Schimmern von Heiterkeit belehrend: nein, morgen sei hier doch geschlossen. Im Augenblick tritt das zu grelle Rot-Schwarz zurück, in dem sie ihr immerhin langes Haar trägt.

Ansonsten aber: Man vergleiche den Dorfladen, in dem auf Block oder gar im Kopf gerechnet und am Ende noch angeschrieben worden war, mit der akustisch unterlegten optoelektronischen Rollbandlösung der nun die Tausenden abfertigenden Kassen. Mancher zahlt unterschwellig stolz, indem er amorph Thermoplastisches in einen schmalen Wunderschlitz zu stecken weiß. Wie sollte er das Gespensterhafte der Erscheinung bemerken, die ihn selbst nur noch wie eine ferngesteuerte Kombination aus Bytes und Kohlenwasserstoffen wirken lässt?

Eckesachs

2. November 2015 21:20

@Lars Geier

,,Die Jeans mit den Rissen kann ich ertragen. Ich habe selbst eine und kann garantieren: So sehr ziehts nicht durch, echt jetzt. "

Mensch, wenn Sie kein Geld haben, so sind deshalb doch nicht ohne Ehre. Sie müssen doch nicht mit kaputten Kleidern herumlaufen! Flicken Sie die Löcher wenigstens.
Dann sieht jeder: ,,Zwar ist er arm, aber doch ein ordentlicher Mensch."

Das Sie sowas hier schreiben mögen....

@Simon

,,Wir in Oberschwaben haben die Tradition der Rübengeister. Wenn Ihre Kinder sowas machen wollen, dann können Sie ja diese Tradition aufgreifen."

Kultur ist nicht beliebig.

Entweder hat man eine Tradition, oder eben nicht. Man kann nicht einfach etwas ,,übernehmen", ohne etwas anderes zu entwerten.

Die Rübengeister sind Ihre eigenen und die dürfen Sie behalten und pflegen, das sollen Sie, das ist Ihre Pflicht. Wir erfreuen uns an der prächtigen kulturellen Vielfalt, welche wir Deutsche haben.

In Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen haben wir andere Gebräuche.

Meier Pirmin

2. November 2015 21:43

@Monika. Auf "Von Geistern und verirrten Seelen" mit Filmausschnitten über alpine magische Volksreligiosität (der Film leider oft in Mundart, vielleicht mit Untertiteln) finden Sie ein fast ganzstündiges hochdeutsches Interview mit mir, in dem ich u.a. auch über den Vamipirismus im Alpenraum und über Geisterhäuser usw. rede, Sie merken aber, dass ich keine esoterische Spinnerlinie fahre, sondern Volkskundler bleibe, wiewohl nicht nicht total frei von Wertungen aus einer Orientierung, die der katholischen Tradition noch wohlgesinnt ist. Wenn Sie meinen Namen eingeben auf Google in Verbindung mit "Geistern und verirrten Seelen" kommen Sie auf die Sendung, die ich Ihnen ausnahmsweise empfehle. Fühlte mich schon bisher von Ihnen sehr gut verstanden. Generationen von Schülern haben mich in dieser Sendung sozusagen "wiedererkannt". Man muss mit mir nicht einverstanden sein, garantiere aber vollständigen Abstand von Mainstream und herkömmlichem Zeitgeist.

Meier Pirmin

2. November 2015 21:45

@KJ. Beachten Sie meinen obigen Tipp an Monika. Hat wirklich gar nichts mit katholischer Subversion zu tun, wenn man sich mit christlichem Brauchtum betr. den Totenkult befasst.

Der Gutmensch

2. November 2015 22:05

Mein lieber Marodeur,

wenn Sie sich in Berlin umsehen und umhören, bekämen Sie einen anderen Eindruck. Ich behaupte stolz: Die ersten klar Identitätsgestörten konnte man in meiner Heimat beobachten. Sie kamen aus der Provinz aller Himmelsrichtungen, gingen hier Techno tanzen, nahmen viele bunte Drogen ein und erschraken sich irgendwann vor dem eigenen Spiegelbild; so hatte Berlin sie überfordert. Dann assoziierte man Berlin mit den Gestörten (ich muss zugeben, der Klaus kommt von hier!) und nun geht es mit Macht zurück in die Provinz (nicht, dass der Trend in Berlin endlich abebben würde. Kommt ja täglich neues Frischfleisch an, hier in Rekordzeit gammlig zu werden). Da wird sich auch die westliche Provinz noch anstecken; so ist das eben mit Kinderkrankheiten. Wer weiß, wie es dann wieder im Osten aussehen mag; ich tippe auf die Tracht der Amish.

Der Gutmensch.

Nordlaender

2. November 2015 22:13

"Der Untergang des Abendlandes manifestiert sich auch in Kleinigkeiten."

Allemal, Frau Kositza. Zwar stellen manche Spötter einen Bezug zwischen unserem einstmals bunten, vielfältigen Erdenball und nunmehr nur noch "Blauen Planeten" zum Zustand alkoholkranker Vertreter der Cannaillokratie EUropas (Juncker und Co.) her, doch ist diese Etymologie nicht korrekt, denn in Wahrheit basiert der Begriff auf der weltweiten, zwar ganz besonders von Seniorinnen, aber auch von der Jugend bevorzugten Gepflogenheit, zu jedem erdenklichen Anlaß diese blauen Arbeitshosen zu tragen, nicht selten noch zusätzlich mit einer Nietenjacke kombiniert.

Kaliyuga

2. November 2015 23:34

Niemals zu hehr: Kinder, wie die „Nr. 6“, sind großartig, nicht nur mit ihrem Mund, schon in ihren Gesten.

Gerade heute, mitten in der bis ins Gebirge heraufreichenden Wohlstandsverwahrlosung: Der Fünfjährige, der nah‘ an seiner Mutter geht und plötzlich bemerkt, daß sein kleiner Bruder, dem am Weg halt dies und das auffällt, zurückbleibt. Er hält und nimmt den Kleineren bei der Hand und führt ihn heran. Die Mutter dreht sich um und erwartet die beiden.

Stunden später: Zwei kleine Vorschul-Schwestern auf dem Gehsteig, Hand in Hand, die Kleinere lacht aus dem Plappern zu ihrer Führerin sehr gewinnend und blinzelnd, wer weiß, vielleicht blendet sie das mittägliche Licht, zu mir herauf. Ich werde auf der Stelle angesteckt und spiele den Ball mit den Augenbrauen zurück. Die hinter ihren kleinen Töchtern gehende Mutter bemerkt es und stimmt heiter ins Lächeln ein.

Ja, solang’s das noch gibt!

Mit Zögern setze ich hinzu: Vor wenigen Tagen, in einer Bibliothek. Ein Fräulein im Beginn ihres dritten Lebensjahrzehnts durchschreitet recht entschieden die elektronische Schutzschranke. Auf tatsächlich rotem Teppich dann mit festem Schritt voran. Lesend, die Bewegung im Augenwinkel, unwillkürlich nach rechts geschaut: Der jungen Naturblonden hängt Stoff in sehr erklecklichen Lappen von anmutigen und gebräunten Schenkeln und gibt Fleisch frei. Die Wandelnde zieht wie scheinbar unberührt ihre Bahn und ist doch noch nicht so geübt in ihrem Tun, als daß sie aus dem Winkel ihrer Äuglein nicht doch versehentlich auf den erstaunten Betrachter gesehen hätte.

Was wird einst aus meiner herrlichen vierjährigen Zublinzlerin werden?

Lars Geier

3. November 2015 08:03

@Eckesachs

Auch der Konservative hat einmal pro Dekade das Recht auf einen modischen Fehltritt;).
Im übrigen... versuchen Sie mal, mit Schülern und Studenten ins Gespräch zu kommen, wenn Sie bei denen in einer Bundfaltenhose erscheinen, viel Erfolg dabei, es sei denn, Sie wollen ausschließlich übers Wetter oder das Mensaessen philosophieren.
Die Kulturrevolution von rechts wird nicht an einer Designerjeans scheitern, eher an zuwenig Feuer im Herzen. Und daran mangelt es nicht.

Monika

3. November 2015 09:51

@Meier Pirmin

Danke für den Tip.
Es ist amüsanter Ihnen zuzuhören als von Ihnen zu lesen:
https://m.youtube.com/watch?v=45ffg2ZZCF0"

Mit Milliarden Vorgängern sollte man sich selber nicht in den Vordergrund rücken...

Ellen Kositza

3. November 2015 10:57

danke, Ende!

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