Jürgen Elsässer und seine “Volksini”

Seit einigen Wochen macht Jürgen Elsässer mit seiner Volksinitiative gegen das Finanzkapital (kurz: Volksini) von sich reden.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Ges­tern gab es in Ber­lin eine Art Auf­takt­ver­an­stal­tung für die April-Offen­si­ve der Volksini. Ins Rus­si­sche Haus in der Fried­rich­stra­ße waren ca. 160 Besu­cher gekom­men, um Ant­wor­ten auf die Fra­ge “Die Gro­ße Kri­se – Was tun?” zu hören.

Die soll­ten von Wil­helm Han­kel, ehem. Staats­se­kre­tär im Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um und JF-Autor, Jür­gen Elsäs­ser, lin­ker Publi­zist und Chef der Volksini und Klaus Bles­sing, ehem. DDR-Wirt­schafts­po­li­ti­ker und Sach­buch­au­tor, kommen.

Wer jetzt so etwas wie Quer­front erwar­tet, dürf­te ent­täuscht sein. Unter den Besu­chern waren zwar eini­ge JF-Redak­teu­re, kon­ser­va­ti­ve Ein­zel­gän­ger und auch eini­ge aus dem NPD-Milieu, am Saal­ein­gang erwar­te­te einen jedoch ein ein­deu­tig kos­tü­mier­ter jun­ger Mann, des­sen T‑Shirt die Auf­schrift “Laut ficken gegen Rechts” trug. Auf die Fra­ge, war­um er sich solch tief­sin­ni­gen Sprü­che zu eigen mache, ant­wor­te­te er, sicht­lich ver­le­gen: Um zu zei­gen, daß die Volksini nicht rechts sei, was ihr lei­der von links immer wie­der unter­stellt wer­de. Außer­dem habe Ficken etwas mit Gewalt­frei­heit zu tun. Na ja. Freud hät­te sich ins Fäust­chen gelacht.

Die Ver­an­stal­tung war dann etwas niveau­vol­ler als die­se Begeg­nung erwar­ten ließ. Zumin­dest Han­kel dürf­te die Erwar­tun­gen erfüllt haben. Er nann­te als Ursa­che der Kri­se die Aus­höh­lung der Ban­ken­auf­sicht im Zuge der Glo­ba­li­sie­rung, was zur Sus­pen­si­on markt­wirt­schaft­li­cher Grund­sät­ze (sta­bi­les Geld und Kon­kurs­rich­ter) geführt habe. Er for­der­te die Ver­staat­li­chung des Bank­we­sen bzw. die staat­li­che Kon­trol­le der Ban­ken, deren Tätig­keit dem Gemein­wohl die­nen müs­se. Schön war die Ein­sicht Han­kels, wie viel Geld auf ein­mal locker gemacht wer­den kann, was frü­her nie zu haben war, wenn es um sinn­vol­le Inves­ti­tio­nen ging.

Auf der Ver­an­stal­tung und den aus­lie­gen­den Blät­tern war dann viel von der “Ent­mach­tung des inter­na­tio­na­len Finanz­ka­pi­tals” die Rede, was offen­bar die Vor­aus­set­zung für die Vor­schlä­ge Han­kels wäre. Davon redet die NPD, ins­be­son­de­re die säch­si­sche Frak­ti­on, auch seit vie­len Jah­ren. Von denen will sich die Volksini aber abgren­zen, weil sie mit ihren Vor­schlä­gen nur auf Deut­sche (also kei­ne Paß­deut­schen) zie­len und so die “drin­gend nöti­ge Ein­heit aller Unter­drück­ten unmög­lich” machen wür­den. Trotz sol­cher Abgren­zun­gen boy­kot­tiert bei­spiels­wei­se die jun­ge welt die Bericht­erstat­tung und den Abdruck von Anzei­gen der Volksini.

So begrü­ßens­wert es ist, daß der Natio­nal­staat in Zei­ten der Kri­se wie­der zu Ehren kommt, ist es den­noch kei­ne den­ke­ri­sche Meis­ter­leis­tung. Der gest­ri­ge Bei­trag Elsäs­sers zeig­te noch ein­mal schön, wie links die gan­ze Ver­an­stal­tung Volksini ist. Mit viel Res­sen­ti­ment for­der­te er die Erhal­tung der Opel­wer­ke, weil sich damit nicht nur Ben­zi­ner son­dern auch ande­re Hoch­tech­no­lo­gie­fahr­ze­ge pro­du­zie­ren lie­ßen. Popu­lis­mus und Fort­schritts­gläu­big­keit in Rein­form. Bezeich­nend, daß uns mit Klaus Bles­sing jemand den Weg aus der Kri­se zei­gen will, der am Bank­rott der DDR nicht ganz unschul­dig gewe­sen sein dürfte.

Beschä­mend ist, wie devot die kon­ser­va­ti­ve Sei­te nach jedem Kno­chen, den ihr eine nicht völ­lig ver­wes­te Lin­ke hin­wirft, schnappt. Jür­gen Elsäs­ser war vor nicht all­zu lan­ger Zeit ein beken­nen­der Anti­deut­scher. Und auch wenn hier ein Lern­pro­zeß unter­stellt wer­den darf, heißt das nicht, daß man ihm sofort zuju­beln muß. Respekt nötigt sein Weg den­noch ab, weil er beque­mer leben könn­te. Das Pro­blem ist nicht Elsäs­ser, es ist das lin­ke Men­schen­bild, dem er wei­ter­hin anhängt. Der Mensch ist immer in irgend­ei­ner Art ent­frem­det, sei es durch den Kapi­ta­lis­mus oder die Globalisierung.

Und auch der Ver­weis auf Marx, der ange­sichts der Kri­se wie­der “back” sein soll, geht in die Lee­re. Marx hat sicher eini­ge rich­ti­ge Ein­sich­ten for­mu­liert, die durch die Kri­se bestä­tigt wer­den. Doch wenn man die­se ernst­nimmt und nicht die Abkür­zung über den Klas­sen­kampf und die Uto­pie, dürf­te klar sein, daß genau die­se Din­ge sich nicht ändern wer­den; es also immer wie­der zu Kri­sen kom­men wird, klei­nen und sehr gro­ßen. Das liegt in der Natur des Men­schen. (klei­ne Lek­tü­re­emp­feh­lung dazu: Geh­len, Schmitt und Spengler)

Das will die Volksini nicht wahr­ha­ben. Statt­des­sen ist alles ganz ein­fach: Ban­ken ver­staat­li­chen, Wirt­schaft natio­na­li­sie­ren und die Unter­drück­ten (Wel­che eigent­lich?) befrei­en, dann kön­nen wir wie­der fröh­lich so wei­ter leben wie bis­her. Da war jemand wie Rudolf Bah­ro schon vor zwan­zig Jah­ren wei­ter. Wenn wir freund­lich sind, kön­nen wir uns mit der Volksini viel­leicht dar­auf eini­gen, daß es Hand­lungs­be­darf gibt und die Ver­su­che, die jetzt unter­nom­men wer­den, um das Sys­tem zu stüt­zen, auf Lern­ver­wei­ge­rung der Ver­ant­wort­li­chen beruhen.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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