Als syrischer Christ in Deutschland – ein Gespräch mit Kevork Almassian

Die Lage in Syrien ist für Beobachter kaum noch zu überschauen. Wer mischt mit, wie wird desinformiert,... 

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

wie geht es wei­ter mit Syri­en? Eine Tagung der »Gesell­schaft für Inter­na­tio­na­le Frie­dens­po­li­tik e. V.« (GIF), ging am 22. und 23. Okto­ber genau die­sen Fra­gen auf den Grund (Bericht der SEZESSION hier und hier). Einer der Refe­ren­ten war Kevork Almas­si­an, Syrer mit arme­ni­schen Wur­zeln, Christ, in Deutsch­land lebend. Am Ran­de der Tagung führ­ten wir ein Gespräch mit dem Ana­lys­ten und Poli­tik­wis­sen­schaft­ler, das nun im fol­gen­den wie­der­ge­ge­ben wird. 

SEZESSION: Bit­te erzäh­len Sie uns etwas über Ihren bio­gra­phi­schen Hintergrund.

KEVORK ALMASSIAN: Ich bin 29 Jah­re alt, stam­me aus Alep­po, bin dort auf­ge­wach­sen, dann zur Aus­bil­dung nach Damas­kus gezo­gen und habe in der Haupt­stadt mei­nen Bache­lor-Abschluß in Inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen und Diplo­ma­tie mit dem bes­ten Durch­schnitt der Uni­ver­si­tät abge­schlos­sen; von der Uni gings in Aus­tausch­pro­gramm für zwei Semes­ter, und zwar stu­dier­te ich an der Pari­ser »Sci­en­ces Po« Euro­päi­sche Poli­tik – dort erhielt man auch einen guten Ein­blick in den Auf­bau und die Funk­ti­on der EU. Nach mei­ner Rück­kehr in die Levan­te woll­te ich mein Mas­ter-Stu­di­um in Bei­rut been­den, hat­te aber lei­der wegen des auf­flam­men­den Kriegs kei­ne Mög­lich­keit zur Abschluß­ar­beit. Ich muß­te mir mei­nen Lebens­un­ter­halt ver­die­nen, weil das Geschäft der Eltern von »Rebel­len« aus­ge­bombt wur­de; ja, und jetzt bin ich in Deutsch­land und pla­ne, nächs­tes Jahr mein Stu­di­um fort­zu­set­zen und abzuschließen.

SEZESSION: Sie kom­men aus Alep­po. Was ist zu die­ser gro­ßen Kul­tur- und Han­dels­stadt zu sagen? Wor­in liegt ihre Bedeu­tung für die aktu­el­len Kämp­fe und lang­fris­tig für den Krieg in Syri­en an sich?

ALMASSIAN: Zunächst ist Alep­po eine höchst geschichts­träch­ti­ge Stadt. Der heu­ti­ge Kampf um Alep­po ist auf meh­re­ren Ebe­nen von Bedeu­tung: die Stadt liegt an der Gren­ze zur Tür­kei, die sie für eine idea­le Platt­form zum Aus­bau ihres Ein­flus­ses im Mitt­le­ren Osten hält, wie es die Otto­ma­nen, »Erdo­gans Urah­nen«, taten; zwei­tens ist Alep­po eine sehr wich­ti­ge Indus­trie­stadt und stellt eine direk­te Kon­kur­renz für die tür­ki­sche Wirt­schaft dar – auch des­halb soll sie geschwächt, aus­ge­schal­tet oder annek­tiert wer­den; drit­tens wis­sen alle Betei­lig­ten: Wenn die syri­sche Regie­rung unter Assad, die Rus­sen und die liba­ne­si­sche His­bol­lah Alep­po erobern, könn­ten zwei Drit­tel des Kriegs vor­über sein; der Wes­ten und sei­ne Alli­ier­ten wis­sen das, und genau des­halb sind wir mit einer bei­spiel­lo­sen hys­te­ri­schen Bericht­erstat­tung gegen Assad und Putin als Kin­der- und Frau­en­mör­der kon­fron­tiert… Ohne Alep­po, ohne Damas­kus, ohne Lata­kia, ohne Hama, Homs: Was blie­be den Isla­mis­ten von IS bis Nus­ra und FSA? Raqqa…

SEZESSION: … nur noch Wüste.

ALMASSIAN: Genau. In Syri­en redet man vom »wich­ti­gen Syri­en«, d. h. Damas­kus, Alep­po, Homs, Lata­kia usw.; Idlib und Raq­qa hin­ge­gen – die eine Stadt hält Nus­ra, die ande­re der IS – haben sich nun außer­halb der UN-Char­ta und ‑Reso­lu­tio­nen gestellt, des­halb ist es durch­aus legi­tim, die­se zu bom­bar­die­ren. Daß Nus­ra und IS unzwei­fel­haft Ter­ror­or­ga­ni­sa­tio­nen sind, kann noch nicht mal die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft bestrei­ten. Was bleibt ihnen also? Alep­po bleibt; sie glau­ben, die soge­nann­ten Rebel­len, isla­mis­ti­sche Alli­an­zen, könn­ten gewin­nen, aber die sind von allen Sei­ten ein­ge­schlos­sen und kön­nen wenig Nach­schub her­ein­brin­gen, den sie zum mili­tä­ri­schen Über­le­ben benö­ti­gen; daher ist es, mei­ner Mei­nung nach, nur noch eine Sache von drei oder vier Wochen, ehe ganz Alep­po unter Regie­rungs­kon­trol­le gerät.

SEZESSION: Glau­ben Sie, daß die Schlacht um Alep­po eine Ent­schei­dungs­schlacht ist?

ALMASSIAN: Ja, die­ser Kampf wird aus etli­chen Grün­den ent­schei­dend sein. Ers­tens wird die zweit­größ­te Stadt Syri­ens in der Hand der Regie­rung sein; zwei­tens, gesell­schaft­lich gespro­chen, umfaßt Alep­po und sein weit­läu­fi­ges Umland einen gro­ßen Block sun­ni­ti­scher Mos­lems, es sind fast 4 Mil­lio­nen, die – wenn­gleich nicht alle pro Assad ori­en­tiert sind – zumin­dest gegen die omi­nö­se Revo­lu­ti­on ein­ge­stellt sind, also sozu­sa­gen nicht direkt, aber mit­tel­bar auf Sei­ten der Regie­rung ste­hen… Wis­sen Sie, die Men­schen in Alep­po sind Händ­ler, Geschäfts­leu­te, die ein­fach ihre Leben wei­ter­le­ben wol­len… Nun­gut: Durch die Ein­nah­me die­ser Stadt wird also der Tür­kei Ein­halt gebo­ten und – ich über­trei­be nicht – zwei Drit­tel des Kriegs wer­den gewon­nen sein. Stra­te­gisch gese­hen wird es für die Auf­stän­di­schen fast unmög­lich sein, Alep­po zurück­zu­be­kom­men. Allei­ne die Kos­ten für die Auf­rüs­tung der isla­mis­ti­schen Frak­tio­nen! Es han­delt sich hier um Mil­li­ar­den von Dol­lar für Katar und Sau­di-Ara­bi­en, um ihre Rebel­len neu zu orga­ni­sie­ren und zu bewaff­nen – der gan­ze Pro­zeß könn­te bis zu fünf oder zehn Jah­re dauern.

SEZESSION: Hal­ten Sie es für mög­lich, daß die syri­sche Regie­rung und ihre Alli­ier­ten in der Schlacht um Alep­po all in gehen, oder glau­ben Sie, das wäre zu kräf­te­zeh­rend? Denn auch im Umfeld des Prä­si­den­ten weiß man natür­lich, wie wich­tig die­ser Sieg wäre.

ALMASSIAN: Die hal­be Stadt ist bereits unter Kon­trol­le der Regie­rung, dort leben 1,5 Mil­lio­nen Men­schen; in der »rebel­li­schen« ande­ren Hälf­te maxi­mal 300 000 Men­schen, also selbst das nomi­nel­le Kräf­te­ver­hält­nis der Bevöl­ke­rung ist auf Sei­ten der Regie­rung. Für die syri­sche Regie­rung wäre die Ein­nah­me-um-jeden-Preis die­ses öst­li­chen, von Rebel­len gehal­te­nen Gebiets frei­lich so ver­lust­reich, infra­struk­tu­rell und bezüg­lich der Men­schen, daß sie es ledig­lich ein­ge­kreist haben und gewis­ser­ma­ßen bela­gern. Aber nicht ohne Aus­weg: den ein­hei­mi­schen Ter­ro­ris­ten wur­de eine Amnes­tie ange­bo­ten, wenn sie ihre Waf­fen nie­der­le­gen, sie kön­nen aber auch nach Idlib gehen, wo ihres­glei­chen regiert…

SEZESSION: Natür­lich drän­gen sie, wenn über­haupt, nicht nach Frie­den, son­dern nach Idlib.

ALMASSIAN: Natür­lich. Außer­dem: Gera­de vor ein paar Tagen öff­ne­te die Regie­rung mit rus­si­scher Unter­stüt­zung meh­re­re huma­ni­tä­re Kor­ri­do­re, um wenigs­tens Zivi­lis­ten abzie­hen zu las­sen, wor­auf­hin die vom Wes­ten mit Sym­pa­thien betrach­te­ten Rebel­len die Kor­ri­do­re mit Mör­sern und Rake­ten beschos­sen haben; sie benut­zen Zivi­lis­ten als mensch­li­che Schutz­schil­de und beschie­ßen Kran­ken­wa­gen, um sie am Abzug zu hin­dern; sie haben sogar sechs Mit­glie­der eines Wie­der­ver­söh­nungs­ko­mi­tees in Ost­alep­po umge­bracht, ihre eige­nen Leu­te, weil die sie auf­ge­for­dert haben, die Zivi­lis­ten gehen zu las­sen und wie Män­ner zu kämp­fen, d. h.: ohne Geiseln!

SEZESSION: Was Alep­po angeht: Viel­fach heißt es, daß es dabei nur um die Wirt­schaft gin­ge. Wel­che Rol­le spie­len für Sie im Nor­den Syri­ens die Tür­kei, der IS und das Ölgeschäft?

ALMASSIAN: Die Tür­kei spielt eine her­aus­ra­gen­de Rol­le, wie auch Katar und Sau­di-Ara­bi­en; die drei sind die eigent­li­chen Kriegs­trei­ber gegen die syri­sche Regie­rung; die Tür­kei ist ver­netzt mit zahl­rei­chen Anti-Assad-Grup­pen: al-Nus­ra, al-Qai­da, IS, FSA, Ahr­ar al-Sham, Isla­mi­sche Armee… Die­se Inves­ti­ti­on in diver­se Grup­pen dient in jedem Fall tür­ki­schen Inter­es­sen. Es ist klar, daß die eine oder ande­re Grup­pe irgend­wann zusam­men­bre­chen wird. Des­halb stellt man durch Unter­stüt­zung diver­ser Grup­pen sicher, daß man am Ende defi­ni­tiv die Ober­hand in den zwangs­läu­fi­gen Kon­fe­ren­zen behal­ten wird, daß man in jedem Fal­le am Ver­hand­lungs­tisch sit­zen wird. Erdo­gan und sei­ne isla­mi­sier­te Tür­kei haben viel inves­tiert, doch die Rebel­len haben den­noch zuwe­nig Man­power, was beweist, daß die Mehr­heit des syri­schen Volks kei­nen bewaff­ne­ten Auf­stand will.

Genau des­halb müs­sen sie frem­de Kämp­fer ins Land brin­gen, die auf lan­ge Sicht die ein­ge­bo­re­nen Kämp­fer domi­nie­ren, weil sie mehr Kampf­erfah­rung aus Tsche­tsche­ni­en und Afgha­ni­stan haben. Wenn der Kampf bei­gelegt wird, wenn die Regie­rung fällt, wenn Assad fällt, wer­den die­se extre­men Leu­te über die poli­ti­sche Zukunft Syri­ens ent­schei­den, und wenn man ihre Hin­ter­grün­de prüft, zeigt sich, daß sie sich kaum vom IS unter­schei­den, höchs­tens mar­gi­nal ideo­lo­gisch. Also Sie müs­sen sich das so vor­stel­len: daß die einen ein isla­mi­sches Kali­fat und die ande­ren einen isla­mi­schen Natio­nal­staat wol­len, daß die einen über­haupt kei­ne Wah­len akzep­tie­ren, wäh­rend die ande­ren eine von Scha­ria-Rich­tern stark ein­ge­schränk­te Demo­kra­tie dul­den könn­ten usw. usf.

SEZESSION: Ich den­ke, wir müs­sen hier auch über die welt­weit akti­ve Mus­lim­bru­der­schaft spre­chen. Was den­ken Sie, wel­che Rol­le spielt sie heu­te, wel­che Rol­le spiel­te sie 2011, als die soge­nann­te Revo­lu­ti­on begann?

ALMASSIAN: His­to­risch gese­hen sind wir hier mit einer offen­sicht­li­chen Unver­ein­bar­keit zwi­schen den Sys­tem­vor­stel­lun­gen kon­fron­tiert. Die Baath-Regie­rung unter Assad hat einen säku­la­ren, natio­na­lis­ti­schen Cha­rak­ter, wäh­rend die Mus­lim­bru­der­schaft eine sun­ni­tisch-isla­mi­sche Ord­nung will. Da kann es kei­nen Kom­pro­miß geben, nur A oder B. Anfang 2011 hat sich die Mus­lim­bru­der­schaft im übri­gen im Hin­ter­grund gehal­ten und ihre Res­sour­cen für spä­ter auf­ge­spart, weil sie wuß­ten, daß sie zu einem spä­te­ren Zeit­punkt inter­ve­nie­ren und die Lor­bee­ren des anvi­sier­ten Regime chan­ge ern­ten könn­ten; also war­te­ten sie ein Jahr lang und waren dann 2012 betei­ligt, Jab­hat al-Nus­ra und Dscha­isch al-Fatah zu grün­den, finan­ziert von Katar… Gewiß: Die Mus­lim­bru­der­schaft hat sich nicht dem IS ange­schlos­sen, ihre Fuß­trup­pen kämp­fen ver­ein­zelt gegen den IS, aber unter­sucht man ihre Ideo­lo­gie, ihre fana­ti­sche Reli­gi­ons­aus­le­gung, kommt man rasch zu dem Ergeb­nis: sie unter­schei­den sich nur mar­gi­nal von ihnen. Heu­te ist die Bru­der­schaft beson­ders in der Regi­on um Alep­po das Rück­grat der Rebel­len­trup­pen: Die Ope­ra­ti­on zur »Befrei­ung« Alep­pos war sogar nach einem frü­he­ren Füh­rer der Mus­lim­bru­der­schaft benannt. Heu­te arbei­ten sie nicht nur auf mili­tä­ri­scher, son­dern auch media­ler Ebe­ne; vie­le Akti­ve der MB-Füh­rungs­schicht sit­zen in Euro­pa, in Deutsch­land, in Groß­bri­tan­ni­en, in Frank­reich. Sie wur­den und wer­den aus­ge­bil­det und umsorgt von libe­ra­len NGOs; in den Medi­en tre­ten sie modern auf, mit schi­cken Anzü­gen, ohne Bär­te, und sie lächeln die gan­ze Zeit, ja, sie lächeln; sie wis­sen, wie man mit den moder­nen Mas­sen­me­di­en spielt, sie reden von Demo­kra­tie und Men­schen­rech­ten und allem, was Libe­ra­le eben so hören wol­len. Tja: In Wahr­heit zwin­gen sie ihren Frau­en die Ver­schleie­rung auf, schla­gen sie, wenn sie uner­laubt aus­ge­hen, schlie­ßen zur Gebets­zeit ihre Geschäf­te und all das, was der IS eben auch tut.

SEZESSION: Sie sind die sun­ni­ti­schen Mus­lim­brü­der so radi­kal wie die das sun­ni­tisch-waha­bi­ti­sche Saudi-Arabien?

ALMASSIAN: [Lacht] Es gibt einen Unter­schied: Die sau­di­schen Waha­bi­ten sind ehr­li­cher und sagen ganz offen: »Unser Urva­ter hat uns befoh­len, Schii­ten, Chris­ten und Ala­wi­ten zu ver­nich­ten«. Die Mus­lim­bru­der­schaft ist da anders: Ihre geschul­ten Kader behaup­ten, fried­li­che Koexis­tenz und die Ein­hal­tung der uni­ver­sel­len Men­schen­rech­te anzu­stre­ben, wäh­rend ihre Kämp­fer Anders­gläu­bi­ge und Anders­den­ken­de ver­fol­gen, bekämp­fen, töten.

SEZESSION: Was ist aber mit Ägyp­ten? Dort spiel­ten die Brü­der eine wich­ti­ge Rol­le, unter Mur­si hat­te man die Regie­rungs­macht, ehe sie vom Mili­tär zer­schla­gen wur­de. Glau­ben Sie, daß Ägyp­ten und Syri­en in bäl­de ein bes­se­res Ver­hält­nis haben könn­ten, weil sie einen gemein­sa­men Feind, sun­ni­ti­sche Extre­mis­ten, haben, oder wird Ägyp­ten – soweit mög­lich – neu­tral bleiben?

ALMASSIAN: Ganz kon­kret: Seit Sisi an der Macht ist, wur­den die Bezie­hun­gen Ägyp­ten-Syri­en wie­der­be­lebt, zunächst mit sehr gutem geheim­dienst­li­chen Aus­tausch. Das alles erfolgt jedoch unter der Hand und nicht öffent­lich… Man hat schließ­lich nicht nur die Mus­lim­bru­der­schaft als gemein­sa­men Feind. Ver­ges­sen sie die ers­ten IS-Zel­len auf der Sinai-Halb­in­sel nicht! Aber ansons­ten wird die syrisch-ägyp­ti­sche Koope­ra­ti­on ver­tieft wer­den. Im Nahen Osten kur­siert wie­der ein altes Sprich­wort: »Die Sicher­heit Ägyp­tens ist die Sicher­heit Syri­ens«. Wenn Syri­en fällt, fällt irgend­wann auch Ägyp­ten; Sisi weiß das und arbei­tet sicher­heits­po­li­tisch mit der syri­schen Regie­rung zusam­men. Ein Bei­spiel: Erst vor eini­gen Tagen hat der Lei­ter des syri­schen Sicher­heits­ap­pa­rats zum ers­ten Mal seit meh­re­ren Jah­ren Ägyp­ten besucht, ganz offi­zi­ell, um die Zusam­men­ar­beit zu ver­tie­fen; es ist doch sehr wahr­schein­lich, daß Sisi und Assad irgend­wann ihr Ver­hält­nis wie­der ver­bes­sern, weil es kei­nen Grund gibt, wes­halb sie es nicht tun soll­ten. Unterm Strich: Ägyp­ten kann eine sta­bi­le, funk­ti­ons­fä­hi­ge Regie­rung und ein eben­sol­ches poli­ti­sches Sys­tem in Syri­en nur gut­hei­ßen. Den sun­ni­ti­schen Hard­li­nern muß Ein­halt gebo­ten wer­den, ob in Kai­ro oder in Damaskus.

SEZESSION: Nun sind Sie ein Jour­na­list, der in Deutsch­land über die­se The­men spricht. Wenn Sie nun ein deut­scher Kri­ti­ker frag­te, war­um Sie als Syrer nicht in Syri­en auf Sei­ten der Regie­rung kämp­fen, was wür­den Sie antworten?

ALMASSIAN: Nun­ja, der Krieg in Syri­en, gegen Syri­en, wird ja nicht nur auf mili­tä­ri­scher, son­dern auf vie­len Ebe­nen geführt, z. B. auch wirt­schaft­lich, medi­al, gesell­schaft­lich. In die­sem Krieg brau­chen wir jeden, der Fach­kennt­nis­se irgend­ei­ner Art hat, an sei­nem Platz. Man kann schließ­lich auch kei­nen Arzt aus sei­ner Pra­xis holen und an die Front schi­cken; er dient der Sache bes­ser, wenn er sich um Ver­wun­de­te küm­mert. Und so han­delt auch die Regie­rung, wes­halb es, das soll­te man nicht ver­ges­sen, nur eine Teil­mo­bil­ma­chung gab und gibt.

SEZESSION: … des­halb geht die syri­sche Regie­rung nicht all in, setzt nicht alles auf eine Karte.

ALMASSIAN: Genau! Assad sag­te: »Wir wol­len nicht, daß jeder los­zieht und kämpft, die­ses Land muß sta­bil blei­ben«, wirt­schaft­lich, gesell­schaft­lich, es braucht Leh­rer, jemand muß der Pro­pa­gan­da begeg­nen*, den­ken Sie ins­be­son­de­re an Social Media, man kann nicht jeder­mann ein­zie­hen und in die Schlacht wer­fen, das wür­de Syri­en nichts nüt­zen… Wenn man häu­fig in den Medi­en auf­tritt und die Falsch­dar­stel­lun­gen der Situa­ti­on in Syri­en kor­ri­giert, sieht das ganz anders aus – man dient Syri­en, indem man die öffent­li­che Mei­nung im Aus­land nicht den Fein­den des Lan­des über­läßt. Immer­hin sind im Wes­ten alle Main­stream­m­e­di­en gegen Assads Syri­en und Ruß­land. Man dämo­ni­siert Assad schlicht­weg. Es braucht also fähi­ge Leu­te für die Öffent­lich­keits­ar­beit, denn eigent­lich sind West­ler ja intel­li­gen­te Men­schen und wol­len von ihres­glei­chen hören, wie die Lage ist. Des­halb kon­zen­trie­ren sich Main­stream­m­e­di­en, wenn sie Assad-Sym­pa­thi­san­ten über­haupt erwäh­nen, auf Idio­ten. Wenn ein Syrer vor einer Kame­ra for­dern wür­de – und glau­ben Sie mir, so den­ken vie­le Syrer, selbst ent­schie­de­ne Assad-Kri­ti­ker, die Angst vor Isla­mis­mus und Scha­ria-Staat haben –; wenn also nun ein sol­cher Syrer for­dern wür­de »Let Assad nuke them all!«, wür­den sich die west­li­chen Medi­en sofort dar­auf stür­zen und ihn in den Mit­tel­punkt rücken, die beson­ne­nen, intel­li­gen­ten Medi­en­ver­tre­ter und Poli­ti­ker aber aus­blen­den, weil sie seit Beginn des Pro­pa­gan­da­kriegs gegen Syri­en die Pro-Assad-Syrer als unge­bil­det und gewalt­tä­tig dar­stel­len wollen.

SEZESSION: Auch um non­kon­for­me geo­po­li­ti­sche Mei­nun­gen sach­lich zu ver­tre­ten, sind Sie Mit­be­grün­der des Ger­man Cen­ter for Eura­si­an Stu­dies des deut­schen Jour­na­lis­ten und Kon­flikt­re­por­ters Manu­el Och­sen­rei­ter gewor­den. Was ist das für eine Insti­tu­ti­on, und was erwar­ten Sie von ihrer Arbeit?

ALMASSIAN: Das Ger­man Cen­ter ist eine neue Denk­fa­brik mit ver­schie­de­nen Funk­tio­nen und Zie­len; ich bin dort Exper­te für den Nahen Osten. Bis­lang trägt sich alles durch ehren­amt­li­che Arbeit, trotz­dem füh­ren wir Unter­su­chun­gen und Ana­ly­sen durch, besu­chen ver­schie­de­ne Län­der zur Wahl­be­ob­ach­tung oder für die Orga­ni­sa­ti­on von Kam­pa­gnen und Kon­fe­ren­zen. Es braucht heu­te alter­na­ti­ve Struk­tu­ren, in denen man nicht Gefahr läuft, mit ein­schlä­gi­gen poli­ti­schen Stig­ma­ta belegt zu wer­den, gera­de auch in Deutsch­land. Fürs Ger­man Cen­ter kann ich offen schrei­ben, was ich den­ke, etwa wie die deut­sche Regie­rung im Inter­es­se ihrer Bür­ger han­deln soll­te. Wis­sen Sie, welt­weit steht die Wahr­neh­mung natio­na­ler Inter­es­sen ganz selbst­ver­ständ­lich an ers­ter, unver­rück­ba­rer Stel­le – außer offen­bar für Deut­sche, für Euro­pä­er. Die arbei­ten sogar gegen ihre eige­nen Inter­es­sen, ver­hän­gen Sank­tio­nen gegen Ruß­land, wodurch ihre Wirt­schaft Ver­lus­te ein­fährt, lie­fern Waf­fen an unter­schied­lichs­te Ter­ro­ris­ten­ban­den in Syri­en, die dann irgend­wann in Frank­reich und Deutsch­land Anschlä­ge verüben…

SEZESSION: Dann heißt es: Radi­ka­li­sier­te Syrer.

ALMASSIAN: Ja. Das ist doch absurd, wie die Anti-Assad-Frak­ti­on in der deut­schen Poli­tik, in den deut­schen Medi­en direkt oder indi­rekt die isla­mis­ti­schen Mör­der deckt und stützt. Ich for­de­re daher jeden Unter­stüt­zer der »Revo­lu­ti­on«, aus Deutsch­land oder sonst­wo in Euro­pa, auf, mir einen ein­zi­gen Assad-Anhän­ger zu zei­gen, der auch nur dar­über nach­denkt, eine sol­che Blut­tat wie im Bata­clan oder in Niz­za zu bege­hen! Ein­hun­dert Pro­zent der Atten­tä­ter in Euro­pa sind Assad-Geg­ner. Sie kom­men aus Zusam­men­hän­gen, die von west­li­chen und den Golf-Staa­ten finan­ziert und aus­ge­hal­ten wer­den! Es gibt kei­nen Assad-Anhän­ger, der auf den Gedan­ken käme, sich in Deutsch­land in die Luft zu spren­gen. Nein, das ist krank, auf sol­che Ideen kom­men nur isla­mis­ti­sche Ter­ro­ris­ten. Den­noch gilt ihnen, den Isla­mis­ten unter­schied­li­cher Spiel­art, die Sym­pa­thie der Mainstreammedien …

SEZESSION: … solan­ge sie in Syri­en wei­ter­bom­ben und wei­ter­mor­den – und nicht in Europa.

ALMASSIAN: Genau.

SEZESSION: Dabei gibt’s ja auch Gegen­be­we­gun­gen zum Isla­mis­mus. Gera­de auch in Syri­en. Ich las bei­spiels­wei­se im ein­fluß­rei­chen US-Maga­zin For­eign Poli­cy über die Syri­sche Sozi­al-Natio­na­le Par­tei (SSNP). Dort hieß es, die­se alte Par­tei sei heu­te beson­ders bei jun­gen Syrern säku­la­rer und natio­na­ler Aus­rich­tung beliebt. Den­ken Sie, die SSNP wird beim Wie­der­auf­bau Syri­ens eine wich­ti­ge Rol­le spie­len, oder sehen Sie das als kurz­zei­ti­ges Phä­no­men der christ­li­chen Min­der­heit in den grö­ße­ren Städten?

ALMASSIAN: Tat­säch­lich ist eine der weni­gen posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen des Kriegs die Wie­der­ge­burt der SSNP. Der Grund ist klar: Zum einen wer­den sie belohnt wer­den, weil sie sich zum akti­ven Ein­grei­fen in den Krieg auf allen Ebe­nen ent­schlos­sen haben – und wer mit­kämpft, wer lei­det, wer hilft, das Land und die Men­schen zu ret­ten, wird wohl nach Kriegs­en­de ein Stück der Macht abbe­kom­men. Außer­dem wur­de die SSNP in Syri­en zu einer weit­läu­fig respek­tier­ten Par­tei. Selbst ihre regie­ren­de Kon­kur­renz, die Baath-Par­tei Assads, zeigt Respekt vor der Leis­tung der Sozi­al­na­tio­na­len, die mar­gi­na­li­sier­ten Kom­mu­nis­ten im übri­gen eben­falls. Wich­tigs­ter Boost für das Revi­val der SSNP, für ihre Beliebt­heit in den syri­schen Jugend­mi­lieus, ist aber die heu­ti­ge Wut und Frus­tra­ti­on der meis­ten Syrer dar­über, daß ara­bi­sche Mus­li­me all die­se Waf­fen und Ter­ro­ris­ten in ihr Land schleu­sen, um sie umzu­brin­gen… Wenn man heu­te einen syri­schen Bür­ger auf der Stra­ße fragt, was er vom Pan­ara­bis­mus oder auch nur von einer ara­bi­schen Iden­ti­tät hält, dann wird er flu­chen und sagen: »Was haben wir denn von die­ser Iden­ti­tät gehabt? Schau dich um, sie, unse­re ara­bi­schen Brü­der, ver­su­chen, uns umzubringen!«

SEZESSION: Man ori­en­tiert sich iden­ti­tär um: »Wir sind Syrer, kei­ne Araber.«

ALMASSIAN: Ja, ganz genau. Vie­le jugend­li­che Syrer, häu­fig jun­ge Aka­de­mi­ker, ob in Alep­po oder in Lata­kia, ver­tre­ten sol­che Stand­punk­te wie: »Machen wir uns doch nichts mehr vor über pan­ara­bi­sche Träu­me, die in den 1950er Jah­ren zir­ku­lier­ten. Wir haben kei­ner­lei Gemein­sam­kei­ten mit Sau­dis, Kata­ris oder Mau­re­ta­ni­ern. Wir wol­len Syrer sein.« Und wenn jemand Syrer sein will, dann ist die SSNP sei­ne Par­tei. Es ist rich­tig: Die meis­ten von ihnen sind jung, sehr jung, aber die SSNP-Basis besteht nicht nur aus Chris­ten, son­dern aus all den­je­ni­gen, die sich ein­brin­gen wol­len für ein säku­la­res natio­na­les Syri­en, die aber zugleich kein “Wei­ter so” der Baath-Regie­rung dul­den möch­ten – zumal das Anse­hen der Baath-Par­tei in Syri­en nicht son­der­lich hoch ist, selbst unter den Unter­stüt­zern der Regie­rung. Assad ja, Baath-Par­tei nein. Die­se Hal­tung ist weitverbreitet.

SEZESSION: Also ist der Pan­ara­bis­mus out und ein »Groß­sy­ri­en« im Geis­te Antun Sa’a­das könn­te ein Ent­wurf für die Zukunft sein?

ALMASSIAN: Auf dem Papier ja, aber nicht in der Pra­xis. Der­zeit ist Baath die stärks­te Par­tei und kon­trol­liert alle Insti­tu­tio­nen und das Mili­tär; die Regie­rung wird nicht von ihrem Pan­ara­bis­mus las­sen, den ich per­sön­lich in Syri­en nicht fort­ge­setzt sehen möch­te… Am Ende geht es aber nicht um Wunsch­träu­me, son­dern dar­um, wer stark ist und füh­ren kann; das ist der­zeit eben die Baath-Par­tei und wird es vor­erst blei­ben. Ver­än­de­run­gen sind nur lang­fris­tig mög­lich. Immer­hin strömt die Jugend nun zur SSNP, wodurch sich die Rei­hen von Baath lich­ten werden…

SEZESSION: Schau­en wir in die Bun­des­re­pu­blik: Deut­sche spen­den vor allem in der Vor­weih­nachts­zeit gern ihr Geld an Stif­tun­gen, NGOs, Kir­chen usw. In deut­schen Städ­ten sieht man nun auch öfters jun­ge Syrer, die Geld für ihre Hei­mat sam­meln. Kann man grob schät­zen, was das für Leu­te sind?

ALMASSIAN: Ich kann die Deut­schen dafür nicht ver­ur­tei­len, weil Leu­te von NGOs usw. sehr intel­li­gent sind. Wer aber wirk­lich etwas für Syri­en tun will, soll­te Geld sam­meln und es an die syri­sche Regie­rung schi­cken, denn die küm­mert sich um 70 Pro­zent des syri­schen Volks! Man sehe sich doch nur die­se Heu­che­lei an: Euro­päi­sche Staa­ten ver­hän­gen Sank­tio­nen gegen die Regie­rung, die 70 Pro­zent des syri­schen Volks in ihren Gebie­ten ver­sorgt, und sam­meln dann Geld, um es den Jiha­dis­ten zukom­men zu las­sen, die die ande­ren 30 Pro­zent kon­trol­lie­ren!? Die­se Gro­tes­ke wäre ja noch in Ord­nung, wenn das Volk etwas von dem Geld hät­te, aber das hat es nicht! Teil­wei­se benut­zen Isla­mis­ten das Spen­den­geld sogar, um sich nach Euro­pa abzu­set­zen… Wenn man in einem Flücht­lings­la­ger lebt, weiß man, was für Men­schen da nach Deutsch­land kom­men, und das sehen Jour­na­lis­ten auf ihren Stipp­vi­si­ten nicht. Dafür wird das deut­sche Volk irgend­wann einen hohen Preis bezah­len. Ich hof­fe, daß sich das noch ver­hin­dern läßt. Aber vie­le mei­ner Lands­leu­te, die hier­her strö­men, sind poten­ti­el­le Gefähr­der; mei­ne Ein­bli­cke in die Flücht­lings­hei­me in Deutsch­land haben mir jed­we­de Illu­si­on, jed­we­de Sym­pa­thie geraubt. Ich ver­traue nie­man­dem, der sein Land an den Feind ver­kauft hat. Wer für sein Hei­mat­land nichts geleis­tet hat, kann auch nichts für Deutsch­land leis­ten, oder?

SEZESSION: Was haben Sie denn in den Flücht­lings­la­gern erlebt, in denen sie gear­bei­tet haben?

ALMASSIAN: Nun: Die meis­ten aus­kunfts­be­rei­ten Flücht­lin­ge ste­hen radi­kal ent­schlos­sen auf der Anti-Assad-Sei­te, und ich ken­ne kei­ne ein­zi­ge Grup­pe, die gegen die Regie­rung kämpft und kei­ne Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on ist. Nicht eine ein­zi­ge. Wer also hier die Rebel­len unter­stützt oder mit ihnen sym­pa­thi­siert, steht auf der Sei­te der Ter­ro­ris­ten. Das ist kei­ne unzu­läs­si­ge Ver­kür­zung. Schau­en Sie: Wenn hier in Deutsch­land ein ein­zi­ger Imam fünf bis zehn Gläu­bi­ge auf­hetzt und die­se fünf bis zehn Typen nun fünf bis zehn Anschlä­ge an ver­schie­de­nen Orten ver­üben, wird im gan­zen Land Panik aus­bre­chen. Panik gab es schon wegen gerin­ge­ren Vor­fäl­len. So banal ist es manch­mal. Ich habe es schon vor einem Jahr gesagt und sage es erneut: die Sicher­heit in Deutsch­land ist eine Illu­si­on! Jeder­mann kann mit einem Ruck­sack vol­ler Spreng­stoff zum Haupt­bahn­hof gehen, sich in die Luft spren­gen und Hun­der­te Men­schen töten. Die Isla­mis­ten sind nicht untä­tig, und die Flücht­lings­her­ber­gen bie­ten genug Rekrutierungspotential.

SEZESSION: Was wäre hier zu tun?

ALMASSIAN: Es braucht in jedem Fall ein bes­se­res Durch­leuch­ten der Neu­an­kömm­lin­ge. Flücht­lin­ge auf­zu­neh­men ist eine Sache; mit ihnen zurecht­zu­kom­men, eine ande­re. Wenn nur 5 Pro­zent der Flücht­lin­ge in Deutsch­land mit Ideen und Taten der Isla­mis­ten sym­pa­thi­sie­ren, was noch defen­siv geschätzt ist, dann sind das schon sechs- bis sie­ben­tau­send poten­ti­el­le Ter­ro­ris­ten. Ver­ste­hen Sie den Ernst der Lage? Das wür­de rei­chen, um Alep­po einzunehmen!

_________________________________________________________

* Zunächst stand hier: »… jemand muß auch Gegen­pro­pa­gan­da machen«. Dies war ein Über­set­zungs­feh­ler in der Über­tra­gung der O‑Ton-Auf­nah­me ins Schriftliche.


Wer sich im Leser­kreis für den Brand­herd Syri­en inter­es­siert, wird bei Antai­os fün­dig. Emp­feh­lens­wert sind vor allem fol­gen­de Werke:

+ Tim Ander­son: Der Schmut­zi­ge Krieg gegen Syri­en: Washing­ton, Regime Chan­ge, Wider­stand, 280 S., 15 €.
+ Karin Leu­ke­feld: Syri­en zwi­schen Schat­ten und Licht. Men­schen erzäh­len von ihrem zer­ris­se­nen Land, 336 S., 24 €.
+ Karin Leu­ke­feld: Flä­chen­brand. Syri­en, Irak, die Ara­bi­sche Welt und der Isla­mi­sche Staat, 230 S., 14,90 €.

Eine Sam­mel­re­zen­si­on zu ver­schie­de­nen Syri­en-Büchern ist in der 74. Sezes­si­on (Okto­ber 2016) abgedruckt.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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Kommentare (17)

Der_Jürgen

2. November 2016 14:53

Ob sich nun abermals die Berufsnörgler und Besserwisser zu Wort melden und behaupten werden, es sei unmöglich, die Lage in Syrien zu beurteilen? Ich war nie in Syrien, kann kein Arabisch und beziehe all meine Informationen aus russischen und westlichen Medien, wobei ich unter letzteren die Zeitschrift "Zuerst" besonders hervorheben würde. Trotzdem halte ich mich für kompetent, einzuschätzen, welche Seite hier im Recht und welche im Unrecht ist; dieses dankenswert ausführliche Interview Benedikt Kaisers mit Kevork Almassian ist da nur ein willkommenes Tüpfchen auf dem i.

Ja,
@ Raskolnikow
wir wissen, dass Syrien ein Schachbrett ist, auf dem die morsche Alte Weltordnung, die sich selbst als Neue Weltordnung sieht, und ihr mächtigster Herausforderer Russland ihre Figuren schieben. Für einen Sympathisanten des Herausforderers ist es aber sehr erfreulich, dass dieser im vorliegenden Fall (wie auch in der Ukrainekrise) auch moralisch im Recht ist. Dies erspart es einem, vollends zum kalten Macchiavellisten zu werden.

Gustav Grambauer

2. November 2016 21:39

"Ich vertraue niemandem, der sein Land an den Feind verkauft hat."

Bei uns in der Straße leben seit drei Monaten Syrer, ein Ärzteehepaar mit sechs Kindern, das alles verloren hat. Alle finden sie so "nett", aber bei mir haben die Alarmglocken geschrillt. Irgendwie riechen die faulig, schmierig, nach westlicher Konsummentalität mehr als jeder andere hier in der Straße, nach Business (als Ärzte mit fünf Firmen am Briefkasten?!), nach schmutzigem Geld und nach britischem Liberalismus. War noch nie so auf meinen Instinkt zurückgeworfen wie jetzt gegenüber den Geflüchteten, aber der funktioniert wie geölt: siehe da, im Coop, an der Kasse gleich vor mir, zückt sie ihre Kreditkarte, von der HSBC.

Und wenn sie nur 200 Pfund drauf hat, allein mit der Wahl ihrer Bank steht eine unsichtbare Barrikade zwischen mir und ihr.

- G. G.

Karl Brenner

3. November 2016 00:52

Die grundsätzliche strategische Lage sollte den Bürger nahe gebracht werden.

Syrien dient al Brücke zwischen dem Iran und der libanesischen Hisbollah
Syrien hat massiv im Libanon mitgeholfen, die Hisbollah aufzubauen und zu unterhalten. Die Syrer haben zwar Assad mit großer Mehrheit wiedergewählt- Assad spielt da nur eine Nebenrolle. Wenn er sich geweigert hätte, wäre er über den Haufen geschossen worden. Wie hier in Deutschland, so auch in Syrien. Nur hier werden unerwünschte Politiker öffentlich-rechtlich Hingerichtet.

In Syrien gibt es Stützpunkte der Russen. Die Russen wollen diese halten, die USA wollen ihren berühmt-brüchtigten Regime-Change. Wie in der Ukraine, Libyen und im Iran hat man Scharfschützen eingesetzt, um die Sache escalieren zu lassen. Die Handschrift ist allzudeutlich. Nun werden Waffen geliefert um das Feuer in ganz zu halten.

In den Medien tobt ein Propagandakrieg. Man übertrifft sich mit Lügen. Die Medien haben sich für alle Zeiten ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

Stil-Blüte

3. November 2016 01:39

Vielen Dank für dieses informative Interview. Endlich bekomme ich mal einen Überblick über die Lage in Syrien und die Gefahren in unserem Land. Auch die brennende Frage, warum ausgerechnet so viele kampffreudige jungen Syrer ihre Heimat verlassen und somit ja eigentlich ihre Sache, egal auf welcher Seite sie auch immer stehen, verraten, beantwortet sich hier.

@ Der_Jürgen
Ich lese Ihre Antwort an @aRskolnikow, doch seinen Beitrag sehe ich nicht.

@ Danke für den Hinweis so ganz nebenbei auf die HSBC. Das Googeln über deren Firmenprofil hat sich gelohnt.

Heidelberger Akif

3. November 2016 03:34

Interessanterweise hat sogar mein alter Herr, zeitlebens ein Feind des syrischen Militärs und Baathismus, seine Meinung mittlerweile von: “Assad muss weg, das ist das erste“ geändert zu “Assad soll erst weg nachdem er das wahabitische Pack ausradiert hat, und er ist derzeit nicht nur zu tolerieren, sondern zu unterstützen“.

Das Interview ist zwar auffallend tendenziös, und als meinerseits syrischstämmiger Politologe sehe ich in dem Interview keinen großen Unterschied in der Tiefe und Wahrhaftigkeit zur Gegenseite (es handelt sich um freimütig vorgetragene Propaganda), aber die Grundtendenz ist natürlich richtig !

Raskolnikow

3. November 2016 08:31

Dank an Kaiser,

für dieses bemerkenswerte Gespräch! Männer wie Almassian, Ochsenreiter, und andere ungenannte Wissenschaftler, Geschäftsleute und Künstler, die heimliche oder offene Verbindungen knüpfen, sowie auch die europäischen Freiwilligen im Donbass und in Syrien sind die unverzichtbaren Scharniere zwischen den verschiedenen Kulturen des eurasischen Blocks, der, so wage ich, laut zu werden, an Gewicht zulegen wird.

Besonders spricht mich der frische Optimismus des Gesprächs an. Denn die Realitäten auf dem Gefechtsfeld sind für einen Europäer, und erst recht für Einen, der im deutschen Militär erzogen wurde, oft mehr als ernüchternd. Sobald man sich außerhalb der SAA, der russ. Streitkräfte und der privaten Unternehmen befindet, springt einen der hochmotivierte Dilettantismus an. Ein geradliniger dt. Offizier, z.B. wie Kubitschek, würde ob der räuberartigen Zustände verzweifeln ... Aber ja, Aleppo wird fallen, ob in drei Wochen oder in drei Monaten ... Und dann noch Slavjansk!

Ich gestatte mir, aus einem solid gegründeten Selbstgefühl heraus, nur eine ergänzende Anmerkung, eine die ich für wesentlich halte. Der Kampf in Syrien ist, anders als Kriege um entscheidende Geländeabschnitte in Europa, beinahe ausschließlich ein Kampf um Verkehrswege. Manchmal mag es scheinen, es ginge nur um Strassen, Kreuzungen und Grenzübergänge ... In Aleppo treffen einige der wichtigsten Verkehrswege der Region aufeinander. Wer diesen Knoten beherrscht, ist der Herr des Nordens ...

Lieber Jürgen! (Ich mag den Sabaka nicht!)

In Ihrer Keckheit schätzen Sie mich und meine vorangegangenen Auslassungen falsch ein. Ich bin, was die süblimen Empfindungen angeht, ein vollendetes Mädchen. Aber gerade derowegen auferlege ich mir den Zwang zum kalten Urteil. Ich halte die persönliche Erfahrung für wertvoll in den Bezirken der Poesei; bei Lagebeurteilungen und Befehlsausgaben aber hat sie eine gefährliche Wirkung. Einen Machiavellisten mich zu nennen, käme mir nicht in den Sinn!

Sollten Sie je einem von Granatwerfern schwerverletzten Kleinkind in seinen letzten Minuten auf Erden die Hand gehalten haben, wird dieses Ereignis keine geringe Rolle in Ihrem Leben spielen. Richteten Sie aber Ihre Urteile und Handlungen an diesem Ereignisse aus, hätten Sie den ersten Schritt zum Monstrum getan ...

Oder profaner in einen bundesdeutschen Kontext gestellt: Würden Sie eines Unfalls in Leipzig gewahr, in dessen Verlauf ein nordafrikanischer Einwanderer von einem Lieferwagen überrollt würde, kämen Sie, davon gehe ich aus, Ihrer Pflicht nach und hülfen entsprechend Ihrer Fähigkeiten dem schwarzen Unglücksmenschen. Bezeugten Sie aber anderntags in Bautzen, wie ein paar Dunkle frech zu einheimischen Mädchen wären, würden Sie ebenfalls Ihrer Pflicht gemäß handeln und freizügig mit Maulschellen und Backpfeifen sein. Beide Ereignisse haben aber wiederum nur indirekt und wenig mit Ihren Entscheidungen als neugewählter dt. Innenminister und den politischen Dimensionen der Massenmigration nach Europa zu tun.

Mehr wollte ich mit meinen unbeholfenen Kritzeleien nicht ausdrücken.

Und natürlich haben Sie recht, mir als sensiblem Mädchen, von Karl May erzogen und an das Edle glaubend, ist es auch recht, die Sache des Guten vertreten zu können, da es sich hervorragend mit den Interessen unserer Heimat verträgt. Wer wäre das nicht? Aber ich bin auch immer auf der Hut vor dem Monstrum ...

Grambauer,
Sie operieren ja wie ein Agent!

Pax vobiscum!

R.

ALD

3. November 2016 09:58

Damit die Informationslücke nicht allzu sehr aufklafft:

Entwicklung in Nordsyrien seit Ende August: https://www.stratejikortak.com/2016/10/cerablus-haritasi.html

Kurzinfos zum Aleppo-Deal zwischen Erdogan und Assad (Verhandlungen führt eine Geheimdelegation): https://www.aydinlik.com.tr/erdogan-ile-putin-arasindaki-halep-anlasmasinin-ucuncu-ortagi

Gustav

3. November 2016 09:58

@ Der_Jürgen

"..wir wissen, dass Syrien ein Schachbrett ist, auf dem die morsche Alte Weltordnung, die sich selbst als Neue Weltordnung sieht, und ihr mächtigster Herausforderer Russland ihre Figuren schieben."

Ich glaube, dass das Ost/West-Paradigma teilweise verwendet wird, um die Kooptierung der freiheitlichen Elemente zu erreichen.

Freiheitliche Elemente WOLLEN glauben, dass Putin irgendwie gegen die Globalisierung ist, dass er der Obama-Administration irgendwie moralisch überlegen ist, und dass Russland auf der Seite des Rechts im Kampf gegen den Islamischen Staat und gegen das böse westliche Imperium steht.

Sie wollen dies glauben, da sie Angst haben – sie haben Angst, dass sie allein im Kampf gegen die NWO sind. Sie haben Angst, dass sie persönliche Opfer bringen und einen Kampf gegen einen starken, technologisch überlegenen Gegner führen müssen. Sie haben Angst, dass sie allein die Verantwortung für das Schicksal tragen müssen und dass kein großer Anführer auf einem weißen Pferd kommt, um den Weg vor ihnen zu bereiten.

Wegen dieser Angst begehen sie manchmal das Verbrechen der kognitiven Dissonanz, um ihren falschen Glauben an und in einen heroischen Putin zu schützen. Sie werden die Tatsache ignorieren, dass Putin ein langjähriger Freund von Henry Kissinger ist, der der meist veröffentlichte Verfechter der Neuen Weltordnung ist, und dass Putin Kissinger als seinen „größten außenpolitischen Berater“ beschreibt.

Sie werden die Tatsache ignorieren, dass Russlands Hauptwirtschaftsberater kein anderer als der Auftragskiller des internationalen Bankenkonsortium ist: Goldman Sachs. Und sie werden es ignorieren, dass Goldman Sachs mindestens seit 1992 – kurz nach dem Fall der Sowjetunion – tief in der russischen Wirtschaft involviert ist.

Sie werden die Tatsache ignorieren, dass Putin und Russland eng mit dem IWF (eine Institution, die angeblich von den USA dominiert wird) verbündet sind. Putin und der IWF sind so miteinander verflochten, dass es Putin war, der verlangte, dass der IWF die Leitung über die Finanzen der Ukraine übernimmt, nachdem dort die regionale Krise begann. Und es war der IWF, der eklatant Putins Forderungen nach einer Änderung des Status der ukrainischen Anleihen von „privat“ nach „öffentlich“ unterstützte. Russland forderte auch, dass die Ukraine die Schulden in Form der Sonderziehungsrechte bezahlen sollte. Jene Sonderziehungsrechte des globalen Währungskorbs, die der IWF plant einzusetzen, um sie als Weltreservemechanismus zu verwenden und somit die Funktion des US-Dollars übernehmen werden.

Sie werden auch mit Sicherheit die Tatsache ignorieren, dass Putin und der Kreml bei mehreren Anlässen den IWF aufgefordert haben das globale Management der Weltfinanzsysteme zu übernehmen, in dem es die Umsetzung der Sonderziehungsrechte als neue Weltreservewährung implementiert.

Und natürlich stört die Tatsache nicht, dass Russland Mitglied der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist und dass die BIZ der richtungsweisende Diktator ALLER zentralen Banken ist und somit die Zugehörigkeiten und Absichten von Russland als Ganzes klar sind. Die Beweise sagen, dass Putin genauso ist wie Obama: Eine weitere Hure für die Internationalisten.

Während die falsche Ost/West-Konfrontation wächst, wird der eigentliche Zweck einer solchen Krise deutlich. IS-Kämpfer wurden zweckmäßigerweise aus Syrien unter Millionen von „Flüchtlingen“ herausgebracht, bevor die russischen Streitkräfte schließlich beschlossen loszulegen. Und diese IS-Kämpfer werden Chaos in den westlichen Nationen anrichten. Wirtschaftliches Chaos wird sich weiter ausbreiten. Die USA werden ihren Petro-Dollarstatus verlieren, während der Osten Eurasien subsummiert. Die Angst vor einem neuen Weltkrieg wird die öffentliche Wahrnehmung bestimmen. Die immer ungebildetere und verängstigtere Massenmehrheit wird weit weniger tolerant gegenüber intelligentem Dissens werden. Und die Fabiansozialisten, die die globalen Institutionen heimsuchen, werden eine clevere Lösung für das Problem, das sie geschaffen haben, vorschlagen: Die Auflösung aller souveräner Staaten und die vollständige Zentralisierung der Verwaltung in den Händen der wenigen Auserwählten, um die Menschheit von solchen zerstörerischen Spaltungen zu retten.

Wenn man versteht, dass ein Hauptziel der Globalisten die vollständige Abschaffung des durch die Verfassung gegebenen Schutzes in Amerika und die Durchsetzung eines totalitären Rahmens ist, dann muss man zugeben, dass ein Konflikt mit Russland eine ausgezeichnete Gelegenheit dafür und für die Globalisten selbst ist. Kriegsfieber versetzt die Menschen ins Delirium und macht sie formbar und Bedrohungen von außen machen internen Despotismus weitaus erträglicher.

Die Illussion, dass mit einem Ende der USA/des westlichen Systems auch eine Neue Weltordnung sein Ende finden wird, ist genau das: eine Illusion.

In Wahrheit ist der Fall der USA ein wichtiger Baustein auf dem Weg hin zu einer Neuen Weltordnung. Schon 1988 lesen wir im Finanzmagazin The Economist, das sich im Besitz der Rothschild-Familie befindet, von einer benötigten wirtschaftlichen „Harmonisierung“. Der Artikel Get Ready For A World Currency By 2018 (Macht euch bereit für eine Eine-Welt-Währung bis 2018) beschreibt die Schaffung einer globalen Währung namens „Phoenix“ über den Zeitraum von drei Jahrzehnten.

Die BRICS-Staaten, inklusive Russland, haben sich alle für die Bildung eines globalen Reservewährungssystem unter der direkten Kontrolle des IWFs ausgesprochen, beruhend auf der Methodik und Systematik des Korbs der Sonderziehungsrechte.

Und auch China ist ein Unterstützer der gleichen Agenda einer IWF-gesteuerten Weltwirtschaft.

Ist es reiner Zufall, dass die Wünsche der BRICS-Staaten mit den Entwürfen der internationalen Bankenmafia übereinstimmen?

Jim Knox

3. November 2016 13:48

Wir könnten alle diese Krisenländer in aller Ruhe betrachten und würden Hunderte Milliarden einsparen, die nur unseren Schuldenturm weiter erhöhen . Es gibt nur noch eine Lösung , die die zukünftige deutsche Katastrophe verhindert : Raus aus der EU, raus aus dem Euro, raus aus der NATO und unsere Grenzen zuverlässig selbst genau kontrollieren . Letzten Endes heißt das Selbstbestimmung und Freiheitsrechte für den eigenen Staat .

Und endlich mit der unsäglichen Einmischung in andere Staaten aufhören, was besonders eine Spezialität der Westmächte ( USA;F;GB) ist . Wenn sich ausländische Staaten selbst zerlegen wollen , bitte schön, aber nicht auf Kosten unserer eigenen Sicherheit und Zukunft.

Wenn einzelne Staatsvölker streiten, Kriege und Revolutionen ausrufen , dann laßt sie kämpfen, aber zeigt denen klar, dass wir deren Überbevölkerungen und tödliche Verantwortungslosigkeiten nicht ausbalancieren werden. Am Ende solcher Streitigkeiten wird einer gewinnen und dann ist für lange Zeit wieder Ruhe im "Stall".

Dietrich Stahl

3. November 2016 14:50

@Gustav

Lieber Gustav,
Danke für Ihre klare Analyse. Viele der recherchierten Fakten sind mir neu.

Und die Fabiansozialisten, die die globalen Institutionen heimsuchen, werden eine clevere Lösung für das Problem, das sie geschaffen haben, vorschlagen: Die Auflösung aller souveräner Staaten und die vollständige Zentralisierung der Verwaltung in den Händen der wenigen Auserwählten, …

Mit anderen Worten geht es um die Durchsetzung der schönen neuen Welt der NWO.

Ganz klar, es ist ein gigantischer Kampf im Gange, von dem der in Syrien nur ein Schlachtfeld von vielen ist.

Doch dieser Kampf ist keineswegs entschieden. Vieles ist möglich. Es liegt bei uns – nicht nur hier beim SiN Forum.

Zu Putin:

Eine ambivalente Figur.
Ist er ein Freund des Deutschen? Zumindest scheint er, Deutschland zu schätzen.

Sicher ist er in globale Machtspiele involviert. Ansonsten wäre er nicht Präsident Russlands. Es gibt ja diese, zumindest vom Szenarium her, witzige Theorie, dass sich die US-SU [man beachte die spiegelbildlichen Kürzel, die auf Tieferes verweisen] Kontrahenten im Kalten Krieg unter dem Ewigen Eis der Arktis in Atom U-Booten getroffen haben. In denen sie dann das weitere Vorgehen abgestimmt haben sollen. Was da dran ist? Wer weiß das schon?
Immerhin haben sich Gorbatschow und Reagan zu einem ersten Treffen nach dem Fall der Mauer auf einem US Kriegsschiff getroffen.

Die Eliten sind verquickt. Fidel Castro, ein sehr hoher Freimaurer, und dito Mitterand waren enge Freunde. Da gibt es unzählige Beispiele.
Aber sie sind nicht homogen und marschieren nicht im Gleichschritt.
Ganz im Gegenteil. Der Kampf bis aufs Messer liegt ihnen im Blut, insbesondere auch der untereinander. Es geht um Macht und Karriere im Orden oder der Blutlinie.

Die Welt ist ein Schachbrett. Aber mehr wie das, das im Star Treck Universum gespielt wird – mehrdimensional.

Vor allem aber gibt es immer wieder Lichtgestalten [unter ihnen], die etwas bewirken oder es versuchen. Erinnert sei an die Kennedy Brüder und weitere Teile des Clans. John F. war dabei, etwas Großes für das amerikanische Volk und die Welt zu vollbringen. Er hatte die Macht dazu; und er wollte sie gebrauchen. Panische Reaktion der Dunkelmänner – mit den bekannten Folgen. Das Trauma haben sie bis heute nicht überwunden.
So eine Lichtgestalt kann auch Erfolg (mehr oder weniger) haben – Siegfried, Hermann, Jeanne d’Arc, Martin Luther, Abraham Lincoln – um nur einige zu nennen.
Und so eine Lichtgestalt kann jederzeit wieder wie aus dem Nichts auftauchen.

Putin ist zumindest für eine Überraschung gut.

Das Offensichtliche und das Verborgene:

Sie beschreiben, das Offensichtliche, das die letzte Ebene im oben angesprochenen Kampf ist. Sie ist wichtig, exekutiert oder manifestiert das, was auf den anderen Ebenen vorangegangen ist.

Die innerste Ebene ist die der Ideen …

t.gygax

3. November 2016 16:13

@dietrich stahl
Abraham Lincoln eine Lichtgestalt?
Er führte einen barbarischen Krieg gegen die Konföderierten.
Kennedy eine Lichtgestalt?
Er wußte vor der Schließung der Mauer am 13.8.1961, was kommen wird. Deutsche waren ihm völlig gleichgültig.

Maxx

3. November 2016 17:03

Immerhin haben sich Gorbatschow und Reagan zu einem ersten Treffen nach dem Fall der Mauer auf einem US Kriegsschiff getroffen.

Aber Reagan war zu diesem Zeitpunkt längst abgewählt (Bush war im Amt) und Gorbatschow war eine "lame duck", die Sowjetunion stand kurz vor dem Zerfall.

Allgemein: Politiker treffen pragmatische Entscheidungen, die im Normalfall den Interessen ihrer Nation dienen, um deren Fortbestehen und damit auch das eigene Überleben zu sichern ... Nichts anderes macht Putin.

...witzige Theorie, dass sich die US-SU [man beachte die spiegelbildlichen Kürzel, die auf Tieferes verweisen] Kontrahenten im Kalten Krieg unter dem Ewigen Eis der Arktis in Atom U-Booten getroffen haben. In denen sie dann das weitere Vorgehen abgestimmt haben sollen.

Na ja, gut, wenn man auf diesem Niveau weiterdiskutieren will, dann mal Tschüss...

Raskolnikow

3. November 2016 19:08

Den ganzen Nachmittag,

widmete ich mich den Hantierungen des Schneemannbaus. Und jetzt lese ich Gustavens Einwurf.

Dessen Argumentation erfordert ein gehöriges Maß an Chuzpe, das muß man schon sagen ... Ich glaube, sie, die Argumentation verdient eine Replik, nicht weil sie besonders originell daherkommt, sondern aufgrund ihrer perfiden Konstruktion.

Die ersten vier gustavschen Absätze können wir getrost überspringen, derartige Strohpuppenbastelei und Angstsuggestion scheint heute zwar zum guten Ton zu gehören, aber damit beeindrucken Sie, Gustav, nur junge Studentinnen, die beim Lesen die Lippen bewegen und mit dem Finger unter der Zeile entlangfahren ... Hier sind Sie damit falsch!

Besitzen Sie eine Maestro-Karte? Vielleicht auch eine Kreditkarte? Wenn ja, sind Sie dann nicht auch eine Hure der Internationalisten? Ich würde dieses harte Wort nicht wählen, dessen Sie sich befleißigen; weil wir alle unter einem Zwang stehen; ausgeübt von einem System international operierender Finanzakteure. Was sollen wir tun?

Unter diesem Zwang stehen auch Präsidenten. Anders als uns die Propagandamaschinerie weismachen möchte, obliegt es "dem Putin" nicht, zu obwalten wie es ihm beliebt. Im Gegenteil: aus dem Inneren beschossen von den "Westlern" (Oligarchen, Medwedjews Kreise, wirtschaftlich stark und gut vernetzt im Ausland), ökonomisch unter Druck (Sanktionen, private Zentralbank, Mittelstandskrise, Rohstoffpreise) und mil-strategisch mit den zerfallenden USA konfrontiert, ist sein Spielraum recht eng.

... Putin ein langjähriger Freund von Henry Kissinger ist, ... und dass Putin Kissinger als seinen „größten außenpolitischen Berater“ beschreibt ...

Offensichtlich sind Sie mit den Gepflogenheiten der diplomatischen Sprachbenutzung nicht sehr vertraut, denn einen alten Staatsmann als "langjährigen Freund" zu bezeichnen bedeutet vor allem Respekt und Freundlichkeit, auch für evtl. Gegner. Kissinger hat Putin 2012 in Moskau auf drastische Weise bedroht. Putin blieb betont freundlich und hielt den Amerikanern immer die Hand hin. Mittlerweile scheint Kissinger ein Pragmatiker in Bezug auf Rußland geworden zu sein, vielleicht weil er verstanden hat, was geschehen ist ...

Auch jetzt, wo Samantha Power, Vicci Nuland, Hillary Clinton, J. Kerry oder J. Biden, W. Putin bis zum Hitlervergleich beschimpfen, sprechen die Russen immer noch von Partnern und Freunden. Das hat Methode. Warum sollte der Kreml sich zu aggressiver Rethorik verleiten lassen? Sie, Gustav, können darin gern eine Konspiration wittern ...

... Russlands Hauptwirtschaftsberater kein anderer als der Auftragskiller des internationalen Bankenkonsortium ist: Goldman Sachs ...

Schönes Beispiel für eine auf Rechte zugeschnittene Dramaturgie. Hauptwirtschaftsberater, Donnerwetter! Was ist das denn? Goldman Sachs soll ausländische (westliche) Investoren für den russischen Markt requirieren. GS hat eben die Ausschreibung gewonnen, wen hätten Sie denn gern? Rosbank? Sberbank? Sparkasse? Müssen Sie da nicht lachen? Der in der RF umstrittene Vertrag (Selbst Kiseljow, Russlands Claus Kleber, äußerte sich vorsichtig kritisch!) läuft 2017 übrigens aus ...

Und Ihr Argument bezüglich der ukrainischen Schulden, das ist doch nicht Ihr Ernst? Russland wurde vom IWF über den Tisch gezogen. Der IWF hat der Ukraine Kredite gewährt, obwohl die Schulden in Moskau nicht getilgt waren. Der Kreml hat auf eine Klage/Rückzahlung verzichtet, weil die Ukraine bankrott gewesen wäre. Die Rechnung hätten dann nicht die Kiewer Oligarchen oder der IWF beglichen, sondern die Babuschkas, die am Pasaschirski Filzsocken verkaufen, um zu leben. Mit der von Ihnen postulierten Verflochtenheit der RF mit dem Fonds scheint es nicht weit her zu sein.

Moskau versucht den IWF von einem amerikanischen Erpressungswerkzeug zu einer internationalen Finanzaufsichtsbehörde zu machen. (Ich persönlich halte das für ein gefährliches Vabanque, aber wer bin ich?) Das ist auch bei den Valdai-Gesprächen vor ein paar Tagen thematisiert worden. Halten Sie davon, was Sie wollen, es schwächt, sollte es gelingen, jene Unnennbaren an der Wallstreet, wenn auch China, Venezuela, Russland oder Indien im IWF ein Wörtchen mitzureden haben ...

Eben diese Unnennbaren sind es auch, die alle, wirklich alle, Zentralbanken der Welt kontrollieren, ja besitzen. Deren Aktivitäten zerstören die Völker, ohne Frage. Aber wie soll der Einfluß russischer Politiker hier aussehen? Gleiches gilt für die BIZ.

Obwohl; wem gehört die nordkoreanische Zentralbank?

Mag sein, daß jene, denen der Sprung aus Frankfurt und London über den Atlantik gelang, einen neuen Sprung von der US-Ostküste nach China planen, aber ob der Stunt noch einmal klappt, bleibt abzuwarten. Nimmt man Ihrem Beitrag die Spekulationen, die Strohpuppen und die Halbfakten, bleibt nicht viel übrig als ein Artikel im "Economist" ...

Die BRICS-Staaten, inklusive Russland, haben sich alle für die Bildung eines globalen Reservewährungssystem unter der direkten Kontrolle des IWFs ausgesprochen, beruhend auf der Methodik und Systematik des Korbs der Sonderziehungsrechte.

Das ist die Welt, in der wir leben. Was wollen Sie? Peng! und alles ist gut? Das Dasosein in der Welt schon als Indiz der Konspiration?

Ihre Grundaussage ist ohne Frage richtig und dieser Punkt wird in den nächsten Monaten bzw Jahren genau zu beobachten sein: der Sturz des US-Imperialismus bedeutet nicht das Ende jener, die ich oben als Unnennbar bezeichnete. Sie sind die einzig wirklich Wurzellosen auf dieser Erde. Die Zapparonis. Darüber wird aber an berufener Stelle und hinter verschlossenen Türen schon seit längerem beraten, auch unter vermeintlichen "Feinden".

Ich bin einfach gestrickt, ich will vor allem keine fremden Atomwaffen und Soldaten in meinem Land, und ich will Politiker, die deutschen Interessen dienen, Diplomaten, die unser Land würdig, respektvoll aber bestimmt vertreten und Soldaten, die ihre Heimat schützen. Deshalb, ich kann es Euch nicht ersparen, muß das amerikanische Weltreich fallen! Deshalb muß Assad siegen!

Mir ist die Naivität des Geschrieben durchaus bewußt, aber wären wir nicht herzlose Lumpen, sähen wir die Dinge anders?

Ob die Chinesen bzw die Russen mit den Zapparonis Geschäfte machen oder sie im Pazifik versenken, was schert´s mich ...

Stets der Eure,

R.

Der_Jürgen

3. November 2016 19:18

@Stilblüte

Der Beitrag von Raskolnikow, auf den ich in meiner ersten Wortmeldung anspielte, findet sich am Ende dieses Strangs:

https://www.sezession.de/56218/brandherd-syrien-teil-2.html

@Gustav

"Der Fall der USA ist ein Baustein auf dem Weg zu einer neuen Weltordnung".

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Hier die Gründe dafür:

Die Funktion der USA im globalistischen Weltsystem besteht nicht nur darin, mittels ihrer NGO, ihrer Medien, ihrer Filmindustrie etc. weltweit Subversion und Kulturzerfall zu verbreiten. Sie erfüllen auch die Rolle eines militärischen Rammbocks, der widerspenstige Staaten, die sich nicht mit Orangenrevolutionen etc. in die Knie zwingen lassen, zerstört. An Beispielen in den letzten beiden Jahrzehnten fehlt es mitnichten.

Welcher andere Staat könnte diese Aufgabe erfüllen? Keiner. Warum sollten die Globalisten ihren Rammbock dem Zerfall preisgeben und riskieren, dass in Washington ein Antiglobalist ans Ruder kommt, der mit dem ganzen Spuk flugs Schluss macht? Es würde reichen, an einem einzigen Tag alle grossen Fernsehsender und Zeitungsredaktionen zu besetzen und einige tausend führende Globalisten wegen Hochverrats verhaften zu lassen, und das globalistische Monstrum wäre enthauptet. Seine Trümpfe sind Geld und Propaganda - Papier und Worte. Ein Staatschef, der die Armee und die Polizei auf seiner Seite hat und entschlossen einsetzt, kann dem Monstrum im Nu den Garaus machen.

Halten Sie Trump für einen willfährigen Diener der Globalisten, der seine vorgegebene Rolle spielt? Das ist er offensichtlich nicht. Die grenzenlose Panik der Ostküstenclique über seine Erfolge ist echt, nicht gespielt. Kein gehorsamer Lakai würde eine Rede halten wie diejenige, die Trump am 13. Oktober in Florida hielt. Es war eine Kriegserklärung an ein bis ins Mark korruptes System und seine Hintermänner.

Offensichtlich gibt es innerhalb der amerikanischen Elite viele Menschen, die ihren Verstand nicht ganz verloren haben und keinen Atomkrieg gegen Russland im Interesse islamistischer Halsabschneider wollen. Deshalb die Freigabe von Informationen, die für Hexe Hillary hoffentlich tödlich sein werden.

Sicher, falls Trump gewählt wird, wird man immensen Druck auf ihn ausüben, und keiner kann ausschliessen, dass er einknickt. Sein Programm kann er ohnehin nur durchsetzen, wenn er schon bald nach seiner Wahl einen Putsch durchführt und eine Diktatur errichtet. Gegen rund um die Uhr hetzende Medien und gegen ein Oberstes Gericht, das jeden seiner Entscheide blockiert und sogar lupenrein demokratische Volksentscheide für ungültig erklärt, wenn sie der Ideologie der Neuen Weltordnung widersprechen (in Wisconsin, Kansas und Kalifornien sprach sich jeweils eine Volksmehrheit gegen die Schwulenehe aus, aber in allen drei Fällen entschied der Oberste Gerichtshof die Volksabstimmungen für verfssungswidrig), kann Trump nicht regieren.

Als Rechtfertigung für einen Putsch reicht schon die öffenliche Enthüllung der Wahrheit über den 11. September. Das amerikanische Volk wird dann jede noch so harte Abrechnung mit den Führern des Verbrechersystems begrüssen.

Zu Russland. Ja, der globalistisch-zionistische Einfluss ist in Russland sehr stark, da haben Sie leider völlig recht. Um ihn auszuschalten, müsste Putin den Rubikon überschreiten wie Stalin in der zweiten Hälfte der dreissiger Jahre, als er die Vorherrschaft einer nichtrussischen Elite in der UdSSR durch die grosse Säuberung (der natürlich auch zahllose Unschuldige zum Opfer fielen) brach. Er müsste analog zu Trump eine nationale Diktatur errichten, die von der überwältigenden Mehrheit der Russen unterstützt würde. Davor schreckt er bisher zurück. Er ist ein vorsichtiger Mann.

Es wäre unendlich naiv, Putin als Marionette des Westens zu sehen, der freiwillig die Rolle eines Buhmanns spielt. So wenig wie die gigantische Hetze gegen Trump ist diejenige gegen Putin vorgetäuscht. In Syrien hat er die USA ausmanövriert. Handelt eine Marionette so? In der Ukraine hat er entschlossen gehandelt, die Krim heimgeholt und durch seine Unterstützung der Volksmilizen verhindert, dass der ganze Donbass von der ukrainischen Armee niedergewalzt wurde. Man kann ihm allerdings vorwerfen, dass er nicht noch mehr getan und den Milizen nicht geholfen hat, auch den westlichen Teil des Donbass zu befreien. Dieser Vorwurf wird von Nationalisten wie Dugin, Prochanov und Girkin in der Tat gegen Putin erhoben.

Lieber Gustav, den Grossen Plan gibt es, aber es lässt sich eben nicht alles planen. Der Mensch ist kein Roboter, seine Handlungen sind nicht durchwegs lenkbar und voraussehbar. Wer den menschlichen Faktor übersieht, handelt auf eigene Gefahr. Darum stimme ich den Ausführungen von

@Dieter Stahl

zu.

Gustav

3. November 2016 23:50

@ Raskolnikow

"Ob die Chinesen bzw die Russen mit den Zapparonis Geschäfte machen oder sie im Pazifik versenken, was schert´s mich …"

Genau um diese Zapparonis geht es doch. Deren Machtbasis verschiebt sich nach Osten, wie immer von langer Hand vorbereitet. Zum Wechsel gehört die Zerstörung Europas und Amerikas, und was die Wurzellosen mit Russland bereits einmal angerichtet haben......

Ich würde den Geschäften das Versenken vorziehen.

A. Norath

4. November 2016 00:33

raskolnikov:
"dank an männer wie"usw...und die frau, welche diese konferenz erst möglich machte?

Benedikt Kaiser

4. November 2016 10:08

Danke an alle, speziell an Raskolnikow!

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