Ein Urteil mit Sprengstoff

Im Windschatten von Terroranschlägen und „Flüchtlingskrise“ ist seitens des Bundessozialgerichtes (BSG) in Kassel (4. Senat)...

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

ein in sei­nen Kon­se­quen­zen weit­rei­chen­des sozi­al­po­li­ti­sches Urteil gefällt wor­den, das an die­ser Stel­le ob sei­ner gra­vie­ren­den Aus­wir­kun­gen etwas näher betrach­tet wer­den soll, weil es ein­mal mehr zu Las­ten der deut­schen Steu­er­zah­ler und Sozi­al­ver­si­cher­ten geht. Jeder EU-Aus­län­der aus einem EU-Land, der län­ger als sechs Mona­te in Deutsch­land lebt und sug­ge­riert, er wol­le in Deutsch­land arbei­ten, hat in Zukunft Anspruch auf Sozi­al­hil­fe. So lau­tet in geraff­ter Form der Tenor des BSG-Urteils vom 3. Dezember.

Das Urteil hat eine Vor­ge­schich­te: Nach deut­schem Recht sind EU-Bür­ger, die nach Deutsch­land kom­men, um Sozi­al­leis­tun­gen zu erhal­ten oder erst­mals eine Arbeit zu suchen, gene­rell vom Hartz-IV-Bezug aus­ge­schlos­sen. Die­se Rege­lung ist laut einem Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) in Luxem­burg vom Sep­tem­ber die­ses Jah­res mit EU-Recht vereinbar.

Ein „rumä­ni­scher Fami­li­en­va­ter“ (u. a.) woll­te sich damit nicht abfin­den; er hat­te nach meh­re­ren erfolg­lo­sen Arbeits­ver­su­chen bei den Behör­den Hartz IV bean­tragt. Angeb­lich hat­te der „arbeits­wil­li­ge“ Mann alles ver­sucht, um sei­ne Fami­lie und sich zu ernäh­ren, vom Ver­kauf einer Stra­ßen­zei­tung bis hin zur (mitt­ler­wei­le in bestimm­ten Migran­ten­krei­sen belieb­ten) Anmel­dung eines Gewer­bes als „Abbruch­un­ter­neh­mer“.

Schließ­lich reich­te der Fami­li­en­va­ter Kla­ge ein und darf sich nun die Hän­de rei­ben. „Dank der Für­sor­ge der vier Rich­ter in Kas­sel [des 4. Senats des BSG] erhal­ten er und sei­ne Frau jetzt vom deut­schen Staat ohne Arbeit das Dop­pel­te des­sen, was man in Rumä­ni­en als Indus­trie­ar­bei­ter oder Leh­rer ver­dient“, ätz­te Spie­gel-Redak­teur Jan Fleisch­hau­er auf den Netz­sei­ten sei­nes „Schwar­zen Kanals“.

Ent­schei­dend für das Gericht waren die Auf­ent­halts­grün­de und die bis­he­ri­ge Dau­er des Auf­ent­halts. Bei einem „ver­fes­tig­ten Auf­ent­halt“ über sechs Mona­te sei das Ermes­sen der Behör­den angeb­lich „auf null“ geschrumpft, so daß in der Regel zumin­dest Sozi­al­hil­fe an die betrof­fe­nen Aus­län­der zu zah­len sei, heißt es in dem Urteil. Die­se Leis­tun­gen ent­spre­chen in etwa den Hartz-IV-Leis­tun­gen und könn­ten laut Medi­en­be­rich­ten in Zukunft von aktu­ell von bis zu 130.000 EU-Aus­län­dern aus Rumä­ni­en und Bul­ga­ri­en (dar­un­ter etli­che „Rota­ti­ons­eu­ro­pä­er“) bean­sprucht wer­den, die sich in Deutsch­land „irgend­wie“ um „irgend­ei­ne“ Arbeit bemühen.

Ob die­se Arbeits­su­che ernst gemeint ist oder über­haupt einen Sinn ergibt, spielt kei­ne Rol­le. Die Arbeits­su­chen­den müs­sen von nun an nur ein hal­bes Jahr durch­hal­ten, um das zu errei­chen, was das Gericht einen „ver­fes­tig­ten Auf­ent­halt“ nennt. Dann haben sie ein Recht dar­auf, beim nächs­ten Sozi­al­amt finan­zi­el­le Unter­stüt­zung einzufordern.

Das BSG setz­te sich mit sei­nem Urteil im übri­gen (unver­ständ­li­cher­wei­se) über die Auf­fas­sung eini­ger Lan­des­ge­rich­te hin­weg, daß EU-Aus­län­der, die in Deutsch­land erfolg­los auf Arbeits­su­che sei­en, in ihr Hei­mat­land zurück­keh­ren könn­ten, um dort Sozi­al­hil­fe zu beziehen.

Das BSG-Urteil ist ein wei­te­rer Schritt hin in Rich­tung Inter­na­tio­na­li­sie­rung des deut­schen Sozi­al­staa­tes und ein zusätz­li­cher Zuwan­de­rungs­an­reiz für das inter­na­tio­na­le Wan­der­pro­le­ta­ri­at, nach Deutsch­land zu kom­men – und das in einer Zeit, in der Deutsch­land unter den Kon­se­quen­zen der „Flücht­lings­kri­se“, in der die Bun­des­re­gie­rung nach wie vor kei­ne „Ober­gren­zen“ defi­nie­ren will, finan­zi­ell bereits schwer genug zu tra­gen hat.

So sehen es auch die kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­de, die auf das Kas­se­ler Urteil wenig amü­siert reagier­ten. Sozi­al­hil­fe müs­sen näm­lich die Kom­mu­nen zah­len, wäh­rend für Hartz IV der Bund auf­kommt. „Das Urteil ist nur schwer nach­zu­voll­zie­hen“, erklär­te zum Bei­spiel Uwe Lüb­king vom Deut­schen Städ­te- und Gemein­de­bund, weil die Sozi­al­hil­fe „gera­de nicht für Erwerbs­fä­hi­ge gedacht“ sei. Lüb­king zog das Urteil grund­sätz­lich in Zwei­fel: Es müs­se ernst­haft geprüft wer­den, ob die Rechts­la­ge wirk­lich so blei­ben kön­ne, wie sie vom BSG aus­ge­legt wur­de. Der Sozi­al­de­zer­nent der Stadt Offen­bach, Felix Schwen­ke, erklär­te laut FAZ gar: „Das Urteil birgt Sprengstoff!“

Schwen­ke erwar­tet, daß jede Groß­stadt „min­des­tens eine sechs­stel­li­ge Sum­me“ zu zah­len habe. Für den Anfang erwar­ten die Kom­mu­nal­ver­bän­de Mehr­aus­ga­ben in Höhe von jähr­lich 500 Mil­lio­nen Euro. Die­se Zahl dürf­te sich aber rasch poten­zie­ren, müs­sen doch auch Kos­ten für Unter­kunft, Hei­zung etc. hin­zu­ad­diert wer­den. Dadurch könn­te die Belas­tung nach Schät­zung der FAZ je nach Zahl der Antrag­stel­ler ins­ge­samt auf fast eine Mil­li­ar­de Euro stei­gen – wohl­ge­merkt nur für die sich bis­her in Deutsch­land befind­li­chen EU-Aus­län­der, die nun einen Sozi­al­hil­fe­an­spruch gel­tend machen kön­nen. Daß die­ses Urteil zusätz­lich EU-Aus­län­der ins­be­son­de­re aus Rumä­ni­en und Bul­ga­ri­en nach Deutsch­land locken wird, liegt auf der Hand.

Jan Fleisch­hau­er hat Recht, wenn er fest­stellt: „Das ist mehr als ein Urteil, es ist eine sozi­al­po­li­ti­sche Revo­lu­ti­on.“ Bemer­kens­wer­ter­wei­se bemüht Fleisch­hau­er, der „kon­ser­va­ti­ve“ unter den lin­ken Spie­gel-Redak­teu­ren, sogar den Begriff „Nati­on“, wenn er wei­ter fest­stellt: „Man soll­te mei­nen, daß gera­de Rich­tern am Bun­des­so­zi­al­ge­richt der Erhalt des deut­schen Sozi­al­staats am Her­zen liegt. Tat­säch­lich schei­nen Nati­on und staat­li­che Ein­heit für sie zu jenen Kate­go­rien zu gehö­ren, die so über­holt sind wie Lava­lam­pen. Daß sie damit die Ero­si­on des­sen beför­dern, was sie schüt­zen soll­ten, kommt ihnen offen­bar nicht in den Sinn.“ Es spricht für sich, daß die­ses Urteil im „öffent­li­chen Dis­kurs“ bis­her mehr oder weni­ger eine Mar­gi­na­lie geblie­ben ist – offen­bar gibt es in Deutsch­land Wich­ti­ge­res als den Erhalt des Sozialstaates.

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

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Kommentare (36)

Wutbürger

12. Dezember 2015 08:43

Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein der Internationalisten zur vollständigen Abschaffung Deutschlands.

Als ob es der Hiobsbotschaften nicht wahrlich schon genug gäbe, soll nun Deutschland endgültig der finanzielle und rassische Todesstoß versetzt werden.

Welcher Staat, der noch bei Verstand ist, verfasst so eine in höchstrichterliche Urteile gegossene Einladung an alle Welt sich in der BRD ins gemachte Nest zu setzen.

Dieses Urteil ist von den meisten in seiner Tragweite gegen den Erhalt unserer Nation noch gar nicht erfasst worden. Es wird immensen Schaden zum Nachteil des deutschen Volkes anrichten und weitere unabsehbare Massen an Invasoren anlocken - aber genau das ist von den Feinden Deutschlands ja auch so gewollt.

Wir werden überrrannt, entmachtet, kastriert, gedemütigt, verachtet, verlacht, ausgenommen und letztlich - vernichtet.

Es ist mittlerweile so, dass ich diesem Staat vollständig die Legitimation abspreche, dass er in irgendeiner Weise noch Respekt oder Beachtung für seine Gesetze und (ungeschriebenen) Normen erwarten kann.

Ich habe mit der BRD gebrochen - für immer.
Ich kann nur alle auffordern, sich dieser BRD zu verweigern.
Lest nicht die Lügenpresse, guckt nicht das BRD-Staatsfernsehen (Tagesschau, etc).
Gebt kein Geld für Mainstream-Presse-Organe aus; boykottiert dieses morsche Regime wo immer ihr die Möglichkeit dazu habt.

Es reicht so langsam mit diesem Regime!

Clairvoyance

12. Dezember 2015 10:00

Ein wegweisendes und längst überfälliges Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) in Kassel! Also, das muß schon sein. Das fortschrittliche und moderne Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sichert zu Recht »Grundleistungen« zu: »Leistungen für Unterkunft, Hausrat und Heizkosten«, »sowie Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt« sowie »Leistungen des ›Bildungspaketes‹ (zum Beispiel Schulbedarfspauschalen, Klassenreisen, Nachhilfe)«. Das ist ein glaubhaftes Bekenntnis zur Leistung! Eben »der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern«. Nach 15 Monaten »Regelbedarfssätze« in bar, wie es sich gehört.

Und natürlich keine Einschränkungen für »medizinische Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt, Vorsorgeuntersuchungen sowie Impfungen«. Das ist ja wohl das Allermindeste, nicht noch kleinliche Zusatzzahlungen zu verlangen!

Rückschrittlich und menschenfeindlich dagegen ist das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), das doch tatsächlich verlangt, »trotz Asylantrags die Einreise zu verweigern, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Drittstaat kommt (§ 26 a) oder bereits anderweitig Sicherheit vor Verfolgung bestand (§ 27).« Hier existieren sinnvolle Reformvorschläge, die geeignet sind, die Realität endlich auch juristisch anzuerkennen: Niemandem darf aus irgendeinem Grund die Einreise verweigert werden, denn das ist ungerecht.

Eine rechtliche Bereinigung ist ebenso erforderlich im Falle des Kirchenasyls. Abgelehnte, ausreisepflichtige und abzuschiebende Asylbewerber auch tatsächlich abzuschieben, ist grundsätzlich mit der Menschenwürde unvereinbar. Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Aufhebung der letzten einschränkenden Bestimmungen endlich durchzusetzen. Kein Mensch ist illegal!

Ich möchte mich persönlich beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel bedanken! Dieser BRD-Sozialstaat war und ist unbezahlbar. Er wird seit Jahrzehnten schuldenfinanziert und bekommt unablässig neue und vermehrte Aufgaben. Was liegt da näher, als endlich einmal einen kühnen Schritt zu wagen und das schwankende Rinnsal hereinströmender Entwurzelter mit der großen Überfremdungs-Bazooka in einen schäumend-reißenden Strom verwandeln! Hunderte Millionen, ja Milliarden Erwartungsfrohe sitzen auf gepackten Koffern! Wer könnte so anmaßend sein, auch nur irgendeinem Antragsteller seine verbrieften Rechte zu nehmen?

So wird ein Schuh daraus: Soviel wie möglich! Schulden für eintausend Jahre hochtürmen! Grenzenlos, schrankenlos, unzählbar, unnennbar, unvorstellbar Viele anlocken, sie begünstigen, vorziehen, päppeln, stopfen, überhäufen mit Gunst und Gnade und Geld. Unmäßig, unfaßbar, gigantisch viel Geld! Und dann ist ganz schnell Schluß mit der Sozialstaatstragödie, die taugliche, tüchtige, fleißige Menschen in dröge, gierige, undankbare, suchtkranke, verfettete, geistig leere Moralfasler verwandelt...

Ich danke dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel für seine überragend lebenskluge Weisheit, Entschlossenheit und Voraussicht. Vielen herzlichen Dank!

Clairvoyance

der Gehenkte

12. Dezember 2015 11:07

Das Urteil reiht sich grandios in den konzertierten Versuch ein, das Land in die Knie zu zwingen. Unter vielen Horrorbotschaften in dieser Woche, ist es die schlimmste. Und dabei ist der Vernichtungsfeldzug gegen die AfD und nun gegen Höcke persönlich, noch gar nicht mitgerechnet. Sieht aus, als stünden wir einer Mobilmachung gegenüber ...

siehe: https://seidwalkwordpresscom.wordpress.com/2015/12/11/selbsthass/

JensN.

12. Dezember 2015 11:34

So paradox es zunächst klingen mag, aber: Die Bundesrepublik Deutschland und zumindest Teile ihrer Organe, sind die Feinde des deutschen Volkes. So nüchtern muss man die Lage analysieren. Dieses Urteil ist nicht nur im Kontext der jetzigen Siedlungspolitik des Merkel- Regimes zu sehen, sondern auch im Kontext zu den letzten mindestens 30- 40 Jahren. Das, was wir gerade erleben, ist kein Staats"versagen". Es ist die minutiös geplante Durchführung einer Agenda, die - so einfach kann man das sagen - das Ziel hat, Deutschland in einen multiethnischen Vielvölkerstaat zu transformieren. Und nicht nur in Deutschland, denn: Die Zerstörung der ethnischen Substanz und der Kultur der europäischen Völker, hat das Ziel, die EU unumkehrbar zu machen. Bisher - siehe Jugoslawien - scheiterten multiethnische Staaten immer an nationalen Interessen und Egoismen. Was unser Bundeshosenanzug Frau Dr. Angela Merkel mit ihren Komplizen gerade durchführt, ist genau das, was die EU will: Eine vermischte und durchrasste EU- Bevölkerung, damit es so etwas wie ein "Nationalempfinden" nicht mehr gibt. Was Merkel wirklich vorhatte, sieht man ja daran, dass sie einen europäischen Verteilungsschlüssel für Asylanten forderte, damit in anderen EU- Staat die gleichen Verhältnisse wie in Deutschland herrschen. Eigentlich ein genialer Plan: Deutschland als Magnet und Anlaufstation für Asylanten aus aller Welt und von da aus werden diese dann europaweit verteilt. Aber zumindest was Osteuropa betrifft, sind sie aber wohl an die Falschen geraten. Deren Völker und Regierungen sehen ganz genau, wie sich die Lage im Westen entwickelt und sie wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie diese Zustände in ihren jeweiligen Heimatländern herbeiführen würden. Hier kann die Bundesrepublik Deutschland sogar endlich mal als Beispiel dienen - und zwar als abschreckendes! Die Hoffnung kommt aus dem Osten. Nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch auf europäischer Ebene.

Heinrich Brück

12. Dezember 2015 11:43

Der eingebürgerte Sozialstaat hat eine Negativseite. Er hebt die strenge Lebensmoral auf, suggeriert Sicherheit als Freifahrtschein das eigene Risiko an den Steuerzahler delegieren zu können. Hier soll die Solidarität der Nation in Anspruch genommen werden dürfen, wovon aus kapitalistischer Sicht beide Seiten profitieren sollen. Und er rückt den Lebenskampf in völlig falsches Licht.
Außerdem ist das Wort an sich schon ein Witz, denn ein Steuerraubstaat ist asozial.
Nichts gegen Solidarität in einem Björn-Höcke-Staat, aber in Merkelland kann der Sozialstaat ruhig abgeschafft werden.

Konrad Gill

12. Dezember 2015 11:50

„Man sollte meinen, daß gerade Richtern am Bundessozialgericht der Erhalt des deutschen Sozialstaats am Herzen liegt. Tatsächlich scheinen Nation und staatliche Einheit für sie zu jenen Kategorien zu gehören, die so überholt sind wie Lavalampen. Daß sie damit die Erosion dessen befördern, was sie schützen sollten, kommt ihnen offenbar nicht in den Sinn.“

Fleischhauers Einschätzung scheint mir an der Wirklichkeit vorbeizugehen. Daß Nation und staatliche Einheit den Bundesrichtern egal ist, mag sein oder nicht. Aber hier scheint sich nur eine Tendenz fortzusetzen, die schon seit langem auch bei den anderen obersten Bundesgerichten und auch beim BVerfG zu beobachten ist: die schwindende Bereitschaft, eine völlig chaotische und "handwerklich" schlechte legislatorische Arbeit weiterhin durch Anpassungen, Auslegungen oder gar teleologische Reduktionen zu stützen. (Das Argumentum ex "Redaktionsversehen" kennt jeder Jurist.) Nun wenden die Richter eben das Recht so an, wie es sich aus Rechtsakten, ausgelegt am Maßstab der entsprechenden sozialpolitischen Aussagen des Gesetzgebers, und aus dem EU-"Recht" ergibt. Und wenn der Staat darunter zusammenbricht, dann sieht man mal, wohin die konfuse, in immer mehr immer schlechteren Gesetzen sich äußernde Parlaments- und Lobbyarbeit führt.

Keineswegs will ich den Bundesrichtern unterstellen, daß sie bewußt für Politik und EU-Ordnung "schädlich" judizieren, aber daß sie aus ideologischen Gründen unbedacht irgendeinen Unsinn entscheiden, will ich eben genauso wenig unterstellen. BSG-Richter sollen gerade nicht "den Sozialstaat schützen", wie Fleischhauer glaubt, sondern sie sollen das Recht anwenden und Fehler in der Rechtsanwendung korrigieren. Richter sind (oder sollen sein) Techniker der Rechtsanwendung, keine Politiker. Vielleicht tun diese höchstqualifizierten Juristen mit in der Regel jahrzehntelanger Gerichtserfahrung einfach das, was sie berufsmäßig sollten: konsequent und unpolitisch geltendes Recht anwenden.

Eveline

12. Dezember 2015 12:52

Natürlich ist das von den BSG Richtern mehr als ein Schlag ins Gesicht. Allerdings ist dies nur Geld.... und wo die Kommune Schulden macht - machen andere dicke Gewinne. "Nur" ein Verteilungsproblem.

Weit viel schlimmer ist, das in den Kommunen und Gemeinden ab 2016 das See und Handelsrecht gilt.

Vor 25 Jahren wurde in Mitteldeutschland dieses Recht auf sämtliche VEB Betriebe angewandt. Mit all ihren unmenschlichen Auswirkungen.

Jetzt gilt es für die Gemeinden, für die angeblich gekauften und abbezahlten Grundstücke....

Der Osten kann nur noch auf Putin hoffen... ansonsten kommt eine Enteignungswelle auf uns Deutschen zu, die ich ehrlich gesagt nicht erleben möchte.

Jetzt können die bewohnten Wohnungen meistbietend angeboten werden, denn wer das Land besitzt, besitzt die Häuser, die darauf stehen.

https://dubistkeinpersonal.de/hausaufgabe-fuer-deutsche-mein-land-oder-deren-land/

Richard Cobden

12. Dezember 2015 14:42

Das sind alles Entwicklungen, die uns in die Hände spielen. Wenn sich die bekannte Staatlichkeit auflöst, ist am Ende unser Gestaltung sspielraum größer, dem deutschen Staat oder was davon übrig bleibt, eine neue Form zu geben. Was jetzt passiert, ist nur die Zuspitzung von Tendenzen, bei denen uns allen klar war, dass sie zur Selbstabschaffung führen. Die Gesinnungsethiker in den Eliten sind nicht fit genug für das kommende Zeitalter der ethnischen, sozialen und religiösen Konflikte, das sie selbst heraufbeschworen haben. Wir müssen Ihnen jetzt beibringen, dass sie ungeeignet sind am Steuer zu sitzen. Sie sind nicht alt genug um zu fahren und wir müssen ihnen deshalb den Führerschein wegnehmen.

Zadok Allen

12. Dezember 2015 16:59

Es ist offensichtlich, daß dieses neuerliche absurde Urteil durch die Einbindung der betreffenden Richter in die informell herrschenden Kreise zustandegekommen ist.

Die USA und ihre Komplizen in Berlin haben den Kulissenstaat BRD zur Plünderung freigegeben.

Der positive Aspekt dieser Entwicklung ist die hierdurch im Falle eines Umsturzes zum Besseren gegebene Möglichkeit, das Gebot der nacktesten Menschenvernunft durchzusetzen: Sozialleistungen erhalten Staatsbürger, und sonst niemand.

Jürg Rückert

12. Dezember 2015 17:59

Das Urteil ist nur ein Brandbeschleuniger für das Ende unseres Sozialstaates.
Offene Grenzen und Sozialstaat vertragen sich wie Feuer und Wasser.
Die Folgen dieses Urteils werden gegenüber der Massenzuwanderung nicht mehr ins Gewicht fallen.
In der Chemie gibt es ein Gesetz: Der langsamste Teilschritt bestimmt die Geschwindigkeit der Reaktion. Hier ist es das größte Gewicht, das den Ausgang bestimmt.

Grau

12. Dezember 2015 19:38

In diesen Fall "ätzt" Fleischhauer nicht, sondern kommentiert recht sachlich.
Bedauerlich, dass dieses Urteil, das uns in Kombination mit der Niederlassungsfreiheit innerhalb der €U noch ähnlich teuer kommen kann wie die Lawine, bislang im Wahrnehmungsschatten bleibt.
Zumal für die Ausnutzung solcher Rechtslage in der €U gerade genug Aspiranten bereitstehen, überall dort, wo das eigenen Sozialsystem und auch die eigene Rentkassen wenig hergeben.
Neben der Umvolkung läuft so die Umverteilung.

Winston Smith 78699

13. Dezember 2015 04:00

Hier nennt ein Leser das Urteil im Zusammenhang mit einer EU-Entscheidung, die medial ebenso untergegangen ist oder ebenso nie auftauchen sollte. Während bei der überraschenden, weil im Mai noch abgelehnten Visafreiheit irgendein Hintersinn noch im erleichterten Leerschaufeln von künftigen Schlachtfeldern zwischen der Nato und der russischen Föderation vermutet werden kann, bleibt dieses Urteil auf den ersten Blick düster wie ein singuläres Phänomen, aber selbst an eine Anhäufung von solchermaßem Unerklärlichem scheint man sich im real existierenden Surrealismus ja zu gewöhnen.

Anstelle nun über böswillige Extinktionspläne zu spekulieren, finde ich es in diesen Tagen immer angebracht, nach innewohnenden Möglichkeiten zu suchen. Dieses Urteil bringt die sozial Schwachen der ganzen EU nicht nur in Konkurrenz zu den hiesigen Einheimischen (ja, ich bin schon gehemmt, von den "Deutschen" zu sprechen), sondern auch zu den Inv Einwanderern. So gesehen nimmt ab jetzt jeder hier Asyl beantragen Wollende nicht nur den Deutschen und andernen Einwohnern was weg, sondern gleich mal allen EU-Bürgern. (Dies natürlich nur gut gemeint - als Chance für uns, uns symbolisch für die kulturellen Reichtümer zu bedanken, auf die so neugierig zu sein wir uns ja auch mal leisten dürfen, wie jemand kürzlich gesagt hat.)

In dieser Denkrichtung ist vielleicht noch ein wenig mehr zu holen. Denn so gesehen steht ja auch jeder neue Einwanderer in Ressourcenkonkurrenz zu den bereits nistenden. Hat ihnen das eigentlich noch nicht mal jemand klargemacht? Haben nicht gerade sie ein Interesse daran, hinter sich die Grenze dichtzumachen? Ein sinnstiftender, vielleicht traumatherapeutischer Zeitvertreib für sprachmächzige Spezialisten überdies.

Die Entstehung eines Wir-Gefühls unter den Einwanderern ist ohnehin aus verschiedenen Gründen gefährlich und sollte behindert werden. Verfolgte man allerdings den SPD-Parteitag etwas, so schien genau dies jedoch ein Ziel dieser Partei zu sein, damit einem "Wir-neuen-Mitbürger"-Gefühl das "... wählen natürlich SPD" angehängt werden kann und der nächste Neuwählerimport gesichert ist - und diese Partei sich und der Welt erneut eine Existenzberechtigung vorlügen kann. Die Neubürger hätten dann den üblichen Zweck des importierten oder erzeugten Elends, gegen welches man kämpfen muss: als Zündler der entpuppt sich der Feuerwehrmann.

Die zeugungsfreudigen Neubürger sind also nicht nur für die Asylindustrie, als Lohndrücker und als Produzenten des unterbelichteten Kanonenfutters für kommende Kriege nützlich, sondern als Machtstütze für riesige Apparate rund um die Partei. In dieses Bild passt dann auch das Urteil besser. Wer nichts kann außer die Beseitigung von Elend versprechen, braucht eben dringend Elend.

Zusammengenommen verdichtet sich zusehends ein Bild, welches das Zahlen von Steuern und Sozialabgaben subjektiv wie eine große Narretei erscheinen läßt. Rational-Choice-Kontroverse und Gefangenendilemma hin oder her: soziales Verhalten muss sich (wenigstens indirekt) lohnen oder dies zumindest glaubhaft in Aussicht stellen. Natürlich ist dies psychologisch argumentiert und gegen den kategorischen Imperativ, aber den Deutschen soll mal jetzt und demnächst niemand mehr mit Pflichten und Vernunft kommen. Die Moralisierer haben dieses Recht auf unbestimmte Zeit verwirkt. Andererseits könnte eine erneute solche Entgleisung aber auch der überfällige Funke sein.

Hadrian

13. Dezember 2015 12:18

Der Sachverhalt ist nicht neu.

Abgleitet aus der ,,Rechtssache Angonese'' (für alle die das EUGH Urteil nachlesen möchten, Urteil: 06.06.2000 C-281/98), ist jemand der die MOTIVATION zu arbeiten hat, einem Inländer gleichzustellen.
Daraus folgt dann, dass auch Zugang zu den sozialen Sicherungssystem gewährt werden muss. Eben wie ein Inländer.

Die Sprengkraft des Urteils war damals schon absehbar und manifestiert sich in diesen bizarren Urteilen unserer nationalen Gerichte.
Es war klar das es ein paar Jahre dauern wird, bis sich das bei den ,,Kunden'' herumspricht.

Noch ein Schwank vom EUGH:

Eine Frau aus X reiste in Deutschland ein um zu arbeiten.
Beim überqueren der Grenze hat sie schlagartig eine Depression bekomme und kann daher nicht arbeiten. Urteil: Alles okay, denn sie HATTE ja mal die MOTIVATION zu arbeiten. Deswegen hat sie Anspruch auf Transferleistungen in Deutschland. Ich vergaß zu erwähnen, dass sie noch die pflegebedürftigen Eltern im Schlepptau hatte.
Daraus folgt dann wieder, dass alles was ich im ersten Absatz beschrieben habe auch für Familienangehörige gilt. Wobei der EUGH Familienangehörige nicht definiert hat. Wir wissen alle was das bedeutet. Praktisch alle.

Zum Abschluss noch ein Urteil, wieder EUGH. Auch sehr relevant für uns. Ein Zuhälter ist zu 9 Jahren Haft verurteilt worden (da muss man in Dummland schon einiges verbrochen haben). Nach 6 1/2 Jahren ist er freigekommen und sollte abgeschoben werden. Person klagte.
Urteil EUGH: Wenn jemand mehr als 5 Jahre in einem EU Land lebt, kann er nicht mehr abgeschoben werden, weil sein Lebensmittelpunkt sich eben in jenem befindet. Schlüsselsatz: Haftzeiten sind NICHT schädlich.

Wenn also jemand wegen eines Verbrechens Jahrelang in Haft ist, dann hat er plötzlich seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland und darf hier bleiben. Toll, oder?

Wer sich genauer einlesen möchte:
RASCHKA, JOHANNES: Freizügigkeit von Unionsbürgern und Zugang zu sozialen Leistungen.
WIENBRACKE, MIKE: Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.

Ich kann sagen, dass es auch innerhalb der EU-Systemlinge eine große Menge an Zweiflern gibt. Wichtig ist, dass wir am Ball bleiben bis die kritische Masse überschritten ist. Dann werden diese Leute uns auch folgen. Versprochen!

Waldgänger

13. Dezember 2015 12:30

Die Instrumentalisierung, die Ausplünderung eines ganzen Landes, eines Volkes zum Nutzen anderer.
Wie hat man das früher genannt?

Und wie nannte man früher jene aus dem eigenen Volk, die sich den neuen Herren andienerten, so wie heute die Richter des "Bundessozialgerichts"?

Stefan

13. Dezember 2015 13:00

"Rumänischer Familienvater" ist doch zu schön. Wissen wir doch alle, dass es sich hierbei um das Oberhaupt einer Zigeunergroßfamilie handelt...

Treverer

13. Dezember 2015 18:01

Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, und der deutsche Sozialstaat, der wie ein Magnet auf das Treibgut der Welt wirkt, wird "internationalisiert", bis er zusammenbricht.
Auch hier gilt, wie bei der Auflösung der Staatlichkeit generell: Niedergangsprozesse verlaufen nicht linear. Wer von einem Hochhaus springt, kann sich noch im 2. Stock einreden, daß bislang alles gut gegangen ist.
Zu erwarten ist, daß ein beschleunigter Wettlauf innerhalb und außerhalb der EU einsetzt, wer an der Leichenflederung noch teilnehmen kann. Zu erwarten ist auch, daß der Druck auf die austerbende Spezie des deutschen Nettosteuerzahlers überproportional zunimmt.
Am Ende steht die Gleichheit der Büger - in Armut, und eine (europäische) Diktatur, die die sozial, kulturell und ethnisch zerissene Gesellschaft zusammenhält, oder es jedenfalls versuchen wird.

Erik Sieven

13. Dezember 2015 20:43

angesichts des Zustroms aus dem arabischen und afrikanischen Raum bin ich ehrlich gesagt mittlerweile über jeden Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien froh, und auch wenn es sich um Sinti und Roma handelt. Sie jedenfalls lassen sich von den Arabern nicht so schnell das Butter vom Brot nehmen und bilden ein gewisses Gegengewicht

Anja

13. Dezember 2015 20:49

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!"

jack

13. Dezember 2015 23:53

So wird ein Schuh daraus: Soviel wie möglich! Schulden für eintausend Jahre hochtürmen! Grenzenlos, schrankenlos, unzählbar, unnennbar, unvorstellbar Viele anlocken, sie begünstigen, vorziehen, päppeln, stopfen, überhäufen mit Gunst und Gnade und Geld. Unmäßig, unfaßbar, gigantisch viel Geld! Und dann ist ganz schnell Schluß mit der Sozialstaatstragödie, die taugliche, tüchtige, fleißige Menschen in dröge, gierige, undankbare, suchtkranke, verfettete, geistig leere Moralfasler verwandelt…

Ich danke dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel für seine überragend lebenskluge Weisheit, Entschlossenheit und Voraussicht. Vielen herzlichen Dank!

Bitte einmal zuhören, was der Autor des Buches "“Tell the Truth & Shame the Devil”, Gerard Menuhin, Sohn des weltbekannten Geigenvirituosen, Jehudi Menuhin, überr die "deutschen Neurosen" , zu denen man zweifellos auch das obige Urteil zählen muss, zu sagen hat.
https://youtu.be/BArgSrthOvk

Der Gutmensch

14. Dezember 2015 10:47

Also die "EU" und die "Ressourcenkonkurrenz" sind auf alle Fälle mal Richtungen, in die man weiter denken sollte.

Auf die Gefahr hin, als penetrant bezeichnet zu werden, muss ich abermals darauf hinweisen, dass in gewissen hinterwäldlerischen Ecken des Landes die EU nebst Schengen schon immer als probates Mittel zum Zweck der Förderung der Ressourcenkonkurrenz wahrgenommen wurde. Das betrachtete man bislang als systemwidrig und und damit moralisch verwerflich.

Nun wird´s aber langsam sehr ungemütlich in der EU. Die Menschen beanspruchen Ressourcen, derer sie woanders in der EU nicht habhaft werden; nicht mal mittels Einbruchsdiebstahl. Hierzulande ist der Einbruchsdiebstahl indessen noch immer ein Geschäftsmodell. Nicht für jeden - aber das ist letztlich wirklich nur eine Frage des individuellen Verzweiflungsgrades und das sage ich wirklich ohne jeden Zynismus. Ich vermute daher, die gated-community-Gläubigkeit verblasst bereits, bevor sie noch richtig zur Blüte gelangte; aber vielleicht hoffe ich auch nur auf soviel Wirklichkeitssinn? Bildet sich denn wirklich jemand ein, dass man einen Menschen für den Mindestlohn dazu bringen kann, sein eigenes Leben im Zweifel weniger zu schätzen als das des Arbeitgebers?

Insofern ist das hier so heftig gescholtene Urteil ausgesprochen konservativ im Sinne der adenauerschen Grundsätze des Landes: Wo jemand wirksam Verzweiflung ins Feld führen kann, da regeln wir das mit Geld. Ob es etwas hilft, wird sich noch herausstellen, aber versucht hat man es schon mal und die politische Verantwortung dafür liegt ohnehin bei der EU.

Der Gutmensch.

eulenfurz

14. Dezember 2015 13:00

Den kerndeutschen Richtern sei noch nicht einmal Böswilligkeit unterstellt, sie urteilen mit hoher Wahrscheinlichkeit dank fundierter Kenntnis der Gesetzeslage und mit bürokratischer Gründlichkeit. Bezüglich der Folgen waschen sie ihre Hände in Unschuld, sie haben lediglich korrekt ihren Dienst vollzogen.

Aber keine Aktion ohne Reaktion: Zwangsläufig werden die Zustände für den Steuerzahler immer unerträglicher. Das qualifizierte europäische Personal wird den Laden früher oder später verlassen.

Belsøe

14. Dezember 2015 13:46

Wenn man genau hinsieht, war das ohnehin die Kernfähigkeit der Bundesrepublik: Bestechung. Loyalität oder doch zumindest Anerkennung erkaufen. Wobei die Schwergewichte hier keinesfalls die Transferempfänger von existenzsichernden Kleinstbeträgen sind. Davon kriegt die Gesellschaft das meiste ohnehin in Form von Basiskonsum zurück.

Sollte dieses Schweigegeldprinzip an seine Grenzen kommen, ist mir das jedenfalls recht, schon um der Wahrheit Willen, dessen was die Menschen wirklich sind und im Inneren vertreten, was sich ja in Plapperland erst feststellen lässt wenn sie handeln müssen. Der Prenzlauer Berg jedenfalls verzieht sich dann in Richtung elterlicher Resthöfe und Ferienhäuser, statt mit Neukölln solidarisch für das vorher propagierte zu stehen.

Ganz klar ausnehmen tue ich davon den klassischen Sozialstaatsgedanken, den ich nach wie vor gegen die ganzen steuerfeindlichen Eisenhanse hier verteidigen würde. Wer schwache und notbehaftete Lagen des Nachbarn nicht mitdenken mag (und zwar staatlich statt angloamerikanisch-gönnerhaft), ist mir zu kleinlich und auch zu dümmlich - wenn nach der Agenda 2010 die Staatseinnahmen erst recht massivst gestiegen sind, dann versickert das in ganz anderen Löchern. Gegenüber den entsprechenden Akteuren ist man gedanklich aber nicht so mutig, möglicherweise auch milieumässig verstrickt. Womit man wieder beim Thema Bestechung wäre.

Monika

14. Dezember 2015 14:30

Folgen Zum Ersten: Was sollen wir denn noch "erwirtschaften", was wir noch nicht haben? Mit der Stagnation kommt immer der Rückschritt, wir brauchen immer weniger Menschen, um die "Restnachfrage" bedienen zu können. Zum Zweiten: Als Kind hatte ich noch Unterricht in Heimatkunde. Man lernte die Stadt kennen, erfuhr den Landkreis, den Regierungsbezirk etc. Man wusste zwar nie genau, wozu das alles dient, aber bekam ein Gespür für "seinen" Lebensraum. Spätestens mit der EU ist dieses Gespür für "meine" Heimat, "meine" Stadt etc verloren gegangen. Wenn in einem Ort der Bäcker aufgibt, der Metzger absperrt, die Post oder der Arzt verschwindet- was geschieht dann mit mir? Es entsteht ein Gefühl des Verlorenseins, der Überflüssigkeit. Chillen auf DomRep ist vielleicht finanziell möglich- aber man kann reisen, wohin man will, man nimmt sich immer selber mit. Heimatlos zu sein ist der Beginn der Selbstaufgabe.

Ein Kommentar zu einem interessanten Beitrag in der Faz:

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/europas-zukunft-haut-doch-ab-13950419.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Heimatlos zu sein ist der Beginn der Selbstaufgabe

@Eulenfurz
Das qualifizierte europäische Personal wird den Laden früher oder später verlassen .
Manchmal denke ich, das qualifizierte europäische Personal müßte genau in Europa beweisen, dass es qualifiziert ist.
Etwa zeigen, wie man Heimat zurückerobert. Durchaus im geistigen Sinne zu verstehen. Da materiell alles im Überfluss vorhanden.

Die echte Herausforderung ist doch, die Zukunft in Deutschland und Europa zu suchen.
Da sollten sich auch die einbringen, die ihren Kindern raten, "ihre Zukunft nicht in Deutschland zu suchen".

Vielleicht besteht eine Lösungsmöglichkeit gar in "seltsam abseitigen Dingen". Bitte um eine Diskussion des Fluchtthemas auf Seminarniveau !

Im übrigen bin ich der Meinung, dass es heißen müsste :
Ein Urteil mit Sprengkraft.
Den Sprengstoff haben die Niveaulosen.

Der Gutmensch

14. Dezember 2015 15:31

"Das qualifizierte europäische Personal wird den Laden früher oder später verlassen."

Das ist seit vielen Jahren das immer gleiche, billige Gewäsch. Man bejammert, möglichst lauthals, dass das Ausland so tolle Stellen anbieten kann, dass man die eigene Jugend nicht im Land halten halten, wie entsetzlich aber auch! Da war vielleicht mal in der DDR was dran ... das sind aber schon lange tempi passati! Angeblicher "Braindrain" war bereits vor zehn Jahren große Propaganda in Australien und - warum sollte es denen dort besser gehen als hier - natürlich von vorne bis hinten gelogen, wie der Name "Propaganda" bereits nahelegt. Ausgerechnet SA wollte man damals als Bösewicht ausgemacht haben, der die ach-so-teuer und sorgfältig ausgebildeten, einheimischen Fachkräfte abwirbt, heul, schnief! Tatsächlich verhielt es sich natürlich genau umgekehrt, wie mir mein südafrikanischer Nachbar bestätigte: Dort (in SA) machte sich alles hastig in Richtung Australien auf, was eine verwertbare Qualifikation aufzuweisen hatte; hauptsächlich Leute aus dem Bergbau und Piloten. Selbst unser Bäcker kam aus SA, weil man dort nämlich weiß, wie man dunkles Brot backt, während Leuten, die von Briten abstammen, sowas einfach nicht von der Hand gehen will. Doch wenn man sich so viele billige, dankbare und qualifizierte Leute von draußen reinholt, muss man die vor Ort gezüchteten, nicht ganz so konkurrenzfähigen Dummbrote ja auch irgendwohin wieder loswerden! Oder vielmehr: Man muss zwar nicht und man darf auch nicht zu seinen Wünschen stehen (weil man sonst nicht gewählt wird) - aber man würde doch gerne haben, dass sie anderen auf der Tasche liegen und ihre nicht vorhandene Kompetenz woanders verbreiten, jawohl! Diesem unheiligen Zweck diente also die Propaganda: Jeder Depp, der das tatsächlich für voll nahm und daheim keinen Job abbekommen hatte (wegen der tollen Zuwanderung nämlich) bewarb sich international und versuchte, anderen Sand in die Augen zu streuen.

Schönes Argument gegen die Ideen der AfD, fällt mir da gerade auf.

Der Gutmensch.

Rosenkranz

14. Dezember 2015 15:37

Als ich die Nachricht auf SiN las, war ich zunächst schockiert. Aber nun werde ich mir gleich ein Bierchen aufmachen und etwas feiern. Dieses Urteil ist ein weiterer Brandbeschleuniger zum Sturz der linksliberalen Herrschaft. Je schneller es damit zu Ende geht, desto besser. Dieses schleichende Siechtum zehrt ganz schön an den Nerven. Was den anständigen deutschen Staatsbürgern hier zugemutet wird, ist nur noch katastrophal.

Stil-Blüte

14. Dezember 2015 16:32

@ jack

Wer so ein außergewöhnliches Video ins Netz stellt, muss selbst außergewöhnlich sein. Dieses Interview ist ist im wahrsten Sinne des Wortes eine 'frohe Botschaft' Worin besteht der Unterschied zu einer Botschaft und einer 'frohen {=wahren} Botschaft? Als Botschafter überbringt er nicht nur eine Botschaft, sondern ist/war Zeuge und ist in der wundersamen Verfassung, Botschaft zu überbringen u n d Bekenntnis abzulegen .

Gustav

14. Dezember 2015 19:39

Wo der Teufel nicht selbst hin will, schickt er einen Pfaffen oder ein altes Weib. (Russisches Sprichwort)

In Deutschland geht er auf Nummer Sicher!

Winston Smith 78699

14. Dezember 2015 20:02

@ Der Gutmensch

Vielen Dank für beide Kommentare - meinem Empfinden nach beides dicke Bretter an Gehalt und Dichte. Mich würde eine Erläuterung zweier Gedanken freuen, von denen ich zwar vage zu ahnen meine, was gemeint sein könnte, es es jedoch schade wäre, wenn ich da falsch läge und es mir und vielleicht auch anderen Lesern entginge.

1. Der Zusammenhang von Gated Communities und dem Leben des Arbeitgebers.

2. Was gegen welche Argumente der AfD spricht.

Damit es Ihnen die Mühe wert erscheint, berücksichtigen Sie bitte Millionen andere, auf Aufklärung, Bestärkung und kräftige Argumente gierende Leser wie mich und auch die von berufswegen Lesenden und die Feinde der Gedankenfreiheit auf der Suche nach Unerhörtem zum Aufregen. Zwingen Sie sie zum kleinschrittigen Nachvollzug Ihrer Schlüsse - vielleicht keimt hie und da die Saat der Erkenntnis gegen alle ideologischen Pestizide.

In Hochachtung. Winston.

Der Gutmensch

14. Dezember 2015 21:24

Ruhig Blut, Winston, ich bin mir sicher, dass Ihnen gewiss niemand im von internationaler Top-Fachsecurity bewachten AfD-Ghetto an die hochintellektuelle Wäsche gehen wird - das haben Sie ganz und gar falsch verstanden!

Und was mich selber angeht, so lasse mich ungern von dreisten Bewaffneten anreden, die es ersichtlich bloß auf eine überspitzte Reaktion meinerseits und nicht auf Gedankenaustausch abgesehen haben.

Also - zieh´n se jefällichst Leine, der Herr, se sind ma nämlich gruselich ...

Der Gutmensch.

Winston Smith 78699

14. Dezember 2015 23:23

@ Der Gutmensch

Dann versuch ich's mal anders.

Der erste Gedankengang könnte aufgedröselt bedeuten: Bei genügend Verzweiflung werden nicht nur Ladendiebstahl, sondern auch Plünderung, Raub und Totschlag üblich werden, und letztlich, also spätestens bei Bedrohung des Überlebens, werden auch die bewachten Bezirke der Eliten gestürmt. Dann wird sich jeder selbst der Nächste sein, und darin wird sich die autochthone Bevölkerung nicht von den Immigranten unterscheiden. Die Not könnte eine neue Masse von Gleichen, weil gleichermaßen durch die Umstände an Leib und Leben Bedrohten, entstehen lassen - nur dass diese eventuell nicht jenes Niedriglohnsklavenkollektiv von durch Individualiserung entwurzelten und absichtlich heruntergebildeten Arbeitsnomaden sein wird, welches die Elite sich wünscht, sondern eher aussehen wird wie die wandelnde Masse aus diesen Zombie-Apokalypsen oder wie die Killergangs aus Mad Max.

Wenn dies gemeint gewesen sein sollte, sehe ich nicht, was daran überspitzt wäre. Das sind so weit ich weiß soziobiologische Gesetzmäßigkeiten. Diese könnte man infragestellen, aber an dem möglichen Szenario ist als Menetekel doch nichts auszusetzen.

Der zweite Gedanke könnte sein: durch die Entwicklungen, in deren Kontext das Urteil zu verstehen ist, entsteht neuer Druck auf die vorhandenen sozial Schwächsten. Man könnte diese hierdurch zur Emigration veranlassen wollen, einfach um sie los zu sein. Natürlich wird man ihnen das blumig verkaufen und diese werden wiederum versuchen, dies ihren künftigen Umfeldern (WO?) günstig zu erklären.

Damit dieser Mechanismus funktioniert, müssten "verwertbarere" Sozialhilfeempfänger die weniger flexiblen verdrängen, insofern hierzulande die Bedingungen so verschärft werden, dass nur noch die "besseren" Bedürftigen sie vorübergehend aushalten, sich aber alsbald unter unmöglichen Arbeitsbedingungen verfügbar erklären.

Oder ist es so zu verstehen, dass als "Braindrain" nach Deutschland verkauft werden wird, was nur ein Hinausdrängen der Belastungen für die sozialen Kassen aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten ist. Könnte das Urteil dann ein weiteres Opfer Deutschlands zum Zwecke der Rettung der EU sein?

Ich kenne die AfD fast gar nicht und verstehe wirklich nicht, was dies mit deren Argumenten zu tun hat. Ich lese keine Wahlprogramme.

Ich hoffe, ich konnte meine Fragen so explizit machen, dass man darin einen ungruseligen Menschen erkennt - übrigens einen viel zu unbewaffneten, was diesem seit einiger Zeit Kopfzerbrechen bereitet.

Der Gutmensch

15. Dezember 2015 11:22

Na bitte, Winston:

"Gruselich" ist zweifellos die kognitive Dissonanz, in die es einen stürzt, hinter Winston Smith + Seriennummer stets den Schatten einer smith & wesson mit Seriennummer wahrzunehmen.

Und da Sie selber ganz gut denken - wieso fragen Sie denn mich, statt sich mit Ihren eigenen Erkenntnissen zu mopsen? Kein Zweifel, dass Sie mit der AfD nichts zu tun haben. Doch dass deren Wahlprogramm ein Einwanderungsgesetz vorsieht und nun so langsam auch bei der Faz (oben verlinkt) die braindrain-Maschine (die angeblich gut ausgebildeten jungen Leute müssen Deutschland schnell verlassen, weil woanders nämlich garantiert das Paradies auf sie wartet) sekundiert, ist ja nun kaum zu übersehen.

Was diesen Punkt angeht, werden da zweifellos alte Konzepte fortgeführt und eben keine Alternative angeboten: Die Alternative zu dem unbeherrschten Verlangen nach qualifizierter Einwanderung würde nämlich darin bestehen, die einheimischen jungen Menschen brauchbar zu qualifizieren, so dass es hier erst gar keiner - oder nur im Ausnahmefall qualifizierter Zuwanderung - bedarf. Und wenn man dagegen einwendet, dass da schon sehr viel im Argen liegt, wären echte Qualifikationsprogramme (nicht: Warteschleifen zur Vermeidung der Meldung als Arbeitsloser) wohl erst recht angezeigt. Die Frage, warum so etwas unterlassen wird, liegt zwar auch auf der Hand: Qualifikation ist teuer und kaum hat man die Investition getätigt, profitieren auch schon andere Länder davon (dann stünde den jungen Menschen nämlich wirklich die Welt offen und man könnte eine gewisse Bereicherung der Konkurrenz nicht ausschließen). Aber es ist nicht so, dass uns durch das Unterlassen der Qualifikation kein Schaden entstünde, ließe sich dagegen einwenden, und das Setzen der richtigen Prioritäten ist nunmal die Aufgabe der Politik:

Also wo wir das "Humankapital" des Landes ohnehin in Warteschleifen parken (müssen), müssten wir dennoch dafür sorgen, dass es dort nicht auf die Rolle geschoben, sondern irgendwie ausgebildet wird - sagt ein an der (und nicht nur seiner eigenen) Zukunft Interessierter. Ich bin doch nicht blöd und mach die Leute am Ende auch noch selber denken, damit sie vielleicht mitkriegen, wie ich mich bereichere und hier alles an die Wand fahre, blökt ein anonymer Schranzenchor zurück.

Ich habe keine Lösung dafür; und die ganze Chose läuft wiederum auf das Primat der Außenpolitik hinaus und - um Ihre weitere Frage zu beantworten - wir werden an der EU zweifellos so lange festhalten, wie uns das günstiger erscheint als die kontrollierte Sprengung derselben. Dass jemand mit idealistischen Flausen im Kopf auch nur in die Nähe der Gestaltungsgewaltigen gelassen wird, halte ich für ein Märchen.

Um auf das obige Urteil zurückzukommen: Der deutsche Sozialstaat basiert nicht auf Sentimentalität, sondern er ist Folge einer bestimmten Bevölkerungsdichte. Das ist wieder einmal ein reines Rechenexempel: Wieviel Polizei (Abwälzung der privaten Sicherheitskosten auf die Allgemeinheit!) benötige ich, wenn die Massen in einem bestimmten Ausmaß verelenden und bei der Gelegenheit unkontrollierbar werden (sich von einem vorgeblichen Heilsbringer instrumentalisieren lassen, der auf die Gleichheit der Individuen setzt)? Da rechnet sich das bißchen Hartz4, zumal es weitere Kontrollmechanismen bietet (Sanktionen). Und da die Grenzen nunmal sperrangelweit offenstehen (wem das wohl etwas nützt) haben wir natürlich das Problem, dass wir im Zweifel auch andere daran teilhaben lassen müssen. Aber dass die Rechnung für die Entscheidungsgewaltigen nicht aufgeht, muss niemand befürchten, das ist barer Unsinn. Auch im BSG sitzen natürlich Profis an der Spitze der Informationspyramide.

Bürgerkrieg

15. Dezember 2015 13:39

Das System demontiert sich selbst! Ist doch wunderschön so!

Der Bürgerkrieg fällt nicht vom Himmel, er wird auf Erden programmiert!

Winston Smith 78699

15. Dezember 2015 15:05

@ Der Gutmensch

Vielen Dank!

... Winston Smith + Seriennummer stets den Schatten einer smith & wesson mit Seriennummer ...

Ich versuche, an so vielen Stellen wie möglich auf die aktuelle Bedeutung von "1984" hinzuweisen, auch mit dem Pseudonym. Dies könnte man weiter vertiefen, auch mit viel aktuelleren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch Chomsky, Lifton und die moderne Sozialpsychologie bis hin zu zur Psychopathologie gehören dazu. Dies ist gewissermaßen mein initialer Beobachterstandpunkt auf das Desaster und der Fundus, aus dem heraus ich in verschiedenen Diskussionen (nicht nur hier) etwas Konstruktives beitragen will, was der eine oder andere vielleicht noch nicht sieht. Die Nummer rührt daher, dass es bereits andere Winston Smiths gibt, und soll zugleich wie die Seriennummer einer Humaneinheit im Kollektiv wirken. In der klassischen SF kommt das ähnlich z.B. bei Samjatin und Bradbury und im Film THX1138 vor, so dass ich mich auf allgemeines Verständnis des Zeichens verließ. Dass jemand dieses nicht in meinem Sinne entschlüsselt, nehme ich als wertvolle Gegenwart eines anders geprägten, weniger populär kanonisierten Intellekts wahr.

Und da Sie selber ganz gut denken – wieso fragen Sie denn mich, statt sich mit Ihren eigenen Erkenntnissen zu mopsen?

Weil es mir daran liegt, dass, im Unterschied zu manchen geistigen Spielereien, wirklich entscheidende und aktuell praktisch relevante Beobachtungen und Folgerungen für eine breite Leserschaft des Kommentarbereichs verständlich gemacht werden. Ich habe rein gar nichts mit den Betreibern der Seite zu tun und will mich auch nicht einmischen, aber es geht mir hier um die Sache, nämlich die der Hilfe bei Aufklärung und Klärung der Gedanken und Fragen von vielen Neulesern, deren weltanschauliche Gebäude gerade einstürzen. Aus dem Artikel von Sellner entnehme ich, dass der Zuspruch wächst und denke ein wenig didaktisch (weniger pädagogisch). Für die Neuen finde ich es besser, wenn das Wichtige klar gemacht wird. Deswegen war ich in früheren Kommentaren auch manchmal etwas ausführlicher und redundanter als andere. Und weil ich in Ihren Beiträgen gehaltvolle Hinweise vom Eingeweihten an andere Kenner zu vernehmen glaubte, wollte ich Sie ermutigen, diese verständlicher zu machen - die neu Interessierten sind es wert, denke ich.

Der Gutmensch

15. Dezember 2015 17:38

So, so Winston ...

Nun, wie eine Tür weiter schon bei E. K. anklingt, kommt es ja womöglich doch auch darauf an, sich durch einen - wie auch immer gearteten - Kanon nicht intellektuell domestizieren zu lassen? Meine Anmerkungen zu smith&wesson rühren nicht von einen Mangel an Kenntnis her.

Orwell war in der DDR offiziell nicht erhältlich und mit entsprechender Spannung las ich damals unter der Hand "Farm der Tiere"; war aber enttäuscht. In den 90er Jahren nahm ich nochmal Anlauf mit "1984" und war wiederum wenig begeistert.

Ich mag keine Dystopien (oder nur im Ausnahmefall), weil sie dem leicht zu Beeindruckenden falsche Schlüsse nahelegen. Der freie Wille des Menschen wird in einer Dystopie (genau wie in einer Utopie) zum (oft unausgesprochenen) Problem erklärt.

Von daher assoziierte ich bei Ihrem Pseudonym gleich ein Stück weiter ... und landete bei der erwähnten smith&wesson.

d. G.

Konservativer

16. Dezember 2015 13:42

Die Bedingungen der Möglichkeit ...

Nachdem 1871 die deutsche Reichsgründung (das zweite deutsche Reich) dank Otto von Bismarck verwirklicht werden konnte, wurden dadurch die Grundlagen (Bedingungen) für die Möglichkeit der Einführung eines gesetzlich geregelten Sozialsystems (Unfallversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung) geschaffen. Dieses wurde dann sukzessive weiterentwickelt. Im Wesentlichen stand das deutsche Sozialsystem dann am 1.Oktober 1927 mit der Einführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, lediglich noch die Pflegeversicherung wurde 1995 als bedeutende Neuerung eingeführt, zuvor wurde 1961 mit dem Bundessozialhilfegesetz ein einheitliches Sozialhilferecht geschaffen.

Die Einführung eines Sozialsystems in Deutschland wird seinerzeit im Ausland, insbesondere in den "Vorzeigedemokratien" der westlichen Welt, sicherlich wie eine Bombe eingeschlagen sein, denn so etwas gab es dort nämlich nicht.
Nunmehr gerieten diese "Vorzeigedemokratien" mit ebensolcher Sicherheit unter Zugzwang, wollte man Legitimationsprobleme vornehmlich gegenüber den eigenen "kleinen Leuten" gar nicht erst aufkommen lassen.

Sind die Bedingungen gegeben, die die Möglichkeit eröffnet haben, Deutschland zu so etwas wie ein Weltsozialamt zu machen?

Dikigoros hat sich (am Beispiel Großbritanniens) folgendermaßen dazu geäußert:

"... Konsens ist das wichtigste, liebe Leser, das Einverständnis der Solidargemeinschaft. Die Frage ist, wie eng oder weit man den Kreis dieser Gemeinschaft ziehen kann, soll oder muß. Die Familie? Selbstverständlich (jedenfalls damals noch, da waren die Familien auch zahlenmäßig stark genug, um das zu gewährleisten). Die Kommune als Gemeinde und Gemeinschaft, die soziale Härte milderte? Die Grafschaft? Die Region? England [Schottland, Wales, Nordirland]? Groß-Britannien? Das Commonwealth? Die EG (so nannte man die EWG inzwischen)? Und morgen die ganze Welt? Wie weit geht die Bereitschaft der produktiven Menschen, ihre noch nicht, nicht mehr oder überhaupt nicht produktiven Mitmenschen mit durchzuziehen, zu unterstützen? "Support" nennt sich die Stütze in England, "support" nennt sich der Unterhalt, den in direkter Linie Verwandte einander schulden, "supporters" nennen sich die Fußball-fans, die allwöchentlich einen Teil ihres Lohnes ins Fußball-Stadion tragen, um ihren Verein zu unterstützen. Zu letzterem sind sie allemal bereit, so wie jeder anständige Familienvater bereit ist, seine Frau und seine Kinder zu unterstützen, eventuell auch noch seine Enkelkinder und seine Geschwister, Neffen und Nichten, in wenigen Ausnahmefällen auch die noch weiter entfernteren Verwandten, und womöglich gar die, mit denen er nur verschwägert ist - jedenfalls solange er noch nicht geschieden ist, danach muß er gezwungen werden, das weiterhin zu tun, jedenfalls bei Frau und Kindern, denn sonst würden die ja der Allgemeinheit zur Last fallen, und das will die Allgemeinheit nicht. Wieso eigentlich nicht? Fragt man sie denn, ob sie Sozialhilfe an andere zahlen will für Leute, die viel weniger "dazu" gehören als etwa eine geschiedene Frau und gemeinsame Kinder, die man sich ja schließlich selber mal angelacht hat? Die Psychobiologie - eine relativ junge Wissenschaft, die in den 1970er Jahren entstand und in gewissen Kreisen bis heute nicht wohl gelitten ist, obwohl ihre Ergebnisse nicht weniger wichtig sind als die anderer Naturwissenschaften wie Chemie oder Kernfysik - hat gezeigt, daß unsere Bereitschaft, solche Leistungen zu erbringen, unbewußt durch die Gene gesteuert wird, beim Menschen genauso wie im übrigen Tierreich. Einfach gesagt: Je näher wir mit jemandem genetisch verwandt sind, desto eher sind wir bereit, ihm Unterhalt zu gewähren. Der oder die Betreffende mag dessen durch und durch unwürdig sein - das tut nichts zur Sache (wie schon die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn zeigt :-); andere mögen es hundertmal mehr verdient haben - aber wenn sie nicht mit uns verwandt sind, hilft ihnen das nichts. Das mag schlimm sein, liebe Leser, und es mag jeglicher Rationalität widersprechen im Zusammenleben einer Gemeinschaft; aber es ist so, und wir werden es nicht ändern, denn es ist fest in unseren Genen einprogrammiert. Nun, ein paar Schmarotzer kann sich ein ansonsten gesundes Gemeinwesen schon leisten - um zu verhindern, daß es allzu viele werden, müssen Kinder und Jugendliche in Elternhaus und Schule halt ordentlich erzogen werden - nach anderen Kriterien als sie z.B. die PISA-Studie anlegt (aber das ist eine andere Geschichte).

Die Geschichte lehrt, daß sich ein "Sozialstaat", der "großzügig" denjenigen, die etwas erarbeiten oder erwirtschaften, etwas weg nimmt, um es an diejenigen umzuverteilen, die (noch) nichts (mehr) erarbeiten oder erwirtschaften - Politiker und Beamte, Kirchen- und Parteibonzen, Rentner und Pensionäre, Mütter und Kinder, Schüler und Studenten, Arbeitslose und Arbeitsunfähige (und Arbeitsunwillige :-), Asylanten und Flüchtlinge usw. - nur so lange halten kann, wie das Volk, das ihn bildet, ein gewisses Mindestmaß an genetischer Homogenität aufweist. (Mit anderen Worten: der "Sozialstaat" ist nur im "Nationalstaat" machbar; darüber sollten diejenigen, die den letzteren abschaffen wollen, mal intensiv nachdenken.).
...
Nun, es gibt eigentlich nur zwei Alternativen: Entweder man wirft die überhand nehmenden Fremden hinaus und besinnt sich wieder darauf, eine genetisch möglichst homogene Gemeinschaft zu schaffen. Aber damit riskierte man, daß ein es zu einem anderen Bürgerkrieg kommt, nämlich wenn die Fremden sich gegen den Hinauswurf gewaltsam zur Wehr setzen - und wer will schon hören oder sehen, daß dieser Bürgerkrieg ohnehin kommen muß, und daß er mit jedem Tag, den man sein Kommen hinaus zögert (aufgeschoben ist nicht aufgehoben :-), nur schlimmer wird? Oder aber... man streicht die Sozialleistungen zusammen, auch für diejenigen, die eigentlich einen moralischen - oder genetischen - Anspruch darauf hätten, wenn man die alten Maßstäbe anlegte. Das ist eine harte Entscheidung, und keine der beiden Alternativen ist schön; es kann sich nur darum handeln, das geringere Übel ausfindig zu machen - wie hättet Ihr entschieden, liebe Leser?
...
Aber sieht Dikigoros das nicht alles viel zu negativ? Ist eine kleine Blutauffrischung nicht gerade deshalb willkommen, weil die Geburtenrate ... zurück geht - was sie doch wohl auch ohne Zuwanderung täte - und wer soll dann die Renten bezahlen? Ach, liebe Leser, wenn es denn eine Blutauffrischung wäre! Einige Theoretiker am Schreibtisch mögen sich dieser Illusion hingeben; aber in der Praxis mischen sich die Zugereisten nicht mit den Eingeborenen, sie bleiben kulturell und vor allem genetisch unter sich. Und da sie wie gesagt nicht bereit sind, sich die Schande der Lohnarbeit anzutun, werden sie auch nichts zur Entlastung der Rentenkassen beitragen - im Gegenteil, vielleicht kommt der Untergang auch schon eher als 2020..."

Quelle: https://www.geocities.ws/dikigoros2/england2.htm

Winston Smith 78699

16. Dezember 2015 19:25

@ Konservativer

Den Hinweis auf Psychobiologie - ich stelle mir hierunter etwas Ähnliches vor wie evolutionäre Psychologie - finde ich goldrichtig. Hier könnte man einen Vorsprung vor den Linken bekommen, die ganze Schulen der Erkenntnis wegen ihrer ideologischen Tabus ausklammern. Man könnte Situationen besser einschätzen und bessere Vorhersagen treffen. Die Sogwirkung etwa durch die Einladung der Budapester Züge war ja für jeden halbwegs Informierten mit zwingender Norwendigkeit klar. (Ich war damals wirklich gespannt auf die Lösung der Situation am Bahnhof, gerade weil ich in meiner Naivität die denkbar dümmste aller Lösungen keinesfalls für möglich gehalten habe. Die Möglichkeit einer böswilligen Absicht kam mir erst mit dem Auftritt Seehofers in den Sinn.)

Die Studenten möchte ich aber gegen Dikigoros etwas verteidigen. Seit ein paar Jahren scheint es ja wieder echtes Bafög zu geben, aber die Misere ist ja vor ca. 30 bis vor vielleicht 10 Jahren entstanden, indem, wie Sarrazin verspätet erklärt hat, die Akademiker immer kinderärmer wurden. Die Erosion der Werte, traditionellen Lebensformen und des Denkens über den Tag hinaus, seit lange vor der Wende und durch sie nur noch beschleunigt, mag einen Teil dazu beigetragen haben.

Zum andern ist es aber eine Schande, wie vor Jahrzehnten bereits die Mühe der Anstrengung in höheren Schulen und an der Uni, der Verzicht auf Verdienst und die Einrichtung komfortablerer (und für die Paarung vorteilhafterer) Lebensumstände von der Gesellschaft zusehends verachtet wurde. Der Student an sich galt schon als irgendwie minderwertig und suspekt und wurde ungenügend abgesichert und nur sporadisch gefördert, wenn nicht gar von Vermietern ausgenommen.

Vielleicht war auch dies schon eine Hinterlassenschaft des Benehmens der 68er Generation. Zugleich aber machte die Oberschicht durch Seilschaften und diverse Zugehörigkeiten den Zugang zum perspektivenreichen Erwerbsleben und karrieren zusehends dicht, von zufälligen Schweinezyklen abgesehen. Ganze Generationen von intelligenten jungen Menschen mussten in diesem Land trotz eigener Bemühung bis über Belastbarkeitsgrenzen hinaus dem fortschreitenden Verlust an Sicherheit und Planbarkeit der Zukunft zusehen. Dies betraf übrigens auch Haupt- und Realschulabgänger, denn über lange Zeiträume wurde nämlich im Betrieben so gut wie gar nicht ausgebildet. (Auch vor diesem Hintergrund sollte man das Geschrei der Unternehmen wegen angeblichen Fachkräftemangels mal bewerten.)

Neben anderen unangenehmen Wirkungen kam dann auch Mißgunst und Ellenbogenmentalität unter Studenten und ein hierzulande nie gekanntes Hauen und Stechen um die qualifizierten Arbeitsplätze auf. Assessment-Folteranstalten sind nur ein perverser Ausdruck hiervon unter vielen. Der Kindermangel ist die Quittung hiervon, aber man mache sich klar, dass dies keine Bequemlichkeit oder gar Rache an den Eltern ist, sondern für sehr viele Einzelne eine bittere Erfahrung, Erniedrigung und dauerhafte Belastung, der erzwungene Verzicht auf psychisch existentielle Erfahrungsqualitäten wie die der familiären Geborgenheit. Der Konsum und die individualistischen Lifestyle-Moden werden von vielen nur adaptiert, um die eigentliche Trostlosigkeit überhaupt nur den nächsten Tag auszuhalten, so wie der Fuchs sich die Trauben sauer denkt.

Die gegenwärtige Hipster-Mentalität unserer PISA-Gelehrten und ihre Gutmenscherei könnte man vielleicht auch mal unter diesem Gesichtspunkt sehen.

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