Wachstumskritik (III): Die unterste Milliarde

Mittlerweile glaubt jeder über die Bekämpfung von Migrationsursachen fachsimpeln zu müssen.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

Dies ist des­halb so ein­fach, weil klar ist, was dabei her­aus­kom­men soll: Die Intel­lek­tu­el­len des Wes­tens sind sich wei­test­ge­hend einig, daß die ärms­ten Län­der der Welt sowie alle Kri­sen­re­gio­nen Frie­den, Frei­heit, Demo­kra­tie, Men­schen­rech­te und Wirt­schafts­wachs­tum brau­chen. Doch genau das ist falsch.

Die Ursa­chen der Pro­ble­me lie­gen viel tie­fer und kön­nen nur durch eine Beschäf­ti­gung mit der Geschich­te der Län­der, in denen die Men­schen der „unters­ten Mil­li­ar­de“ leben, ergrün­det wer­den. Erstaun­lich ist dabei jedoch, daß die Ursa­chen, auf die man bei einer sol­chen Aus­ein­an­der­set­zung stößt, kei­nes­wegs als fremd erschei­nen. Viel­mehr scheint es so, als hät­ten Euro­pa und der Wes­ten die Kri­se, in der die ärms­ten Staa­ten der Welt bereits seit Jahr­zehn­ten ste­cken, noch vor sich.

So kommt etwa der bel­gi­sche His­to­ri­ker und Schrift­stel­ler David Van Reyb­rouck in sei­nem, in vie­ler­lei Hin­sicht gran­dio­sen Buch Kon­go. Eine Geschich­te (2010) zu dem Ergeb­nis: „Der Kon­go ist nicht in der Geschich­te zurück­ge­blie­ben – er ist der Geschich­te vor­aus.“ Van Reyb­rouck hat in die­sem geschei­ter­ten Staat etli­che Jah­re vor Ort recher­chiert, unzäh­li­ge Inter­views geführt, und er wer­te­te zahl­rei­che Quel­len klug aus. Sei­ne Dar­stel­lung der Geschich­te die­ses Lan­des, das so groß ist wie West­eu­ro­pa, beginnt mit der Ber­li­ner Kon­go-Kon­fe­renz (1884/85) und führt bis in die Gegenwart.

Als roten Faden hat er die Zer­stö­rung von Tra­di­tio­nen gewählt, die den Kon­go Stück für Stück zu dem gemacht haben, was er heu­te ist: eines der ärms­ten und insta­bils­ten Län­der der Welt. Ohne in einen ankla­gen­den Ton zu ver­fal­len, schil­dert er dabei auch die geo­po­li­ti­schen und geo­öko­no­mi­schen Feh­ler des Wes­tens und der Groß­mäch­te, die bis heu­te fort­ge­setzt wer­den, obwohl längst eine grund­sätz­li­che Kurs­kor­rek­tur not­wen­dig wäre.

Im Gro­ßen und Gan­zen geht es in dem Buch um vier Haupt­pro­ble­me, die ich als die tat­säch­li­chen Migra­ti­ons­ur­sa­chen in den ärms­ten Län­dern der Welt einschätze:

  1. Die Miß­ach­tung des Rechts auf poli­ti­sche und öko­no­mi­sche Andersartigkeit;
  2. Eine zu frü­he Eigen­stän­dig­keit nach dem Zeit­al­ter des Kolonialismus;
  3. Das Auf­ein­an­der­pral­len der ver­schie­de­nen Logi­ken der Groß­mäch­te (Euro­pa, USA, Ruß­land und seit eini­ger Zeit Chi­na), supra­na­tio­na­ler Gebil­de, sezes­sio­nis­ti­scher Bewe­gun­gen, der ein­hei­mi­schen Herr­scher­klas­se (in die­sem Fall des Kon­go), sei­ner Nach­bar­län­der und frem­der Konzerne;
  4. Die Defor­ma­tio­nen durch die Globalisierung.

Zum ers­ten Punkt erklärt Van Reybrouck:

In einer Gesell­schaft, die in so hohem Maße durch Gemein­schafts­sinn gekenn­zeich­net war, bedeu­te­te die „Auto­no­mie des Indi­vi­du­ums“ nicht Frei­heit, wie sie in Euro­pa seit der Renais­sance pro­kla­miert wird, son­dern Ein­sam­keit und Zer­rüt­tung. Du bist der, den ande­re ken­nen; und wenn dich kei­ner kennt, bist du nichts. Skla­ve­rei, das war nicht geknech­tet sein, son­dern ent­wur­zelt sein, heimatlos.

Van Reyb­rouck schätzt, daß die Ent­wur­ze­lung der „Kon­go­le­sen“ (ob es die­se über­haupt gibt, wird unter 3. zu klä­ren sein) bis Anfang der 1930er-Jah­re abge­schlos­sen war. Der Stam­mes­ver­band und die dörf­li­chen Struk­tu­ren ver­lo­ren an Bedeu­tung. Wäh­rend­des­sen ver­such­ten die Kolo­ni­al­her­ren rück­bli­ckend äußerst erfolg­reich, die Gesell­schaft so zu ord­nen, daß die Wirt­schafts­leis­tung maxi­miert wer­den kann.

Dies ging nicht ohne Gewalt und Zwang, aber dies ist ja bekannt. Viel bemer­kens­wer­ter ist jedoch die Rol­le des Gel­des. Der Schrift­stel­ler, Jour­na­list und Poli­ti­ker Paul Lom­ami Tshi­bam­ba notier­te über sei­ne Kind­heit und Jugend in den 1920er-Jahren:

In mei­ner Gene­ra­ti­on kann­ten wir die Tra­di­tio­nen unse­rer Eltern nicht mehr: Wir waren in die­ser Stadt (Léo­pold­ville, heu­te: Kin­sha­sa) gebo­ren, die von den Kolo­ni­sa­to­ren gegrün­det wor­den war, in die­ser Stadt, in der ein Men­schen­le­ben der Macht des Gel­des unter­ge­ord­net war.

Tshi­bam­ba berich­tet davon, daß Geld für die vor­her­ge­hen­de Gene­ra­ti­on noch völ­lig unbe­kannt war. Doch in sei­nem Leben dreh­te sich schon in der Jugend alles dar­um. Von klein auf soll­ten die jun­gen Leu­te aus den ent­stan­de­nen städ­ti­schen Arbei­ter­mi­lieus in Fir­men­kul­tu­ren hin­ein­wach­sen. Die Unter­neh­men bau­ten Schu­len, Kran­ken­häu­ser und Frei­zeit­clubs und Ende der 30er-Jah­re gab es sogar Anfän­ge eines Ren­ten­sys­tems. Van Reyb­rouck betont dazu: „Man zog sich voll­kom­me­ne Arbei­ter her­an: glück­lich und fügsam.“

Zum Ende der Kolo­ni­al­zeit (1960) stand der Kon­go schließ­lich deut­lich bes­ser da als heu­te. Man könn­te die­se Tat­sa­che her­an­zie­hen, um ein Lob­lied auf den Kolo­nia­lis­mus anzu­stim­men, doch dies geht voll­kom­men an der Rea­li­tät vor­bei, weil der öko­no­mi­sche Auf­stieg mit einem see­li­schen Ver­fall ein­her­ging. Vla­di­mir Drachous­soff, ein rus­sisch-bel­gi­scher Land­wirt­schafts­in­ge­nieur, der 1940 in den Kon­go ging, schrieb dar­über in sei­nem Tagebuch:

„Zivi­li­sie­ren“ im Namen einer Zivi­li­sa­ti­on, die zer­fällt und nicht mehr an sich glaubt? (…) Wir brin­gen Frie­den und bewah­ren ihn, wir über­häu­fen das Land mit Stra­ßen, Plan­ta­gen, Fabri­ken, wir bau­en Schu­len, wir sor­gen für eine medi­zi­ni­sche Betreu­ung. Als Gegen­leis­tung nut­zen wir ihre Boden­schät­ze und ihr Land und las­sen sie für uns arbei­ten, gegen Bezahlung.

Doch was geschieht, wenn die jun­gen Afri­ka­ner die Macht in ihrem Land irgend­wann selbst für sich bean­spru­chen, frag­te sich Drachous­soff weiter.

Neh­men wir ein­mal an – eine Annah­me, die bewusst absurd ist –, der Kon­go sei im Jah­re 1970 unab­hän­gig. Welch ein Berg von Pro­ble­men! Wir in Euro­pa hat­ten nie einen unüber­wind­ba­ren Kon­flikt zwi­schen unse­rer gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­ti­on und unse­ren tech­ni­schen Errun­gen­schaf­ten: Bei­de haben sich mehr oder weni­ger Hand in Hand ent­wi­ckelt. In Afri­ka dage­gen stößt eine archai­sche Gesell­schafts­form mit der All­macht einer tech­ni­schen Zivi­li­sa­ti­on zusam­men, die sie zer­fal­len läßt, ohne sie durch etwas Neu­es zu ersetzen.

Selbst­ver­ständ­lich tritt der Kon­go peu à peu in die Moder­ne ein. (…) Aber geschieht das nicht auf Kos­ten einer tra­di­tio­nel­len Welt, die sich über­lebt hat und doch noch immer not­wen­dig und – noch für eine Wei­le – uner­setz­bar ist? (…) Indem wir nichts als wir selbst sind, zer­stö­ren wir Tra­di­tio­nen, die manch­mal grau­sam, aber ehr­wür­dig waren, und bie­ten als Ersatz nur wei­ße Hosen und schwar­ze Bril­len an, nebst etwas Wis­sen und einem uner­mess­li­chen Warten.

Das Dilem­ma, das Drachousoff hier beschreibt, besteht bis heu­te, weil das rasan­te Tem­po der tech­ni­schen Ent­wick­lung ange­hal­ten hat oder sich viel­leicht sogar noch beschleu­nig­te. Die bedeu­tends­te Inno­va­ti­on war dabei für ganz Afri­ka das inter­net­fä­hi­ge Han­dy. Fast alle Afri­ka­ner sind dar­über mitt­ler­wei­le an das welt­wei­te Netz ange­schlos­sen, was jedoch nicht zu einem Wirt­schafts­auf­schwung füh­ren wird, son­dern zu einem Mas­sen­ex­odus, den die wohl­ha­ben­den Staa­ten durch ihren feh­len­den Selbst­be­haup­tungs­wil­len begünstigen.

Fort­set­zung folgt.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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Kommentare (33)

Karl-Heinz Labskaus

3. September 2015 14:34

Ich habe das Buch nicht gelesen, beziehe mich also auf die Zusammenfassung des Artikels. Und da fällt mir sofort auf, das wieder mal, wenn es um Schwarzafrika geht, mit keinem Wort ein kleines interessantes Wort fällt, auch nicht indirekt oder in irgendeiner Variante: Selbstverantwortung. Und zwar des Landes und der Leute.
Alle die im Artikel aufgezählten Probleme, die Verblassung der Traditionen, Entwurzelung, die ideologischen Auswirkungen des Kalten Kriegs, Konzerninteressen, Globalisierung, all das gilt für die ganze Welt. Aber was haben Nordamerika, Europa, viele Länder Ostasiens daraus gemacht, und was hat Schwarzafrika daraus gemacht? Aber nein, wieder mal will uns ein Autor erzählen, was sonst nicht einmal mehr Fußballer nach einer Niederlage sich zu erzählen trauen: Der Rasen war zu nass. Denn wie wir alle wissen: Der Rasen war für alle nass.
Davon abgesehen fingen Schwarzafrikas Probleme nicht mit der Kolonialisierung an, sondern gut 2500 Jahre vorher, weil es ab dieser Zeit dort keine oder nicht mehr genug technologische und gesellschaftliche Entwicklungen gab. Folglich gab es gute Gründe, warum Europa vor mehreren hundert Jahren auf ein vollkommen schwaches und wehrloses Schwarzafrika traf, das dem Kolonialismus weder gesellschaftlich (durch Nationenbildung) oder technologisch einen nennenswerten Widerstand bieten konnte. Der Kolonialismus, der war nur die Folge dieser Schwäche, nicht die Ursache.

Teja

3. September 2015 15:27

@ Karl-Heinz Labskaus

Alle die im Artikel aufgezählten Probleme, die Verblassung der Traditionen, Entwurzelung, die ideologischen Auswirkungen des Kalten Kriegs, Konzerninteressen, Globalisierung, all das gilt für die ganze Welt. Aber was haben Nordamerika, Europa, viele Länder Ostasiens daraus gemacht, und was hat Schwarzafrika daraus gemacht?

Ich zitiere Herrn Menzel:

Vielmehr scheint es so, als hätten Europa und der Westen die Krise, in der die ärmsten Staaten der Welt bereits seit Jahrzehnten stecken, noch vor sich.

Nichtliberaler

3. September 2015 15:27

@Karl-Heinrich Labskaus ; So ähnlich wie ihr Kommentar wird wohl in 100 Jahren die Reaktion eines Chinesen auf den Versuch einer Erklärung eines chinesischen Historikers, warum die europäisch-westliche Kultur untergegangen ist, lauten.

Der_Jürgen

3. September 2015 15:44

Was van Reybrouck schreibt, mag ja durchaus stimmen, ist jedoch bloss ein Teil der Wahrheit. Karl-Heinz Labskaus kommt dieser schon näher, indem er darauf hinweist, dass Schwarzafrikas Probleme nicht mit dem Kolonialismus begannen, versäumt es jedoch, das wichtigste dieser Problemen beim Namen zu nennen: Den niedrigen durchschnittlichen Intelligenzquotienten der Schwarzafrikaner.

Wer für Afrikas Rückständigkeit immer nur den Kolonialismus verantwortlich macht, sollte einmal fragen, warum die Länder Asiens, von denen viele ebenfalls kolonisiert und ausgebeutet wurden, so ungleich erfolgreicher sind. Südkorea war Mitte der fünfziger Jahre, nach einem mehrjährigen mörderischen Krieg, dem Jahrzehnte harter japanischer Fermdherrschaft vorausgegange waren, ein Trümmerhaufen. Bodenschätze hatte das Land kaum. Dennoch schufen die Koreaner in relaiv kurzer Zeit ein Wirtschaftswunder. Wie war das möglich? Es war möglich, weil ihr durchschnittlicher IQ bei 105 liegt, im Vergleich zu etwa 70 bei den Schwarzafrikaner. (Siehe z. B. Richard Lynn und Tatu Vanhanen, "IQ and the Wealth of Nations").

Solche nackten Fakten zu erwähnen, ist für linke und liberale GutmenschInnen ein "Gedankenverbrechen" (Orwell). Doch niemand ignoriert naturgegegebene Fakten ungestraft. Die UdSSR musste einen hohen Preis dafür bezahlen, dass sie sich in ihrer Agrarpolitik von den Theorien des Scharlatans Lyssenko beeinflussen liess.

Ohne jeden Zweifel liegt der Ankurbelung der afrikanischen Masseneinwanderung in Europa das Ziel zugrunde, eine Bevölkerung zu schaffen, der nicht nur gemeinsame Ideale und Traditionen abgehen werden, sondern die sich auch durch einen relativ niedrigen IQ (vielleicht 85 bis 90) auszeichnen wird. Zum Bedienen einfacher Maschinen und zum Befolgen von Befehlen wird dieser IQ vollkommen ausreichen.

Radbot

3. September 2015 15:58

Naja, ich verstehe Sie, Herrn Labskaus, aber der erforderliche "Kultursprung" war auf der Zeitschiene für das in der Eisenzeit befindliche dunkle Afrika doch sehr abrupt und mit einer harten Landung verbunden. Ihre "guten Gründe" beziehen sich nicht nur auf Kultur, sondern auf Biologie ...

Karl-Heinz Labskaus

3. September 2015 18:01

Naja, ich verstehe Sie, Herrn Labskaus, aber der erforderliche „Kultursprung“ war auf der Zeitschiene für das in der Eisenzeit befindliche dunkle Afrika doch sehr abrupt und mit einer harten Landung verbunden. Ihre „guten Gründe“ beziehen sich nicht nur auf Kultur, sondern auf Biologie...

Die Gründe sind letztlich egal, warum Schwarzafrika seit so langer Zeit so sehr hinterherhinkt. Es ist seit über 2 Jahrtausenden ein Opferkontinent geworden. Selbst wer die Gründe genau kennen würde, was wäre das Rezept zur Heilung? Ich sehe da keinen Arzt und keine Behandlung. Die Behandlung würde auch wieder mal von Außen kommen, wie die "Entwicklungshilfe", die nur sich selbst hilft. Es ist außerdem zugegebenermaßen viel leichter, angebliche Gründe als solche zu erkennen, als wirkliche Gründe mit belastbaren Beweisen angeben zu können. Jedenfalls stört es mich doch ein wenig, das offenbar wieder mal so getan wird, als wäre Afrika plötzlich vom Himmel gefallen, zufällig gerade dann, als die ersten europäischen Kolonisatoren sich auf den Weg machten. Übrigens wie üblich in der Buchbesprechung keine Rede von zwei Gründen, die auch nicht gerade entwicklungsfördernd für Schwarzafrika waren, nämlich erstens die islamische Ausbreitung und zweitens die bis heute nicht ganz zu stillende Neigung des weißen Islam zur Haltung von schwarzen Sklaven. Seltsamerweise gelten ja weiße Moslems nicht als "böser weißer Mann", verantwortlich für alles Elend der Welt. Ich weiß nicht, wie die das machen. Immerhin ein Kunststück.

von_der_Marwitz

3. September 2015 18:26

Bravo, Herr Menzel! Man nimmt diesem Artikel ab, dass es Ihnen um eine komplexe Aufarbeitung der Gründe für die Flüchtlingströmen geht - mit einer deutlichen Sympathie für autochthone, tribale Strukturen. Ethnopluralismus darf keine leere Hülle oder bloße Alibiveranstaltung sein, sondern setzt ein globales Interesse voraus.

Weltversteher

3. September 2015 18:34

Ich sehe auch nicht ein, warum immer eine "Entwicklung" für solche Gegenden erwartet wird, auch hier.
Wieso hätte sie den Europäern standhalten, ihnen ebenbürtig sein sollen?
Die Afrikaner waren ihrem Lebensraum bestens angepaßt. Was das beudeutet, übersehen entwurzelte Europäer allzuleicht.

Ein durchaus harmloser Schweizer sagte mir neulich: "Man kriegt den Neger aus dem Busch, aber nicht den Busch aus dem Neger."
Soll heißen - die sind für keine andere Lebensweise geeignet, als die, welche die Europäer (um nicht zu sagen "wir") ihnen genommen haben.

Grau

3. September 2015 19:23

" Van Reybrouck schätzt, daß die Entwurzelung der „Kongolesen“ (ob es diese überhaupt gibt, wird unter 3. zu klären sein) bis Anfang der 1930er-Jahre abgeschlossen war." usw. usf.

Was solche Entwurzelungen angeht, war bei eventuellem Fehlen der Kolonialherren, für die es jedoch stets ausreichenden Ersatz gab, der Rasen zu anderen Zeiten auch anderswo nass.

Karl Blomquist

3. September 2015 19:34

Solange das Wirken der Besatzungsmacht nicht thematisiert wird, kann man sich die ganze Diskussion schenken

Deutschland ist nicht souverän. Die Macht im Besatzungsstaat BRD haben die USA. Und auch die EU, über die sich viele so beschweren, ist bekanntermaßen nur eine US-Filialholding. Die Flutung Deutschlands mit Mohammedanern wird von den USA betrieben, aus geopolitischen Interessen.
Ist das denn so schwer, diese einfachsten Zusammenhänge mal zu erwähnen?

Martin S.

3. September 2015 21:36

Ich habe das Buch nicht gelesen, aber der Artikel klingt doch arg nach dem Klischee des "edlen Wilden", dem durch die pöhsen Kolonisatoren die Heimat geraubt wurde. Schuld sind natürlich immer die anderen ...

Ich halte mal mit einem Zitat von Che Guevara dagegen:

(Sinngemäß. Quelle ist angeblich sein Tagebuch.) "Mit den Afrikanern ist keine Revolution zu machen, weil sie nur an Fressen, Saufen und Frivolitäten denken."

Karim El Ansari

3. September 2015 22:22

Sehr geehrter Herr Menzel,

was für eine spannende Sichtweise. So hatte ich die Tragödie Afrikas und auch die unsere bslang noch nicht gesehen. Vielen Dank für diese konkludente Betrachtung.

Liebe Grüße,

El

Grilleau

3. September 2015 22:47

@Martin S.
Der Film erzählt die Geschichte des europäischen Imperialismus und Kolonialismus in Afrika und seiner ungeheuren Verbrechen, deren Auswirkungen bis heute nachwirken. 1885 setzte die Kongo-Konferenz in Berlin den belgischen König Leopold II. als Herrscher des Kongo-Staates ein. Während der Monarch der Welt den selbstlosen Philanthropen vorgaukelte, verwandelte sich der Kongo in ein riesiges Arbeitslager. Leopolds Gier nach Kautschuk und Elfenbein blutete das Land aus. Als man ihm 1908 den Kongo wieder wegnahm, hatte der belgische König 1,1 Milliarden Dollar Gewinn aus seiner Kolonie gezogen. Schätzungsweise 10 Millionen Menschen mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen. https://www.youtube.com/watch?v=a-V5hppHc0E

der demograph

3. September 2015 23:12

als der Kolonialismus in Kongo endete war die Situation dort besser weil dort nur ein Bruchteil der Menschen lebte die dort heute leben und weil ein gewisser Anatol der Bevölkerung noch Europäer waren. Insgesamt war es in Afrika vor der Kolonialisierung nicht besser als besser während er Kolonialisierung, und während der Kolonialisierung war es auch nicht gut. Es gab dort schlicht und und ergreifend noch nie Zivilisation die über ein paar europäischen Kolonialmächten erbauten und bewohnten Hafenstädte hinausging. Nur: früher war es so schlecht, die Sterblichkeit war so hoch, dass dieser riesiger Kontinent im Vergleich zu Asien, Europa und sogar dem präkolumbianischen Amerika dünn besiedelt blieb. Wenn man die Gründe der Armut erforschen möchte sollte man wohl mit genetische bedingten IQ Unterschieden beginnen.
Die unters Milliarde ist im Übrigen nur ein temporärer Begriff. Es ist nicht lange her da lebten in Subsaharaafrika halb so viele Menschen wie in den Ländern der heutigen EU, heute doppelt soviele, Ende des Jahrhunderts wohl doppelt so viele.

Don

3. September 2015 23:13

Sehr weise Einsichten. Das Unsichtbare Kommittee schreibt in An unsere Freunde:

"Worum es in den heutigen Aufständen geht, ist die Frage nach der wünschenswerten Art von Leben und nicht die nach dem Wesen der Institutionen, die es dominieren. Das anzuerkennen würde aber sofort bedeuten, die ethische Bedeutungslosigkeit des Westens anzuerkennen. Und es würde verbieten, den Sieg dieser oder jener islamischen Partei nach diesem oder jenem Aufstand der vermeintlichen geistigen Rückständigkeit der Bevölkerungen anzuhängen. Man müsste im Gegenteil zugeben, dass die Stärke der Islamisten gerade in der Tatsache liegt, dass sich ihre politische Ideologie in erster Linie als ein System ethischer Vorschriften präsentiert. Mit anderen Worten, dass sie erfolgreicher sind als die anderen Politiker, liegt gerade daran, dass sie sich nicht zentral auf das Terrain der Politik begeben."

Die Dekolonialisierung war von Anfang an zum Scheitern ausgemacht, weil die Institutionen vergiftet gegründet waren, weil Staatsgrenzen keinem Staatsvolk entsprechen, weil das UN System die Eliten korrumpiert usw. Metapolitik und scheinbar rückständiger Traditionalismus erweist sich als das nachhaltigste Programm gegen das westliche Modell. Die "Flüchtlinge" wären andernfalls die Avantgarde eines Sieges des Westens, des mauerfallartigen Regimewechsels in Afrika usw. In Wahrheit bedroht der "Flüchtling" nicht nur das hiesige Staatsvolk und seine Integrität, seine eigene Kultur wird sozusagen abgelöscht, sofern die aufnehmende Kultur machtvoll genug ist.

Man erinnere sich welche Abstoß-Effekte es in Russland hatte, als Mitarbeiter fremdfinanzierter Nichtregierungsorganisationen so deutlich mehr Geld in der Tasche hatten als die Parlamentarier oder Staatsbeamte des Landes. Entweder bilden sich Antikörper oder die totale Assimilation. Welch ein antideutscher Treppenwitz, wenn Flüchtlinge "Deutschland, Deutschland!" rufen... Es bleibt spannend.

Gert H. Köster

4. September 2015 02:40

@labskaus: profunde, schlichte Wahrheit.

Rucki

4. September 2015 08:44

Mag ja alles sein, was in dem Buch steht, der Ton ist aber wieder, der weiße Mann ist schuld für die Lage Afrikas, die armen Schwarzen tragen keine Verantwortung dafür.

So betütteln wir sie, leisten "Entwicklungshilfe", sorgen mit der Senkung der Kindersterblichkeitsrate für deren Bevölkerungsexplosion, und sind anschließend Schuld daran. Anschließend holen wir alle "Armen Neger" nach Schland, dem Land wo Milch und Honig fließt um Vergebung für unsere Schuld zu erlangen.

Der pöse technische Fortschritt aber auch, der Strukturen zerstört, ja nee ist klar. Wenn Familie, Volk, Nation zerstört wird, wenn gewachsene Solidaritätsstrukturen zerstört werden, wenn die Dekadenz Einzug hält, der technische Fortschritt ist schuld.

Vielleicht ist es sogar so.

Die imense Wertschöpfung durch stählerne Sklaven, lässt diejenigen, die zu faul zum Arbeiten, zu dumm für Naturwissenschaften und zu fein für Kranken- und Altenpflege sind, in die Geisterwissenschaften unserer Universitäten strömen, wo sie als Utopisten, also Narren, anschließend in Leerberufen und Politik ihr Utopia durchsetzen. Das ist unser Problem, und ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass im Kongo das auch so ist, was mir aber auch egal ist.

Teja

4. September 2015 09:30

Der Autor des Buches kommt zu dem Schluss:

Der Kongo ist nicht in der Geschichte zurückgeblieben – er ist der Geschichte voraus.

. Die Auflösung aller traditionellen Strukturen hat das Land ins Chaos gestürzt, woraus Menzel folgert:

Vielmehr scheint es so, als hätten Europa und der Westen die Krise, in der die ärmsten Staaten der Welt bereits seit Jahrzehnten stecken, noch vor sich.

Die behandelte These ist daher nicht als Anklage ("böser Weißer knechtet edlen Wilden") zu verstehen, sondern als Warnung davor, was geschieht, wenn man alles der Ökonomie und Nützlichkeit unterwirft.

Frederick van Portshoven

4. September 2015 11:27

Ich las jenes Buch 2012 - zugegebenermaßen nur zu Hälfte. Soweit ich mich erinnere, ging es keinesfalls um eine trivial gehaltene Anklage der Kolonisatoren. De facto haben die europäischen Mächte durch das Ziehen von Grenzen, die die regionale Aufteilung nach Stämmen, eigenen Kulturräumen, Sprachen etc. ignorierte, und der Überstülpung von für die indigenen Afrikaner fremden Gesellschaftsmodellen einen gewaltigen Stein ins Rollen gebracht. Das Bemängeln von Eigenverantwortung scheint mir hier etwas fehl am Platze. Zu wissen, wie sich das momentane Bild historisch überhaupt erst aufgebaut hat, kann nicht schaden. Die entscheidende Frage ist doch - und da sind wir im Hier und Jetzt -, wie Europa gegenwärtig mit der Migration aus Afrika umzugehen gewillt ist. Welche Schlüsse werden gezogen?

Wir heutigen Europäer tragen mitnichten die Verantwortung für das, was die Herrschenden während der Ära des Kolonialzeitalters verursacht haben mögen. Warum sollten wir (und damit meine ich die Völker Europas selbst, nicht die herrschende Klasse) jetzt dafür zur Rechenschaft gezogen werden? Ebenso stellt sich mir auch immer wieder die Frage, warum die allermeisten afrikanischen Staaten nach Erlangen ihrer Unabhängigkeit in der Regel von Putsch zu Putsch und Nepotismus gestolpert sind.

vorwärtsimmer

4. September 2015 11:31

Seine Darstellung der Geschichte dieses Landes, das so groß ist wie Westeuropa, beginnt mit der Berliner Kongo-Konferenz (1884/85) und führt bis in die Gegenwart.

Tja. Dann müsste sein Buch aber, "eine Geschichte des Kongos von 1884 bis zur Gegenwart" heißen.

Das subsaharische Afrika war nach allem, was bekannt ist, aber leider auch schon vor 1884 dysfunktional.

Die Vorstellung homogener, in ihrer Tradition verankerter Ethnien, die friedlich mit sich, den Anderen und der Natur ihrer Existenz frönten, ist absurd.

Das subsaharische Afrika war schon immer geprägt von tribalistischen Konflikten, grassierenden Krankheiten, archaischen Gewaltausbrüchen und prekärer Ernährungssituation.

Die Eingriffe der Europäer haben vieles verändert...manches zum Besseren, manches zum Schlechteren.

Den Eingriffen der Araber, die viel intensiver und früher erfolgten, waren humanitäre Aspekte übrigens völlig fremd.

Die Dysfunktionalität Schwarzafrikas braucht jedoch keine Einflüsse von außen, um sie zu erklären.

Die Einflüsse von außen vermögen lediglich, den Phänotyp der Dysfunktionalität etwas zu ändern.

Dass es mit Hilfe des Westens einem dysfuntkionelen Kontinent gelungen ist, zu einem explodierenden Bevölkerungswachstum zu gelangen, kann man je nach Sichtweise als autodestruktiv oder tragisch bezeichnen.

Rucki

4. September 2015 15:23

Wir betrachten jetzt mal Süd-Korea.

1950er Jahre ärmer als fast alle Staaten Afrikas, dazu Krieg.
Dann ökonomischer Aufstieg, man kann sagen, bis in die Weltspitze.

Religion traditionell Buddhismus, seit den 1950er Jahren zunehmend Christen, knapp die Hälfte. Also durchaus ein Traditionsbruch und ökonomischer Aufstieg.

Trotzdem begehet Süd-Korea keinen Volkssuizid? Auch ökonomisch scheint es weiter auf Wachstumskurs

Süd-Korea scheint dieses Irre-sein nicht zu kennen, wie Europa.

Andreas Walter

4. September 2015 16:06

Na dann, können wir Deutschen ja jetzt auch mit gutem Gewissen vor die Hunde gehen, verrecken. Uns hat man die Volksseele auch gestohlen, ausgetrieben. Schönes Schlusswort, Herr Menzel. Selbstmord durch Einsicht. Das hat Grösse. Ganz grosses Kino. Wohl zuviel Der letzte Samurai gesehen.

https://www.youtube.com/watch?v=yyH4Qy9TqWw

Wobei folgendes sehr wahrscheinlich ist. Selbst wenn die Befreiung noch mal gelingen würde, was ich sogar für möglich halte, wird man nicht zögern, diesmal auch Kernwaffen auf deutsche Städte abzuwerfen. Müssen ja nicht viele sein. Gerade so viele, bis der Wille gebrochen ist. Der Wunsch frei zu sein, selbstbestimmt und unabhängig in frieden Leben zu wollen. Christ ist man dann allerdings auch nicht mehr, denn Christen dienen nur einem Herrn.

Rainer gebhardt

4. September 2015 17:32

@ Teja: genau das ist das Thema, um das es geht. Die Analogie, die der Autor von "Kongo" aufbaut, ist einleuchtend. Sie umfasst aber nicht das Wesen der Prozesse, die uns uns bevorstehen. Hatten die Kolonialmächte den afrikan. tribes einen Überbau aufgedrückt, der der Produktionsweise der Kolonialmächte entsprach und der die Stammeskulturen beinahe komplett zerstörte, kommt der Kultur- und Traditionsabriss in den Gesellschaften des Westens aus ihrem eigenen Inneren, aus dem Charakter der Technik mit ihrem Expansionsdrang und Nivellierungszwang. Jüngers Überlegungen in DER ARBEITER: Eine Gestalt planetarischen Charakters betritt die Szene: der Arbeiter. Er ist kein Individuum mehr im ursprünglichen Sinne, sondern ein der Technik adäquates Wesen, ihre "Uniform". Alles was Tradition ist, Kultur im überliefert Sinn hindert dann nur noch, engt ein; es wird ein Vakuum geschaffen, in das neue Ideen genau so leicht vorstoßen wie fremde Völker. Daß die auf ihrer Wanderung von Smartphones als DER techn. Ikone des Westens geführt und geleitet werden, könnte Ironie sein, liegt aber durchaus im Plan. Noch ein Analogie: Was die unermesslichen Schätze Afrikas den ehemaligen Eroberern, sind unsere Sozialsysteme heute für die hereinströmenden Massen, auch sie lassen sich anschürfen wie Goldminen.

Harald de Azania

4. September 2015 20:05

Nurrr (!) ein Scherz (!!) ganz kurz >>>

"Anton Zischka, Laender der Zukunft, 1950" lesen!!

! Hasta la Vista!

Euer wohlaffektionierter HdeA

der demograph

4. September 2015 20:25

@ Rucki
sie sprechen mir aus der Seele. Es ist ein ungutes Spiel das getrieben wird. Mittlerweile gilt es als schick gegen Entwicklungshilfe zu sein. Durch Entwicklungshilfe würden Abhängigkeitsverhältnisse zementiert, und selbstverständlich sei Afrika zur gleichen wirtschaftlichen Entwicklung wie Asien in der Lage. Außerdem habe Entwicklungshilfe eh zumeist nur den Entwicklungshelfern selber und Despoten in den afrikanischen Ländern genutzt.
Das ist alles Unsinn. Ohne Entwicklungshilfe ginge es Afrika heute noch viel schlechter. Die Bevölkerungsexplosion der letzten Jahrzehnte hätte es ohne Entwicklungshilfe nicht gegeben, die der nächsten Jahrzehnte würde es nicht geben. Und zu behaupten die Afrikaner würden ja können, würde man sie nur alleine machen ist der Gipfel der Unterwürfigkeit. Nicht nur das man helfen soll, nein man soll es auch noch so machen dass sie sich nicht in ihrer Ehre gekränkt sehen, also versteckt. Und keiner von denen die gegen Entwicklungshilfe sind würde die Verantwortung übernehmen wollen wenn es nicht klappen würde, wenn es riesiige humanitäre Krisen gäbe.
MIt den Berufen haben sie auch absolut recht. Die einzigen die produktiv an der Wertschöpfung mitarbeiten sind Leute die im Kleinen Subsistenzwirtschaft betreiben und Techniker, das heiße Leute aus dem Mint Bereich, sowohl akademisch als auch nicht akademisch, mehr noch akademisch.

Frenchman

4. September 2015 21:28

Lesen Sie:

https://www.amazon.de/Wealth-Nations-Evolution-Behavior-Intelligence/dp/027597510X/ref=tmm_hrd_title_0?ie=UTF8&qid=1441394699&sr=1-3

In Afrika und anderen Gegenden der Erde geht eben nichts. Da wird nie was gehen.

Ebenso:

https://www.amazon.de/IQ-Global-Inequality-Richard-Lynn/dp/1593680244/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1441394699&sr=1-1&keywords=Lynn+vanhanen

Martin S.

4. September 2015 22:29

Der Traditionsabriss kann aber auch aus schlichter Einsicht in die ökonomische Notwendigkeit erfolgen! Und das nicht zum Schlechteren einer Nation!

Was wäre denn aus Japan geworden, wenn es 1853 nicht von Commodore Perry gewaltsam geöffnet worden wäre? Dann wären die Samurai in ihren Rüstungen noch bis Anfang des 20. Jh. herumgeritten wie eh und je, um dann von den Russen annektiert und um so gewaltsamer in die Neuzeit katapultiert zu werden.

Oder man betrachte Tibet! Und zwar jenseits aller "Sieben Jahre in Tibet-Romantik". Glaubt jemand im Ernst, dass diese Menschen in ihrer total verkrusteten Priesterherrschaft, damals eines der ärmsten Völker der Welt, glücklich waren? Wollten die heute wirklich wieder zurück unter die Herrschaft eines Dalai Lama?

Individuum im ursprünglichen Sinne: Hat es das je gegeben? Das klingt so nach "goldener Urhorde". Gibt es dann auch eine Tradition im ursprünglichen Sinne? Und ab wann wird ein normaler Wandel der Tradition zu einem Traditionsabriss?

Sollten meine Fragen an anderer Stelle geklärt sein, bitte ich um Nachsicht. Ich bin philosophisch leider nicht sehr gebildet...

Rainer gebhardt

5. September 2015 11:40

@ Martin S.
Traditionsabriss - war eine Feststellung, keine Wertung.
"Individuum im ursprünglichen Sinne" - nicht anthropologisch zu verstehen, begriffsgeschichtlich und historisch ein Produkt der Neuzeit. Im "ursprünglichen Sinn" heißt also genauer: im Sinn seines neuzeitlichen Entwurfs.
Es geht erst einmal gar nicht darum, ob etwas zum Guten oder zum Schlechten wirkt. Ob hier ökonomische Notwendigkeiten oder aus den Verhältnissen sich ergebende Möglichkeiten "am Werk" sind, ist zweitrangig. Mein Hinweis auf E.Jüngers Arbeiter auch deshalb, weil er etwas Unerbittliches, Unabwendbares, beinahe Schicksalhaftes anzeigt: Er ist die Gestalt, die die techn. Notwendigkeiten bedient und die gesellschaftlichen Möglichkeiten ergreift. Grenzen sind für ihn bedeutungslos geworden, "er durchschreitet sie wie eine illusionäre Wand." Em Ende geht es doch darum: wer ist historisch in der Offensive und wer in der Defensive.

Andreas Walter

5. September 2015 12:56

@Martin S.

Wie soll denn die Zukunft Deutschlands Ihrer Meinung nach aussehen, Herr S.?

Ein Gebilde wie die VSA, was es jetzt schon fast leider ist?

https://www.youtube.com/watch?v=tfXLOtlYC7E

Deutschland als Teil des IS?

Ein Staat wie in Orwells 1984 oder Huxleys Schöne neue Welt?

Eine Welt wie in Blade Runner, oder wie in Die Matrix?

Ein Staat wie Israel?

Eine Welt wie Disneyland, in der es verschiedene Themenwelten gibt, die man alle besuchen und sogar darin leben kann, mit Deutschland als Schwarzwaldidylle in Voralpenkulisse?

Oder etwas ganz anderes, weil wir mit Hilfe neuer technischer Möglichkeiten Energie im Überfluss besitzen und wir darum das Spiel der Armutsverwalter (Ökonomen, Gelderzeuger und Geldverleiher) nicht mehr mitmachen?

Was ist am wahrscheinlichsten, wenn wir die Invasion nicht sofort stoppen?

Was interessiert mich daher gerade Afrika, der Kongo oder Angola. Ägypten war doch auch mal eine Hochkultur, Südafrika ging es doch auch schon mal besser. Was leistet denn der Islam in Afrika gerade an Entwicklungshilfe, oder sind die nur zum erobern, zum zerstören und in die "Steinzeit" (um 600 n. Chr.) zurückbomben gekommen? Was sollen auch uns dann solche Leute anderes bringen? Eine Kulturbereicherung ausser Döner sehe ich darin nicht. Höchstens eine Bereicherung für bestimmte Kreise, zum Beispiel mittels Lohndumping, oder durch den weiteren Ausbau der Sozialhelferindustrie, internationale Spekulanten und aus geostrategischen Erwägungen auch bestimmte Völker, Gruppen und Nationen, die Deutschland weiter im Zaum, in Steuersklaverei halten wollen zu deren Vorteil.

Will ich nicht, brauchen wir nicht, wir können mehr. Es ist unsere Kultur, wir sind eine Bereicherung für die Welt, nicht der IS. Genau darum wollen ja auch so viele von denen zu uns, sich an uns, bei uns und über uns bereichern. Nach Germany wollen sie, nicht zu den Anderen. Wir sind das Land von Milch und Honig, jedoch nicht durch Ausbeutung, sondern durch Geist und Arbeit. Wir sind der Motor der EU, besitzen das "Geheimnis", die richtige Mischung, den richtigen Weg, wurden darum in der Geschichte auch schon immer gehasst und beneidet. Doch warum lässt man uns dann nicht machen? Wenn wir die Welt retten können, warum dann nicht in Afrika? Wir können die doch nicht alle zu uns holen, dass ist doch Schwachsinn. Und wenn es doch nur Glück ist, warum sollten wir uns dann unser Glück kaputt machen lassen? Oder wenn es nur am günstigen Standort liegt, was ich auch sehr bezweifle, warum sollten wir uns den dann wegnehmen lassen? Es gibt keine ewige Verpflichtung für vergangene Taten vorhergehender Generationen. Wenn dem so wäre würden die VSA, Kanada und Lateinamerika heute wenigen Indianern gehören. Das Gleiche gilt für die gesamte Kolonialzeit wie auch für den Holocaust und auch jeden Krieg, den Menschen bisher geführt haben. Oder wir springen in der Zeit je nach belieben vor und zurück und fordern jetzt unsere Kolonien wieder ein, plus Deutschland in den Grenzen von 1942.

Oder oder oder, es läuft eh alles auf Autopilot, wer oder was immer das auch ist. Oder alles ist eine Folge von Wille und Geist, oder eine irre Mischung von allem. Sicher, dass sie das alles nicht nur geträumt haben, Her S.? Reisen bildet. Denn es gibt auch ein sehen, ein wahrnehmen ohne denken, ohne lesen. Lust auf Afrika? Bilder sagen mehr als Worte, Geruchsfernsehen gibt's leider noch nicht.

https://www.youtube.com/watch?v=ZRuSS0iiFyo

Stil-Blüte

6. September 2015 15:57

@ Grilleau

Auf Ihrer Seite begegnet man Alexander Kluge - nomen est omen - . Doch leider folgen Sie Ihrem Meister (?) nicht, sondern beginnen mittendrin, beim abgearbeiteten Erzfeind der Afrikaner, dem 'Kolonialismus'. Schade!

Andere Kommentatoren haben aber Gott sei Dank Ihre zu kurzgefaßte Betrachtung ergänzt.

Allgemeine Betrachtung: Die Entwicklung bzw. der sog. 'Fort-Schritt' hat auch mit klimatischen Bedingungen zu tun. Nicht umsonst liegt Deutschlandf nicht nur in der Mitte, in Mitteleuropa, sondern in der gemäßigten Zone. Was befördert Deutschland als gemäßigte Zone? Die Jahreszeiten. Warum? Die Erfahrung der wiederkehrenden 'mageren' nach den fetten' Zeit. Das nennt man Vorsorge, Vorausschau, Einbinden der Zukunft in die Gegenwart. Und zwar gesetzmäßig. Während in Afrika nach den sieben fetten Jahren nicht voraussehbar war, daß sieben mageren Jahre folgen würden. Propheten warnten. Aber was gilt schon ein Prophet im eigenen Lande.

Diese Kontinuität ist ein guter Lehrmeister, weil nähe an der Natur dran und nicht nur dem üppigen oder kargen Zufall überlassen.

Ein, ich gebe es zu, abwegiger Gedanke: Könnte das Reagieren auf die Flüchtlinge aus diesem natürlichen Reservoir schöpfen und vielleicht doch nicht nur politische Manipulation sein. Wenn ja, sollten wir es nicht auch als Übung, Prüfung unserer eigenen Fähigkeiten, Kapazitäten, Produktionskräften statt nur als Selbstpreisgabe betrachten?

Rainer gebhardt

7. September 2015 12:51

@ Stil-Blüte

Ihr "abwegiger Gedanke" ist interessant. Nur ist zu bedenken, daß die "Übung, Prüfung unserer eigenen Fähigkeiten, Kapazitäten, Produktionskräfte" (und Produktivkräfte aka Menschen) keine Schulstunde in der Unterprima sein wird, sondern einer der brutalsten Verwertungsprozesse (um nicht zu sagen: Ausleseprozesse), die uns bevorstehen. In der Logik dieses Prozesses liegt es "überflüssige" Menschen auszusortieren. Weshalb zu den 1. Mio. "Refugees" bald weitere 1 Mio. und mehr Deutsche kommen werden, die auf der Strecke bleiben. Und an dem Punkt stellt sich mir dann die Frage, wem gilt meine Anteilnahme? Der gesamten Menschheit oder meinem Nachbarn?

Keats

7. September 2015 17:20

Wenn Afrikaner im Mittelmeer ertrinken, ist das überall in Europa die Topmeldung. Die Afrikanische Union (AU) mit ihren 54 Mitgliedstaaten schweigt dazu, die Online-Auftritte afrikanischer Zeitungen beschäftigen sich mit lokalen Petitessen. Die eigenen Leute sterben, Afrikaner demonstrieren völlige Gleichgültigkeit und deutschen Medien reden von einer Schande für ... Europa? Afrika existiert in diese Provinzmedien nicht. Natürlich ist es auch keine Schande für "die Afrikaner", sondern nur für die afrikanischen Eliten. Ein ganzer Kontinent stiehlt sich aus der Verantwortung und die restliche Weltgemeinschaft ignoriert das oder ergeht sich in rassistischen Blame-Whitey-Spielen.

Niemand erwarte eine "nachhaltige" Entwicklung in Schwarzafrika. Die westliche Idee von der sinkenden Geburtenrate bei wachsendem Wohlstand funktioniert da offensichtlich nicht. Man könnte dazu die Kinderzahl afrikanischer Regierungschefs mit denen europäischer vergleichen. Die überschüssigen Afrikaner gehen nach Europa, aus den Kolonien, die sie dort bilden, fließt viel Geld in die Heimatländer zurück. Eine Win-Win-Situation, bei der einige Ertrunkene nicht ins Gewicht fallen.

"Du, Europäer, fängst den Kongolesen die ganzen Fische weg. Deshalb mußt du kräftig für sie spenden und sie in Europa willkommen heißen." - das ist reine Demagogie. Die Afrikaner müssen endlich aktiv für sich und ihren Kontinent die Verantwortung übernehmen, die sie de facto schon heute haben, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. Genau das bedeutet "Afrika den Afrikanern!"

Dazu gehört, daß man ganz klar sagen muß: Es gibt keine Siedlungsgebiete mehr! Wenn die UNO das Gegenteil betreibt und - wie im Fall Syrien - nicht einmal die Schuldigen benennt, sondern "Resettlement"-Programme auflegt und damit die Ziele der Aggressoren und Vertreiber unterstützt, so ist sie ganz klar eine Gefahr für den Weltfrieden und gehört abgeschafft. Der Vergleich der UNO mit der FIFA enthält eine tiefe Wahrheit. Bei beiden hat die Korruption zu gefährlicher Arterienverkalkung geführt.

Es gibt ein fetziges Spottlied, mit dem sich Afrikaner über die verrückten Deutschen lustig machen: "Jecken, Jecken!" Leider reichen meine Kölsch-Kenntnisse nicht, um den restlichen Text zu verstehen, und über Völkermord macht man keine Witze, aber ... das Lied ist wirklich sehr eingängig und hebt die Stimmung.

https://www.youtube.com/watch?v=cIUD1Z3pU1g

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