Briefwechsel Armin Nassehi – Götz Kubitschek

Es ist ein gutes Jahr her, daß der Versandbuchhändler amazon.de die Titel meines Verlages Antaios aus seinem Sortiment ...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek ist Verleger (Antaios) und seit 2003 verantwortlicher Redakteur der Sezession.

strich. Mitt­ler­wei­le kann man die Bücher dort wie­der recher­chie­ren (aller­dings nicht über die Autoren­na­men) und über soge­nann­te Dritt­an­bie­ter kau­fen. Aber das ist bei wei­tem nicht so wich­tig wie der geis­ti­ge Ertrag, der aus die­sem Boy­kott ent­stand. Ein Bei­spiel ist der nun publi­zier­te Brief­wech­sel zwi­schen dem Sozio­lo­gen Armin Nas­sehi und mir.

Nas­sehi, Jahr­gang 1960, ist Pro­fes­sor für Sozio­lo­gie an der Lud­wig-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät in Mün­chen. Er ist außer­dem seit 2012 Her­aus­ge­ber der Zeit­schrift “Kurs­buch”, die der Mur­mann-Ver­lag 2011 über­nom­men und dadurch davor bewahrt hat, end­gül­tig zu einem Kon­kurs­buch zu wer­den. Bei Mur­mann ist nun Nas­sehis Buch Die letz­te Stun­de der Wahr­heit (20 €) erschie­nen, des­sen epi­scher Unter­ti­tel die Grund­the­se ent­hält: War­um rechts und links kei­ne Alter­na­ti­ven mehr sind und Gesell­schaft ganz anders beschrie­ben wer­den muß.

Nas­sehi schrieb mir im März ver­gan­ge­nen Jah­res einen ers­ten, kur­zen Brief zur ama­zon-Sache, drück­te sei­ne von mei­ner deut­lich unter­schie­de­ne Wirk­lich­keits­deu­tung aus und ging eine Woche spä­ter sofort auf mein Ange­bot eines grund­sätz­li­chen Brief­wech­sels ein. Die­ser Dia­log war bereits zu einem frü­hen Zeit­punkt auf Ver­öf­fent­li­chung ange­legt, wobei wir das “Kurs­buch” eben­so rasch ver­war­fen wie die Sezes­si­on. Ein neu­tra­ler Ort woll­te sich nicht fin­den las­sen, und so stimm­te ich dem Vor­schlag Nas­sehis zu, den abge­schlos­se­nen Aus­tausch sei­nem neu­en Buch anzuhängen.

Das Buch liegt nun vor, und der Brief­wech­sel hat dar­in einen zen­tra­len Sitz. Denn mei­ne eige­ne Argu­men­ta­ti­on kann dort anknüp­fen, wo Nas­sehi selbst ein zen­tra­le, rechts­in­tel­lek­tu­el­le Wirk­lich­keits­be­schrei­bung über­nimmt: Vie­le Ent­schei­dungs­trä­ger reden links und leben rechts. Nas­sehi hat das bei­spiels­wei­se in einem Inter­view mit dem Deutsch­land­ra­dio­Kul­tur vor zwei­ein­halb Jah­ren bereits geäu­ßert und nun in sei­nem Buch zu einem wich­ti­gen Strang gemacht.

Bereits in mei­nem zwei­ten Brief ging ich auf die­se lin­ke Expe­ri­men­tier­freu­de ein, denn das ist ja einer der ent­schei­den­den Hebel, die uns gegen die Sys­te­me­li­te und ihre unaus­ge­setz­ten Gesell­schafts­expe­ri­men­te in die Hand gege­ben ist:

Ent­schei­dend ist: Wir wol­len nicht – wie die vie­len, die Sie im freund­li­cher­wei­se beige­fügten Inter­view benen­nen – »links reden und rechts leben«, son­dern »rechts reden und rechts leben«, und in die­ser For­mel steckt bereits eine grund­sätz­li­che Ant­wort: Wenn es vie­len Bür­gern un­bewusst oder bewusst rich­tig erscheint, links zu den­ken und zu reden, aber rechts zu leben, dann muss das Rech­te näher an der Lebens­wirk­lich­keit lie­gen als das lin­ke Gere­de und Theo­re­ti­sie­ren. Und in der Tat: So ist es. Und: Die­ses Rech­te ist dabei zugleich meilen­weit von dem ent­fernt, was lin­ke Theo­re­ti­ker für rechts hal­ten und als rechts brandmarken.

Ich bin Armin Nas­sehi dank­bar, daß er unse­ren Brief­wech­sel in sein Buch auf­ge­nom­men hat. Er teilt ja mei­ne Posi­ti­on nicht, aber es war und ist lehr­reich, die Sicht­wei­se des ande­ren ver­ste­hen zu wol­len. Und ich kann eines sicher sagen: Nas­sehi weiß, wie komisch es ist, daß einem in einem Land wie dem unse­ren die Ver­öf­fent­li­chung eines sol­chen Brief­wech­sels Mut abver­langt. Wir wer­den also aufs Neue sehen, wie­viel Nor­ma­li­tät in die­sem Land unter der Krus­te der Denk- und Dia­log­ver­hin­de­rung ruht.

(Armin Nas­sehi: Die letz­te Stun­de der Wahr­heit. 340 Sei­ten, 20 €)

Götz Kubitschek

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Kommentare (63)

Carsten

9. März 2015 15:53

Links reden, rechts (bürgerlich) leben - das Phänomen erlebe ich permanent bei meinen linksliberalen Bekannten. In so gut wie allen Einzelfragen stimmen sie einem zu (selbst was Problemausländer angeht), aber sie ziehen keine ganzheitliche Konsequenz daraus und würden sich eher ein Bein ausreißen, als sich selbst als "rechts" zu positionieren. Verrückt.

Simon

9. März 2015 17:00

Den Satz habe ich ehrlich gesagt nie richtig verstanden. Was heißt "rechts" leben? Wenn man ein Haus in der Toskana hat, zwei Mal im Jahr in Urlaub fliegt, ist das dann "rechts"?

Also wenn ich daran denke, was ich unter einem "rechten" Lebensstil verstehe, dann würde ich an Menschen denken, die sehr sparsam und bescheiden leben, Sonntags in die Kirche gehen und ihren Kindern Traditionen vermitteln. Ich kenne eigentlich keinen Linken oder Linksliberalen, der so lebt.

antwort kubitschek:
das ist ja auch nur eine form, konservativ (oder rechts) zu leben. Sie dürfen die form nicht mit dem prinzip verwechseln. das prinzip lautet: kein wasser predigen, wenn man selber wein trinkt. also: linke sind oft für gesamtschulen, schicken ihre eigenen kinder aber auf ausgesuchte gymnasien oder sogar privatschulen; linke finden die multikulturelle gesellschaft jlasse, ziehen aber sofort aus dem kaputtexperimentierten viertel weg, wenn die eigenen kinder in die schule kommen; linke predigen öko, fliegen aber im durchschnitt viel häufiger mit billigfliegern in der weltgeschichte herum. das sind nur drei beispiele. "rechts" daran ist nur, daß der rechte sich zuvor das predigen verkneifen würde.

Rumpelstilzchen

9. März 2015 18:00

Gott behüte uns vor dem großen Abgesang auf die Linke.
Diese Nabelschau ist unerträglich. Links ist vorbei. Basta.
Die letzten Träumer werden bald erwachen. Es wird Zeit.

https://blogs.faz.net/whatsleft/2015/03/09/links-wo-das-herz-schlaegt-20/

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben

9. März 2015 18:00


"Der Soldat ist in diesem Fall Verbrauchsmaterial."

(Bundeswehr Uffz-Spruch)

@Carsten,@Kubitschek

Links reden, rechts leben.
Dann ist die AfD ja auf einem guten Weg, wenn sie rechts lebt und ständig betont nicht rechts zu sein.

"Getrennt marschieren, vereint schlagen!" Diese Doppelstrategie war schon bei den 1968 (Studentenbewegung / SPD+Grüne) erfolgreich.

Nun wird PEGIDA schon mit den 68iger Bewegung verglichen:

Sachsen-CDU trifft sich regelmäßig mit Pegida

Auchh wenn den einen oder anderen die Abgrenzung seitens der AfD und WfD hart persönlich hart, darf dies nicht den Blick für das übergeordnete Strategische vernebeln. Viele der Rechts-Lebenden werden AfD wählen, wenn sie glauben, dass die AfD nicht rechts ist.

Pommes

9. März 2015 18:14

Es ist nicht verrückt, lieber Carsten. Der Sozialismus ist ein vornehmlich religiöser Wahnzustand und bedarf daher keine Rationalität. Einmal in die Köpfe indoktriniert ist er nur schwerlich wieder raus zu bekommen. Versuchen sie einmal einem Christen die Absurdität der Dreieinigkeits-Lehre, der Erbsünden-Lehre oder Sühnetod-Lehre aufzuzeigen. Sie werden gegen eine Wand laufen. Genauso verhält es sich mit den Linken. Sie sind vollkommen Faktenresistent.

Urwinkel

9. März 2015 18:56

"faktenresistent, Querfront bilden, Annähern, paktieren"; darüber kann man gelegentlich verrückt werden. Das irritiernde ist ersteinmal der optische Eindruck: Hierzu eine kurze Bilderstrecke vom letzten Wochenende an der Oder/Neiße-Grenze:

https://www.lr-online.de/bilder/detail/cme306892,3325376

Die charmante Jungpolitikerin am Megaphon hat vor einigen Monaten
mit ihren Parteifreunden mit einem EU-Parlament Selfi-Video für einige Lacher gesorgt. Konklusion: mit diesem fanatisch-losen Haufen paktiert man nicht. Das ist eine Frage des Anstands und des Verstands. Gerechterweise muß ich festhalten, daß es bei Pegida-Demos auch nicht viel anders aussieht. Die Stil-Frage (Kleidung, Mode, Habitus) wurde hier schon an anderer Stelle in Richtung Demo-Teilnehmer aufgeworfen, aber noch nicht beantwortet.

Martin

9. März 2015 20:40

Danke für die Klarstellung, Herr Kubitschek,

Ich war bei dem obigen Satz "links reden aber rechts leben" nach einer gewissen Selbstreflexion schon zum vorläufigen Ergebnis gekommen, dass ich rechts denke, aber links-grün lebe, in dem ich brav Steuern zahle, kaum Urlaub mache, nichts gegen die ausländischen Mitschüler meiner Kinder habe, vor den Kindern lieber das Maul halte, damit die sich in der Schule nicht verplappern und Ärger bekommen, Ausländer in meinem Geschäft sehr gut behandele (wie andere Kunden eben auch), in meinen Gärten keine künstlichen Sachen verwende und schlussendlich sogar Tempolimits beachte (fällt mir schwer - kann mir aber keinen Führerscheinverlust leisten). Aber bis auf Beiträge in Internetforen zu schreiben, predige ich zumindest nichts. :)

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben

9. März 2015 20:57

@Pommes
Dreifaltigkeit, Erbsünde, Kreuz und Auferstehung sind zentrale Begriffe der abendländischen Kultur. Lesen Sie einfach mal kurz bei wikipedia nach. Auch jemand der kein Christ ist, sollte wenn er sich der abendländischen Kultur zugehörig fühlt, etwas Achtung dafür aufbringen.

Wer so verächtlich wie Sie von Dreifaltigkeit, Erbsünde, Kreuz und Auferstehung spricht, verachtet das Eigene.

Dieter Sulzbach

9. März 2015 21:20

@ Pommes:

Sie glauben gar nicht, wie viel Rationalität beim Studium der Theologie aufgewendet wird (zu meiner Zeit, 60er Jahre). Unabhängig davon kann Religiosität auch wahnhaft sein, und wenn sie dogmatisch ist, ist sie auch faktenresistent wie jede Ideologie.
Wer die kreischenden, hasserfüllten Begleiter von ~gida-Spaziergängen erlebt hat und entsprechende "Literatur" sichtet, merkt schnell, in welchem Wahnsystem man dort unterwegs ist.

Zur "Absurdität" theologischer Lehrsätze gebe ich gern die Anregung, dass man sie nur verstehen kann, wenn man weiß, auf welche (historische) Frage sie die Antwort sind. Also: Christen müssen nicht wahnkrank oder realitätsblind sein. "Glauben Sie mir, ich weiß, was ich sage", höre ich manchmal. Ich schreibe das auch ("auf Pastor" studiert, erfolgreich abgeschlossen, seit Jahren nicht mehr Mitglied der Kirche).

Arkanthus

9. März 2015 21:24

Man kann es drehen oder wenden, letztlich unterscheidet sich links und rechts in Deutschland im Verhältnis zu Deutschland. Und heute noch im erweiterten Sinne im Verhältnis zur europäischen Nicht-EU-Kultur. Der deutsche Linke war (meistens) zuerst Sozialist, dann evtl. Deutscher, aber nicht zwingend. Es ist ein emotionaler, identitärer Scheideweg, denn es gibt etatistische wie libertäre Rechte. Die Politik in bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft, Familie (obwohl hier schon eher) usw. bietet längst kein eindeutiges Abgrenzungskriterium.

Heute ist aus dieser allenfalls hintangestellten Loyalität der Linken zur Nation, Kultur, zum Eigenen Haß geworden. Deshalb fällt das Unterscheiden noch schwerer, rechts ist schon jemand, der um den nackten Bestand all dieser Selbstverständlichkeiten fürchtet. Siehe Buschkowsky und die Reaktionen auf ihn.

Edewolf

9. März 2015 21:31

Rechts reden, aber links leben, ist auch kein völlig zu vernachlässigendes Phänomen. Wie viele sind angefixt vom linksliberalen Lebensstil, reden aber trotzdem daher wie katholische Priester? Als junger Erwachsener alles mitgenommen, was geht, und als Vater/Mutter dann den eigenen Kindern Wasser predigen, in Museen schleppen und keine andersgeschlechtlichen Übernachtungsgäste erlauben. Aus Angst vor sozialem Abstieg der eigenen Familie, den man eigentlich selbst verursacht.

Belsøe

9. März 2015 22:44

Kongruenz oder Aufrichtigkeit als Kriterium scheint mir dann auch etwas zu kurz gesprungen. Sie ist grundsätzlich bei Linken wie Rechten denk- und auffindbar, genau wie die Verlogenheit.

Ich würde eher sagen, es gibt durchaus einen gemeinsamen Gegenpol, und das ist eine bis ins Mark opportunistische, wendehälsische Haltung, die es als vollkommen normal hinstellt, mitzunehmen was geht. Ob das nun der "gute Job" ist, den man ohne jede Bedenken hinsichtlich seiner Zielsetzung "natürlich" anstreben muss, das innere Kuschen vor den angeblich einzig tragbaren Ansichten, oder eben das gekonnte Ausblenden eigener Vorteilsnahme, sei sie nun materiell oder auf Überlegenheitszugewinn orientiert. Weiterhin erkennt man ihn am Fehlen von prinzipientreuer Verzichtsbereitschaft und Vermeidung aller Konflikte, in die man ohne vorher gesicherte Übermacht eintreten müsste. Beides dürfte damit zu tun haben, dass es für diese Charaktere eben nichts Grundsätzliches gibt, das entsprechende Härten Wert ist. Leider ist auch das Bewusstsein für die eigene Position, die wahren Eigeninteressen extrem verkümmert.

Man könnte es haltungslos nennen. Daher glaube ich im übrigen, dass es nur wenige echte Linke gibt, und diese paar Leute auch keineswegs den eigentlichen heutigen Gegner des Konservatismus ausmachen. Vielleicht sogar im Gegenteil. Auch würde ich aufpassen, irgendeine Vorstellung von "denen" im Sinne archetypischer Individuen zu pflegen, da es sich eher um zeitgeistige Phänomene handelt, die sich in vielen (Teil)Facetten durch verschiedenste Milieus und Personen ausdrücken. Ein innerer Zustand, der ja durchaus ökonomisch ist und somit ganz von selbst konkrete Förderung erfährt. So wie man früher gut durchs Leben kam wenn man ein braver Schüler, ein gehorsamer Wehrdienstleistender und ein fleißiger Arbeiter war, gibt es eben heute auch eine passende Geisteshaltung.

Wobei diese ja derzeit wieder Veränderungen unterliegt, denn bestimmte Eckpfeiler lohnen sich nicht mehr so recht. Es gibt Aussichtslosigkeit trotz Fleiß usw. Die Menschen gucken sich um, vielleicht begreifen ein paar Leute was Flexibilisierung wirklich mit ihnen angestellt hat. Wenn Sie darüber zu einer echten Haltung finden, der auch Taten (oder die richtigen Unterlassungen!) folgen, kann das für eine Rückbesinnung erstmal nur ein Gewinn sein.

Pommes

9. März 2015 22:55

@Waldgänger

Ich verachte das Eigene keineswegs. Ich reduziere unsere deutsche Kultur allerdings genausowenig auf das Christentum wie ich ein schönes Haus nicht auf seine Müllcontainer reduziere. Unsere Kultur hat mehr zu bieten.

@Dieter Sulzbach

Was ist bei Theologie bitte "rational"? Eine Lehre sollte folgerichtig und den Tatsachen entsprechend aufgrund gesicherter Schlüsse sein. Davon kann bei Theologie und Religionswissenschaft nicht die Rede sein. Ich habe meine Probleme damit das als "Wissenschaft" anzuerkennen. Unter Wissenschaftler verstehe ich dem Wesen nach Natur-wissenschaftler, solche Leute die Experimente durchführen, die man hofftl. reproduzieren kann und dann manchmal zu realitätsapproximierenden Schlüssen gelangen. Wenn sie solche Märchen wie der Sündenfall Adam und Evas als historisch erachten, dann fehlt ihnen jedweder Bezug zur Realität.

Inselbauer

9. März 2015 22:57

Fast alle deutschen Rechten sind doch im Herzen Sozialisten, nur eben ohne die elende Staatsgläubigkeit in sozialen Fragen. Ich kann das als ehemaliger Linker ganz gut beurteilen, und ich sehe den scharfen Kontrast zu der linksliberalen Mehrheitsmeinung in genau dieser Kombination.
An diesem Punkt hört auch mein Verständnis für die politische Sympathie mit den italienischen und anderen südländischen Faschisten auf. Für einen deutschen Rechten wäre im Durchschnitt doch ein Geschwür wie Neapel ein furchtbares Ärgernis.
Wer hier hätte Freude daran, Volksgenossen verrotten zu lassen?
Oder dass die Kinder der Schwächeren und Unbeherrschten zurückbleiben?
Die deutsche Rechte ist auch in der sozialen Frage ein Sonderfall.

Peter Merbitz

10. März 2015 00:55

Wenn ich den Mohler und Kleine-Hartlage halbwegs richtig verstanden habe - beide haben Sie mir hier erst richtig beigebracht - so kann man doch das "rechts leben" eigentlich nur rekognoszieren, niemals planen.
Man lebt rechts deshalb, weil es die einzig natürliche Art ist, zu leben. Gleichgültig wie man versucht, sich davon zu trennen.
Ein Normalmann kann nun mal noch so sehr die Genderlehre verehren, und eine Conchita Wurst als Durchbruch in der Toleranz feiern, letztendlich werden ein paar Frauenbrüste ihn unbewusst wieder auf den Boden der Tatsachen zurückführen.
Eine wirkliche Katastrophe (man Elbeflut), die das Haus wegspült, wird dem Immigrationsfanatiker zeigen, dass es eben die spießigen Kleinbürger-Nachbarn, der Ort, das Land in dem er lebt, sind, die ihm wieder auf die Beine helfen. Wobei ihm das unbewusst immer schon klar war, denn bei der letzten Elbeflut hat er ja auch selbst mehr getan als bei der letzten Flut in Bangladesh.
Und wenn er eine Tochter hat, wird er ganz unbewusst, ohngeacht jeglicher Metaideologie dafür sorgen, dass sie abends unbeschadet von der Disko nach hause kommt, selbst wenn er offiziell weiß, dass die lieben Bereicherer nur über Probleme der Immigration diskutieren wollen.
Es ist eine Frage des Unterbewusstseins.
Man lebt rechts, weil das die einzig mögliche Form des richtigen Lebens ist. Die Utopie, die die linke Seite bietet, ist eine geistige Wärmelampe. Mehr nicht.
Die linke Art des Denkens kann also die richtige Art des Lebens verformen, verstümmeln, behindern, aber auf keinen Fall ersetzen.

Thomas Wawerka

10. März 2015 08:22

Pommes, aus Ihren Worten wird deutlich, dass Sie gar nicht wissen, wovon Sie reden. Pappkameraden aufstellen und abschießen - ein wohlfeiler Sport und herzlich dumm.
Wissenschaft ist Wissenschaft, weil sie sich wissenschaftlicher Methoden bedient; deshalb ist die Theologie selbstverständlich Wissenschaft. Die Unterscheidung zwischen Orientierungs- und Anwendungswissenschaften ist Ihnen präsent?
Darüber hinaus ist die Theologie das letzte bisschen Universalwissenschaft, dass an der spezialisierten "Universität" existiert.

Hartwig

10. März 2015 08:34

@ Inselbauer

Hüten wir uns, Sozialisten und Linke gleichzusetzen. Sie haben ganz recht: die deutschen Rechten sind Sozialisten, die Deutschen in ihrer Mehrheit sind Sozialisten. Das ist ja gerade der Grund, warum wir seit über 150 Jahren den Angelsachsen an der Ferse haben.

@ Kubitschek
Schade, dass der Briefwechsel nun in Nassehis Buch veröffentlicht wird. Denn das ich das Buch kaufe, bezweifle ich sehr.

Czernitz

10. März 2015 09:34

@ Pommes

Vielleicht verwechseln Sie eine Theologie, die früher in der Tat nur bekenntnisaffin gelehrt wurde mit einer Religionswissenschaft, die die Religionen offensiv vergleichen sollte. Ob nun jemand religiös ist oder nicht, er sollte die Religionen kennen. Ob nun jemand gläubig ist oder nicht, er sollte wissen, was die Gläubigen glauben. Heute mehr denn je! Der Gott, für den seine Gläubigen in Hysterie verfallen und in den Religionskrieg ziehen, ist viel gefährlicher als jeder theologisch-spitzfindig begründete Gott. Religionskriege sind eine Plage nicht erst seit 1618. Sie sind viel häufiger als man denken mag, da sie uns oft als stinknormale Raubkriege verkauft werden. Wenn man zudem bedenkt, daß Ideologien nichts anderes sind denn säkularisierte Religionen, dann sind die Kriege unseres Zeitalters überwiegend Religionskriege.

Meier Pirmin

10. März 2015 10:06

@Pommes@Waldgänger. Dass beim Thema Dreifaltigkeit auch die Gläubigen schon fast immer überfordert waren, ist schwer zu bestreiten. Gilt auch für Sie als Kritiker, da sollten Sie schon mal das grosse Buch von Kaltenbrunner über Dionysios Areopagita lesen.

Immerhin hat es der heilige Patrick von Irland mit dem Kleeblatt geschafft, das Einheit und Dreiheit gleichzeitig repräsentiert, dem Volk wenigstens eine Ahnung von der Heiligen Dreifaltigkeit zu vermitteln. Ein hervorragender Seelsorger, notabene noch irischer Patriot, es gibt keinen nationaleren Katholizismus als den irischen. Dabei ist aber klar, dass das Problem komplexer ist und im übrigen hochrational: die Beziehung Ich - Du - Welt, das Wesen der Person, wurde tatsächlich über Augustinus und Meister Eckhart auf dem bisher höchsten Niveau reflektiert, bei Meister Eckhart erst noch jenseits von irgendwelchem religiösen Fanatismus, weil ja schon die Frage nach der Existenz Gottes eine falsch gestellte Frage ist, hätte man die Dreifaltigkeit verstanden. Es gibt keinen Gott, wenn er nicht in mir stattfindet, dabei darf ich mich aber trotzdem nicht mit Gott verwechseln, einer Wirklichkeit vor mir und ausser mir. Die Person ist so etwas wie das Göttliche im Menschen als Teilhabe, und die drei Personen in Gott sind das einzige theistischen Modell mit einem kommunizierenden Gott, wobei zugleich noch auf den fundamentalen Unterschied zwischen Gott und Welt aufmerksam gemacht wird. Karl Popper, selber kein Gläubiger, unterscheidet drei Welten: Welt 1, die Welt ohne mich, die es vor mir gab und ausser mir, die es auch nach mir mutmasslich noch geben wird. Welt 2 der Ort oder der Punkt, wo das Ich seinen Grund hat, das Ich, der "Benützer" des Gehirns, auch von der Gehirnforschung nicht erklärbar, das Mysterium schlechthin, ausser dass ich weiss, dass es mich gibt, vgl. Jean Paul, als er realisierte "Ich bin ja ich". Kant und Descartes nennen es das Subjekt, nicht zu verwechseln mit dessen Vorstellungen, was Popper Welt 3 nennt, also die Sprache, die Zeichen, die Zahlen, die Vorstellungen usw. Wenn Schopenhauer sagt: die Welt ist m e i n e Vorstellung werden alle drei Welten, Welt 1 und Welt 2 und Welt 3 differenziert, letztlich das, was Augustinus und Eckhart unter der Heiligen Dreifaltigkeit verstanden haben. Diese ist allerdings in der Bibel noch nicht auf dem Reflexionsgrad etwa von Meister Eckhart dargestellt. Sicher scheint, dass es sich nicht um einen unreflektierten Unsinn handelt, sondern um die Bedingung jeglicher Reflexion. Klar ist, dass die Zahl derjenigen, die Meister Eckhart, Kant und Popper verstehen, wohl nie mehr als ein Prozent der Menschheit ausmachen werden, weswegen man gegenüber den Religionen, die von der grossen Mehrheit der Gläubigen ohnehin nie verstanden werden, Geduld haben sollte. Bei massvoller Benützung liegt ein nicht zu unterschätzender Orientierungsgehalt vor, sogar ein entgifteter Islam, wie Avicenna und Averroes ihn reflektierten, behält noch einen unter Umständen brauchbaren Orientierungswert, könnte sogar durchaus friedlich gelebt werden.

Meier Pirmin

10. März 2015 11:22

Es muss heissen: Die drei Personen in Gott sind das einzige t h e i s t i s c h e Modell mit einem kommunizierenden Gott.

Heinrich Seuse, Nikolaus von Cues und Nikolaus von Flüe haben dieses Gottesmodell geometrisch dargestellt:

Der Punkt: Gott in Gott, die Einheit und absolute Transzendenz Gottes, vgl. auch den streng monistischen Gottesbegriff des Alten Testamentes und vor allem des Korans.

Der Kreis: Gott geht vom Mittelpunkt hinaus an die Peripherie, die Bewegung Gottes, zunächst innergöttlich, dann aber auch eine Bewegung hinaus in die Schöpfung. Der Allumfassende.

Das Rad: Die Bewegung nach aussen und die Rückbewegung nach innen. Der Satz, Gott sei die Liebe, welche nach I Kor 13 nie aufhöre, wird mit dieser Bewegung nach aussen und der anschliessenden Heimkehr Gottes und der Seele zurück zu gut signalisiert.

Religiöse Existenz bedeutet dynamische Gottesgeburt in der Seele, in keiner Weise produzierbar und von sich aus und für sich erreichbar. Sie findet entweder statt oder dann eben nicht unter einer einzigen Voraussetzung: man muss dazu irgendwie bereit sein. Wenn nich und wo nicht, gilt der Satz von Kierkegaard: wenn ich zur Gottesgeburt in der Seele nicht bereit bin, kann Gott seinen Himmel für sich behalten, und ich selber bleibe im Leeren, im Nichts, paradoxerweise freilich in dem Zustand, den ich eigentlich über Askese und Meditation freiwillig und gelassen erreichen sollte und vielleicht erreichen darf. Die Frage, ob es Gott gibt und oder wie ich dieses Ziel der Einung mit Gott erreiche, muss mir im letzten Grunde gleichgültig werden, also Gott um Gottes willen lassen, vielleicht holt mich Gott dann ein. Ohne die Dreifalitgkeit gibt es indes die Bewegung von Gott auf den Menschen hin gar nicht, dann bleibt Gott ohnehin in seinem Himmel, der den Menschen nichts angeht. Die ganze Sache mit der Dreifaltigkeit und meiner Seele sollte nach Meister Eckhart dann auch wieder nicht überschätzt werden: beispielsweise ist das Süpplein, das ein Armer von mir bittet, da ich unterwegs bin zu Gott, wichtiger als die Frage, ob ich die Einung mit Gott tatsächlich erreiche. Dieses Süpplein kann ich übrigens auch nicht an den Sozialstaat delegieren.

Der Ghibelline

10. März 2015 11:43

@ Rumpelstilzchen
"Links ist vorbei. Basta.
Die letzten Träumer werden bald erwachen. Es wird Zeit."

Der Wunsch ist hier Vater des Gedanken: Wenn "links" irgendetwas mit "sozial", "gemeinschaftlich", "emanzipatorisch" etc. zu tun hat, dann ist das ein ebenso wichtiger und nicht totzukriegender Pol in der menschlichen Existenz wie der "rechte". Aus dem Traum eines "linksbereinigten" Menschseins sollten Sie schnellstmöglich erwachen. Der deutsche Idealismus hat die vielschichten, auch gegensätzlichen Dimensionen immer ernstgenommen und konstruktiv integriert. Unter dieses Denkniveau unseres Volksgeistes sollte auch kein "Rechter" mehr zurückfallen.

@ Arkanthus
"Der deutsche Linke war (meistens) zuerst Sozialist, dann evtl. Deutscher, aber nicht zwingend."

Völlig richtig. Und genau in diese ideologische Sackgasse sind ebenso nicht wenige "Konservative/Rechte" geraten, die lieber mit den weltweiten "konservativen/rechten" Gesinnungsfreunden für die "rechte Weltanschauung" streiten, anstatt sich mit den eigenen - politisch oft nicht angenehmen - Landslkeuten an einen Tisch zu setzen. Willkommen in der "konservativ/rechten" Wagenburg!

Ludwig

10. März 2015 12:07

Dieses Links-Rechts-Versteckspiel erscheint mir eher unproduktiv, und es hinkt auch der Zeit hinterher.

Bevor Frau Kositza ihre politische Ausformung erreichte, wurde sie einmal gefragt, wie sie denn politisch verortet wäre - links/rechts oder rechts/links?
Ich glaube, wir alle sind auch in dieser Hinsicht vierpolige Wesen, entscheidend ist aber unser innerer, steuernde Kern. Wer also "rechts" sein will, weil er das "Linke" in sich nicht ertragen kann und umgekehrt, sollte sich danach befragen.

links/rechts - katholisch - rechts/links

ist meiner Meinung nach das Erfolgsrezept und gleichzeitig die Daseinsberechtigung der "Neuen Rechten" im heutigen "demokratischen" System.

Meier Pirmin

10. März 2015 12:15

Es geht um die Heimkehr der Seele "zurück zu Gott", nicht "zurück zu gut". In diesem Sinn ist der Grabspruch des christlichen Dichters Werner Bergengruen in Baden-Baden zu verstehen: "Heim in den Anbeginn." Der Deutschbalte Bergrengruen, geboren 1892, verstarb im September 1964 in Baden-Baden. "Die heile Welt", ein berühmtes Schlagwort nach einem Gedichtband von Bergengruen, hängt mit dieser Eckhartschen Rückbewegung des Geschöpfes zum Schöpfer zusammen, in keiner Weise aber mit einer Beschreibung der tatsächlichen Welt, in der wir leben, zu verwechseln.

Das Testament der bedeutendsten christlichen Dichterin der Neuzeit, Annette von Droste-Hülshoff (1797 - 1848) , ausgestellt im idyllischen Fürstenhäusle zu Meersburg am Bodensee, beginnt mit der Formel: "Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit." Droste ist auf dem gleichen Friedhof beerdigt wie der vor fast genau 200 Jahren verstorbene magische Materialist Franz Anton Mesmer (1734 - 1815), dessen Todestag in Meersburg am vergangenen Donnerstag, den 5. März, begangen wurde. Auf dem Meersburger Friedhof ist desgleichen der Atheist Fritz Mauthner beigesetzt, dessen Grabspruch die Schopenhauer-Formel enthält: "Vom Menschsein erlöst."

alex

10. März 2015 13:10

na - da bin ich ja echt geruehrt, dass so ein vom System gezuechteter und privilegierter Elfenbeinturm-Bewohner wie Nassehi weiss, wie komisch/mutig es ist sich mit dem "braunen Rand" in einen Briefwechsel zu begeben.
Denn so und nicht anders, lautet die uns rechten zugewiesene Rolle in dem geschlossenen Weltbild, dass die Eliten dieses Landes hier propagieren.
All die Nassehis dieser Republik liefern nur die professuralen Gefaelligkeitsgutachten mit denen die Machthabenden ganz im Carl Schmitt'schen Sinne dann den Ausnahmezustand im politischen Diskurs verhaengen und uns in toto von jeglicher politischen Gestaltung ausschliessen.
Vielleicht haben ich, der Bischof Trelle und das interkulturelle Dialogzentrum aber Nassehi nur falsch verstanden...

Rumpelstilzchen

10. März 2015 17:09

Der Wunsch ist hier Vater des Gedanken: Wenn „links“ irgendetwas mit „sozial“, „gemeinschaftlich“, „emanzipatorisch“ etc. zu tun hat, dann ist das ein ebenso wichtiger und nicht totzukriegender Pol in der menschlichen Existenz wie der „rechte“. Aus dem Traum eines „linksbereinigten“ Menschseins sollten Sie schnellstmöglich erwachen. Der deutsche Idealismus hat die vielschichten, auch gegensätzlichen Dimensionen immer ernstgenommen und konstruktiv integriert. Unter dieses Denkniveau unseres Volksgeistes sollte auch kein „Rechter“ mehr zurückfallen.

@Ghibelline

"Sozial", "gemeinschaftlich" , "emanzipatorisch" bleibt natürlich weiterhin ein wichtiger und nicht totzukriegender Pol in der menschlichen Existenz.
Diese Existenzialien werden fürderhin nicht mehr rein " innerweltlich" , etwa politisch, begründbar sein. Als politische Theorie hat der Kommunismus ausgedient. Der ihm nachfolgende "Jargon der Weltoffenheit" ( irgendwie links sein, weil' s chic ist) wird durch die Realitäten ökonomischer Art und Massenmigration an seine Grenze geführt.
Es gibt keine ausgebeuteten Klassen mehr als handelndes Subjekt. Die heute Ausgebeuteten sind schlicht strukturell überflüssig ( Zygmunt Baumann).
Da kann vielleicht nur noch ein Gott uns retten. Und vielleicht nur der dreieinige.
Oder es bleibt allein der biologische Überlebenskampf. Den braucht man allerdings nicht begründen. Auch diese Theorien sind obsolet .

Dieter Sulzbach

10. März 2015 17:47

@ Pommes

Was Sie, Verehrter, unter Wissenschaft verstehen, ist hervorragend auf Steine, Pflanzen, Wetterphänomene, ... anwendbar. Würde man es auf den Menschen und seine Äußerungen in Literatur, Geschichte, ... anwenden, bliebe von der Liebe nur die "Anziehungskraft zweier Schleimhäute" (Hermann Löns ?), mal so als Beispiel.

Nein, wenn ich von der Rationalität in der Theologie sprach, dann dürfen Sie davon ausgehen, dass man dort z.B. Darwin, Archäologie, Kant, Nietzsche, Kopernikus, ... selbstverständlich genauso kennt wie Sie. Und dann sind Adam und Eva natürlich keine historischen Individuen - der König David (auch so einer aus der Bibel) aber schon!

Einer der dümmsten Fehler von Religionskritikern besteht darin, dass sie die Religiösen für dumm halten. (Dass es auch dort Dumme gibt und man nicht jedem Theologen anmerkt, dass er -z.B. - Kant gelesen und verstanden hat, gebe ich selbstredend zu.)

So, und nun muss ich mal alles aufmerksam lesen, was ich über unserer "Unterhaltung" erst einmal überschlagen habe. Da scheint es viel zu lernen zu geben. Ich bin schon ganz neugierig.

Pommes

11. März 2015 03:42

Lieber Herr Sulzbach,

Ich spreche von Tatsachen und sie von Gefühlen. Keineswegs würde ich Religiöse per se als dumm bezeichnen, denn ich mache nicht den groben Denkfehler und stecke alle Religionen in einen Topf. Der Buddhismus zb. ist eine intellektuell zutiefst spannende Religion unterscheidet sich grundlegend von Christentum. Christen allerdings halte ich durchaus für dumm (gemacht!). Ich gönne mir hin und wieder den Spaß und besuche als stiller Leser christliche Plattformen um mich an den dort herrschenden geistigen Abgründen zu ergötzen. Sie glauben ja gar nicht, zu was für pathologischen Früchten gelebtes Christentum führen kann.

Ihr Hinweis auf vermeintlich belesene Theologen bestätigt nur die Einsicht Franz Overbeck, dass die Theologie als Parasit von einer Tafel speist, die andere gedeckt haben. Theologen waren zu allen Zeiten eifrige Opportunisten. Einst machten sie aus Christus einen treuen Papisten, dann einen Monarchen, dann war er Arier, dann Kommunist und heute ist er ein vornehmlich toleranter, emanzipierter, multikultureller Liberaler.

Leiner Herr Pirmin,

Ich möchte den geistigen Wert christlicher Mystiker wie Meister Eckhart oder Augustinus überhaupt nicht bestreiten. Ich selbst besitze einige Bücher über Eckhart. Allerdings fällt bei ihm doch immer wieder auf, dass er bei seinen Exegesen immer wieder griechische Philosophen zu Rate zog. Lehren wie die Dreifaltigkeit können zwar romantisch und wohlklingend dichterisch umschrieben und uminterpretiert werden, aber gleiches könnte man auch über einem illusionären heiligen Kuhfladen machen. Liegt in einem solchen Selbstbetrug wirklich eine so große, kulturschaffende Kraft?

Meier Pirmin

11. März 2015 11:29

@Das mit dem Kuhlfladen ist nun wirklich etwas dümmlich, Ihnen fehlt es offensichtlich an Studium. Wahr ist, dass der abendländische Begriff der Person und damit eine Basis der westlichen Ethik in der spätantik-christlichen Debatte um die göttlichen Personen in der Heiligen Dreifaltigkeit entwickelt wurde. Es handelt sich um ein zentrales Element in der Dialektik. Dass Eckhart Seneca zitiert und Cicero ist selbstverständlich wie die Auseinandersetzung mit Avicenna und Averroes. Ein vergleichbarer Reflexionsgrad wurde in der Geschichte der Philosophie selten erreicht. Mit "Romantik" hat das nichts zu tun, wiewohl natürlich Fichte, Schelling, Hegel und Marx wie auch der intellektuell schnell mal unterschätzte Novalis im höchsten Grade romantisch, das heisst transzendental-idealistisch denken. Die Lehre von der Person, wie sie bei Augustin, Eckhart, Descartes entwickelt wurde, gipfelt aber nicht in der Romantik, eher schon bei Kant. Mit einzubeziehen in diese Reflexion wäre noch das Verhältnis von Theologie zur Mathematik, welches etwa auf hervorragendstem Niveau bei Pythagoras, Nikolaus von Cues, Blaise Pascal und Bernard Bolzano reflektiert wird. Sie mit Ihrem Kuhfladen bestätigen ein analphabetisches Niveau betr. die Geschichte dieser Themenstellung. Sie könnne da zwar ganz anderer Meinung sein, aber intellektuell halten Sie da mit Bestimmtheit nicht mit. Das abendländische Nachdenken über die Person hat am wenigsten mit Selbstbetrug, am meisten mit skeptischer und zugleich distanzierender Selbsterkenntnis zu tun.

Thomas Wawerka

11. März 2015 13:40

weil ja schon die Frage nach der Existenz Gottes eine falsch gestellte Frage ist, hätte man die Dreifaltigkeit verstanden.

Meier Pirmin: Darüber würde ich jetzt doch sehr gern mit Ihnen weiter diskutieren, aber das hier ist nicht der geeignete Rahmen.

Herr Kubitschek, könnten Sie Herrn Meier bitte meine eMail-Adresse zukommen lassen?
Herr Meier, würden Sie mir bitte schreiben?

Meier Pirmin

11. März 2015 16:23

Wer mir von diesem ehrenwerten Blog aus schreiben will, für den halte ich die Adresse [email protected] keineswegs geheim. Kann jedoch nicht für sofortige Antwort garantieren. @Noch was, z.B. an Pseudonym "Pommes": ich halte niemanden, der sich hier an der Diskussion beteiligt, für dumm, weder die Religiösen noch gar die Irreligiösen oder Antireligiösen. Aber irgendwelche Sprüche über die Dreifaltigkeit ohne die Erarbeitung von Augustinus, Dionysios Areopagita, Thomas von Aquin und Eckhart im Zusammenhang mit "Kuhfladen" ist so unreflektiert wie die Behauptung, der deutsche Idealismus würde die Wirklichkeit der Aussenwelt leugnen.

Pommes

11. März 2015 19:01

Lieber Herr Pirmin,

Ich bin keineswegs ein streitender Antireligiöser und ich habe auch genausowenig etwas mit dem derzeitig wuchernden Atheisten-Boom im Lande zu tun. Ich bin durchaus offen für metaphisische Wahrheiten und gebe mich genausowenig irgendwelchen Illusionen hin. Eine Nation braucht unbedingt eine repräsentative Religion, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Allerdings beklage ich die Tatsache, dass wir Europäer mit dem ungeniesbaren Christentum beschert wurden. Wir lassen unsere Kleinkinder taufen damit sie, laut christlicher Lehre, bei plötzlichen Kindstot nicht dem ewigen Höllenfeuer verfallen werden. Das ist nur eine der vielen hanebüchenen Absurditäten die uns das Christentum kulturell gebracht hat. Die ständigen Versuche das Christentum mit großen intellektuellen Denkern zu beschmücken ist in etwa genauso klug wie wenn man einen Hundehaufen mit teurem Parfüm besprüht. Das Christentum ist schlechthin orientalisch. Es ist uns in seiner Gesamtheit vollkommen wesensfremd. All die theologischen Spitzfindigkeiten mit denen man dem Christentum einen intellektuellen Anstrich verpassen möchte beweisen das ja vortrefflich. Wir können das trockene, reine Christentum nicht annehmen, denn es ist uns zuwider.

Heinrich Brück

11. März 2015 21:42

Das Christentum wurde in einer indogermanischen Sprache überliefert,
was jedem hier bekannt sein dürfte.
In jeder Religion gibt es ein Problem: der Mensch ist nicht Gott.
Und das Christentum ist wenigstens nicht langweilig. Gleichzeitig aber
eine Überforderung.
Eine gelungene Alternative wurde noch nicht formuliert, oder?
Das orientalische Christentum hat keinen Bach, Beethoven, Mozart
hervorgebracht.
Zum deutschen Christentum gehört die Ehre der Germanen, sonst ist
es wirklich nicht nur wesensfremd, sondern in seiner Wirkmächtigkeit
auch noch wertlos.
Wer in diesem Land besitzt Ehre? Unsere Politiker vielleicht? Oder
die Antifa?

Martino Taverniere

11. März 2015 22:39

Lieber Götz Kubitschek!

Zunächst einmal Danke für diesen Briefwechsel! Ich werde wahrscheinlich nicht die Zeit finden, ihn zu lesen. Aber das ist nicht wichtig. Ich möchte Ihnen nur erzählen, dass ich kürzlich ein paar über die Verschweigepresse (Verschweigen ist häufiger als Hetzen und Hetzen häufiger als Lügen) empörte konservativ ältere Herren dadurch getröstet habe, dass ich ihnen erzählte, 1977 sei ich Abonnent eine Zeitschrift gewesen, die damals nur 150 Abonnenten hatte und in der damals Joschka Fischer manchmal einen Artikel schrieb. Damals hätte niemand, am wenigsten er selbst geglaubt, dass er einst Außenminister Deutschlands sein würde. Ich wieß die älteren Herren (etwas älter noch als ich) darauf hin, dass die jetzige Publizistenkaste alle durch die Lektüre des Kursbuchs (das in den 70-ern von Klasu Wagenbach herausgegeben wurde) und anderer von Wagenbach herausgegebener Schriften geprägt wurden, weil es damals ebenfalls eine Lügen- und Verschweigungs- und Hetzpresse gab und Wagenbach oft der einzige war, der tabuisierte, weggeleugnete Teile der Wahrheit hartnäckig und mutig veröffentlichte. Ich erzählte den älteren, konservativen Herren dies, um ihnen zu veranschaulichen, wieviel EIN EINZIGER MANN erreichen kann, der sich nicht davon abbringen lässt, die von allen verdrängte Wahrheit immer wieder beim Namen zu nenen und auf sie aufmerksam zu machen. Und ich fügte hinzu, dass das Kursbuch von heute Sezession heiße und dass der Wagenbach und der Enzensberger von heute jemand sei, der von beiden gelernt habe, wie einst Scipio von Hannibal lernte, um ihn zu besiegen. Dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die junge Identitäre Generation ihre Maischbergers und Jauchs hervorbringen werde, dass diesmal sogar alles schneller gehen werde als zu Joschkas Zeiten, weil das Internet rasant beschleinige. Und dass der Wagenbach/Enzensberger von heute Kubitschek heiße. Die alten Herren hatten noch nie von Ihnen gehört, haben sich mittlerweile ein Bild von Ihnen gemacht und sieht jetzt zuversichtlich.

Ein Wort noch @Der Ghibelline Ernst Nolte sagte einmal im italienischen Fernsehen: "Links ist Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Rechts ist das genaue Gegenteil: Ordnung, Unterschied, Distanz." Beides sind Werte, und so pendeln wir hin und her.

Und noch ein Wort an Sie, Herr Kubitschek. Es gibt auch das: Rechts reden und links leben. Achten Sie mal bei Matteo Salvini drauf! Der führt gern Reden über Neapel und Palermo und generell den Süden und über die Kommunisten, und zwar Reden, die zur von Ihnen erwähnten Konsequenz rechter Prinzipien passen. Aber sobald es um Deutschland geht (und der Gast aus Schnellroda es nicht hört), wird er selber zum jammernden Südländer, der sich den kommunistischen Forderungen anschließt, und wir sind das Vierte Reich. Bitte achten Sie auf diese Dinge, wenn Sie sich an italienischen Langzeitprojektin beteiligen. Niemand wird das zugeben! Achten Sie einfach drauf. So vitalisierend es auch ist, auf der Piazza del popolo Energie aufzunehemen!! Das ist nicht zu leugen. Übrigens wiederum etwas, was Sie mit Dutschke und Wagebach gemeinsam haben: italienischen Freimut genießen. Dass diese Demonstration neulich auf der Piazza del popolo möglich war, haben Sie übrigens in nicht unbeträchtlichem Maße Berlusconi zu verdanken. Bis es möglich sein wird, in Deutschland Berlusconis Verdienste zu würdigen, ohne dafür im sozialen Abseits zu landen, wird allerdings noch sehr viel Zeit vergehen.

Dieter Sulzbach

12. März 2015 00:40

@ Thomas Wawerka

Da haben Sie wohl geahnt, was manchem Leser hier durch den Kopf ging: Ein Gespräch mit Herrn Meier wäre sehr lohnend! Da danke ich Ihnen sowie natürlich Herrn Meier selbst für die Mail-Möglichkeit! (Grüezi da heroben!)

@ Pommes

"Ich spreche von Tatsachen und sie von Gefühlen", schreiben Sie. Pardon, es ist genau umgekehrt: Ihre Äußerungen basieren auf Erfahrungen, die Sie möglicherweise machen mußten und die einen Affekt bei Ihnen bewirken. Das Muster ist jedenfalls nicht so selten, und wer wollte bestreiten, dass "Verkündigung" auch zur Abschreckung gedient hat. Da gibt es sehr unterschiedliche (!) persönliche Erfahrungen. Also auch sehr gute.

Was die von Ihnen genannten Tatsachen betrifft, muss ich auf meine erste Äußerung weiter oben zurück kommen: Zum rationalen Umgang mit den zugrunde liegenden Texten "dürfen" Sie zu Beginn des Studiums erst mal drei alte Sprachen lernen, falls Sie die nicht schon in der Schule gelernt hatten. Mit Gefühl ist da erst mal gar nichts, "Grips" ist gefragt.

Wenn ich Ihnen noch einen Vorschlag machen darf: Überlegen Sie doch mal, ob historisch wie auch in Ihrem jetzigen Umfeld alle Christen nur jämmerliche Trottel sind!

Zu unserem vermutlich doch gemeinsamen Thema: Um unser "Eigenes" zu entwickeln und zu verteidigen, brauchen wir den Blick auf unsere Geschichte, und das ist nicht hauptsächlich Thor und Walhalla.

Czernitz

12. März 2015 08:25

@ Meier Pirmin

Herr Meier, es ist gut gemeint von Ihnen, die Trinität nachträglich philosophisch zu erhöhen, einer Irrationalität Rationalität anhängen zu wollen. Hilft uns aber nicht weiter. Im Gegenteil. Eine solche Denke ist ein weiteres Stück Selbstbetrug. Religion ist per definitionem irrational. Wäre Religion rational, wäre sie keine Religion, sondern eine Philosophie oder gar eine Wissenschaft. Religion war aber von jeher die Feindin jeder Wissenschaft. Warum überhaupt bei der Trinität so tief schürfen? Ihre Entstehung war eine viel banalere. Begonnen hatte alles mit dem üblichen Priestergezänk. Die Vergottung Jesu nahm von Jahr zu Jahr zu. Die Priester merkten, wir haben nun zwei Götter. Wir haben den alten Jahwe und wir haben den jungen, unbescholtenen Jesus. Zudem haben wir eine Technik, die einerseits als Pneuma, andererseits als Paraklet im Umlauf ist. Was ist nun unser Gott? Der oströmische Kaiser Markian zwang die Bischöfe zu Konzil und Einigung. Bloß keine Kirchenspaltung nach der Reichsspaltung! Das Christentum hatte sich als Reichsreligion bewährt. Es spannte noch den letzten Bogen zwischen Byzanz und Rom. Die Bischöfe, alles Griechen, noch den Polytheismus im Kopf, kannten sich mit Göttergenealogien aus. Schließlich hatte auch Zeus Göttinnen, die viel älter waren als er, zu Töchtern machen können. Warum sollte man umgekehrt nicht Jesus, der anderthalb Jahrtausende jünger war als Jahwe, zu einem Sohn desselben machen können? Aus beiden, ex patre filioque ..., generiert sich der heilige Geist. Fertig ist die Dreifaltigkeit. Sie ist irrational, aber nicht unsympathisch.

Hartwig

12. März 2015 08:28

@ pommes und alle

Habe kürzlich anderswo den nicht unklugen Satz gelesen, dass wir, die Europäer das Christentum geprägt haben, und nicht das Christentum die Europäer.
Dank an den, den ich sinngemäß zitiere.
Soviel zum Orientalismus des Christentums.

Hartwig

12. März 2015 10:04

Wir wollen ... "rechts reden und rechts leben"

Vielleicht sogar "rechts reden und links leben". Das ist wortwahlmäßig ein Scherz, aber ich meine damit folgendes: Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn in meiner unmittelbaren Nähe eine Unterkunft für Kriegsflüchtlinge entstehen würde, wenn ich die Gewähr hätte, dass die Ausländer- und Flüchtlingspolitik Sorge dafür trägt, dass Deutschland auf Dauer nicht überfremdet wird und die Homogenität des deutschen Volkes nicht bedroht würde; der Gegensatz zum "Linksredner und Rechtslebenden", den Nassehi im dkultur-Interview beschreibt, dem das deutsche Volk am A. vorbeigeht und der nur in seinem Aktionsradius "verschont" werden möchte.
Aber vielleicht sind mir diese Leute einfach nur einen Schritt voraus. Vielleicht wird es in Zukunft tatsächlich nur noch um die Behauptung des Fleckchen Bodens gehen, auf dem ich gerade noch stehe.

Meyer

12. März 2015 11:01

1. Bürgerlichkeit im allgemeinen Sinne ist nicht rechts. Rechts ist: Politischer Existenzialismus. Bürgerlichkeit ist das Gegenteil. Rechts sein heißt, die eigene Extistenz und Selbstbestimmung nicht als gegeben anzunehmen, sondern als Ergebnis eines Proesses, der, wie das Leben selbst, Voraussetzungen besitzt, die dem Atmen und Essen ähneln: Materielle, mentale, geistige und kriegerische Voraussetzungen. Das empirisch feststellbare rechte Bürgertum negiert jede dieser Voraussetzungen konseqent. Das heutige "rechte" Bürgertum stellt die Negation von Rechts dar.

2. Die "Christentümer" sind zweifellos wesentliche Einflußfaktoren unserer bis heute überlieferten Kultur. Was ist mit dem Sozialdemokratismus? Dieser ist aus unserer heutigen Kultur nicht mehr wegzudenken! Sollte man deshalb also deren Basis, beispielsweise der Marx'schen historischen Dialektik huldigen? Wohl kaum. So wenig wie man die Dreifaltigkeitslehre zu achten oder zu respektieren hat, die eine rationalistischer Versuch der Auflösung der Bibelwidersprüchlichkeiten ist.

3. Besonders die Erbsünde hat als in die Kultur übertragende Lehre eine vernichtende psychologische Wirkung. Jeder soll so katholisch oder evangelisch sein wie er will. Aber mit "rechts" hat das nichts zu tun. Ein Rechter fragt danach, welche Eigenschaften er seinen Kindern anerzieht, welche Kenntnisse und Erkenntnisse ervermittelt, damit auch die Kindeskinder sich noch in "Sphäre des Politischen" halten, sprich: Im ewigen Kampf ums Dasein und die Abwehr von Fremdbestimmung aufrecht erhalten.
Wer mir schon als Mitteleuropäer (in unerforschbar langer Tradition und Abstammung) das Bekenntnis zu einer Wüstenreligion, auch noch in der absurden platonisch konsolidierten Form des Augustinus abverlangen will, sollte lieber die Antwort auf die Frage liefern, was Dreifaltigkeit & Co. zur Selbstbeahuptung der nächsten Generationen beitragen. Noch viel bedeutender ist die Beantwortung der Frage, worin diese Religion dem Zweck der Daseinsbehauptung entgegensteht.

4. In Anbetracht der unsicher werdenden Zeiten, bezweifle ich, daß das traditionelle, noch das aktuelle Christentum von Christen verteidigt werden kann; weder in der geistigen, noch in der handfesten Dimension. Christen täten gut daran, ihre schwächelnde Religion der Schwächung nicht gegen jene Abendländer und Mitteleuropäer in Stellung zu bringen, die sich gegen die Schwäche entschlossen haben und doch bereit wären, auch die Christen zu verteidigen. Konservative Christen besetzen eine Nische. Das war's.

5. Wer Erbsünde & Co. verachtet, verachtet nicht das Eigene, sondern etwas Fremdes, zumindest mit fremden Wurzeln. Das ist zu genüge diskutiert. Und das bedarf keiner Rechtfertigung, Fremdes als solches zu bezeichnen und zu behandeln.

Das Christentum ist wie ein englischer Oldtimer. Er fährt nicht mehr richtig, aber er ist zu schön zum Wegwerfen. Nichts als ein freundliches Mitgefühl von Nichtchtristen wird Reste des alten Christentums weitervegetieren lassen. Aber deswegen interessiert mich als Nichtaktionär die Existenz der Fa. Jaguar nicht im geringsten. Es wäre lediglich schade, würden die Oldtimer völlig verschwinden! Eine Bedeutung für das Autofahren haben sie nicht mehr.

Meier Pirmin

12. März 2015 12:07

Czernitz: Wenn Sie die Debatte über die Rationalität von Religion, über welche Sie offensichtlich nicht im Bilde zu sein scheinen, vertiefen wollen, empfehle ich Ihnen das Buch meines Lehrers Hermann Lübbe: "Religion nach der Aufklärung". Die Rationalität der Religion lag schon immer, vgl. auch Platon, Voltaire, in der Praxis der Bewältigung der Kontingenz. Zu den klügsten Menschen, die überdies schon mal über Religion nachgedacht haben, mit mehr Stringenz als seine politischen Verirrungen, gehört überdies der bei Sezession im allgemeinen geschätzte Carl Schmitt. Lesen Sie mal seine Studien über politische Theologie. Karl Barth wurde übrigens mal gefragt, welche Funktion die Vernunft in der theologischen Reflexion habe. Seine Antwort: "Ich gebrauche sie." Nach Thomas von Aquin, der sich in dieser Frage aber klar von Luther abhebt, haben wir uns im Dilemma zwischen Glauben und Vernunft im Zweifelsfall für die Vernunft zu entscheiden. Die These von Ignatius von Loyola hat keine Stringenz: "Wenn ich dieses Blatt da als weiss betrachte, die Kirche aber sagt, es sei schwarz, so ist es weiss, weil ich mich eher täuschen kann als die Kirche." Aehnlich primitiv dachte auch Brechtin in "Die Massnahme", deren Satz im Kommunismus regelmässig zitiert wurde und wird: "Du hast zwei Augen, die Partei hat tausend Augen." Also hat die Partei recht, so wie gemäss Ignatius die Kirche recht behält. Gemäss Carl Schmitt und Joseph de Maistre immerhin behält die Kirche nur aus dezisionistischen Gründen recht, als Diskussionsbeendigungsinstanz, nicht als Wahrheitsinstanz.

Was die heiligen Texte der Weltreligionen betrifft, bleibt es für mich dabei, dass etwa Paulus im Ersten Korintherbrief ein enorm hohes Reflexionsniveau entwickelt, welches etwa im Koran und auch im Alten Testament nicht annähernd erreicht wird, so etwa zur Frage, wie wir uns die Auferstehung vorzustellen hätten und welches da vergleichsweise die primitiven, zu überwindenden Vorstellungen wären. Es war immer wieder mal möglich, dass Theologen sich in der Lage zeigten, "more geometrico" (Spinoza) zu denken, welcher glasklare Kern sich freilich bei der Masse kaum durchsetzen konnte und innertheologisch jeweils sehr schnell als Ketzerei verurteilt wurde.

Meier Pirmin

12. März 2015 12:14

Ignatius-These: Es muss natürlich heissen: "Wenn die Kirche sagt, dieses Blatt sei schwarz, und ich sehe es weiss, dann ist es schwarz, denn eher können sich meine Augen täuschen als dass die Kirche sich täuschen kann." Analog meinte es gemäss "Die Massnahme" Brecht mit der These: "Du hast zwei Augen, die Partei hat tausend Augen." Auf diese Art jesuitische oder kommunistische Gläubigkeit dürfen wie nie reinfallen! So haben Thomas von Aquin und insbesondere Meister Eckhart und Blaise Pascal nie gedacht!

PS. "Die Massnahme" war 1956 das einzige Werk, welches in Ostberlin bei der Beisetzung Brechts zitiert wurde, also der Gipfel der stalinistischen Orthodoxie. Der Abdankungsredner war Kulturminister und expressionistischer Autor Johannes R. Becher, auch Texter der DDR-Hymne.

derherold

12. März 2015 15:56

Vielleicht zurück zum Thema:
"Links reden, rechts leben" tauchte als Prognose Mitte der 80iger in Westdeutschland auf. Uns blutjungen Schüler haben "unsere Alten" erzählt, daß man pseudo-marxistische, -maoistische Sprüche der damaligen "Bewegten" nicht so ernst nehmen solle.

Man hatte Erfahrungen aus den USA. Die USA haben als kulturelle Macht und demographisch (die baby boomer der USA traten nicht ab 1955, sondern bereits ab 1946 auf) einen "Vorlauf" von rd. zehn Jahren.
Kluge Leute hatten erkannt, daß die we-shall-overcome-Generation der USA ab Anfang der 70iger korrupt wurde.

Seit Mitte der 90iger wagt die staatl. (Einwanderung-)Propaganda nicht mehr "Teilen", "alternative Wohnprojekte mit Roma und Sinti", etc. anzupreisen, sondern setzt auf Formeln (Toleranz, weltoffen, Vielfalt) und auf Verfolgung von Kritikern.

Wenn TV und Presse mantrahaft erklären, "das sind Fachkräfte, die die Wirtschaft" braucht, ist das kein Zufall: Staats.-und Medienapparat müssen weitestgehend verschont bleiben. Auch die weltoffenste Staatsfunktionärin mit ausgeprägtem Hang zur Willkommenskultur weiß, daß sie auf gar keinen Fall den Eingewanderten Praktikumsplätze in der Stadtverwaltung anbieten darf.... von dezentraler Unterbringung oder gar busing ganz zu schweigen.

Pommes

12. März 2015 17:52

Lieber Herr Sulzbach,

„Ich spreche von Tatsachen und sie von Gefühlen“, schreiben Sie. Pardon, es ist genau umgekehrt: Ihre Äußerungen basieren auf Erfahrungen, die Sie möglicherweise machen mußten und die einen Affekt bei Ihnen bewirken.

Wieso spreche ich von Gefühlen wenn sie über meine vermeintlichen Erfahrungen spekulieren? Natürlich habe ich schon den ein oder anderen Christen kennen lernen dürfen und ich denke mal, dass das in einem westlichen Land wie Deutschland selbstverständlich ist. Allerdings reichte mir das Studium der "heiligen Schrift" aus um erkennen zu können, dass wir es hier vornehmlich mit einer genuin orientalischen Schrift zu tun haben. Der biblische Jesus war keineswegs der sanftmütige Weise wie er gerne in den Medien dargestellt wird, sondern ein weibisch histerischer, ewig beleidigter, schnell zu reizender, dümmlicher Orientale und Kindermörder. Das Problem ist einfach, dass zwar jeder zweite die Bibel in seinem Bücherschrank stehen hat, aber keiner sich die Mühe macht diese auch zu lesen. Jesus war eben kein weiser Buddha oder Lao-Tse und die großen christlichen Mystiker übertrafen ihn zumeist weit an Ethik und Weisheit, obgleich sie ihn als den Mittelpunkt ihres Daseins betrachteten.

In konservativen Kreisen wird immerzu erwartungsvoll auf die Großkirchen geschaut und die Enttäuschung ist dann immer doppelt so groß wenn die kirchlichen Verlautbarungsorgane wie Kardinal Marx und die christliche Basis sich für all die destruktiven Dinge einsetzen die uns alle so plagen. Aber keiner kommt auf die Idee, dass diese bösartige Selbstverleugnung und Dummheit selbst im Christentum angelegt ist und dass die Christen nur ihrer Natur gemäß handeln. Zu groß sind die Erwartungen und Wünsche an den vermeintlichen "Kulturbringer des Abendlandes". Die Wahrheit ist aber, dass das Christentum immerzu eine Last auf dem Rücken der weißen Völker Europas war und sich in allen entscheidenden Momenten der Geschichte gegen sie gewendet hatte.

Andreas Donath

12. März 2015 19:45

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben
Montag, 9. März 2015, 18:00 (URL) | Kurz-URL

„Der Soldat ist in diesem Fall Verbrauchsmaterial.“
(Bundeswehr Uffz-Spruch)

@Carsten,@Kubitschek

Links reden, rechts leben.
Dann ist die AfD ja auf einem guten Weg, wenn sie rechts lebt und ständig betont nicht rechts zu sein.

„Getrennt marschieren, vereint schlagen!“ Diese Doppelstrategie war schon bei den 1968 (Studentenbewegung / SPD+Grüne) erfolgreich.

Nun wird PEGIDA schon mit den 68iger Bewegung verglichen:

Sachsen-CDU trifft sich regelmäßig mit Pegida

Seien Sie da bitte etwas vorsichtiger. Sie zitieren hier DAS Merkel-Blatt schlechthin, die Welt ist die Springersche Hofpostille dieser unendlich schlechten, deutschlandfeindlichen Regierung, der schlechtesten, die wir je hatten.

Merkel will keine Pegida-Bewegung, Merkel hasst Pegida und Merkel sucht nach Wegen, Pegida zu zerschlagen. Glauben Sie bitte nicht, dass hier noch irgendwas seriös, preußisch, korrekt und rechtstaatlich zuginge - Propaganda wohin man blickt.

Auch das könnte die neue Marschroute sein, nachdem Dämonisierung, millionenschwere Mega-Konzerte, Spaltungsversuche und verzweifeltes Totschweigen nicht zum Ziel geführt haben, nämlich Pegida den Charme und die Ausstrahlungskraft der bürgerlichen Graswurzelbewegung zu nehmen, indem man ihr Nähe zu und Klüngeln mit etablierten Parteien unterstellt.

Dieser Herr Beil und die erwähnten 14 Personen haben ohne die geringste Autorisierung durch Pegida gehandelt. Sie sind definitiv KEINE Pegida-Delegation. Wer nicht regelmäßig auf der Pegida-Facebookseite liest, kann das so natürlich nicht wissen. Und die Merkel-Clique mit ihrem Sprachrohr WELT setzt nicht ganz unclever darauf, dass die meisten Leser sich nicht authentisch, also bei Pegida selbst, informieren.

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben

13. März 2015 07:37

@Andreas Donath

Ich bin regelmässiger Leser der PEGDIA Facebookseite.

Natürlich will Merkel PEGIDA zerschlagen. Aber gleichzeitig dämonisieren und mit denen reden, diesen Widerspruch muss die CDU ihren Anhängern erst mal erklären. PEGIDA wirkt!

Meier Pirmin

13. März 2015 10:49

@Pommes. Richtig ist, dass sich das Christentum, übrigens in der mehr orthodoxen und in der arianischen Variante, im 4. Jahrhundert nicht etwa gegen das antike Heidentum, sondern primär gegen den orientalischen Mithraskult und den (Sonnen-)Kult von Sol invictus durchsetzen musste, dass sogar Konstantin mutmasslich im Zeichen von Sol invictus und nicht im Zeichen des Kreuzes gesiegt hat an jenem denkwürdigen 28. Oktober 312 bei der Schlacht an der Milvischen Brücke. Konstantin war zu Lebzeiten nie Christ, soll den Glauben, wohl als Absicherung für das Jenseits, erst auf dem Sterbebett angenommen haben. Noch interessant ist seine Mutter Helena, die aber wohl auch zwischen den orientalischen Mysterienreligionen, zu denen das Christentum ursprünglich gehörte, irrlichterte. Ihr Schimpfwort "orientalisch" tönt aber sehr pauschal, zumal wenn man bedenkt, dass auch Zarathustra ein Orientale war und diese Mysterienreligionen insgesamt generell nicht so leicht abgetan werden können, so wenig wie der Glaube der Aegypter. Der Orient war also die Wiege eines vertieften Glaubens schlechthin, garantiert differenzierter als etwa der Glaube der Germanen, über den wir freilich wenig wissen, am meisten noch über die isländischen Mythen bis und mit der Midgard-Schlange und dem Weltuntergangsmythos von Ragnarök, der Götterdämmerung, sozusagen original nachgespielt im April/Mai 1945. Der 8. Mai ist übrigens der Tag der Erscheinung Michaels, also auch einer orientalischen Figur, dem Patron der deutschen Michels. Ihre Äusserungen über den primitiven Kindermörder Jesus spiegeln Ihr Ressentiment und nicht die Quellen, wobei Sie jedoch einen cholerischen Zug bei Jesus richtig zu sehen scheinen. Dass er kein lieber Kerl war ist das Wichtigste, womit er sich von der gegenwärtigen Verkündigung unterscheidet. In Sachen Höllendrohungen bewegt er sich aber nur in einem winzigen Bruchteil auf dem Niveau von Mohammed.

t.gygax

13. März 2015 13:27

@meier pirmin: "cholerischer Zug bei Jesus ", so kann man es auch sehen. Aber im Kontext geht es darum, dass Jesus zornig wird über den Umbau des Tempels in eine Wechslerbude ( bitte selbst aktualisieren , passt nämlich hervorragend in unsere heutige Zeit) Jesus hatte eben auch Gefühle ( wie hieß das doch früher "wahr Mensch und wahrer Gott".... ´)
und hatte vor allem eine Tugend, die heute dahinschwindet: Mut, Mut und nochmals Mut, Souveränität und eine große Würde . Lesen Sie mal jetzt in der Passionszeit das Verhör Jesu vor den Hohepriestern und vor Pilatus im Johannesevangelium., selbst erklärte Nichtchristen ( ich könnte hier einige berühmte Namen zitieren....) empfinden hier Hochachtung.

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben

13. März 2015 22:17

@t.gygax

Allein schon die Antwort Jesu:


Da spricht Pilatus zu ihm: "Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht habe, dich zu kreuzigen? "

Jesus antwortete: "Du hättest keinerlei Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre"

Ralf Kaiser

13. März 2015 22:39

@ Meier Pirmin

Der Orient war also die Wiege eines vertieften Glaubens schlechthin, garantiert differenzierter als etwa der Glaube der Germanen, über den wir freilich wenig wissen

Erlauben Sie mir zu Ihrem Verständnis von "Vertiefung" einige Anmerkungen. Zwar kann ich den Wert der philosophischen Ausführungen, die Sie etwa zum Thema "Trinität" beigetragen haben, kaum beurteilen, aber Sie machen mit solch blutleerer Abstraktion ganz sicher einen weiten Bogen um die realen spirituellen Bedürfnisse der meisten Menschen (einschließlich der Christen).

Was nun die "Untiefe" der germanischen Religion betrifft, so scheinen Sie mir einfach die aus einer christlichen Sozialisation entstandenen Maßstäbe auf einen nicht-christlichen Glauben anzuwenden, d.h. Sie werfen ihm letztlich nur vor, kein Christentum zu sein. Für die auf SiN öfter thematisierte Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremdem sollte man aber einen unverbauten Zugang zum Eigenen haben.

Über die hinter der germanischen Religion stehenden Vorstellungen wissen vielleicht nicht alle von uns gleich wenig. Gerade die odinische Tradition birgt durchaus geistige Tiefe. Man erkennt sie am besten, wenn man die verwandten Phänomene in den anderen indogermanischen Kulturen heranzieht. Ich empfehle Ihnen daher zu Odin die Dissertation Kris Kershaws (dank Baal Müller auch in deutscher Sprache verfügbar) sowie das Buch "Die Musik nach dem Chaos - Der Schöpfungsmythos der europäischen Vorzeit" des Münsteraner Indogermanisten Prof. Michael Janda. Über das letztgenannte Werk, das übrigens Papst Benedikt XVI. gewidmet ist, werden Sie besonders staunen.

Ralf Kaiser

13. März 2015 23:13

@ t.gygax

Die berühmte "Verfluchung des Feigenbaums" wirkt schon ein wenig cholerisch: Jesus will eine Frucht essen, die aus saisonalen Gründen im regionalen Anbau gerade nicht erhältlich ist, und verflucht die heimische Pflanze, die den Gelüsten des Konsumenten nicht gerecht wurde, so daß sie eingeht (bitte selbst aktualisieren, paßt nämlich hervorragend in unsere heutige Zeit).

Pommes

14. März 2015 06:20

Lieber Herr Primin,

Ihr Schimpfwort „orientalisch“ tönt aber sehr pauschal, zumal wenn man bedenkt, dass auch Zarathustra ein Orientale war und diese Mysterienreligionen insgesamt generell nicht so leicht abgetan werden können,

Zarathustra war durchaus ein Orientale, aber als Perser ein Indogermane. Desweiteren glaube ich auch nicht, dass der Zoroastrismus zu uns passen würde. Zarathustra selbst gab seine Lehre ausschließlich an sein persischen Landsleute weiter und diese Lehre war dementsprechend von ihrer ganzen Beschaffenheit her an die Mentalität dieses Volkes angepasst. Tatsächlich finde ich, dass der Zoroastrismus vorbildlich für einen gelungene Volksreligion ist. Schade nur, dass der Islam diese schöne Religion quasi ausgerottet hat.

Der Orient war also die Wiege eines vertieften Glaubens schlechthin, garantiert differenzierter als etwa der Glaube der Germanen, über den wir freilich wenig wissen, am meisten noch über die isländischen Mythen bis und mit der Midgard-Schlange und dem Weltuntergangsmythos von Ragnarök,

Ich wäre der Letzte der für eine künstliche Wiederbelebung nordischer Kulte wäre. Ich finde derartige Versuche äußerst albern. Was die da veranstalten, ist nettes Life-Action-Roleplay oder esoterisches Reenactment für satte Wohlstandsbürger. Mit dem alten Götterkult hat das soviel zu tun wie eine Partie Mensch-ärgere-dich-nicht mit den Zirkusspielen im alten Rom.

Ihre Äusserungen über den primitiven Kindermörder Jesus spiegeln Ihr Ressentiment und nicht die Quellen,

Achja? O-Ton Jesus Christus:

Ihre Kinder werde ich töten, der Tod wird sie treffen und alle Gemeinden werden erkennen, dass ich es bin, der Herz und Nieren prüft, und ich werde jedem von euch vergelten, wie es seine Taten verdienen. (Offenbarung 2,23)

Das zeigt mal wieder wunderbar, dass all diejenigen die mit dem Christentum liebäugeln die christlichen Quellen nie studiert haben.

Wenn wir in der Geschichte nicht mit der unseligen Hl. Kirche und ihren den Verstand beleidigenden Lehren beschert worden wären, dann hätte sich höchstwahrscheinlich der Graeco-Buddhismus im Westen durchgesetzt. Man stelle sich nur mal vor, wir hätten heute eine Staats-Religion haben können welche die Weisheit als edelste Form der Spiritualität betrachtet. Die kulturellen Früchte und die großen Persönlichkeiten die eine solche Religion hervorgebracht hätte können wir nichteinmal ansatzweise erahnen. Stattdessen sind wir dazu verdammt das Kreuz des Christentums zu tragen und müssen es ertragen, dass die Christen zu allen Zeiten als Hilfspaten den Vergewaltigern an unserem Volke dienen.

Meier Pirmin

15. März 2015 10:37

Die Aussage aus der sog. Geheimen Offenbarung, einem grandiosen paranoiden Text, der nur zum Teil erschlossen ist, ist mit Sicherheit kein authentisches Wort des historischen Jesus, schon bei den Evangelien gilt es da aufzupassen. Die zentrale echte Aussage ist und bleibt das Vaterunser, war auch jahrhundertelang das Einzige, was das Volk zitieren konnte. Heute ist charakteristisch, dass selbst Gymnasiasten das Vaterunser nicht mehr "auswendig können". Für das von Ihnen zitierte Wort kann Jesus nun wirklich keine Verantwortung übernehmen!

Dieter Sulzbach

15. März 2015 23:19

@ Pommes et. al.

"O-Ton Jesus Christus", und es folgt ein Zitat aus der Offenbarung des Johannes. - Kein auch nur halbwegs fachlich Interessierter akzeptiert eine solche Aussage.

Weiter oben hatte ich angedeutet, welche wissenschaftlichen Anstrengungen unternommen werden, um einen Zugang zu historischen Texten zu erarbeiten. "Studieren" der Texte (in welcher Übersetzung?) reicht ganz sicher nicht.

Wenn ich zu dieser und weiteren Äußerungen über die christliche Tradition keine Stellung mehr nehme, dann deshalb, weil ich die Diskussion auf diesem Level nicht fortsetzen möchte.

Dass auf solch mangelhafter Grundlage dann noch psychologisierende Schlüsse auf den Charakter historischer Figuren gezogen werden, ist vollständig unakzeptabel.

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btw: Was war hier das Thema? "links reden und rechts leben"?

Gerade habe ich Manfred Kleine-Hartlages Texte zum Thema "Warum ich kein Linker mehr bin" gelesen. Da wird schön verdeutlicht, worin linkes Denken besteht und wie es funktioniert. Auf der Basis sollte es (besser) gelingen, dann immer mehr Klarheit über "den rechten Weg" zu finden.
Ratlos bin ich anhand des Textes allerdings im Hinblick auf zerfallende Vielvölkerstaaten beim Beispiele der Schweiz. Wenn meine demnächst mir wieder begegnenden schweizer Verwandten da nicht weiterhelfen können, kann es sicher "Meier Pirmin"? - Wenn Vielvölkerstaaten zerfallen, sobald die gewaltsame Klammer zerbricht, wie sind dann die verschiedensprachigen Teile der Schweiz zu verstehen - mehrere Sprachen, aber eine Ethnie? (Was haben wir in Spanien, im Vereinigten Königreich, in Kanada zu gewärtigen? - Sezession vielleicht?)

Meier Pirmin

16. März 2015 13:08

@Sulzbach. Es gibt keine Schweizer Ethnie, aber Sie werden verstehen, warum die Rätoromanen konsterniert sind, wenn gesundheitspolitische amtliche Mitteilungen auf serbokroatisch und albanisch, aber nicht rätoromanisch getätigt werden, was natürlich unterdessen der demografischen Realität entspricht. Andererseits gibt es über 10 000 mythische und volkserzählerische Texte in den drei rätoromanischen Idiomen, zu schweigen von den wunderbaren Volksliedern, die man kaum je im zwangsfinanzierten Rundfunkt hört, dafür englisches Geschrei, das man dann doch nicht versteht. Die Schweiz ist kein Vielvölkerstaat, sondern ein Gemeindestaat. So wurde etwa 1424 unter dem Ahorn von Trun der graue Bund beschworen, ein System ohne Staat, ohne Monarch, es sei denn der Abt von Disentis, auf der Basis der Selbstbestimmung der Gemeinden. Es ist aus heutiger europäischer Sicht fast nicht nachvollziehbar, dass es etwa im Oberwallis bis 1798 keine Einkommenssteuer gab, dafür 50 Feiertage zu den Sonntagen, so dass man die Eroberung durch Napoleon nicht als Befreiung interpretieren konnte. Und die Demokratie von Innerroden war bis vor 25 Jahren die Versammlung der waffenfähigen Männer, von denen jeder mehr reale poliitsche Kompetenzen hatte als heute ein deutscher Bundestagsabgeordneter. Für den Rest der Welt war es aber bloss angebliche Frauendiskriminierung, wiewohl die Mehrheit der dortigen Frauen bis in die sechziger Jahre hinein diese global weitestgehenden politischen Rechte gar nicht beanspruchen wollte, habe darüber volkskundliche Feldforschungen gemacht. Noch interessant am alten schweizerischen System ist, dass die Erbschaftssteuer eine spezifische Haupteigenschaft der Leibeigenschaft war, die an gewissen Orten bis ins frühe 18. Jahrhundert existierte, allerdings bloss mit speziellem Steuersatz. Aber immer noch viel niedriger war als der eines Deutschen von heute, der auf Mittelstandsbasis sich für Europa ausnehmen lässt wie eine Weihnachtsgans.

@Pommes und Kritiker des Christentums als "orientalischer Religion". Dieser Tage ist der beste deutsche Religionswissenschaftler, Walter Burkert, seit 1969 in Zürich Uniprof., verstorben. Keiner hätte Ihnen das Wesen der Opferreligionen, sowohl orientalisch, semitisch wie indogermanisch-griechisch-römisch besser erklären können als der Verfasser von "homo necans", der die Religionen konsequent von ihren Ritualen her deutet, wobei das Ritual aller Rituale das Töten ist. Damit erklären sich die griechischen Mythen genau so wie das Christentum, auch Abraham mit seinem Isaak und selbstverständlich die vielleicht tötungsfreundlichste aller Weltreligionen, der Islam. Burkert hat nachgewiesen, dass fast alle wichtigen Elemente der griechischen Geistigkeit und Religion aus dem Orient kommen. Seine Forschungsleistungen wurden von keinem der heute lebenden Theologen erreicht. Generell fällt auf, dass man etwa mit heutigen Pfarrgeistlichen oder Religionsinteressierten nur noch ganz selten über den Gegenstand auf der Basis vertiefter Kenntnisse von Griechisch, Latein und Hebräisch disktutieren kann, zu schweigen von unbefangener Betrachtung der im Prinzip grausamen Phänomene. Immerhin gab es noch, auch darüber hat Burkert geforscht, den noch eindrucksvoll humanen Pythagoras, auf dessen Gedankengut zum Beispiel der Hippokratische Eid zurückgeht, auf einem Niveau an Humanität, das sich heute kein Krankenhaus mehr leisten kann.

Ralf Kaiser

17. März 2015 01:41

@Meier Pirmin

Burkert hat nachgewiesen, dass fast alle wichtigen Elemente der griechischen Geistigkeit und Religion aus dem Orient kommen.

Das Beharren auf veralteten Thesen stellt Ihrer Wissenschaftlichkeit kein gutes Zeugnis aus. Ich verweise nochmals auf Michael Janda, der ein Kenner und Bewunderer des Burkert'schen Oeuvres ist und gleichwohl dessen "ex oriente lux"-Gläubigkeit mit seinen eigenen Büchern einen gehörigen Dämpfer versetzt hat.
Dass Burkert seiner z.T. dürftigen Beweisführung durch Antisemitismus-Vorwürfe gegen Andersdenkende mehr Gewicht zu verleihen versuchte, können Sie dem Buch "Der Große Wendig. Richtigstellungen zur Zeitgeschichte", Bd.5, S.894f entnehmen. Dort werden Sie zudem erfahren, dass auch jüdische Forscher der orientalischen Herleitung der griechischen Kultur widersprechen, und einige Beispiele von Burkerts manipulativer Argumentation kennenlernen.

Ralf Kaiser

17. März 2015 02:37

@ Meier Pirmin

mit Sicherheit kein authentisches Wort des historischen Jesus

Diese Wendigkeit im Hakenschlagen ist bewundernswert. Ging es Ihnen am Anfang noch um den Christus der religiösen Überlieferung, ein Glied der Dreifaltigkeit, weichen Sie, sobald Sie mit einer peinlichen Aussage ebendieser mythischen Gestalt konfrontiert werden, auf ein Phantom namens "historischer Jesus" aus, dessen Charakter unter den Wissenschaftlern so umstritten ist, daß manche ihn gar für einen jüdischen Nationalisten und gewaltbereiten Zeloten halten (Reza Aslan, Robert Eisenman), ganz abgesehen davon, daß die Existenz eines "historischen Jesus" bis heute nicht bewiesen ist (Hermann Detering, Theologe).
Zunächst räumten Sie noch ein, daß Jesus wohl einen cholerischen Zug hatte, dann auf einmal soll von der ganzen Überlieferung über ihn womöglich nur noch das recht uncholerische Vaterunser authentisch sein. Eine wahrhaft geschmeidige Gedankenführung!

Pommes

17. März 2015 05:03

Lieber Herr Pirmin,

Die Aussage aus der sog. Geheimen Offenbarung, einem grandiosen paranoiden Text, der nur zum Teil erschlossen ist, ist mit Sicherheit kein authentisches Wort des historischen Jesus, schon bei den Evangelien gilt es da aufzupassen.

Für einen praktizierenden Christen ist die gesamte Bibel göttliches Diktat und somit unfehlbar.

Die zentrale echte Aussage ist und bleibt das Vaterunser, war auch jahrhundertelang das Einzige, was das Volk zitieren konnte. Heute ist charakteristisch, dass selbst Gymnasiasten das Vaterunser nicht mehr „auswendig können“.

Das spannende an diesem Gebet ist ja, dass die Christen ihren Gott bitte "sie nicht zum Bösen zu verführen". Was ist das für ein seltsamer Gott den man bitten muss, dass er einen nicht zum Bösen verführt? Unsere Religionslehrerin staunte damals auch nicht schlecht als sie erkannte, dass keiner in der Klasse das Vaterunser aufsprechen konnte, aber möchte man als Vater oder Mutter überhaupt, dass die Kinder ein solch sonderbares Gebet auswendig können? Bzw. was bringt ihnen das?

Lieber Herr Sulzbach,

„O-Ton Jesus Christus“, und es folgt ein Zitat aus der Offenbarung des Johannes. – Kein auch nur halbwegs fachlich Interessierter akzeptiert eine solche Aussage.

Würden sie mir bitte erläutern was ein "fachlich Interessierter" in einem christlichen Kontext bedeutet? Ist für sie ein guter Christ nur ein guter Christ wenn er die christlichen Quellen ablehnt? Sie erliegen einem naiven Irrtum wenn sie glauben, dass die Mindermeinung einiger liberaler Theologen die christliche Mehrheit irgendwie tangiert. Und wenn ein Jesus Christus in einem biblischen Vers jemanden androht dessen Kinder zu töten, dann ist das für einen Christen ebenso göttliches Wort wie der Rest der Bibel auch. Sie lesen die Bibel wie ein rationaler Atheist, aber das würde kein richtiger Christ tun.

Czernitz

17. März 2015 07:14

@ Meier Pirmin

vielen Dank, Herr Meier, für den Hinweis auf Walter Burkert. Die Nachricht von seinem Tod wäre mir sonst entgangen. Ich war immer sehr neugierig auf seine Bücher, habe sie aber selten zu Ende gelesen. Seine Hypothese, wonach Kulte und Religionen größtenteils aus dem Orient nach Griechenland gekommen seien, habe ich stets für zu einseitig gehalten. Burkert hat sich meines Wissens zu wenig mit der Tatsache auseinandergesetzt, daß die Griechen ein Mischvolk sind aus invadierten indogermanischen Stämmen und den dort seit neolithischen Zeiten ansässigen Völkern, die man unter dem Sammelbegriff der Pelasger zusammenfassen könnte. Der griechische Wortschatz ist zwar größtenteils indogermanisch, zeigt aber hohe Anteile prä-indogermanischen Substrats. Genauso verhält es sich mit den Kulten und Religionen. Im übrigen - was ist unter "orientalisch" zu verstehen? Kleinasien kann damit nicht gemeint sein. Es war ebenfalls pelasgisch und indogermanisch besiedelt. Und von semitischen Einflüssen, von späten phönizischen abgesehen, ist in Griechenland wirklich nichts zu sehen. Der Titel Homo necans ist wieder typisch. Alle paar Jahre will man in der Vorgeschichte, sogar in Höhlen auf der Fränkischen Alb, Menschenopfer beobachtet haben. Das ist doch eine Mode.

Meier Pirmin

18. März 2015 02:19

Solche Theologen kann man nur zitieren, wenn man selber keine eigenen Forschungen gemacht hat und einem die sprachlichen Grundlagen fehlen. Bibelkritik hat nichts mit Hakenschlagen zu tun, sogar Ratzinger legt Wert auf sie, hat sie sogar als Papst anerkannt, wiewohl es vielleicht gefährlich war, diese Büchse der Pandora zu öffnen. Zu schweigen zwar davon, dass der reine Bibeltext etwa von der katholischen Kirche nie ganz ernst genommen wurde. Am wenigsten die sog. Geheime Offenbarung des sog. Johannes. Auch Luther versuchte Strohepisteln auszusondern. Zum Verständnis des Vaterunsers haben sich Tolstoi, Leopold Ziegler, Reinhold Schneider und andere noch intelligent geäussert, es lohnt sich, auch die althochdeutschen Fassungen zu konzentrieren und selbstverständlich die griechische und lateinische. Man "muss" es natürlich nicht kennen, so wenig wie die Odyssee oder Grimms Märchen. Es kann jeder so dumm bleiben wie er will. Letztlich kann man natürlich aus jedem Text nur so viel rauslesen, wie als Geist in einem drin ist.

@Czernitz. Es geht nicht und vor allem nicht primär um Menschenopfer, sage ich als Kenner der abendländischen Metzgerrituale. Der Metzger steht dem Priester vergleichsweise nahe, sage ich durchaus mit Respekt als Sohn, Enkel, Urenkel, Bruder und Onkel von Metzgern, von denen übrigens kein einziger je hätte eine Abtreibung vornehmen wollen. Gemäss Burkert geht es in einem weiterentwickelten Religionsdenken weder um Menschen noch, wie bei Mithras, um Tier - bzw. Stieropfer, sondern viel eher um die Fragen, unter welchen Bedingungen wir existentiell das Opfer ernst nehmen und praktizieren. Alle Menschen sind zu Opfern bereit, man muss es nur mal näher reflektieren. So kommen wir unseren ungemütlichen Wurzeln etwas näher. Man bewegt sich im religiösen Kontext meistenteils in der Dialektik von Selbstopfer und Fremdopfer.

Meier Pirmin

18. März 2015 02:29

PS. Wenn sich jemand um einen eigenständigen wohlinformierten Forscher betr. die Zeit Jesu interessiert, empfehle ich ihm die Werke meines langjährigen früh verschiedenen Weggefährten, verstorben 2004, Carsten Peter Thiede, welcher die biblischen Texte in der Regel, wie der allerdings skeptischere Burkert, wie andere antike Texte der lateinischen und griechischen Kultur las und sie damit optimal ernst nahm, leider nicht immer ohne fundamentalistische Schlussfolgerungen. Auf der Basis von Thiede und noch eigenen Forschungen vor Ort schrieb ich u.a. mal in der Schweizer Weltwoche einen Essay über Pilatus, dessen Grabstein im Jerusalem-Museum noch zu besichtigen ist und der sich keineswegs einbildete, Jesus nur im Traum verurteilt zu haben.

Im Ernst: Ein fetischistisches Bibelverständnis, so wie die Muslime den Koran betrachten, bringt echt nichts. Es kommt, wie Meister Eckhart und Kierkegaard betonen, darauf an, was von dieser Schrift in uns selber auf fruchtbaren Boden fällt. Dies ist nicht mit beliebigem Eklektizismus zu verwechseln, nötig ist, wie bei Luther, die Erarbeitung eines tauglichen hermeneutischen Schlüssels. Ohne diesen bleibt Religion wie meist Volksverdummung.

Ralf Kaiser

18. März 2015 11:56

@ Meier Pirmin

Solche Theologen kann man nur zitieren, wenn man selber keine eigenen Forschungen gemacht hat und einem die sprachlichen Grundlagen fehlen.

Jetzt fällt die Maske vom Gesicht. Jeder, der eine andere Meinung als der große Pirmin Meier vertritt, ist doch nur ein Dorftrottel. In meinem Studium der Indogermanistik bewegte sich die Zahl der alten Sprachen, mit denen ich mich zu befassen hatte, im zweistelligen Bereich. Können Sie da mithalten, Meier?
Wie meine Erwähnung der von Ihnen so hochnäsig abgefertigten Theologen und Religionswissenschaftler zeigt, habe ich rein gar nichts gegen Bibelkritik. Wenn man sie betreibt, muß man aber konsequent arbeiten und kann keine Rücksichten auf Dogmen nehmen, die von der Kritik gefälligst auszunehmen seien.
Was den "historischen Jesus" angeht, maße ich mir gerade nicht an, irgendwelche Aussagen über ihn machen zu können, auch nicht, ob es ihn gab oder nicht. Die Existenz des "historischen Jesus" haben Sie mit Ihrem Stein ja gerade nicht bewiesen, lediglich die Existenz des historischen Pilatus.

Meier Pirmin

21. März 2015 16:13

@Man braucht nicht 20 indogermanische Sprachen um die Existenz des historischen Jesus für begründet anzusehen und etwa das intellektuelle Niveau von Paulus einzuschätzen. Wahr ist indes, das sage ich als Schüler von Walter Burkert, dass man beim Publizieren selbst bei Beherrschung einiger alter Sprachen sich immer noch mit weiteren und besseren Spezialisten absprechen muss und sich etwas justieren und kritisieren lassen muss, wenn man sich nicht verrennen will. Es ist erfreulich, Herr Kaiser, wenn Sie wirklich 20 indogermanische Sprachen beherrschen und damit zu den bedeutendsten Gelehrten der Gegenwart gehören. Ich konsultiere regelmässig die Brüder Grimm und Renward Brandstetter, die auf diesem Gebiet wirklich stark waren, im Zweifelsfall aber einen lebenden "Hausindogermanisten" aus Zürich, weil ich mir durchaus bewusst bin, dass man als einzelner Vermittler nie gut genug ist, alte Texte kritisch genug einzuschätzen. Generell bin ich indes heute so weit, dass ich als kritischer Christ in Glaubensfragen nichts mehr übernehme, was ich nicht selber überprüft habe. U.a. bin ich durch Forschungen betr. Judas, übrigens der einzige im engeren Sinn einheimische Jesus-"Apostel" in Jerusalem, zur Ueberzeugung gekommen, dass der Judas-Verrat weder für das Heil "notwendig" war noch dass es für Jesus irgendeine Veranlassung gab, sich für die sogenannte Erlösung der Menschheit vorsätzlich kreuzigen zu lassen. Diese Hinrichtung, von deren Berechtigung Pilatus wohl nicht richtig überzeugt war, war schlicht einer der grössten Schweinereien, ein elementares Unrecht in der Geschichte der Menschheit und noch bei weitem schlimmr als die Hinrichtung von Sokrates, für dessen Flucht die Bestechungsgelder schon bereit waren, an der aber der alte Mann nicht mehr interessiert war. Ein Satz, der mir noch Eindruck macht, mutmasslich von Kierkegaard: Sokrates die Frage - Jesus Christus die Antwort. Mit der Einschränkung, dass es keine Antworten gibt ohne Selberdenken, ohne diese Antworten selber nachvollzogen und reflektiert zu haben. Das war eigentlich schon Meister Eckhart klar.

PS. Zum Verständnis des realen Christentums lohnt es sich wirklich, neben dem Urtext und der Rekonstruktion ins Aramäische etwa drei Dutzend germanische, althochdeutsche und auch noch weitere Versionen des Vaterunsers zu konsultieren, fürwahr ein bedeutender Text, und es ist auch wichtig, wie er verstanden wurde und allenfalls missverstanden.

Ralf Kaiser

21. März 2015 22:17

@ Meier Pirmin

Es ist, erfreulich, Herr Kaiser, wenn Sie wirklich 20 indogermanische Sprachen beherrschen...

Die Zweistelligkeit beginnt ja schon bei 10, und "beherrschen" ist ein großes Wort, das ich mit Absicht vermieden habe.

Vielleicht ist dieser etwas versöhnlichere Moment auch der richtige Zeitpunkt, die Debatte abzuschließen. Ich glaube, die Standpunkte sind hinreichend deutlich geworden. Aber lesen Sie ruhig mal Michael Janda. Es lohnt sich, und er ist alles andere als ein Christenfresser.

Götz Kubitschek

22. März 2015 09:08

badeschluß!
dank an alle.
kubitschek

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