1813 – das umgedeutete Schicksalsjahr

Wer sich darüber wundert, daß das offizielle Deutschland den Ereignissen, die vor 200 Jahren als Befreiungskriege...

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Staatspolitik.

ein neu­es Kapi­tel der deut­schen Geschich­te ein­läu­te­ten, kei­ne Auf­merk­sam­keit schenkt (weder als Gedenk­stun­de, ‑mün­ze, ‑brief­mar­ke oder sonst­was), der soll­te sich die weni­gen Ver­lau­ba­run­gen der Pres­se aus die­sem Anlaß anschauen.

Chris­ti­an Tho­mas, Res­sort­lei­ter Feuil­le­ton bei der Frank­fur­ter Rund­schau (die es unge­rech­ter­wei­se immer noch gibt), hat unter der Über­schrift “Töd­li­ches Sen­dungs­be­wußt­sein” (erschien auch in der Ber­li­ner Zei­tung) nicht nur sei­ne Sicht der Din­ge zusam­men­ge­faßt, son­dern damit ver­mut­lich die gän­gigs­te Auf­fas­sung wie­der­ge­ge­ben. Der Tenor lau­tet: Der deut­sche Son­der­weg hat im qua­si-reak­tio­nä­ren Krieg gegen Napo­le­on sei­ne letz­te Ursa­che. Mit ande­ren Wor­ten: Der Welt wäre viel erspart geblie­ben, wenn wir uns seit­her als fran­zö­si­sches Pro­tek­to­rat ver­stan­den hät­ten. Statt­des­sen ging das “deut­sche Sen­dungs­be­wußt­sein aufs Gan­ze, mit Dolch und Schwert, Büch­se und Schild”.

Die Erhe­bung gegen Napo­le­on wur­de auf­ge­heizt von einem Welt­be­glü­ckungs­pa­thos. Maß­lo­sig­keit über­schlug sich, Maß­lo­sig­keit erging sich in chau­vi­nis­ti­schen Fan­tas­te­rei­en. […] Die Maß­lo­sig­keit des Mon­ar­chen, sei­ne auch rück­sichts­lo­se Bru­ta­li­tät hat das deut­sche Natio­nal­be­wußt­sein mobi­li­siert, mit ihm so typi­sche Sekun­där­tu­gen­den wie den unbe­ding­ten Gehor­sam gegen­über dem Chau­vi­nis­mus und sei­nem töd­li­chen Programm.

So war das also und fort­an beläs­tig­te Deutsch­land die Welt “mit furcht­erre­gen­der Nachhaltigkeit”.

Etwas fak­ten­las­ti­ger und aus­ge­wo­ge­ner geht es in der Zeit­schrift GEO (03/2013) zu, in der Fred Lan­ger über die Ereig­nis­se berich­tet (illus­triert mit Bil­dern von His­to­rien­ver­ei­nen, die das dama­li­ge Gesche­hen nach­spie­len). Aber hier muß es sich Fried­rich Lud­wig Jahn gefal­len las­sen, als “deut­scher Tali­ban” bezeich­net zu wer­den und die Deut­schen wer­den der Undank­bar­keit gegen­über Napo­le­on gezie­hen. Und über­haupt hät­te man sich das gan­ze damals spa­ren sol­len: “Wenn man zurück­schaut auf die Kos­ten, wäre die ande­re Tri­ko­lo­re, die blau-weiß-rote, viel­leicht gar kei­ne so schlech­te Wahl gewesen.”

Anhand die­ser Bei­spie­le wird recht gut deut­lich, daß es offen­bar gelun­gen ist, eines der erhe­bends­ten Ereig­nis­se der deut­schen Geschich­te zu einer natio­na­len Ursün­de umzu­deu­ten. Daß es auch anders geht, wer­den wir auf dem 22. Ber­li­ner Kol­leg zei­gen, das sich unter der Über­schrift “1813–1913-2013: Mut zur Geschich­te” die­ser deut­schen Selbst­ver­leug­nung ent­ge­gen­stellt. Nähe­re Infor­ma­tio­nen gibt es hier, hier Anmel­de­bo­gen und Tagungs­fol­ge. Noch gibt es freie Plätze!

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Staatspolitik.

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