Wir selbst – anthropologisch

von Andreas Vonderach
pdf der Druckfassung aus Sezession 52/Februar 2013

Wenn Geis­tes­wis­sen­schaft­ler und Lai­en über natio­na­le Iden­ti­tät spre­chen, mei­nen sie in der Regel die sub­jek­ti­ve Iden­ti­tät, das Selbst­ver­ständ­nis eines Vol­kes. Dem kann man die objek­ti­ve Iden­ti­tät gegen­über­stel­len – die Fra­ge, wel­che Eigen­schaf­ten ein Volk von ande­ren Völ­kern unterscheiden.

Sub­jek­ti­ve und objek­ti­ve Iden­ti­tät ste­hen in einem ambi­va­len­ten Ver­hält­nis zuein­an­der. Zum Pro­blem wur­de das erst mit der Auf­klä­rung, als man begann, sich mit der Wirk­lich­keit auf ratio­na­le Wei­se aus­ein­an­der­zu­set­zen. Auf das unge­klär­te Ver­hält­nis zwi­schen sub­jek­ti­ver und objek­ti­ver Iden­ti­tät kann man grund­sätz­lich zwei sehr unter­schied­li­che Ant­wor­ten geben.

Die eine besteht dar­in, die Fra­ge nach der natio­na­len Iden­ti­tät mit wis­sen­schaft­li­chen Metho­den zu beant­wor­ten. Das ist der Weg, den die deut­sche Wis­sen­schaft bis etwa 1970 ging. Die ande­re Ant­wort besteht dar­in, jede natio­na­le und eth­ni­sche Iden­ti­tät für fik­tiv und damit für hin­fäl­lig zu erklären.

Das ist die Ant­wort der neo­mar­xis­ti­schen Kul­tur­wis­sen­schaft des radi­ka­len Kon­struk­ti­vis­mus. »Das Eth­ni­sche gibt es nicht«, behaup­te­te der deut­sche Volks­kund­ler Her­mann Baus­in­ger vor 30 Jah­ren. Die­se Posi­ti­on hat in den deut­schen Sozi­al­wis­sen­schaf­ten inzwi­schen den Rang eines Dog­mas erlangt, das man nur um den Preis des eige­nen Kar­rie­re­en­des in Fra­ge stel­len kann.

Wer jedoch die Welt mit offe­nen Augen sieht, für den kann es kei­nen Zwei­fel dar­an geben, daß Völ­ker eine Rea­li­tät sind und daß es zwi­schen den Völ­kern, Ras­sen und Kul­tu­ren Unter­schie­de gibt, die alles ande­re als tri­vi­al sind. Doch was läßt sich nun über die objek­ti­ve Iden­ti­tät der Deut­schen sagen?

Zunächst ein­mal sind die Deut­schen Euro­pä­er. Das heißt, sie gehö­ren zu jenem nörd­li­chen Flü­gel der Euro­p­i­den, den man umgangs­sprach­lich die Wei­ßen nennt. Kul­tu­rell gehö­ren die Deut­schen zur abend­län­di­schen oder west­li­chen Kultur.

Das ist jene Kul­tur, die im frü­hen Mit­tel­al­ter aus der Syn­the­se der römi­schen Anti­ke und des Chris­ten­tums mit den kel­ti­schen und ger­ma­ni­schen Völ­kern ent­stan­den ist. Die­se war bis zur Neu­zeit nur eine agra­ri­sche Hoch­kul­tur unter vie­len, die es im eura­si­schen Bereich gab.

Jedoch gelang ihr als ein­zi­ger im 17. und 18. Jahr­hun­dert der Durch­bruch zur wis­sen­schaft­li­chen und säku­la­ren Moder­ne. Auf eine Wei­se, die bis heu­te nicht ganz durch­schaut ist, form­ten sich die ratio­na­len Ansät­ze, die es auch in ande­ren Kul­tu­ren gab, in ihr zu einem bis heu­te anhal­ten­den, sich selbst ver­stär­ken­den Pro­zeß, den man den Fort­schritt nennt.

Die Deut­schen sind ein Volk. Unter einem Volk ver­steht man eine grö­ße­re Grup­pe von Men­schen, die durch eine gemein­sa­me Geschich­te und Abstam­mung, ein Bewußt­sein ihrer Zusam­men­ge­hö­rig­keit, eine gemein­sa­me Kul­tur und in der Regel auch durch eine gemein­sa­me Spra­che und ein gemein­sa­mes Ter­ri­to­ri­um mit­ein­an­der ver­bun­den sind.

Das ent­schei­den­de Merk­mal ist die Ver­wandt­schaft. Sie kommt im Phä­no­men des Ahnen­schwun­des zum Aus­druck. Jeder von uns hat zwei Eltern, vier Groß­el­tern, acht Urgroß­el­tern – und so fort. In der zehn­ten Ahnen­ge­ne­ra­ti­on, etwa um 1700, sind es bereits 1024 Vor­fah­ren, in der 20. um 1400 schon mehr als eine Mil­lio­nen, und zur Zeit Karl des Gro­ßen beträgt die Zahl der theo­re­ti­schen Ahnen sogar schon mehr als eine Bil­li­on (1000 Milliarden).

Da aber in die­ser Zeit in Deutsch­land kaum mehr als zwei Mil­lio­nen Men­schen leb­ten, ist klar, daß wir alle sehr vie­le gemein­sa­me Vor­fah­ren haben. Die meis­ten unse­rer Ahnen sind dies gleich mehr­fach, über ver­schie­de­ne genea­lo­gi­sche Lini­en zugleich.

So kommt im Jahr 1500 jeder Vor­fahr durch­schnitt­lich etwa vier­mal unter den Ahnen einer heu­te leben­den Per­son vor, im Jahr 1300 bereits etwa 50mal und im Jahr 1000 schon meh­re­re tau­send­mal. Dar­aus ergibt sich, daß zum Bei­spiel alle Deut­schen fast sämt­li­che vor dem Jahr 1200 leben­den Ahnen gemein­sam haben.

Die Auf­fas­sung von Völ­kern als Abstam­mungs­ge­mein­schaf­ten steht nicht im Wider­spruch zu der Tat­sa­che, daß vie­le Völ­ker unter­schied­li­che anthro­po­lo­gi­sche Ele­men­te in sich auf­ge­nom­men haben, und so etwa die Deut­schen auch nicht­ger­ma­ni­sche Vor­fah­ren haben.

Die genea­lo­gi­sche Ein­heit wird ja durch die Endo­ga­mie inner­halb des Vol­kes kon­ti­nu­ier­lich her­ge­stellt. Wer zum Bei­spiel heu­te in Deutsch­land einen huge­not­ti­schen Namen trägt, hat unter sei­nen Vor­fah­ren nur eine klei­ne Min­der­heit von fran­zö­si­schen Ahnen, ist also auch bio­lo­gisch ein Deut­scher und kein Franzose.

Eine Fol­ge der gro­ßen Ver­wandt­schaft inner­halb eines Vol­kes ist, daß die Volks- und Sprach­gren­zen zu ande­ren Völ­kern, die ja immer auch Hei­rats­gren­zen waren, auch heu­te noch aus­ge­präg­te Gren­zen in der Ver­tei­lung gene­ti­scher Merk­ma­le sind.

Das gilt auch für die deutsch-roma­ni­schen und die deutsch-sla­wi­schen Sprach­gren­zen in Mit­tel­eu­ro­pa. Eine ande­re Fol­ge ist, daß sich die Men­schen auf­grund ihrer gene­ti­schen Merk­ma­le recht gut eth­nisch zuord­nen las­sen. So kann man auch die Deut­schen (ein­schließ­lich Öster­reich) zu 64,4 Pro­zent rich­tig zuordnen.

Die rest­li­chen 35,6 Pro­zent stel­len Über­schnei­dun­gen mit unse­ren Nach­bar­völ­kern dar. Die gemein­sa­me Abstam­mung ist also mit­nich­ten ein fik­ti­ves Kon­strukt, wie oft behaup­tet wird, son­dern real. Die Ver­wandt­schaft im Volk ist die eigent­li­che Grund­la­ge des gesell­schaft­li­chen Zusammenhalts.

Nach der Auf­fas­sung der Sozio­bio­lo­gie unter­stüt­zen wir unse­re Ver­wand­ten, weil wir mit ihnen gemein­sa­me Gene haben. Der ein­zel­ne lebt nicht nur in sei­nen eige­nen Nach­kom­men fort, son­dern auch in denen sei­ner Ver­wand­ten. Je hete­ro­ge­ner eine Gesell­schaft in eth­ni­scher und gene­ti­scher Hin­sicht ist, des­to unso­li­da­ri­scher, rück­sichts­lo­ser und gewalt­tä­ti­ger ist sie auch.

Fremd­heit in Aus­se­hen und Ver­hal­ten führt zu Distan­zie­rung. Völ­ker sind Soli­dar­ge­mein­schaf­ten, die auf Ver­wandt­schaft beru­hen. Die Deut­schen stam­men bekannt­lich von den Ger­ma­nen ab. Das Wort thi­utisk, deutsch, war ursprüng­lich gleich­be­deu­tend mit germanisch.

Es wur­de auch für die Eng­län­der, die Lan­go­bar­den und die Goten ver­wandt. So schrieb um 830 n.Chr. Fre­chulf in sei­ner Welt­chro­nik, daß die Fran­ken, die Goten und alle ande­ren natio­nes theo­tis­cae aus Skan­di­na­vi­en stamm­ten. Aber nicht nur unse­re Spra­che ist germanisch.

Die ger­ma­ni­sche Her­kunft der Deut­schen kommt auch in ihrem äuße­ren Erschei­nungs­bild, der Phy­sio­gno­mie und der rela­ti­ven Häu­fig­keit hel­ler Haar- und Augen­far­ben zum Aus­druck. Gene­ti­sche Unter­su­chun­gen zei­gen, daß die Deut­schen den Schwei­zern, Öster­rei­chern, Nie­der­län­dern, Dänen, Nor­we­gern und Eng­län­dern am ähn­lichs­ten sind.

Völ­ker unter­schei­den sich jedoch nicht nur in ihrem Äuße­ren und ihrer Spra­che, son­dern auch in ihrem Wesen. Aus­sa­gen über Volks­cha­rak­te­re wer­den heu­te oft als blo­ße Vor­ur­tei­le und Ste­reo­ty­pe abge­tan. Tat­säch­lich aber stel­len Ste­reo­ty­pe sogar ein ziem­lich genau­es Abbild der Wirk­lich­keit dar.

In Ame­ri­ka gibt es seit den 1990er Jah­ren eine For­schungs­rich­tung, die sich unter dem Schlag­wort Ste­reo­ty­pe Accu­ra­cy mit dem Ver­hält­nis von Ste­reo­typ und Wirk­lich­keit befaßt. Sie zeigt, daß die Kor­re­la­ti­on von Ste­reo­typ und Wirk­lich­keit zum Bei­spiel für die Ste­reo­ty­pe über das Ver­hal­ten von Schwar­zen und Wei­ßen in den USA im Durch­schnitt bei 0,70 liegt.

Das ist ein mitt­le­rer bis star­ker sta­tis­ti­scher Zusam­men­hang. Bemer­kens­wert ist dabei, daß die Ste­reo­ty­pe bes­ser abschnei­den als die Ein­schät­zun­gen ein­zel­ner. Das heißt, die Ste­reo­ty­pe sind der Aus­druck eines kol­lek­ti­ven Erfah­rungs­wis­sens, das dem des ein­zel­nen über­le­gen ist.

Die Ergeb­nis­se der Kul­tur­ver­glei­chen­den Psy­cho­lo­gie zei­gen, daß sich die Völ­ker in ihren Ein­stel­lun­gen und ihrem Ver­hal­ten unter­schei­den. Mit den ande­ren abend­län­di­schen Euro­pä­ern haben die Deut­schen ihren Indi­vi­dua­lis­mus gemeinsam.

Der ein­zel­ne sieht sich zuerst als Per­sön­lich­keit und dann erst als Ange­hö­ri­ger einer Gemein­schaft. Alle außer­eu­ro­päi­schen Kul­tu­ren ein­schließ­lich Süd­ost­eu­ro­pa und Ruß­land sind dage­gen kol­lek­ti­vis­tisch geprägt. Zu den Eigen­schaf­ten der Euro­pä­er gehört außer­dem die Über­zeu­gung, daß es eine Wirk­lich­keit gibt, die ver­steh­bar und beherrsch­bar ist, sowie eine akti­ve Ein­stel­lung zum Leben.

Eben­so wie die Sach­lich­keit der Kom­mu­ni­ka­ti­on, die in außer­eu­ro­päi­schen Kul­tu­ren eher indi­rekt ist und sozia­len Zwe­cken dient. Inner­halb Euro­pas gibt es ein aus­ge­präg­tes Nord-Süd-Gefäl­le. Die Bewoh­ner des Südens sind lei­den­schaft­li­cher und erreg­ba­rer, leb­haf­ter und gesel­li­ger, die des Nor­dens ruhi­ger und introvertierter.

Im Nor­den ist das Bedürf­nis nach Refle­xi­on grö­ßer, das Gefühl über­wiegt über die Lei­den­schaft, das Inter­es­se an Sachen das an Men­schen. Es han­delt sich um Unter­schie­de in der Häu­fig­keit und Stär­ke eines Merk­mals, nicht um abso­lu­te Unter­schie­de zwi­schen den Völkern.

Die­se Häu­fig­keits­un­ter­schie­de bewir­ken eine jeweils cha­rak­te­ris­ti­sche Atmo­sphä­re, eine Lebens­stim­mung einer Nati­on, die von Frem­den intui­tiv wahr­ge­nom­men wird. Das deut­sche Sprach­ge­biet stellt nicht nur in anthro­po­lo­gi­scher Hin­sicht eine Aus­buch­tung nörd­li­cher Merk­ma­le nach Süden dar, son­dern auch in psychologischer.

Nicht nur unse­re Nach­barn im Wes­ten und Süden, auch die im Osten beschei­ni­gen uns einen Man­gel an Impul­si­vi­tät und Tem­pe­ra­ment. Damit ver­bun­den ist ein stär­ke­res Bedürf­nis nach Ein­sam­keit, nach dem Für-sich-Sein des einzelnen.

Nicht nur die Fran­zo­sen und Ita­lie­ner, auch die Polen und Rus­sen sind gesel­li­ger als wir. Der deut­sche Ernst wird im Wes­ten, im Süden und im Osten als uns beson­ders eigen­tüm­lich emp­fun­den. Daß hier nicht nur kul­tu­rel­le Tra­di­tio­nen, son­dern auch das bio­lo­gi­sche Tem­pe­ra­ment eine Rol­le spielt, zeigt die Tat­sa­che, daß man bei Unter­su­chun­gen in ver­schie­de­nen Tei­len Deutsch­lands eine Kor­re­la­ti­on von hel­ler Pig­men­tie­rung und intro­ver­tier­tem Cha­rak­ter fand.

Der Tem­pe­ra­ments­un­ter­schied zwi­schen Nord- und Süd­eu­ro­pä­ern fin­det sich sogar schon bei Neu­ge­bo­re­nen. Es gibt aber auch ein psy­cho­lo­gi­sches West-Ost-Gefäl­le in Euro­pa, von der Kon­ven­ti­on im Wes­ten zur Emo­tio­na­li­tät im Osten.

Erschei­nen die Fran­zo­sen den Deut­schen leicht als ober­fläch­lich, so die Deut­schen den Polen und Rus­sen leicht als pedan­tisch, weil zuviel auf Ord­nung, auf Form hal­tend. Ähn­lich ist es im Geis­ti­gen, wo von West nach Ost auf den Ratio­na­lis­mus der Fran­zo­sen und den Uti­li­ta­ris­mus der Eng­län­der die Roman­tik und der Idea­lis­mus der Deut­schen, der reli­giö­se Mys­ti­zis­mus der Rus­sen folgt, die mora­li­sche Uner­bitt­lich­keit Tol­stois und Dostojewskis.

Man­che Cha­rak­ter­zü­ge der Deut­schen gehen noch auf die alten Ger­ma­nen zurück. Der Alt­his­to­ri­ker Alex­an­der Demandt ver­weist auf den ger­ma­ni­schen Trotz, den ger­ma­ni­schen Eigen­sinn. Die Refor­ma­ti­on hat in ihm ihre Wur­zel, die Kor­rupt­heit der mit­tel­al­ter­li­chen Kir­che war den Deut­schen weni­ger erträg­lich als den roma­ni­schen Völkern.

Dos­to­jew­ski nann­te die Deut­schen das pro­tes­tie­ren­de Volk. Auch die hohe Wer­tung der Gefolg­schafts­treue und die hohe Wert­schät­zung der Frau gehö­ren dazu. Kir­chen­va­ter Sal­vi­an bestä­tig­te, daß die Ger­ma­nen bei der Erobe­rung Roms im Jahr 410 n.Chr. die römi­schen Frau­en nicht anrührten.

Es gibt eine lan­ge demo­kra­ti­sche Tra­di­ti­on in Deutsch­land, von den alten Ger­ma­nen über die Selbst­ver­wal­tung in den Städ­ten und Dör­fern des Mit­tel­al­ters bis zum Genos­sen­schafts­we­sen im 19. Jahr­hun­dert. Der Staat ist nach deut­scher Auf­fas­sung die Sache der Gemeinschaft.

Die deut­schen Fürs­ten waren in der Regel kei­ne Tyran­nen, wes­halb es bei uns auch kei­ne Revo­lu­ti­on gab wie in Frank­reich. Mit dem intro­ver­tier­ten Cha­rak­ter hängt das Ernst­neh­men des Lebens zusam­men. Nor­men und Über­zeu­gun­gen wer­den in stär­ke­rem Maße ver­in­ner­licht als in Süd- oder Ost­eu­ro­pa, wo man ger­ne auch ein­mal fünf gera­de sein läßt.

Es gibt ein gro­ßes Bedürf­nis nach Ord­nung, die nicht bloß Kon­ven­ti­on ist, nach Echt­heit und Authen­ti­zi­tät. Der Deut­sche will sein Leben nicht bloß genie­ßen, er will ein sinn­vol­les Leben füh­ren. Daher die Arbeit­sam­keit, das Akti­ons­be­dürf­nis, der Schaffensdrang.

Typisch ist die Nei­gung zur Innen­schau, zum Grü­beln und Nach­den­ken. Der deut­sche Gelehr­te will wie einst Faust das Wesen der Din­ge ergrün­den. Aber nicht nur die Ver­wandt­schaft mit den ger­ma­ni­schen Völ­kern bestimmt den Cha­rak­ter der Deutschen.

Men­schen und Völ­ker sind Ergeb­nis­se der Geschich­te. Das gilt nicht nur für ihre Kul­tur und Tra­di­ti­on, son­dern auch für ihren kör­per­lich-see­li­schen Habi­tus. In vor­mo­der­nen Kul­tu­ren, also prak­tisch in allen vor dem euro­päi­schen 19. Jahr­hun­dert, bestand ein posi­ti­ver Zusam­men­hang zwi­schen sozia­lem, öko­no­mi­schem und poli­ti­schem Erfolg und der Zahl der Nachkommen.

Bau­ern hat­ten mehr Kin­der, Enkel und Uren­kel als Knech­te, Meis­ter mehr als Gesel­len, Fürs­ten mehr als ihre Die­ner. Hin­zu kommt, daß der­je­ni­ge, der phy­sisch und psy­chisch den Ide­al­vor­stel­lun­gen einer Kul­tur ent­sprach, grö­ße­re Chan­cen hat­te, sich zu ver­hei­ra­ten und fortzupflanzen.

Auf die­se Wei­se züch­te­te sich jede Kul­tur auf die Wer­te hin, die in ihr den sozia­len Erfolg ermög­lich­ten. Krie­ger­völ­ker züch­ten sich so auf krie­ge­ri­sche Tugen­den, Bau­ern­völ­ker auf bäu­er­li­che, Händ­ler­völ­ker auf kauf­män­ni­sche hin. Die Ost­ju­den zum Bei­spiel haben ihre ein­sei­ti­ge Züch­tung auf Intel­li­genz mit beson­ders vie­len Erb­krank­hei­ten erkauft.

Und die einst als krie­ge­ri­sche Bedui­nen leben­den Ara­ber besit­zen die welt­weit höchs­te Fre­quenz für das »Krie­ger-Gen« MAOA-2R, das mit einer grö­ße­ren Nei­gung zu Impul­si­vi­tät und Aggres­si­vi­tät ver­bun­den ist. Im vor­mo­der­nen Euro­pa durf­te nur der­je­ni­ge hei­ra­ten und einen eige­nen Haus­stand grün­den, der öko­no­misch in der Lage dazu war, eine eige­ne Fami­lie zu ernäh­ren – ein Prin­zip, daß im deut­schen Bür­ger­tum und Hand­werk beson­ders strikt befolgt wurde.

Mög­li­cher­wei­se haben die tech­ni­sche Bega­bung der Deut­schen, ihre Ord­nungs­lie­be und ihr Hang zur Per­fek­ti­on hier ihre Wur­zel. Als Eli­sa­beth Noel­le-Neu­mann bei Befra­gun­gen nach der Wen­de im Osten zu ganz ähn­li­chen Ergeb­nis­sen kam wie im Wes­ten, sprach sie von der »Fami­li­en­ähn­lich­keit« der Deutschen.

Übri­gens sind uns nach psy­cho­lo­gi­schen Unter­su­chun­gen die Deutsch­schwei­zer ähn­li­cher als die Öster­rei­cher. Nach Eli­sa­beth Noel­le-Neu­mann zei­gen Unter­su­chun­gen, die in ganz Euro­pa durch­ge­führt wur­den, daß dem ein­zel­nen Deut­schen der Stolz auf sei­ne Leis­tung wich­ti­ger ist, als es bei den euro­päi­schen Nach­barn der Fall ist.

Die heu­ti­gen Deut­schen arbei­ten wahr­schein­lich nicht mehr als ande­re Euro­pä­er, aber sie tun es mit einer ande­ren Ein­stel­lung. Ihre Begeis­te­rungs­fä­hig­keit ist grö­ßer, aber auch ihre Nie­der­ge­schla­gen­heit bei Mißer­fol­gen. Typisch ist außer­dem die Unbe­dingt­heit der Deutschen:

Hier ste­he ich, ich kann nicht anders.

Wei­te­re typisch deut­sche Eigen­schaf­ten sind nach Noel­le-Neu­mann der Per­fek­tio­nis­mus, die tech­ni­sche Tüf­te­lei und die Gründ­lich­keit, aber eben­so auch die Ten­denz dazu, sich zurück­zu­zie­hen, und die Lie­be zum Wald. Der deut­sche Cha­rak­ter ver­ei­nigt in sich so wider­sprüch­li­che Eigen­schaf­ten wie Sach­lich­keit und Romantik.

Bei­de haben ihre Grund­la­ge in dem sitt­li­chen Ernst, mit dem sowohl die Arbeit als auch das Gefühls­le­ben ange­gan­gen wird. Der intro­ver­tier­te Cha­rak­ter begüns­tig­te Erschei­nun­gen wie die deut­sche Inner­lich­keit, den Pie­tis­mus, den Idea­lis­mus und die deut­sche Romantik.

Die tech­ni­sche Bega­bung der Deut­schen war schon im Mit­tel­al­ter in ganz Euro­pa bekannt. Zur Sach­lich­keit gehört, daß man ehr­lich und direkt ist, zur Not auch ein­mal unhöf­lich. Der IQ der Deut­schen liegt wie der der Nord­eu­ro­pä­er etwas über dem euro­päi­schen Durchschnitt.

Eine Fol­ge der gerin­gen Impul­si­vi­tät der Deut­schen ist die gerin­ge Nei­gung zu Gewalt­ta­ten. Seit Ein­füh­rung der Kri­mi­nal­sta­tis­tik im 19. Jahr­hun­dert wei­sen Deutsch­land und die ger­ma­ni­schen Län­der eine gerin­ge­re Gewalt­kri­mi­na­li­tät als die süd- und ost­eu­ro­päi­schen Län­der auf. Dar­an hat sich bis heu­te nichts geändert.


Andre­as Von­der­ach neus­tes Buch im Ver­lag Antai­os Gab es Ger­ma­nen? Eine Spu­ren­su­che kön­nen Sie hier erwerben.

Sei­ne aktu­ells­te Publi­ka­ti­on Die Dekon­struk­ti­on der Ras­se im Ares Ver­lag gibt es hier.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.