Schreibtisch, Garten, Alltag (IX): zwischentag-Haiku

Früh draußen, den Hühnern Mais auf Nagelbretter gesteckt, den Enten eine Kleie angerührt und die Wasserbecken neu...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek ist Verleger (Antaios) und seit 2003 verantwortlicher Redakteur der Sezession.

befüllt. Dabei fiel mir eine Kas­ta­nie auf die Schul­ter. Sie brach auf, ich pell­te die glat­te spie­geln­de Frucht aus der Scha­le und erin­ner­te mich an einen Pro­sa­text, den ich vor Tagen erst las.

Dort ste­cken sich Vater und Sohn, nach­dem sie säcke­wei­se Kas­ta­ni­en gesam­melt und für die Wild­füt­te­rung ver­kauft haben, je ein beson­ders gro­ßes Exem­plar in die Tasche und las­sen es bis zum Früh­jahr dar­in. Es wür­de den Win­ter über alles Schlech­te auf­neh­men und dar­über verschrumpeln.

Ist die Kas­ta­nie, ist das fal­len­de Laub für uns Herbst-Deut­sche das, was die Japa­ner den Kirsch­blü­ten im Früh­ling in immer neu­en Hai­ku andich­ten? Irgend­et­was muß es da geben, wie­so sonst wäre Mishi­ma eine der Iko­nen der Divi­si­on Antai­os? Ein Film­chen in den fünf Schrit­ten des klas­si­schen Hai­ku – und nun: Wer kennt den Zusam­men­hang die­ser Anspielung?

Die­sen zwi­schen­tag-wer­be­film kann man übri­gens ver­lin­ken und über diver­se sozia­le und aso­zia­le Netz­wer­ke an sei­ne Freun­de und Fein­de senden.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek ist Verleger (Antaios) und seit 2003 verantwortlicher Redakteur der Sezession.

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Kommentare (10)

Hesperiolus

14. September 2012 13:40

"Patriotismus" in Vollendung! Ein einsamer Tod auf dem Schlachtfeld, ein Tod vor den Augen seiner schönen Frau - in dem Gefühl, daß er die unmögliche Verbindung dieser beiden Dimensionen möglich machen würde, lag eine Süße sondergleichen.,

Im Unausgesprochenen deuten Sie, Herr Kubitschek auch auf Jiro Watanabes "Kasutánien no kogage de" an? Blüte und Duft der Kastanien über Heidggers Grab.

Sumer

14. September 2012 21:38

Es handelt sich dabei, sofern ich den Wortlaut noch korrekt im Kopf habe, um ein Zitat aus der Erzählung "Patriotismus" von Mishima. Die Hauptfigur begeht Seppuku nach einem gescheiterten Putschversuch und er verfügt dabei nicht über den sonst für ein solches Ritual vorgesehenen Sekundanten, der den sich selbst entleibenden Samurai nach erfolgtem Bauchaufschlitzen in der Regel umgehend enthauptet.

Meinten Sie das oder etwas ganz anderes? Ansonsten bitte ich vorsorglich um Entschuldigung. Lese mich zunehmend immer mehr in Mishimas werk ein, aber so viel kenne ich auch noch nicht.

Inselbauer

14. September 2012 22:35

Heute früh im Fünfsternehotel auf Lanzarote überfressen; federballspielende Chinesen, afrikanische Sonne, darauf eine fesche Tschechin, oder Slowakin, mit einem zauberhaften Rüschenbikini, die einen übertrieben breikrempigen weißen Hut trug. Am Abend sah ich sie mit einem Deutschen am Buffet; ihre Blicke zeigten, dass sie sich nicht besonders wohl fühlte. Danach Mishima gelesen und so weit verstanden; geht auch ohne kultivierte Atmosphäre.

Nils Wegner

14. September 2012 23:15

Siehe: https://1.bp.blogspot.com/-3mWUmg7rIII/TtidclETF7I/AAAAAAAAAMo/uF0Gw3J7ajA/s1600/4.jpg

Seppl

15. September 2012 00:26

Der genaue Wortlaut ist mir leider entfallen.

Ich versuche mich trotzdem einmal:

"Wie Du den Bogen spannst,
so spann auch Deine Seele.
sorg dafür, dass der Pfeil
nicht zu kurz geschnitten werde."

Japanisches Sprichwort

Evtl. sogar der Klappentext einer alten Sezession, habe aktuell allerdings leider keinen Zugriff auf mein Archiv, um das zu klären. ;)

Sumer

15. September 2012 00:59

P.S.: Die abgeschossenen Pfeile könnten überdies eine Anspielung auf das von Mishima nachgestellte Bild des Martyriums des heiligen Sebastian sein...

antwort kubitschek:
Das ist es! bitte beachten Sie auch das bild, das wegner unten verlinkte.

Benjamin Jahn Zschocke

15. September 2012 10:25

Mishima war kein Held, aber er großer Künstler. Jedenfalls war sein handeln alles andere als vorbildhaft: https://www.blauenarzisse.de/index.php/gesichtet/item/2204-nur-wer-reinen-herzens-ist-kann-zum-wesentlichen-vordringen-%E2%80%93-%C3%BCber-den-selbstmord-von-yukio-mishima

Biobrother

15. September 2012 12:05

Zweifellos ist Yukio Mishima ein ebenso interessanter wie zerrissener Charakter, was ja auch in seinem autobiographisch geprägten Roman "Geständnis einer Maske" ganz gut zum Ausdruck kommt. Seine (unterdrückte ?) Homosexualität dürfte zum Gefühl der Heimatlosigkeit, das (neben den linken Studentenunruhen) vermutlich auch seine spätere Hinwendung zum Traditionalismus, Kaisertum und Nationalismus begünstigt hat, wohl noch deutlich beigetragen haben. Interessant finde ich, dass er, obwohl einem ganz anderen Kulturkreis angehörig, auf katholisches Märtyrertum Bezug nimmt und sich mit diesem identifiziert. Letztlich ist das Christentum, besonders das katholische Christentum, ja eine Religion, die Verzicht und Askese ebenso wie Schmerz und Opfer bis hin zum Opfertod romantisch verklärt und heroisiert (der unmittelbare Griff nach dem prallen Leben gilt ja eher als eigensüchtig und sündig). Ich frage mich, woher sich dieser erstaunliche Bezug speist; aus Sado-Maso-Phantasien, aus eingehender Beschäftigung mit der europäischen Kultur oder darin, dass die meisten Religionen und Kulturen Opferkulte dieser oder jener Form pflegen. Vermutlich wohl aus allen genannten Punkten.

Martin Lichtmesz

15. September 2012 13:31

Mishima war kein Held, aber er großer Künstler. Jedenfalls war sein handeln alles andere als vorbildhaft:

Sein Abtritt war sein letztes großes Kunstwerk. Kannst ja gerne einen Sticker draufkleben: "Kids, don't this at home."

Andreas Kröpcke

17. September 2012 00:38

Wer kennt den Zusammenhang dieser Anspielung?

Semlitsch konnte wieder einmal nur bei nacht in den öffentlich-rechtlichen Schneideraum und mußte deshalb etwas schneller und tiefer schneiden.

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