Antifantisches

Die Titelgeschichte der aktuellen Jungle World stimmt hoffnungsfroh: "Das Ende der Staatsantifa" heißt es da, und "Projekte gegen Rechts geraten zunehmend unter Druck".

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Im Leit­ar­ti­kel wird beklagt, daß “anti­fa­schis­ti­schen” Initia­ti­ven nun all­mäh­lich der Geld­hahn zuge­dreht wer­de, der Vor­spann liest sich so:

Zehn Jah­re nach­dem der »Auf­stand der Anstän­di­gen« aus­ge­ru­fen wur­de, ist das Bünd­nis aus Staat und Anti­fa end­gül­tig Geschich­te. För­der­gel­der blei­ben aus, und statt um Nazis geht es jetzt um Extre­mis­mus. Fami­li­en­mi­nis­te­rin Köh­ler droht: Wer gegen Rechts ist, darf kein Lin­ker sein, sonst gibt’s kei­nen Zuschuss für den Anti­fa­schis­mus. Dabei sind rechts­extre­me Ein­stel­lun­gen so viru­lent wie vor zehn Jah­ren. Hat der gan­ze Auf­wand also nichts genutzt? Oder ging es dar­um nie?

All die schö­nen fet­ten Mil­lio­nen aus Steu­er­gel­dern schwäm­men nun davon, die man in den guten alten ver­gol­de­ten Zei­ten noch ton­nen­wei­se nach­ge­scho­ben bekam. Jungle World erin­nert sich wehmütig:

»Xenos«, aus­ge­stat­tet mit 75 Mil­lio­nen Euro, soll­te sich der »För­de­rung gegen­sei­ti­gen Ver­ständ­nis­ses, des gemein­sa­men Ler­nens und Arbei­tens von deut­schen und aus­län­di­schen Jugend­li­chen und Erwach­se­nen« wid­men. (…) Der För­der­be­reich »Enti­mom« soll­te 65 Mil­lio­nen Euro an Modell­pro­jek­te »gegen Gewalt und Rechts­extre­mis­mus« ver­tei­len. »Civi­tas« schließ­lich, das mit 52 Mil­lio­nen Euro aus­ge­stat­tet war, för­der­te Initia­ti­ven in den öst­li­chen Bun­des­län­dern und Ber­lin, die sich gegen Nazis und für Demo­kra­tie engagierten…

Das Schöns­te ist frei­lich, daß die Exis­tenz eines “Bünd­nis­ses zwi­schen Staat und Anti­fa”, das von den Kon­ser­va­ti­ven seit Jahr und Tag kri­ti­siert wird, nun von den Anti­fan­ten und deren Sym­pa­thi­san­ten selbst zuge­ge­ben wird. Schon vor Jah­ren hat Thors­ten Hinz in der JF den Begriff der “Anti­fa-Repu­blik” geprägt, der frei­lich umfas­sen­der gemeint ist, als bloß die finan­zi­el­le und ideel­le För­de­rung von links­ra­di­ka­len Gruppen.

Die­se waren via mafiö­se Netz­wer­ke und lukra­ti­ve Kanä­le trotz aller ihrer “Wider­stands”- Rhe­to­rik und zur Schau gestell­ten Staats­feind­lich­keit in den letz­ten Jah­ren im Grun­de nicht mehr als die nutz­idio­ti­schen Ket­ten­hun­de der “Mit­te” und des Sta­tus Quo. Dank ihrer stu­pen­den Fähig­keit zur kon­tra­fak­ti­schen Selbst­täu­schung waren sie aller­dings zu däm­lich, das zu mer­ken. Sie glau­ben, gegen einen krypto­fa­schis­ti­schen, deutsch­na­tio­na­len Poli­zei­staat zu rebel­lie­ren, und mer­ken nicht, daß sie nur offe­ne Türen ein­tre­ten und inzwi­schen sel­ber zum schlimms­ten Gesin­nungs­büt­tel gewor­den sind. Inzwi­schen hat der Staat aller­dings die Kon­trol­le über sei­ne ver­wöhn­ten und von ihm auf­ge­päp­pel­ten Schütz­lin­ge ver­lo­ren, die sich wie anti­au­to­ri­tär ver­zo­ge­ne Kin­der beneh­men, die nach der Ohr­fei­ge betteln.

Die Selbst­täu­schung ist das eine, die Dreis­tig­keit das ande­re: im Grun­de wird bejam­mert und ein­ge­klagt, daß der Staat gefäl­ligst der voll­stre­cken­de Arm einer Bür­ger­kriegs­par­tei blei­ben soll. Dem tre­ten nun Poli­ti­ker wie Kris­ti­na Schrö­der plötz­lich mit einem läs­ti­gen “Extremismus”-Begriff ent­ge­gen, dem man auch in der Jungle World nur durch ziel­lo­ses, aber umso ver­rä­te­ri­sche­res Rum­ge­quat­sche zu begeg­nen ver­mag, wie der oben zitier­te Vor­spann zeigt: “Rech­te” sind “Nazis” sind “Rechts­extre­mis­ten”, wobei “Lin­ke” ein­fach nur “Lin­ke” sind, und der “Extremismus”-Begriff über­haupt irrele­vant ist (außer, wenn er auf “Rech­te” ange­wandt wird).

Wie auch immer: ganz so opti­mis­tisch, wie die Autoren der Jungle World pes­si­mis­tisch sind, bin ich nun doch nicht. All das ist natür­lich “Jam­mern auf höchs­tem Niveau”, und in einem ande­ren Arti­kel sieht ein Autor die Lage nicht all­zu dra­ma­tisch und emp­fiehlt dem Staat und den Anti­fan­ten: “Stay Fri­ends”. Und: “Staat und Anti­fa haben sich ein wenig aus­ein­an­der­ge­lebt, aber letzt­lich kön­nen sie nicht von­ein­an­der las­sen.” Da habe auch ich kei­ne gro­ßen Zwei­fel, daß die alte Freund­schaft nicht so schnell ros­tet, zumal bei­de ja in der “anti­deut­schen” Ziel­set­zung durch­aus eine gemein­sa­me Basis haben.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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