Leben mit Lutz Battke

Bezirksschornsteinfegermeister Lutz Battke erlebt aufregende Wochen: Der Wirtschaftsminister Sachsen-Anhalts, Reiner...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Hasel­off (CDU), will Deutsch­land vor ihm ret­ten, der Prä­si­dent des Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bun­des (DOSB), Tho­mas Bach, möch­te Kin­der­see­len vor Jugend­trai­ner Batt­ke schüt­zen und die aus­län­di­sche Pres­se sieht in Lau­cha, dem Wohn­ort von Staats­feind Num­mer klein, nach­ge­ra­de so etwas wie ein KZ entstehen.

Wie ist das, wenn Lutz Batt­ke an der Haus­tür klin­gelt? Kann man damit leben? Ein Erfah­rungs­be­richt aus dem Rit­ter­gut Schnellroda:

Ich glau­be, es war im Som­mer 2002, als Lutz Batt­ke zum ers­ten Mal vor der Tür stand, um sich den neu­en Besit­zern des Rit­ter­guts als der zustän­di­ge Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meis­ter vor­zu­stel­len und die jah­re­lang nicht benutz­ten Kami­ne der Kachel- und Bei­stell­öfen zu über­prü­fen: ein lau­ter, zupa­cken­der Mann mit einer jener Vokuh­i­la-Fri­su­ren, die aus dem eige­nen Bekann­ten­kreis kei­ner hübsch oder nach­ah­mens­wert fin­det. Aber bit­te: soviel Tole­ranz muß sein, wir haben nie ein Wort dar­über verloren.

Batt­ke ließ sich damals also die Öfen zei­gen, sto­cher­te in den Essen her­um, jag­te sei­nen Gesel­len aufs Dach, for­der­te die Auf­sto­ckung eines Kamins um drei Zie­gel­rei­hen, ent­leer­te drei Schäch­te, ver­maß die Durch­schnit­te und gab für fünf von sechs Brenn­stel­len grü­nes Licht. Nur einem aben­teu­er­li­chen Rohr an einer Dach­kam­mer ent­lang gab er sei­nen Segen nicht – wir haben dort bis heu­te kein Feu­er gemacht.

Unse­re Pla­nung, eine Holz-Koh­le-Zen­tral­hei­zung über zwei Knicks an einen bestehen­den Kamin anzu­schlie­ßen, geneh­mig­te Batt­ke nicht: Er riet zu einem Edel­stahl­schorn­stein an der Außen­wand. Dies kam uns teu­rer als die zunächst vor­ge­schla­ge­ne Kon­zep­ti­on, aber Batt­ke ließ sich nicht erwei­chen und hat­te alle guten Grün­de und Vor­schrif­ten auf sei­ner Sei­te. Wir sahen uns von da an zwei­mal im Jahr, Batt­ke kün­dig­te sich stets mit einem Wurf­zet­tel an und mach­te zum vor­ge­merk­ten Ter­min sei­ne Arbeit.

Als es nun vor Gericht um die Fra­ge ging, ob er auf­grund sei­ner poli­ti­schen Gesin­nung auch wei­ter­hin als Bezirks­schorn­stein­fe­ger ver­tret­bar sei, habe ich über die Situa­ti­on nach­ge­dacht, in der wir zum ers­ten Mal ein poli­ti­sches Gespräch führ­ten: Das geschah auf Initia­ti­ve mei­nes dama­li­gen Mit­ar­bei­ters Arne Schim­mer, der heu­te als NPD-Abge­ord­ne­ter im säch­si­schen Lan­des­par­la­ment sitzt. Er hat­te fest­ge­stellt, daß es in Lau­cha (etwa 7 Kilo­me­ter von Schnell­ro­da ent­fernt im Unstrut­tal) eine sta­bi­le NPD-Wäh­ler­schaft gibt und frag­te mich, ob ich unter ande­ren den Namen Lutz Batt­ke schon ein­mal gehört hät­te. Beim nächs­ten Kehr­gang spra­chen wir Batt­ke dar­auf an und er hat­te ein paar Minu­ten Zeit, um etwas über die Lage in sei­ner Kleinst­stadt zu erzäh­len. Das war hin­ter dem Haus, in der Scheu­ne, wäh­rend sein Meß­ge­rät die Abgas­wer­te unse­res Bren­ners aufzeichnete.

Batt­ke gab unse­re Gemein­de wenig spä­ter an einen ande­ren Schorn­stein­fe­ger ab, ich sah ihn noch ein­mal auf einem Fest, wir duz­ten uns über­gangs­los (wie das in länd­li­chen Regio­nen so üblich ist) und ich erzähl­te ihm, daß Arne Schim­mer nach dem Ein­zug der NPD in den säch­si­schen Land­tag von mir vor die Wahl gestellt wor­den sei, ent­we­der im Schlund der Par­tei­ar­beit zu ver­schwin­den oder abzu­schwö­ren und inner­halb der wah­ren, schö­nen und guten Rech­ten das meta­po­li­ti­sche Feld zu bestel­len. Wir tran­ken ein Bier zusammen.

Ges­tern nun rief ich an bei Lutz. Ich woll­te ihn für ein klei­nes, iro­ni­sches Inter­view gewin­nen und mir erklä­ren las­sen, wor­an man den Unter­schied zwi­schen der grü­nen oder uni­ons­na­hen oder alt­lin­ken oder natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Art und Wei­se des Kamin­fe­gens erkennt und ob bei ihm die Fuß­ball­kin­der nur den rech­ten Fuß benut­zen dürf­ten. Lutz Batt­ke aber hat recht, wenn er in dem lau­fen­den Ver­fah­ren, in dem er steckt, auf jede Äuße­rung ver­zich­tet und wenn er  – lebens­froh und laut wie er ist – den­noch die gan­ze Sache nicht mehr so recht mit Humor neh­men möch­te: Die Zukunft des von ihm mit­ge­grün­de­ten Ver­eins BSC 99 Lau­cha steht auf dem Spiel, und bezah­len muß Batt­ke sei­ne Anwalts­kos­ten bis­her aus eige­ner Tasche, wäh­rend sein Kon­tra­hent Rei­ner Hasel­off (der erwähn­te Wirt­schafts­mi­nis­ter) Steu­er­mit­tel ein­set­zen kann – Geld also, das er selbst nicht ver­dient hat.

Auch mit Hasel­off hat­ten wir übri­gens schon das Ver­gnü­gen. Er besuch­te 2009 den Stand der Sezes­si­on auf der Leip­zi­ger Mes­se (zum Gefol­ge Minis­ter­prä­si­dent Böh­mers gehö­rend) und griff gleich nach dem kapla­ken-Bänd­chen Eli­te. Erzie­hung für den Ernst­fall von Gerd-Klaus Kal­ten­brun­ner. Dies sei ein gutes Buch, das habe er mit Gewinn gele­sen. Er nahm sich auch eine Sezes­si­on mit, zeich­ne­te aber nie ein Abonnement.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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