Wir Rassisten

„Kristina Köhler bricht ihr erstes Versprechen“, verkündete die Welt gestern. Denn: Im aktuellen Haushaltsentwurf des Familienministeriums sind wie im Vorjahr ...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

… wie­der­um 24 Mil­lio­nen Euro für Pro­gram­me gegen soge­nann­ten Rechts­extre­mis­mus vor­ge­se­hen. Und Köh­ler (auf die zahl­rei­che Kon­ser­va­ti­ve Hoff­nun­gen setz­ten, allein schon, weil sie so ein „hübsch´ Mädel“ ist) hat­te doch ver­spro­chen, sich unge­fähr glei­cher­ma­ßen den Gefah­ren zu wid­men, die von links und von Isla­mis­ten drohen!

Als wür­de es zur Pro­blem­la­ge pas­sen, leg­te Welt- online per Umfra­ge gleich nahe, wor­an Köh­lers ein­äu­gi­ge Blind­heit rüh­ren könn­te: Viel­leicht daher, daß eine kin­der­lo­se Frau als Fami­li­en­mi­nis­te­rin ein­fach unge­eig­net sei? Da ent­steht natür­lich ein eher dif­fe­ren­zier­tes „Mei­nungs­bild“. Hät­te man gefragt: Soll das Frau Köh­ler unter­stell­te Minis­te­ri­um sich Links­extre­mis­ten und der isla­mis­ti­schen Gefahr ver­stärkt wid­men? – ‚ver­mut­lich hät­ten deut­lich über 90 Pro­zent mit „ja“ gestimmt. Die Kom­men­tar­funk­ti­on zum Arti­kel wur­de übri­gens recht bald geschlos­sen. Die über 100 Wort­mel­dun­gen, die bis dahin ein­gin­gen, lesen sich zwar recht ein­di­men­sio­nal, d.h. holz­schnitt­ar­tig und wenig aus­ge­feilt (wie man’s von Welt-online-Kom­men­ta­to­ren so kennt) – aber hier spricht eben Vol­kes Stim­me, die die Mil­lio­nen­schleu­der gegen alles, was auch nur ent­fernt nach „rechts“ riecht, gründ­lich satt hat.

Eine der unge­zähl­ten Bro­schü­ren mit die­ser Stoß­rich­tung hat­te ich grad in der Hand. Es ist die vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um unter­stütz­te Zeit­schrift Offe­ne Jugend­ar­beit. Zur Leser­schaft zäh­len Sozi­al­ar­bei­ter und Ehren­amt­li­che, die in Jugend­zen­tren, Jugend­häu­sern und mit „Spiel­mo­bi­len“ arbeiten.

Im Heft 04/09 gings um „Ent­wick­lung von Qua­li­fi­zie­run­gen für Inte­gra­ti­on und Prä­ven­ti­on“ (Eqip). Die­se „Maß­nah­me“ fin­det im Rah­men des Bun­des­pro­gramms „Viel­falt tut gut“ statt – wird also auch aus jenem 24-Mil­lio­nen-Topf gegen „rechts“ finanziert.

Im Zen­trum des Bemü­hun­gen steht das, was der in die­sen Din­gen stets bemüh­te Pro­fes­sor Wil­helm Heit­mey­er unter dem Stich­wort „Grup­pen­be­zo­ge­ne Men­schen­feind­lich­keit“ (GMF) gefaßt hat. Zu men­schen­feind­li­chen Ein­stel­lun­gen, die sich gemäß Heit­mey­ers lang­jäh­rig ange­leg­ter For­schun­gen nun „zu einem Trend for­men“, zäh­len “diver­se Ein­stel­lun­gen, die sich wech­sel­sei­tig beein­flus­sen”: Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus, Homo­pho­bie, Abwer­tung von Obdach­lo­sen, Lang­zeit­ar­beit­lo­sen und Behin­der­ten, Isla­mo­pho­bie und Sexis­mus. Heit­mey­ers Erkennt­nis­se wer­den (aus­ge­rech­net) von „Fach­kräf­ten aus dem Umfeld der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung“ für die Pra­xis der Jugend­ar­bei­ter umgesetzt.

Das Sen­so­ri­um, das hier den (anti-rech­ten) Maß­stab bil­det, ist extrem fein­füh­lig. So wird die Aus­sa­ge: „Es leben zu vie­le Aus­län­der in Deutsch­land“ von 60 Pro­zent der von Heit­mey­er Befrag­ten zustim­mend beant­wor­tet – ein Beleg für schwe­len­den Ras­sis­mus im Lan­de. Wir Ras­sis­ten! Entlarvt!

Daß 30 Pro­zent zustimm­ten, daß sich „Frau­en wie­der mehr auf die Rol­le der Ehe­frau und Mut­ter besin­nen“ soll­ten – was wäre das, wenn nicht Sexis­mus? Oder: 60 Pro­zent der 2000 Befrag­ten fin­den es empö­rend, wenn sich “Lang­zeit­ar­beits­lo­se auf Kos­ten der Gesell­schaft ein beque­mes Leben machen“ – um die Bekämp­fung sol­cher Sicht­wei­sen geht es den bun­des­mi­nis­te­ri­ell unter­stütz­ten Projekten.

Heißt: Es geht weder dem Minis­te­ri­um noch Heit­mey­er oder den sub­al­ter­nen Sozi­al­leu­ten um die Bekämp­fung knall­har­ter Neo­na­zis, von denen es ein paar hun­dert in Deutsch­land geben mag – es geht um das „Böse“ in uns allen. Kaum einer sei „vor GMF gefeit: man den­ke nur an homo­pho­be Obdach­lo­se oder ras­sis­ti­sche Behinderte.“

Die Erzie­hungs­wis­sen­schaft­le­rin Chris­ti­ne Rie­gel klärt die am eben­falls bezu­schuß­ten Pro­jekt Vom Zusam­men­le­ben und Aus­gren­zen teil­neh­men­den Leh­rer und Sozi­al­päd­ago­gen dar­über auf, daß ras­sis­tisch sei, wer, wo auch immer, eine Ein­tei­lung „Wir und die ande­ren“ akzep­tie­re. Riegel:

“Unse­re gan­ze Gesell­schaft ist von ras­sis­ti­schen Struk­tu­ren durch­setzt, und die­ses All­täg­li­che am Ras­sis­mus ist oft sehr sub­til. Es reicht die Fra­ge ´Woher kommst du?´, wenn man einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund ver­mu­tet. Allein die­se Fra­ge zeigt schon: Du gehörst nicht rich­tig dazu!“

Bei­spiels­wei­se im “Pro­jekt­stand­ort Biber­ach” wur­de in einem Jugend­ca­fé einer die­ser kost­spie­li­gen, minis­te­ri­ell gespon­ser­ten  “Realitäts-Check(s) Zivil­cou­ra­ge” durch­ge­führt. Man woll­te den “unschö­nen Kon­fron­ta­tio­nen” unter den Jugend­li­chen und zwi­schen Jugend­li­chen und Mit­ar­bei­tern abhel­fen, sprich: “Sie hand­lungs­fä­hig machen im Sin­ne kon­struk­ti­ver Kon­flikt­lö­sun­gen”. Das geschah, inten­siv gecoacht, durch – was sonst – “Rol­len­spie­le” und “Skulp­tu­ren­stel­len”. Ob die Jugend­li­chen lang­fris­tig bereit sind, “sich auf Ver­än­de­rungs­pro­zes­se ein­zu­las­sen”, konn­te nicht wirk­lich fest­ge­stellt wer­den. Lei­der fand unmit­tel­bar nach dem Anti­ras­sis­mus­kurs ein “Gene­ra­ti­ons­wech­sel” unter den Café- Besu­chern statt – sie blie­ben der Ein­rich­tung fern. Nun müs­sen die neu­en Gäs­te gebrieft wer­den. Usw., usf.

Der Kampf gegen rechts ist halt zäh …

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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