Carl Schmitt: Der Schatten Gottes

Eine Rezension von Felix Dirsch

Carl Schmitt: Der Schat­ten Got­tes: Intro­spek­tio­nen, Tage­bü­cher und Brie­fe 1921 bis 1924, hrsg. von Gerd Giesler/Ernst Hüsmert/Wolfgang H. Spind­ler, Ber­lin: Dun­cker & Hum­blot 2014. 601 S., 69.90 €

Seit vor über 20 Jah­ren das Glos­sa­ri­um erschie­nen ist und in den letz­ten Jah­ren aus ver­schie­de­nen Lebens­pha­sen (bis 1934) Auf­zeich­nun­gen Carl Schmitts ver­öf­fent­licht wur­den, kann man den »pri­va­ten« Schmitt mit dem »öffent­li­chen« in Bezie­hung set­zen. Gerd Gies­ler, Ernst Hüs­mert und Wolf­gang Spind­ler bear­bei­te­ten eine wei­te­re sol­che Edi­ti­on für die Jah­re 1921 bis 1924.

Sie bie­tet Ein­bli­cke in Schmitts Den­ken, Gewohn­hei­ten und Sicht­wei­sen im Lebens­al­ter von 43 bis 46. Teil I bil­den die Tage­buch­no­ti­zen vom August 1921 bis zum August 1922, den anschlie­ßen­den Teil II das Tage­buch 1923 und 1924. Die fol­gen­de, wohl inter­es­san­tes­te Par­tie besteht aus asso­zia­ti­ven Anmer­kun­gen und hat die »Schat­ten Got­tes« – in Anleh­nung an den alt­tes­ta­ment­li­chen Psalm 121 – im enge­ren Sinn zum Thema.

Der Zeit­ab­schnitt, der die­sem Pro­jekt, das nicht ohne die Ent­zif­fe­rung der Ste­no­gram­me Schmitts durch den mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen Kurz­schrift-Kun­di­gen Hans Geb­hardt mög­lich gewe­sen wäre, zugrun­de liegt, war für Schmitts Bio­gra­phie von beson­de­rer Bedeu­tung. Er begann sei­ne Lehr­tä­tig­keit in Bonn. Der Leser ent­deckt in den Tex­ten, wie sehr Schmitt durch Müdig­keit, schlech­ten Schlaf und sons­ti­ge Indis­po­niert­hei­ten von kon­zen­trier­ter Arbeit abge­hal­ten wird.

Den­noch konn­te er in die­ser Pha­se sei­ne wirk­mäch­ti­ge Par­la­men­ta­ris­mus-Kri­tik vor­le­gen. Wei­ter­hin berei­te­te ihm sein schwie­ri­ges Ver­hält­nis zum weib­li­chen Geschlecht Pro­ble­me. Nach der Tren­nung von sei­ner ers­ten Frau lern­te er 1923 Dus­ka Todo­ro­vic ken­nen, die er spä­ter hei­ra­te­te. Was nach einer eher pri­va­ten Epi­so­de aus­sieht, hat­te wegen der Ver­wei­ge­rung der kirch­li­chen Annul­lie­rung der Ehe erheb­li­che Aus­wir­kun­gen für den (anfangs als dezi­diert katho­li­schen Staats­rechts­leh­rer wahr­ge­nom­me­nen) Rechts­wis­sen­schaft­ler. Er distan­zier­te sich fort­an vor­sich­tig vom kirch­li­chen Leben. So ist nicht zuletzt anhand die­ses Bei­spiels die Ver­schrän­kung von pri­va­tem und öffent­li­chem Wir­ken bei Schmitt offensichtlich.

Im letz­ten Abschnitt ste­hen etwas stär­ker sach­li­che und weni­ger per­sön­li­che Hin­wei­se im Vor­der­grund, so bei­spiels­wei­se, wenn der Ver­fas­ser über die Unmög­lich­keit der Reprä­sen­ta­ti­on von Kon­sum und Pro­duk­ti­on sin­niert. Es bleibt zu hof­fen, daß mehr sol­chen Refle­xio­nen nach­ge­gan­gen wird als den gleich­falls nach­zu­le­sen­den juden­kri­ti­schen Bemer­kun­gen. Sie spie­len nur mar­gi­nal eine Rol­le, ähn­lich wie ent­spre­chen­de Andeu­tun­gen Heid­eg­gers in den Schwar­zen Hef­ten.Die her­vor­ra­gen­de edi­to­ri­sche Leis­tung der Her­aus­ge­ber erleich­tert die Rezep­ti­on des Ban­des enorm.

Carl Schmitts Der Schat­ten Got­tes kann man hier bestel­len. 

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