Sezessionistische Weihnachtsempfehlungen (VII) – Ausguck

Raskolnikow - Arms Against Fury: Magnum Photographers in Afghanistan. Ein Land, in dem Träume und Albträume wahr werden. Beeindruckende Gesichter, Alltagsszenen und Landschaften aus sechs Jahrzehnten. (240 S., 37.90 €)

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Ellen Kositza - Tho­mas Vogel/Thomas Kun­ze (Hrsg): Oh Du mein gelieb­ter Füh­rer! Per­so­nen­kult im 20. und 21. Jahr­hun­dert, 336 S., 19.90 €. Kein Bild­band, aber ein Buch mit reich­li­cher Bebil­de­rung. Das hier vor­ge­stell­te Pan­op­ti­kum der kul­tisch ver­ehr­ten Poten­ta­ten reicht von den drei berüch­tigs­ten Dik­ta­to­ren über Ceau­ses­cu, Hod­scha und Tito, bis zur nord­ko­rea­ni­schen  Kim-Dynas­tie und, ja, Nel­son Man­de­la. Die zere­mo­ni­el­len Prak­ti­ken glei­chen sich seit Jahr­tau­sen­den, allein die Mit­tel und Metho­den vari­ie­ren. „Was ver­lei­tet Men­schen dazu, sich einem Per­so­nen­kult hin­zu­ge­ben oder ihn zu tole­rie­ren?“, fra­gen die Her­aus­ge­ber. Heu­te, dies neben­bei, folgt die Mensch­heit Per­sön­lich­kei­ten ande­ren Schlags (Jus­tin Bie­ber: 47 000 000, Lady Gaga 41 000 000 „Fol­lower“).

Nils Weg­ner – Peter Bes­te: True Nor­we­gi­an Black Metal (208 Sei­ten, 36.87 €). Auch, wenn die Sze­ne mitt­ler­wei­le größ­ten­teils im main­stream ange­kom­men ist: Es fin­det sich noch immer kaum eine – auch qua­si-phi­lo­so­phisch – radi­ka­le­re Musik­rich­tung als Black Metal. Wer nicht nur die Klän­ge, son­dern auch die dahin­ter­ste­hen­den Gedan­ken (soweit vor­han­den) rezi­piert, fin­det dar­in schnell eine ästhe­ti­sche Fun­da­men­tal­op­po­si­ti­on gegen Bür­ger­lich­keit und Libe­ra­lis­mus (also das klas­si­sche „Spie­ßer­tum“!). Alex Kur­ta­gic wit­tert in der Musik gar die post­mo­der­ne Vari­an­te einer „Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on“. Mei­ne eige­ne Black Metal-Pha­se habe ich bereits mit 16, 17 Jah­ren hin­ter mich gebracht, doch Peter Bes­tes Bild­band bie­tet mit sei­nen schö­nen Auf­nah­men bewußt auf häß­lich getrimm­ter Men­schen den­noch Erin­ne­run­gen und Aus­bli­cke in zuwei­len höchst radi­ka­le For­men der Verneinung.

Erik Leh­nert - In Ber­lin Bur­les­que. Gla­mour, Kunst, Ver­füh­rung zeigt uns Paul Green eine Aus­wahl (118 Sei­ten, 19.90 €) sei­ner Bil­der aus der Ber­li­ner Bur­les­que-Sze­ne, die seit eini­gen Jah­ren für Furo­re sorgt. Bur­les­que ist, ent­ge­gen man­chen Vor­ur­tei­len, eine äußerst niveau­vol­le Art der Unter­hal­tung, die ihre Gren­zen kennt.

Mar­tin Licht­mesz - Andrej Tar­kow­skij: Die ver­sie­gel­te Zeit. Neu­aus­ga­be der Schrif­ten des legen­dä­ren rus­si­schen Regis­seurs (1932–1986) über “Kunst, Ästhe­tik und Poe­tik des Films”, mit einem Vor­wort von Domi­nik Graf und vie­len Sze­nen- und Werk­fo­tos. Ein grund­le­gen­des ästhe­ti­sches Mani­fest (nicht nur zum Film!) eben­so wie eine unent­behr­li­che Ein­füh­rung und Ver­tie­fung in die mys­tisch-meta­phy­si­schen Bild­wel­ten Tar­kow­skijs, deren Wucht, ein­mal erfah­ren, einen nicht mehr los­läßt. (376 Sei­ten, 24.90 €) 

Götz Kubit­schek – Hans Becker v. Sothens Bild-Legen­den. Fotos machen Poli­tik (272 Sei­ten, 19.90 €, Ares-Ver­lag). Ein lehr­rei­ches Buch über Bild­fäl­schun­gen, Retu­schen und Insze­nie­run­gen, die alle­samt beim Betrach­ter ein gewünsch­tes Resul­tat her­vor­brin­gen soll­ten: Ver­in­ner­li­chung einer his­to­ri­schen Schlüs­sel­si­tua­ti­on durch ein per­fek­tes Bild.

Bene­dikt Kai­ser – Autoren­kol­lek­tiv: MYAL – Mein Alep­po – My Alep­po (288 S., 53 €). Der mehr­spra­chig kom­men­tier­te Bild­band zur tra­di­ti­ons- und kul­tur­rei­chen syri­schen Metro­po­le zeigt die mal quir­li­ge, mal medi­ter­ran gemüt­li­che Stadt und ihre Bewoh­ner – Sun­ni­ten, Ala­wi­ten, Chris­ten usw. – in ihrem all­täg­li­chen Leben. Das fas­zi­niert und weckt die Begier­de, das Land und sei­ne Leu­te ken­nen­zu­ler­nen. Allein, der Band ist von 2011 und weni­ge Wochen nach Druck­le­gung ris­sen Regime­geg­ner und isla­mi­sche Fun­da­men­ta­lis­ten das auto­ri­tär, aber säku­lar regier­te Land in den Stru­del des andau­ern­den Bür­ger­krie­ges. Beklem­mend daher die prä­sen­tier­te Viel­falt Alep­pos, weil unge­wiß ist, was nach Ende der Kämp­fe davon übrig blei­ben wird.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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