Kirchweyhe und Daniel S. im Schulunterricht

von Ludger Manns (Gymnasiallehrer, Hessen)

Geschichte und Gemeinschaftskunde in der 11. Klasse eines Gymnasiums, wie immer zu Beginn der Stunde:...

die Schü­ler anhand von Stich­wör­tern über Vor­gän­ge in Poli­tik und Gesell­schaft infor­mie­ren. Tafel­an­schrieb heu­te: links Back­nang, rechts Kirch­wey­he.

Auf die Fra­ge, ob die Klas­se etwas mit die­sen Orten anfan­gen kön­ne und ob sie dies mit aktu­el­len Nach­rich­ten ver­knüp­fen kön­ne, kommt es zu fol­gen­dem Ergeb­nis: drei Vier­tel der Schü­ler haben etwas von “Back­nang” mit­be­kom­men, der Infor­ma­ti­ons­grad bewegt sich zwi­schen “Brand­ka­ta­stro­phe”, “Tod einer tür­ki­schen Groß­fa­mi­lie” bis hin zu der Ver­mu­tung, da sei “irgend­was mit Rechts­extre­men, die tür­ki­sche Häu­ser anzünden”.

Kur­ze Ver­tie­fungs­pha­se, den Schü­lern wird deut­lich, daß “Back­nang” eine unge­heu­re media­le und poli­ti­sche Prä­senz erleb­te. Und “Kirch­wey­he”? Ein Schü­ler sagt, er hät­te über einen Fern­seh­sen­der gehört, daß dort ein jun­ger Mann bei einer Schlä­ge­rei getö­tet wor­den sei.

Ich mache einen Info­block, die Schü­ler bekom­men die bis­lang bekann­ten Fak­ten ver­mit­telt. Anschlie­ßend ver­tie­fe ich noch­mals, war­um das eine in aller Mun­de sei und das ande­re eigent­lich nur in Inter­net­por­ta­len ver­öf­fent­lich und  dis­ku­tiert werde.

Nach einer Besin­nungs­pau­se kom­men vor­sich­ti­ge Ant­wor­ten der Schü­ler: Ja, es sei doch so, daß man eben bei Deut­schen nicht dar­über rede, die sei­en “irgend­wie Opfer”. Stück für Stück löst sich eine Zurück­hal­tung, meh­re­re mel­den sich zu Wort, berich­ten plötz­lich von eige­nen Erleb­nis­sen, Mäd­chen berich­ten von Anpö­be­lei­en, einer zieht sogar den his­to­ri­schen Ver­gleich:  “War­um  müs­sen wir uns wegen damals eigent­lich immer alles gefal­len las­sen” – in der Klas­se ist etwas auf­ge­bro­chen, die Stim­mung ist ganz anders, hier kann für einen flüch­ti­gen Augen­blick das gesagt wer­den, was sonst immer ver­drängt oder unter­drückt wer­den muß.

Ein kur­zer Moment im Unter­richt, der viel­leicht bald wie­der unter der Flut neu­er face­book und Twit­ter Mel­dun­gen ver­geht wie eine Spur im Sand, wenn das Meer kommt.

Aber drei Din­ge blei­ben hän­gen: Die Schü­ler haben gelernt, daß die Medi­en nach eige­nen Maß­stä­ben infor­mie­ren; sie haben gelernt, daß man trau­ri­ge und bedrü­cken­de Ereig­nis­se nicht ver­schwei­gen muß, und sie haben gelernt, daß sie sich auf eine Welt ein­stel­len müs­sen, in der man kei­ne Rück­sicht auf sie nimmt… Schö­ne Wor­te hel­fen ange­sichts der kom­men­den Sze­na­ri­en nicht mehr.

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Kommentare (26)

Kurt Schumacher

22. März 2013 13:28

Herr Manns, ich sage Respekt! Ein Gymnasiallehrer, mit dem ich befreundet war (er ist inzwischen an Krebs gestorben), hatte einmal etwas ähnliches im Unterricht gewagt. Es ging ebenfalls um Ausländer. Seine Schüler reagierten durchaus positiv, gingen befreit aus sich heraus, genau wie bei Ihnen - bis auf einen. Der hörte genau zu, schwieg und schrieb alles mit. Anschließend denunzierte er den mutigen Lehrer beim Verfassungsschutz. Eine Disziplinarmaßnahme war die Folge. Und dann rückten die Kolleginnen und Kollegen von ihm ab. Er galt plötzlich als "Rechter", konnte damit nicht umgehen und verbitterte.

Man wundert sich. Eigentlich müßten ja die Schüler von heute viel schlauer sein! Sie haben ja das Weltnetz, aus dem sie alle nur denkbaren Informationen schöpfen könnten... Eigentlich! Aber mit dem Strom zu schwimmen, ist eben leider für die meisten bequemer.

Harn Drang

22. März 2013 13:52

Bleibt zu hoffen, dass es einen Ludger Manns nicht gibt. Der bliebe nach dieser Veröffentlichung nicht lange Lehrer.

godeysen

22. März 2013 13:58

Wie lange wird Herr Manns Gymnasiallehrer in Hessen bleiben dürfen?

Götz Kubitschek

22. März 2013 14:25

ich stelle mal eines klar: karlheinz weißmann ist auch noch lehrer, und ich kenne weitere, die so etwas in ihren unterricht einfließen lassen. vielleicht muß man den ein oder anderen ruppigen kommentar im kollegium oder von einer antifa-pfeife auf dem schulhof ertragen, aber einen lehrer an die luft zu setzten: das ist nicht so einfach. es gibt grundrechte, und wir leben in einem zwar rigiden, keinesfalls aber totalitären staat. also: mehr mut, weniger kopf-in-den-sand-kommentare.

jak

22. März 2013 14:27

Zunächst muss ich mich den Vorrednern anschließen. Ich kann nur hoffen, dass Sie unter Pseudonym schreiben, denn die PC-Blockwarte lesen hier vermutlich mit. Zu meiner Schulzeit gab es Lehrer, die versuchen Ihre Schüler ernst zu nehmen, leider selten. Da kam im Politikunterricht nur die linke Seite des Tafelbildes vor ("Nazis", "Repsen", Leitkulturdebatte: "Soso, was soll denn diese deutsche Kultur sein und wen sollen wir führe wie anno dazumal", usf.)...

Hamburger-Jung

22. März 2013 14:38

Freit sehr, daß Sie das Thema auf diese Art und Weie aufgegriffen haben.
Zunehmend werden wir von idelogisch geprägten Medien für dumm verkauft. Man spührt es immer mehr. Wieso geißeln die Deutschen Medien ihr eigenes Volk mit derartigem Selbsthass? Unterdrücken intelligente Leute mit ihrer Meinung, die die Liebe zu Ihrer Heimat haben. Stattdessen unterstützt man zunehmend die Gruppen und multikulturellen Zuwanderer mit Hass auf Deutschland. Ich verstehe dieses Land immer weniger. Die Entwicklung ist zutiefst traurig. Dabei könnten wir so stolz auf unsere erschaffenen Werte sein: Unser freiheitlich demokratisches Grundgesetz, unsere Gesellschaftsordnung wo jeder das zum Ausdruck bringen kann was er denkt, wobei das immer mehr unter Beschuß gerät.

Helmut Harringa

22. März 2013 14:58

Ich bin auch Lehrer an einem Gymnasium, u.a. für Geschichte. Man genießt im Klassenzimmer große Freiheiten. Auch die Lehrpläne lassen immer noch eigene Schwerpunktsetzungen zu. Man legt den Schülern einfach historisch gesichertes Material vor und lässt sie dann ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen. Das ist ganz im Einklang mit den aktuellen fachdidaktischen Moden. Von sich aus äußern die Schüler selten linke Ansichten, die meisten folgen ihren natürlichen Instinkten und ihrem gesunden Menschenverstand. Wenn es um die Befreiungskriege, das Kaiserreich oder den 1. Weltkrieg geht, kann man durchaus die eigene Nation im positiven Licht darstellen. Auch eine Doppelstunde zum Bombenkrieg und zur Vertreibung kann man machen. Dafür bekommt man auch kein Disziplinarverfahren.

Petrus Urinus Minor

22. März 2013 14:59

@Götz Kubitschek

Das sehe ich mittlerweile anders.

Rumpelstilzchen

22. März 2013 15:25

Der Defätismus und das Geunke einiger Foristen hier kotzt mich an.
Als Lehrer kann man Tacheles reden und die ehrlichen Lehrer sind bei den Schülern sehr beliebt.
Die hier vorschnell den Schwanz einziehen befinden sich in geistiger Nähe zu Denunzianten. Weiß nicht, was widerlicher ist. Vermute, die haben keine Kinder. Ich unterstütze jedenfalls jeden aufrechten Lehrer. Das kann man auch als Eltern.
Und Lehrer sind sehr dankbar für diese Resonanz.

Ohne Führerschein

22. März 2013 16:42

Es wäre interessant zu erfahren wie die Zusammensetzung der Klasse ist und ob es sich eher um ein ländliches oder urbanes Umfeld handelt, was Herr Manns aber wohl aus Gründen des Datenschutzes nicht wird sagen dürfen.

Meine Schulzeit war u.a. geprägt von Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Solingen, der "Kampf gegen Rechts" noch in seiner Einführungsphase. Zeitgleich wurde meine Schule von sog. "Schulfemden" frequentiert, es kam teilweise zu unschönen, teils auch gewaltätigen Szenen. Wer sich ein wenig auskannte wusste dass diese Fremden keinesfalls so fremd waren wie man vorgab, es handelte sich zumeist um "Bekannte" von Schülern denen "Chancen" geboten wurden, die aber nur in Ausnahmefällen auch genutzt wurden.

Ein älterer Lehrer, Typ Sozi Alter Schule, versuchte, ähnlich Herrn Manns, den Knoten ob der Diskrepanz zwischen erlebter Realität und dem Lichterketten-Hype im Kopf der Schüler zumindest etwas zu lockern.

Als direkt befreiend empfand ich die Diskussionen seinerzeit nicht, es wurde angeregt und durchaus kontrovers diskutiert. Merkwürgerweise fühlten sich einige Mitschüler mit nicht einschlägigem Migrationshintergrund von meiner damaligen Argumentation auf den Schlips getreten. Die Mehrheit der Klasse war allerdings Deutsch, sodaß mir bzgl. des Klassenverbund keine direkten Nachteile erwuchsen, die ideologische Polarisierung war wohl seinerzeit auch noch nicht so extrem. Im Gedächnis ist mir die Antwort des Lehers auf meine Frage, ob denn die div. Sonderrechte für Minderheiten nicht langsam die Freiheit der Mehrheit bedrohen, gewitzt-solomoisch entgegnete: "Über diese Frage kann man nachdenken". Für meine Leistungen bekam ich durchgehend die Note 2.

Das änderte sich als der Lehrer durch eine etwa gleichaltrige Lehrerin ausgetauscht wurde. Ebenfalls Sozi, aber von der Sorte mit lila Halstuch. Aus der 2 wurde innerhalb eines Halbjahres eine 4, meinen Mitstreitern erging es ähnlich. In dem Moment wurde mir zum ersten mal klar dass ich aufgrund meiner Meinung und nicht etwa meiner Leistung schlecht bewertet wurde.

Dem Alt-Sozi bin ich u.a. vorallem dafür dankbar, dass er uns Diskussionskultur beibrachte. Noch heute profitiere ich im Arbeitsleben davon. Zu meiner Überraschung ist selbst heutigen Mitdreissigern oftmals unbekannt dass man durch simples Heben des Finger das Wort in einer Diskussion erteilt bekommen kann, Reinbrüllen halten viele offenbar für effektiver oder zumindest effektvoller.

Meinem Geschichtslehrer bin ich noch heute dankbar dafür dass er den Nationalsozialismus in einem Affentempo durchhechelte, dafür aber die Vorkriegszeit umso intensiver behandelte. Fast unmerklich hatte er entscheidende Grundlagen gelegt und mein Interesse an Zeitgeschichte ist noch heute ungebrochen. Durch besonders intensive Beschäftigung mit best. Inhalten bzw. Beschränkung auf das vorgeschriebene bei anderen Inhalten kann man das Korsett des Lehrplans wohl doch ein wenig zum Wohle der Schüler dehnen.

Der Sozi-Lehrerin bin ich in besonderer Weise dankbar, sie hat mir die Augen geöffnet und entscheidend zur Festigung meines damals eher aus dem Bauchgefühl heraus formulierten Weltbildes beigetragen. Das meine ich übrigens nicht ausschliesslich sarkastisch, bei Gesprächen mit Ex-DDR Bürger fällt mir noch heute immer wieder auf dass diese, unabhängig von konkreten Positionen, eher auf meiner Wellenlänge diskutieren. Dass die eigene Meinungen sanktioniert und unterdrückt wird scheint mir eine prägende, über viele Gräben hinweg verbindenden Erfahrung zu sein.

Herrn Manns ist ausdrücklich dafür zu danken seinen Schülern die helle Seite der Medaillie aufzuzeigen, daran dass sie die dunkle bereits kennen zweifle ich nämlich keinen Augenblick. Während es bei mir der Schatten unter einem ansonsten vergleichsweise wolkenfreien Himmel war der mich prägte, könnte es bei Herrn Manns Schülern das Licht in der Dunkelheit sein das ihnen hoffentlich zu der Erkenntnis verhilft dass es noch eine andere Welt ausser der "politisch-korrekten" gibt.

Peter Niemann

22. März 2013 17:44

Diese Diskussion beobachtend stelle ich fest, dasz es mit uns Rechten nicht weit her ist. Wir werden weiterhin an uns selber scheitern.
Man lese sich doch viele der Kommentare einmal durch: Es werden Erfahrungen geschildert von Denunziation, es wird aengstlich vor einem Disziplinarverfahren gewarnt, es wird die Benutzung eines Pseudonyms empfohlen etc.
Dabei sollten wir Rechte/Konservative mit erhobenem Kopf in die Menge treten, im Wissen, dasz wir im Recht sind, im Wissen um unsere Weitsicht. Wir sollten keine Angst haben unseren Namen zu nennen und keine Angst vor kleinen gesellschaftlichen Steinchen, die man uns in den Weg legen koennte. Zitternd werden wir nicht ernst genommen werden.

Saxnot

22. März 2013 17:49

Wo gibt es das schöne George-Orwell-Plakat? Das würde ich mir gerne in Büro hängen.

Theosebeios

22. März 2013 18:08

Noch ein kleiner Beitrag zum Unterricht, Herr Manns. Ich unterhielt mich kürzlich mit der Statistikerin des PP einer deutschen Großstadt über die Kriminalitätsentwicklung in einem Stadtviertel. In diesem gab es bis vor zehn Jahren eine ausgeprägte türkische Bandenaktivität. Das war ihr nicht bekannt, weil das verfügte Schweigekartell vor und nach Zerschlagung der größten Bande entsprechende Lageberichte, die versehentlich weitergegeben werden könnten, sehr - wie soll man das formulieren - reduziert hat. Aber ihr fiel doch etwas auf. Ihre Eltern wohnen nämlich in diesem Viertel und beklagten sich bei ihr immer wieder, dass sie von "Türken" belästigt würden. Leider könne sie ihnen nicht verständlich machen, klagte die Kollegin, dass sie doch "genauso gut von Deutschen belästigt" werden könnte. Natürlich, möglicherweise geschähe dies sogar noch "belästigender"!
Die (didaktische) Frage wäre nun, ob wir (beispielsweise) auch dem türkischen Gemüsehändler, der sich von Deutschen belästigt fühlt, beibringen sollten, dass er doch auch von seinen Landsleuten belästigt werden könnte. Diese Frage kann heute von niemandem mehr bejaht werden. Das notwendige Nein bringt den linientreuen Jedermann in eine Dissonanz, die sofort erkannt wird und beseitigt werden muss. Wer sich an dieser Stelle dem Gespräch nicht entziehen kann oder will, muss belegen, dass hier zwei ungleiche Sachverhalte vorliegen, die ungleiche, ja entgegengesetzte Reaktionen erfordern. Es gilt nun, den Kampfbegriff Rassismus zu umgehen, der definitorisch nicht gegen die Mehrheit in Anschlag gebracht werden können soll. Dies gilt auch für den Vorfall in Kirchweye. Dabei sollte es auf unserer Seite ausdrücklich nicht um eine spekulativ vorweggenommene Bewertung gehen, die schließlich die Justiz vorzunehmen hat. Es geht allein um eine faire Berichterstattung. Man sollte sich auch nicht scheuen, die Konstellation in anderer Weise (z.B Opfer in Kirchweyhe sei ein deutscher Jude) zu variieren. Die Medien sind es, pointiert gesagt, den nichtdeutschen Opfern schuldig, auch nichtdeutsche (Gewalt-)Täter zu benennen. Wenn sich die Argumentation auf die mediale Darstellung beschränkte, liefe der Vorwurf der Gegenseite (Provokation, Instrumentalisierung) ins Leere bzw. wendete sich gegen sie selbst.
Eine Medienanalyse solcher Fälle liefert nahezu risikolose Aufklärungsmöglichkeiten im Unterricht, wenn man etwa die übliche Berichterstattung (fremde Opfer, deutsche Opfer) miteinander vergleicht. Insoweit sehe ich einen beachtlichen Rückzieher im Kommentar des SZ-Journalisten Wiegandt, der seiner überforderten Kollegin beispringen musste (siehe meine letzten Kommentare zu Kirchweyhe). Ich bin mir sicher, dass gescheite Oberstufenschüler (trotz der Bosselmannschen Skepsis hinsichtlich seines früheren Betätigungsfeldes) diese Rochaden erkennen und richtig bewerten können, während der Lehrer gelassen zuhört.

Christoph Nahr

22. März 2013 18:50

Hut ab, Herr Manns! Die Medien-Gleichschaltung so zu durchbrechen, das ist Aufklärung im besten Sinne. Etwas Besseres kann Schülern im Unterricht nicht passieren. Ganz egal was nun passiert, darauf können Sie stolz sein, und Ihre Schüler werden es Ihnen später danken.

Da wir in Erinnerungen schwelgen: ich erinnere mich selbst an einen Geschichtslehrer, der eine launig-patriotische Lesart der deutschen Geschichte vertrat. Wir Schüler fanden das meistenteils amüsant und keineswegs anstößig. Es setzte sich dennoch prompt ein linker Aktivist in die Klasse, wo er eigentlich nichts verloren hatte, offenbar um besagten Lehrer zu "überwachen" und einzuschüchtern. Hat meines Wissens aber für den Lehrer keine negative Folgen gehabt, und dieser hat ihn schließlich der Klasse verwiesen.

Fredy

22. März 2013 18:52

@Rumpelstilzchen

"Die Schüler" gibt es nicht. Es genügt ein Volltrottel, der sich beschwert. Dann kommt die Lawine ins Rollen, und zwar von allen Eltern und Lehrern. Es wollen alle immer die Guten sein.

Sie dürfen schonmal sparen wenn der gute Lehrer arbeitslos ist. Oder lehnen Sie sich grad zu weit aus dem Fenster?

@Kubitschek

Die Staatsgläubigkeit muß man euch Konservativen mit der Rute austreiben.

Toni Roidl

22. März 2013 19:02

Ich habe durch Unterrichtsprojekte und Familie viele Kontakte zu Schülern der Mittel- und Oberstufe verschiedener Schulformen.

Meine Erfahrungen sind:
a) dass die Jugendlichen sehr kritisch zwischen politisch-ideologischen Lektionen und ihrer Lebenswirklichkeit differenzieren.
b) dass es einen großen Unwillen gegen Indoktrination gibt, die sie instinktiv als solche erkennen.
c) dass die Schüler oft nicht genau benennen können, was konkret an der Indoktrination durch linke Lehrer falsch ist, sie aber ein untrügliches Gefühl dafür haben, das etwas nicht stimmt.
d) dass der Wunsch nach einer positiven Identifikation mit der eigenen Kultur und Geschichte sehr groß ist.

Viele sagen das in der Klasse nicht offen, aber wenn man etwas bohrt, bricht es sich Bahn.

Citizen Kane

22. März 2013 19:38

Habe gute Erinnerungen an meine Schulzeit, was den Geschichts- und Politikunterricht betraf.
Mein Politiklehrer, Typ ehemaliger Soldat, Pfeife rauchender Jazzkeller Linker, was in den 70gern schon sehr angestaubt war, gab mir als Einzigem, zwar auch die Nonkonformistenuniform tragenden, aber doch Konservativen in der Klasse, jedenfalls dem einzigen, der mit diskutierte, immerhin eine Zwei.

Mein linkester Klassenfreund,
-meine Cluique bestand aus MaoistenInnnen, LeninistenInnen, TrotzkistenInnen, usw. bis auf mich, und eine weitere Ausnahme, in Gestapo Ledermantel (ehrlich!) Landserhefte lesender , ansonsten schweigender Sohn eines Waffen-SSlers ( potentieller Amokläufer, das war damals aber noch nicht angesagt) -

erhielt von unserem Geschichtslehrer, CDU Stadtrat und Korvettenkapitän der Reserve, für ein sehr US-kritisches Referat über den Vietnamkrieg eine Eins.
Wir haben diskutiert und politisiert ohne Ende - auch im Unterricht, der Kunstunterricht bot sich da besonders an - und waren trotzdem Freunde . Befürchte, einige Defizite sind in dieser Zeit entstanden.

Eine heute nicht mehr vorstellbare Meinungsfreiheit, wer hätte das gedacht.

Allerdings spürte man schon diese typische ironische Überheblichkeit des sich auf der einzig richtigen Meinungsseite, im Aufwind des Zeitgeistes wähnenden Linken.

Einige Foristen und Herr Kubitschek sehen es ja wohl doch nicht so schwarz. Gott sei Dank! Lese wohl zu viel rechtspopulistisches, wenn nicht gar rechtsextremes Zeugs.

PS.: Die Maoistin Mary Lou (Marie Louise) bereitet uns mit unverhohlenem Stolz darauf vor, bald mit ihrem Freund mit eigenem Käfer vorzufahren. Eine deutsche Maoistin jener Zeit eben.

Carabus violaceus

22. März 2013 20:25

Da gerade das Städtchen Hoyerswerda im Spiel war, möchte ich mal auf folgenden Artikel hinweisen:

https://www.wochenkurier.info/suedbrandenburg/staedte-gemeinden/seenland/hoyerswerda/nachrichtendetails/obj/2013/03/20/denk-mal-kurz-darueber-nach-hoyerswerda/

Während anderswo über die "dunkle Seite der Medaillie" geschwiegen wird, soll das Gedenken an 91 sprichwörtlich "zementiert" werden.

Interessant ist hierbei: "...ebenso war die Mehrheit dagegen, überhaupt in dieser Form an 1991 erinnern zu wollen...", wie im Leserbrief der Administratoren der Facebook-Seite steht.

Martin

22. März 2013 21:43

... für ein sehr US-kritisches Referat über den Vietnamkrieg eine Eins.

Für ein US-kritisches Referat hätte man von meinem erzlinken, 68er-Arschloch-Geschichtslehrer auch eine Eins bekommen (sorry, ein milderer Ausdruck passt für diese Type nicht).

Er ist fast ausgeflippt, weil damals, in den 80er Jahren, einer bei uns im LK offen mit den damals neuen Republikanern sympathisiert hatte und damit war der ganze Kurs für ihn gestorben.

Was war es für eine Genugtuung, dass nur ca. ein dreiviertel Jahr, nachdem er zu uns gesagt hat, "Das mit der Wiedervereinigung werdet ihr nie erleben ...", die Mauer gefallen ist.

Zum Thema:

Alle historischen Taten, sagte der Notar, werden für den Schulgebrauch anders dargestellt. Es ist auch so richtig, meiner Meinung nach. Die Kinder brauchen Beispiele, die sie begreifen, die sich ihnen einprägen. Die richtige Wahrheit erfahren sie dann später. (Aus: "Radetzkymarsch" von Joseph Roth, als sich der "Held von Solferino", von Trotta, über eine falsche Darstellung seiner Heldentat in einem Schulbuch aufregt).

Schule gibt zumeist das wieder, was politisch gewollt ist. Umso mehr Respekt zolle ich den wenigen Lehrern - oder soll ich besser sagen, ewigen Studienräten? Denn eine Beförderung ist dann ja meist ausgeschlossen - die versuchen, es den Kindern zu ermöglichen, sich die Fähigkeit anzueignen, eine eigene Meinung bilden zu können.

Gottfried

23. März 2013 08:49

@ Martin

"Für ein US-kritisches Referat ..."

Heute käme ich als Rechter und radikaler Gegner der "Menschen"rechtsdiktatur der VSA/VN/NATO/EU auch in Versuchung, wenn ein Schüler den Krieg der Albright gegen das serbische Volk, den Überfall auf Libyen, den Massenmord im Irak und das aktuelle Zündeln in Sachen Syrien geißelte.

Äthersau

23. März 2013 09:29

Also wenn ich mir vorstelle, daß wir 1989/90 im Geschichtsunterricht noch ungestört über die Rückgabe der Ostgebiete diskutiert haben. Und das bei einem linksliberalen Lehrer...

FK

23. März 2013 09:50

@Kubitschek, der Beamte hat sich im Gegensatz zu seinem angestellten Kollegen stets aktiv für die FDGO einzusetzten. Das Problem : Über die Begriffsinhalte freiheitlich und demokratisch entscheiden die Anderen. Schreibe ich über Kirchweyhe anders als im vorgegebenen Gegen-rechts-Modus, dann stehe ich heutzutage nicht mehr auf dem Boden unserer demokratischen Ordnung, sondern instrumentalisiere einen Einzelfall in aufhetzerischer Absicht. Das ist für einen Beamten allemal ein Diszi und hochnotpeinliche Befragungen mit anschließender Ächtung wert..
Und wen sie loswerden wollen, den werden sie los. Geschissen aufs Gesetz.
Nicht totalitär ? Weil man nicht erschossen wird ?

Biobrother

23. März 2013 12:37

"Für ein US-kritisches Referat hätte man von meinem erzlinken, 68er-Arschloch-Geschichtslehrer auch eine Eins bekommen .."

Wir hatten auch eine derartige Geschichtslehrerin, sie war zwar gar nicht mal unnett, aber fanatische SPD-Anhängerin (vermutlich wohl vom linken Rand), hatte über Marx promoviert und bekam zuverlässig glänzende Augen, wenn es um die russischen Bolschewiki ging. Um unsere politische Einstellung näher zu ergründen, wurden wir natürlich auch gefragt, was wir denn so wählen würden, und die Krönung war dann eine schriftliche Frage zur Bewertung des Kriegsendes (2. WK) für Deutschland (Befreiung oder Katastrophe?). Was angesichts der vorherigen Penetranz zur Folge hatte, dass wirklich alle, auch der einzige Türke im Kurs, aus purer Bosheit für "Katastrophe" plädierten. Obwohl unsere damalige Argumentation sicher eher mäßig gut war, war der Effekt doch durchschlagend. Sie hat danach nie wieder ihre alte Form erreicht. ;-)

Einfallspinsel

23. März 2013 15:14

Hervorragend. Doppelt hervorragend:
1. In Bezug auf Kompetenzorientierung
2. In Bezug auf nationale Ziele

Das was der Lehrer machte ist problemlos möglich. Und dagegen kann NIEMAND etwas sagen. Es ist im Sinne der Kompetenzorientierung vollkommen abgesichert und auch didaktisch einwandfrei zu legitimieren.
Wer will da widersprechen?

Das Problem ist, dass andere Lehrer einen solchen Stundenentwurf gar nicht hinbekommen, weil Ihnen selbst die entsprechende Dekonstruktionskompetenz fehlt.

Was im Mikrobereich der Schulklasse passierte:
"– in der Klasse ist etwas aufgebrochen, die Stimmung ist ganz anders",
müssen wir in der Gesellschaft erreichen ! Wir müssen dieses ganze vermoderte System aufbrechen, damit es wieder Regungen gibt. Und man sieht also: Es gibt diese Regungen noch. Wir müssen sie hervorkitzeln !
Dies ist auch eine sozialpsychologische Frage, über die es lohnt nachzudenken. Herr Müller Vom Amt, der Kubischek am Tel. "warnte", weiß das auch und deshalb meldeten sie sich bei ihm. Ein sehr gutes Mikroeperiment, das Mut macht:
"in der Klasse ist etwas aufgebrochen>Aufbrechen und Aufbrechen !"

Ellen Kositza

23. März 2013 23:07

Theosebios,
"Man sollte sich auch nicht scheuen, die Konstellation in anderer Weise (z.B Opfer in Kirchweyhe sei ein deutscher Jude) zu variieren. "

Irrtum, das bringt unter Umständen genauso wenig, wie wenn man herausfände, daß das Opfer Klimaschützer, Gleichstellungsaktivist o.ä. wäre.

Vor über einem Jahrzehnt war ich als Reporterin mit dem brutalen Mord an dem 23 jährigen Offenbacher Robert Edelmann beschäftigt. Das Setting war fast identisch mit dem in Kirchweyhe: Die Täter pöbelten in der S-Bahn und stachen Edelmann dann vor den Augen seiner Freunde am Bahnhof Frankfurt-Giesheim ab. Ich seh noch genau vor mir, wie Rädelsführer Semere T., der längst wieder auf freien Füßen wandelt, vor Gericht die Eltern und Schwester von Edelmann hohnlachend beleidigte, das war ein Auftritt! Absolut vergleichbar mit den Schmähungen gg. Daniel S. nun auf facebook. Und so hätte man die Konstellation seiner Zeit auch begreifen können: Die Täter stammten aus Eritrea, Jordanien, Markokko und der Türkei, waren aber "Deutsche", das Opfer war, in der Tat, ein Jude. Keine Ahnung, wie das statistisch erfaßt wurde. Am Ende als antisemitische Gewalt, verübt von Deutschen?

Götz Kubitschek

24. März 2013 07:32

Diskussion geschlossen.
Gruß! Kubitschek

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