Skandinavische “Integrationsprobleme” (1)

Vor ein paar Tagen kam ich mit einer sehr jungen, in Wien arbeitenden Schwedin ins Gespräch, die gerade auf dem Weg ist,...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

eine Kar­rie­re in inter­na­tio­na­len poli­ti­schen Netz­wer­ken ein­zu­schla­gen. Wie vie­le Skan­di­na­vi­er wirk­te sie recht brav, ordent­lich und ange­paßt, viel­leicht sogar eine Spur zu artig, sodaß mir im ers­ten Moment der böse Gedan­ke kam, sie wer­de zwei­fel­los ein­mal eine gute und rot­ba­cki­ge Sol­da­tin der Neu­en Welt­ord­nung abgeben.

Schwe­den ist nun eines die­ser Län­der, zu denen ich durch inten­si­ve Freund­schaf­ten und per­sön­li­che Affi­ni­tä­ten eine sehr emo­tio­na­le Bezie­hung habe. Sei­ne lau­fen­de Selbst­zer­stö­rung beob­ach­te ich seit eini­ger Zeit mit dem­sel­ben Schmerz, mit dem ich auch auf Eng­land, Frank­reich, Deutsch­land und mein eige­nes Hei­mat­land bli­cke. Die­se wird in den skan­di­na­vi­schen Län­dern, in denen eine stark kon­for­mis­ti­sche Men­ta­li­tät herrscht, und kri­ti­sche Stim­men noch här­ter unter­drückt wer­den als in Deutsch­land, mit beson­ders maso­chis­tisch akzen­tu­ier­ter Ver­ve betrieben.

Schon nach nur weni­gen vor sich hin plät­schern­den Small­talk-Sät­zen unse­res auf Eng­lisch geführ­ten Gesprächs, wech­sel­te die jun­ge Frau plötz­lich in einen erns­te­ren Ton­fall: “Schwe­den ist ein schö­nes Land, aber vie­le Schwe­den den­ken nicht sehr gut über sich selbst.” – “War­um?” – “Weil es gro­ße Inte­gra­ti­ons­pro­ble­me gibt.” Die bei­nah ers­te Aus­sa­ge über ihr Hei­mat­land sprach genau jene Kom­bi­na­ti­on aus Selbst­haß und miß­glü­cken­der Ein­wan­de­rungs­pro­ble­ma­tik an, die eben nicht nur die ein­sa­me Obses­si­on von islam­kri­ti­schen Blog­gern ist.

Über die­se “Inte­gra­ti­ons­pro­ble­me” war ich bes­tens up to date. Ganz Schwe­den dis­ku­tiert zur Zeit den Ver­fall der Stadt Mal­mö, deren aus­län­di­scher Ein­woh­ner­an­teil bereits über 40% beträgt, der Groß­teil davon aus mus­li­mi­schen Län­dern stam­mend (ein aus­führ­li­cher Arti­kel fin­det sich hier und hier), und die berüch­tigt für ekla­tant hohe Kri­mi­na­li­täts­ra­ten, Vers­lu­mung, Isla­mi­sie­rung und dys­funk­tio­na­le Schu­len à la Neu­kölln ist.

Wie auch in deut­schen und fran­zö­si­schen Städ­ten, wer­den die staat­li­chen Auto­ri­tä­ten von den Mos­lems nicht respek­tiert. Selbst Feu­er­wehr­leu­te wer­den im Stadt­vier­tel Rosen­gård wäh­rend ihrer Ein­sät­ze beschimpft und mit Pflas­ter­stei­nen bewor­fen. Sie müs­sen ihre Ein­sät­ze in den “schlim­men Gegen­den” nun mit Poli­zei­be­glei­tung fah­ren. Die Zustän­de sind so unzu­mut­bar gewor­den, daß bereits Streiks erwo­gen werden.

Die eth­ni­sche Land­nah­me geht Hand in Hand mit einer aggres­si­ven Ver­drän­gung der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung. Schwe­di­sche Mäd­chen müs­sen sich an den Druck durch die Ein­wan­der­kin­der anpas­sen, um nicht als “Schlam­pen” beschimpft zu wer­den, und wer­den in ihrer Selbst­ver­leug­nung soweit getrie­ben, daß sie sich die Haa­re fär­ben, um nicht als Auto­chtho­ne iden­ti­fi­ziert zu wer­den. Selbst Main­stream-Medi­en berich­te­ten vom “Krieg gegen die Schwe­den”, den Ein­wan­de­rer­gangs nach eige­ner Aus­sa­ge gegen die wehr­lo­sen und der Gewalt nicht gewach­se­nen Ein­hei­mi­schen führen.

Die herr­schen­den schwe­di­schen Eli­ten reagie­ren mit einer Maria-Böh­mer-arti­gen Poli­tik der Ver­harm­lo­sung, des zuck­ri­gen Lächelns und des fei­gen Appease­ments. Am schwe­di­schen Natio­nal­fei­er­tag sprach Prinz Dani­el, der eher hirn­lo­se ehe­ma­li­ge Fit­ness­leh­rer und jet­zi­ge Gemahl von Prin­zes­sin Vic­to­ria, osten­ta­tiv in der Oper von Mal­mö, um die “neu­en Schwe­den” mit einem Akt lächeln­der “Will­kom­mens­kul­tur” zu begrü­ßen. Kurz dar­auf wur­de nur weni­ge Meter von dem Ver­an­stal­tungs­ort ent­fernt ein sech­zig­jäh­ri­ger “Alt­schwe­de” von einem jugend­li­chen, ara­bisch­stäm­mi­gen “Neu­schwe­den” erstochen.

In Stock­holm wer­den nach poli­zei­li­chen Anga­ben inzwi­schen bis zu fünf Ver­ge­wal­ti­gun­gen pro Tag began­gen. Auch in Däne­mark und Nor­we­gen ist in Groß­städ­ten, die stark von der Ein­wan­de­rung betrof­fen sind, ein dra­ma­ti­scher Anstieg der Ver­ge­wal­ti­gungs­ra­ten zu ver­zeich­nen. Die Täter sind zum über­wie­gen­den Teil ara­bi­scher, afri­ka­ni­scher, mus­li­mi­scher Her­kunft; die Opfer über­wie­gend ein­hei­mi­sche Frau­en, die als leich­te und ver­ächt­li­che Beu­te betrach­tet wer­den. Gates of Vien­na zitiert aus einer TV-Reportage:

“Es ist weni­ger schlimm,ein schwe­di­sches als ein ara­bi­sches Mäd­chen zu ver­ge­wal­ti­gen”, sagt Hamid, ein jun­ger Mos­lem, in einem Inter­view über die vie­len Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gun­gen in Schwe­den, in denen sich aus­län­di­sche Täter ein­hei­mi­sche Mäd­chen als Opfer suchen. “Das schwe­di­sche Mäd­chen bekommt nach­her genug Hil­fe, und wahr­schein­lich hat sie ohne­hin schon gef*ckt. Aber das ara­bi­sche Mäd­chen wird Pro­ble­me mit ihrer Fami­lie bekom­men.” (…) “Es ist nur all­zu ein­fach, eine schwe­di­sche Hure… äh, Mäd­chen, zu bekom­men”, sagt Hamm­id, und lacht über sei­ne Wort­wahl. “Ich habe nicht viel Respekt für schwe­di­sche Mäd­chen. Die wer­den ein­fach in Stü­cke gef’*ckt.”

Um den Wahn­sinn noch kom­plett zu machen: wäh­rend in Deutsch­land eine Ali­ce Schwar­zer die­se für Frau­en bedenk­li­chen Ent­wick­lun­gen wenigs­tens anspricht und scharf ver­ur­teilt, ste­hen femi­nis­ti­sche Grup­pen und Akti­vis­tin­nen in Skan­di­na­vi­en trotz alle­dem firm hin­ter einer Poli­tik der Selbst­re­la­ti­vie­rung und der“Multikulturalisierung”, die sich “anti­ras­sis­tisch” nennt, in Wirk­lich­keit aber tref­fen­der “auto­ras­sis­tisch” genannt wer­den sollte.

Mit den Ein­wan­de­rern haben sich die skan­di­na­vi­schen Lin­ken ein neu­es, fri­sches Sub­pro­le­ta­ri­at, ein “revo­lu­tio­nä­res Sub­jekt” impor­tiert, auf des­sen Rücken sie sich Pos­ten, Gel­tung, Ein­fluß und Macht ver­schaf­fen, und mit dem sie die bis­her weit­ge­hen­de eth­ni­sche und kul­tu­rel­le Homo­ge­ni­tät ihrer Gesell­schaft auf­zu­kna­cken versuchen.

Auf dem Weg zu ihren herr­li­chen, mensch­heits­er­lö­sen­den uto­pi­schen Zie­len sind die paar Ver­ge­wal­ti­gungs- und Mord­op­fer nur ver­nach­läs­sig­ba­re Kol­la­te­ral­schä­den. Die “inte­gra­ti­on pro­blems”, vor denen Schwe­den heu­te steht, wur­den in einem rela­tiv kur­zen Zeit­raum und ohne jeg­li­che Not­wen­dig­keit impor­tiert. War das Leben in der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Staats­re­gu­lie­rung schon so lang­wei­lig? Inzwi­schen sind die “Integrations”-Fragen zur rai­son d’êt­re der Innen­po­li­tik selbst auf­ge­stie­gen. Der ein­zi­ge Zweck des schwe­di­schen Staa­tes scheint heu­te nur mehr dar­in zu bestehen, im Namen eines ver­ab­so­lu­tier­ten Gleich­heits­ge­dan­kens und eines ideo­lo­gisch zuge­spitz­ten Huma­ni­ta­ris­mus die eige­ne Kul­tur und das eige­ne Volk aufzulösen.

Die Ant­wort der schwe­di­schen Regie­rung auf die­se unleug­ba­ren und schon im jet­zi­gen Sta­di­um schier unlös­ba­ren Pro­ble­me ist nun offen­bar, sie durch noch mehr Ein­wan­de­rung zu ver­grö­ßern und aus­zu­wei­ten. Dabei wird kaum ver­schwie­gen, daß damit auch jeder Ansatz einer Selbst­be­haup­tungs­po­li­tik zurück­ge­drängt wer­den soll. Schwe­dens Pre­mier­mi­nis­ter Fre­de­rik Rein­feld (der als “Kon­ser­va­ti­ver” à la CDU gilt) gab im Novem­ber zu Pro­to­koll:

… die Zusam­men­ar­beit der Kon­ser­va­ti­ven mit den Grü­nen, ist nach den Wor­ten des Pre­mier­mi­nis­ters eine Stra­fe für die Wäh­ler der Schwe­den­de­mo­kra­ten, damit sie ein für alle mal begrei­fen, daß die Flücht­lings­po­li­tik umso libe­ra­ler wer­den wird, je mehr Men­schen für die Schwe­den­de­mo­kra­ten stimmen.

Die Bot­schaft an die Wäh­ler ist, daß es kei­ne Mög­lich­keit gibt, die Ein­wan­de­rungs­po­li­tik auf demo­kra­ti­schem Wege zu ändern, denn jede Stim­me, egal für wel­che Par­tei, wird sich als Stim­me für noch mehr Ein­wan­de­rung aus­wir­ken. “Wir wer­den sie von jeg­li­chem Ein­fluß iso­lie­ren”, sag­te er, und genau dies war auch sei­ne Absicht gewe­sen, als er kurz nach den Wah­len ein Bünd­nis mit den Grü­nen in Asyl- und Ein­wan­de­rungs­fra­gen einging.

Von der “Iso­lie­rungs”- zur Aus­rot­tungs­phan­ta­sie ist es für man­che dann offen­bar nur ein Schritt. Am 24. Novem­ber illus­trier­te eine sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Zei­tung einen Leit­ar­ti­kel mit einem Car­toon, der in schöns­ter Juli­us-Strei­cher-Manier den Vor­sit­zen­den der “Schwe­den­de­mo­kra­ten” als Kaker­la­ke zeigt, im Hin­ter­grund einen her­an­rü­cken­den Kam­mer­jä­ger mit den Emble­men der eta­blier­ten Par­tei­en auf dem Tank, eine damp­fen­de Ver­ga­sungs­sprit­ze im Anschlag.

 

Das irri­tie­ren­de Motiv ist offen­bar als eine Art sar­kas­ti­sche Retour­kut­sche gemeint, da die Autorin den islam­kri­ti­schen Schwe­den­de­mo­kra­ten unter­stellt, daß, wer “Men­schen” (in die­sem Fall die mos­le­mi­sche “Bevöl­ke­rung”) als “Pro­ble­me” zu defi­nie­ren begin­ne, und anfan­ge, etwa die Kos­ten für die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen auf­zu­rech­nen, letzt­lich vor nichts halt mache: schließ­lich ver­ur­sa­chen auch doch auch “Rent­ner, Kin­der, Krebs­pa­ti­en­ten, Alko­ho­li­ker und Gewalt­tä­ter” Pro­ble­me und Kos­ten. Oder, wenn man schon bei Pau­scha­li­sie­run­gen sei, dann sei­en doch “Män­ner” all­ge­mein ein Pro­blem, denn die­se machen 88% aller ver­ur­teil­ten Straft­tä­ter aus.

War­um soll denn nun also das eine mehr Prio­ri­tät als das ande­re haben? Da doch gilt: “Alle Men­schen sind gleich!” Und wenn man sich vor dem Wachs­tum von mos­le­mi­schen Bevöl­ke­rungs­grup­pen fürch­tet, war­um nicht auch vor dem Wachs­tum von Bevöl­ke­rungs­grup­pen im Senio­ren­al­ter? Kurz: der Text ist ein schla­gen­des Bei­spiel für den geis­ti­gen Demenz­zu­stand lin­ker Jour­na­lis­ten in Skan­di­na­vi­en, der sich wohl schon jen­seits aller Dem­ago­gie bewegt, die ja eine bewuß­te Nie­der­tracht und bes­se­res Wis­sen vorsetzt.

Der Arti­kel schließt mit der Bemer­kung, daß die Schwe­den­de­mo­kra­ten offen­bar nicht an Debat­ten, etwa über die “Vor­zü­ge der Ein­wan­de­rung” teil­neh­men wol­len, aber “was kann man auch ande­res erwar­ten von einer Par­tei, deren Poli­ti­ker in der Öffent­lich­keit betrun­ken und mit Eisen­stan­gen her­um­ren­nen?” Wor­auf auch immer die Autorin hier anspielt: sie unter­schlägt, daß Anhän­ger der Schwe­den­de­mo­kra­ten bereits mehr­fach Opfer von Mord­an­schlä­gen und Gewalt­at­ta­cken durch Immi­gran­ten und Links­extre­mis­ten waren.

Sie kri­ti­siert also nicht etwa den aus­gren­zen­den Umgang der Estab­lish­ment-Par­tei­en mit der Oppo­si­ti­ons­par­tei, in wel­che Rich­tung man den Car­toon mit eini­gem guten Wil­len aus­le­gen könn­te. Viel­mehr impli­ziert er, daß es nur gerecht wäre, die Schwe­den­de­mo­kra­ten “ihrer­seits” als aus­rot­tungs­wür­di­ge Para­si­ten (was die­se indes­sen nie von den Ein­wan­de­ren behaup­tet haben) zu behan­deln – nach lin­ker Logik viel­leicht die ein­zi­ge Grup­pe, die das auch ver­dient hätte.

Dies ist das übli­che Niveau und der Ton, mit dem in Schwe­den mit ein­wan­de­rungs­kri­ti­schen Stim­men umge­gan­gen wird.

All die­se Din­ge hat­te ich im Hin­ter­kopf, als ich die jun­ge Schwe­din nach ihrem Land frag­te. Sie bestä­tig­te mir auch eine Pra­xis, von der mir ein schwe­di­scher Freund erzählt hat­te: im gan­zen Land gäbe es nun poli­ti­sche Ver­fü­gun­gen und Bestre­bun­gen, den Lie­der­ka­non der tra­di­tio­nel­len Früh­lings- und Som­mer­fes­te, die für die Nord­lin­ge eine gro­ße emo­tio­na­le Bedeu­tung haben, von all­zu christ­lich akzen­tu­ier­ten Lie­dern zu säu­bern, um mos­le­mi­sche Kin­der nicht zu “belei­di­gen” oder “aus­zu­gren­zen” – und das, obwohl das Chris­ten­tum in Schwe­den nur allen­falls noch als “Kul­tur­chris­ten­tum” übrig geblie­ben ist.

Die Gefüh­le der Ein­hei­mi­schen, die nicht nur finan­zi­ell für die immensen Kos­ten der Ein­wan­de­rung auf­kom­men müs­sen, son­dern nun auch noch ihre eige­ne Kul­tur Stück für Stück zurück­neh­men und beschnei­den, sind in die­sem Spiel natür­lich einen feuch­ten Dreck wert und womög­lich latent “ras­sis­tisch”. Wie soll­te es auch anders sein? Weder haben sie eine poli­ti­sche Ver­tre­tung, noch wie die Mos­lems ein ein­schüch­tern­des Gewalt- oder Droh­po­ten­zi­al auf ihrer Seite.

Wenn die Mos­lems dann schließ­lich die Mehr­heit stel­len und am poli­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zeß betei­ligt wer­den, set­zen ihre eige­nen Kul­tur­in­ter­es­sen unge­niert durch, ohne jeg­li­che Rück­sicht auf die “Gefüh­le” ande­rer. Im Kopen­ha­ge­ner Stadt­teil Kok­ke­dal stimm­te die mos­le­mi­sche Mehr­heit in der Ver­wal­tung eines Wohn­blocks gegen die Finan­zie­rung des all­jähr­li­chen Weih­nachts­fes­tes (Kos­ten: 8,000 Kro­nen), aber für die Finan­zie­rung einer isla­mi­schen Fest­tags­fei­er (Kos­ten: 60, 000 Kronen).

Der Weih­nachts­baum wur­de Anwei­sung des Aus­schus­ses (fünf von neun Vor­sit­zen­den sind Mos­lems) ein­fach abge­holzt; Jour­na­lis­ten, die dar­über berich­ten woll­ten, wur­den von mos­le­mi­schen Schlä­gern als “Nazis” beschimpft und mit Stei­nen beschmissen.

Die Lek­ti­on aus die­sen Vor­gän­gen soll­te klar sein: Wo die Mos­lems in der Min­der­heit sind, sorgt heu­te der “Gleich­stel­lungs-Staat” (eine offi­zi­el­le Selbst­be­zeich­nung staat­li­cher Stel­len Schwe­dens) für die Zurück­drän­gung der Ein­hei­mi­schen; wo sie die Mehr­heit stel­len, neh­men sie die Sache selbst in die Hand, alter­nie­rend zwi­schen “demo­kra­ti­schen” Wegen und Gewalt­an­wen­dung.

Etwas auf­ge­wühlt, trak­tier­te und über­for­der­te ich nun mei­ne arme, eher uner­fah­re­ne Gesprächs­part­ne­rin mit einer Rede über die mög­li­chen tie­fe­ren Ursa­chen die­ses selt­sa­men Selbst­has­ses, die­ser gro­tes­ken ideo­lo­gi­schen Ver­blen­dung. Schwe­den war ein Land, das sich nach dem ers­ten Welt­krieg noch prak­tisch im 19. Jahr­hun­dert befand. Nur gering­fü­gig belas­te­tet durch die Krie­ge und Kri­sen, die den Rest Euro­pas so furcht­bar heim­such­ten, stieg das Land seit den Zwan­zi­ger Jah­ren rasch zur “fort­schritt­lichs­ten” Nati­on des Kon­ti­nents auf, und schuf mit post-pro­tes­tan­ti­schem Fleiß einen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen, ega­li­tä­ren Wohl­fahrts­staat ohne Klas­sen­schran­ken, der aller Welt zum Vor­bild dien­te. (Pikan­ter­wei­se sah das Kon­zept der “Folk­hem­met” auch euge­ni­sche Maß­nah­men wie die Zwangs­ste­ri­li­sie­rung  psy­chisch Kran­ker vor. Ohne Zwei­fel geht auf die­se Din­ge ein guter Teil des schlech­ten Gewis­sens der heu­ti­gen Sozi­al­de­mo­kra­ten in Schwe­den zurück, das sie eif­rig über­kom­pen­sie­ren müssen.)

In den Fil­men des 1918 gebo­re­nen Ing­mar Berg­man aus den Fünf­zi­ger bis Sieb­zi­ger Jah­ren kann man noch Men­schen sehen, die qual­voll an der Fra­ge nach dem Sinn des Lebens zer­bre­chen, die eben­so unter dem Schwei­gen Got­tes und dem Zer­fall alter Gewiß­hei­ten, wie dem Erbe ihrer repres­si­ven reli­giö­sen Erzie­hung lei­den, die mit ihren Neu­ro­sen, ihrer Sexua­li­tät und ihren Lie­bes­be­zie­hun­gen kämp­fen, in end­lo­sen Grü­bel- und Diskutiermarathons.

Poin­tiert könn­te man sagen, daß die schwe­di­sche Sozi­al­de­mo­kra­tie irgend­wann auf den Gedan­ken kam, daß all die­se Bergman’sche oder Strindberg’sche Gott- und Sinn­su­che doch über­flüs­sig sei, wenn man den Men­schen nur ein mög­lichst ange­neh­mes Leben im Wohl­stand ermög­lich­te. Wer braucht noch Gott, wenn man ein Dach über dem Kopf hat und den Kühl­schrank immer voll?

Sie ver­ga­ßen, daß, wie Benn ein­mal bemerk­te, der Mensch Abgrün­de in sich birgt, die man nicht “mit Streu­sel­ku­chen und Woll­wes­ten” fül­len kann. Das wäre eine Lek­ti­on gewe­sen, die ihnen indes­sen auch Berg­man hät­te ertei­len kön­nen. Nun kamen Sozi­al­staat, Ike­ai­sie­rung, Ultra­li­be­ra­li­sie­rung, Sex­wel­le (ein­mal mehr übri­gens auf den unter­grün­di­gen Zusam­men­hang zwi­schen Pro­tes­tan­tis­mus und Por­no­gra­pie ver­wei­send) und eine all­ge­mei­ne Links­wen­de der Intel­li­genz (schon zu Ost­block­zei­ten waren schwe­di­sche Intel­lek­tu­el­le noto­ri­sche Kom­mu­nis­ten). Heu­te ist Schwe­den ideo­lo­gisch und struk­tu­rell gese­hen soet­was wie die DDR der “poli­ti­cal correctness”.

Was ist nun die so gie­rig und irra­tio­nal auf­ge­so­ge­ne und prak­ti­zier­te Ideo­lo­gie des “Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus”, die unab­läs­sig Spal­tun­gen in der noch vor weni­gen Jahr­zehn­ten homo­ge­nen und fried­li­chen Gesell­schaft indu­ziert und impor­tiert, ande­res als eine Ersatz­re­li­gi­on, die in genau jenes schwar­ze Loch ein­dringt, wo das von Berg­man beschrie­be­ne Vaku­um nicht mit Mate­ria­lis­mus und “natio­na­lem” Sozia­lis­mus zu fül­len war, wo die Schuld­ge­füh­le der Reli­gi­on nun zur “white guilt” und zum schlech­ten Gewis­sen wegen des eige­nen Wohl­le­bens und Reich­tums wurden?

Was hier geschieht, ist im Wort­sin­ne dia­bo­lisch: zuerst wird per Ein­wan­de­rung und ideo­lo­gi­scher “Dekon­struk­ti­on” eine Gesell­schaft, deren rela­ti­ve Ein­heit fak­tisch bestand, eth­nisch, kul­tu­rell, geis­tig in Stü­cke zer­legt, um dann aus dem frag­men­tier­ten Gan­zen eine neue, hypo­the­ti­sche ideo­lo­gi­sche “Ein­heit” zu beschwö­ren, die frei­lich erst fabri­ziert wer­den muß, durch ein ris­kan­tes Sozi­al­ex­pe­ri­ment, des­sen Gelin­gen nie­mand garan­tie­ren kann, für das aber bereits im Anfangs­sta­di­um zer­stör­te Leben und zer­stör­te See­len in Kauf genom­men werden.

Man kann die­se Ent­wick­lun­gen allen­falls psy­cho­lo­gisch durch­leuch­ten und phä­no­me­no­lo­gisch beschrei­ben, poli­tisch, mora­lisch, öko­no­misch oder sonst­wie ratio­nal recht­fer­ti­gen kann man sie nicht. Mei­ne wie gesagt ohne­hin schon über­for­der­te, und inzwi­schen etwas scho­ckier­te Gesprächs­part­ne­rin hat­te als Ant­wort nur ein paar Schlag­wör­ter parat, die man an die­ser Stel­le oft zu hören bekommt. “Ein Land kann doch nicht immer blei­ben, wie es war, es muß sich doch moder­ni­sie­ren.” – “Wel­ches Land auf der Welt ist denn ‘moder­ner’ und ‘pro­gres­si­ver’ gewe­sen als Schwe­den? Es wird dadurch gewiß nicht noch ‘moder­ner’, indem es Bevöl­ke­rungs­grup­pen impor­tiert, die von einer prä- bis anti­mo­der­nen Men­ta­li­tät geprägt sind, denen auch noch welt­weit bei­spiel­lo­se Zuge­ständ­nis­se gemacht werden.”

“Aber das Schwe­den von Berg­man und Lind­gren ist doch ein unrea­lis­ti­sches Ide­al, in der Wirk­lich­keit ist Schwe­den nicht so per­fekt.” Das war unbe­hol­fen aus­ge­drückt – was sie mein­te, war wohl das madig gemach­te Bild des tra­di­tio­nel­len Schwe­dens, das die Lin­ke als Vor­wand benutzt, es gene­rell zum Abbruch frei­zu­ge­ben. – “Na, das Schwe­den Berg­mans ist ja alles ande­res als ‘per­fekt’. Aber auf das Per­fekt­sein kommt es doch gar nicht an. Kei­ne Gesell­schaft ist ‘per­fekt’. Man kann kri­tisch gegen­über sei­nem Land sein, und alle Schat­ten­sei­ten sehen, und es trotz­dem lie­ben. Nicht anders liebt man sei­ne Freun­de, sei­ne Fami­lie, sei­ne Kin­der, sei­nen Ehe­part­ner, wenn sie denn über­haupt liebt. Mit all den Kri­sen, die via Ein­wan­de­rung impor­tiert wer­den, wird euer Land jeden­falls auch nicht bes­ser und perfekter.”

“Aber die Gesell­schaft ver­än­dert sich eben, das ist doch immer schon so gewe­sen, was ist denn schlimm dar­an?”- “Ers­tens ein­mal ist Ver­än­de­rung per se genau­so­we­nig auto­ma­tisch ein Wert, wie die Erhal­tung des Sta­tus Quo per se einer ist. Wenn ich Krebs habe, ‘ver­än­dert’ sich ja auch etwas in mei­nen Kör­per, ohne daß ich das gut fin­den muß. Zwei­tens kann man ja gera­de an Schwe­den sehen, daß die­se ‘Ver­än­de­rung’ nicht ein­fach so ‘pas­siert’. Son­dern sie ist etwas Gewoll­tes, Gemach­tes, Vor­an­ge­trie­be­nes. Und die sie vor­an­trei­ben, haben nicht die­sel­ben Inter­es­sen wie die Völ­ker Europas.

Die Mas­sen­ein­wan­de­rung und Selbst­zer­set­zung Euro­pas der letz­ten 40, 50 Jah­re hat in der gan­zen Geschich­te kei­nen ver­gleich­ba­ren Vor­läu­fer. Wie kann man soet­was ver­ges­sen? Wie kann man his­to­risch so bewußt­los sein, daß man das nicht sieht? Und nun: wer wünscht sich denn ehr­lich ein ori­en­ta­li­sier­tes Schwe­den? Nie­mand, der es wirk­lich liebt, wird das tun, ob Tou­rist oder Ein­hei­mi­scher. Das aber wird die Fol­ge sein, wenn die Ent­wick­lun­gen so wei­ter laufen.”

Wir stra­pa­zier­ten die­sen Punkt nun aber nicht wei­ter, und bogen das Gespräch gut skan­di­na­visch in Small­talk über das Wet­ter und die schö­nen Häu­ser in man­chen Außen­be­zir­ken Wiens ab. Aber ich bin mir sicher, daß mei­ne Gesprächs­part­ne­rin im Inne­ren wuß­te, daß ich recht habe, weil das jeder weiß und fühlt, der den Kopf noch nicht gänz­lich im Sand ste­cken hat.

All dies stand an die­sem hel­len, küh­len Novem­ber­tag wie­der kris­tall­klar vor mir.  Und  nun? “Empört euch!” à la Sté­pha­ne Hes­sel? Ich erin­ner­te mich wie­der an die berühm­ten Schluß­wor­te von Arnold Geh­lens “Moral und Hypermoral”: 

Teuf­lisch ist, wer das Reich der Lüge auf­rich­tet und ande­re Men­schen zwingt, in ihm zu leben. Das geht über die Demü­ti­gung der geis­ti­gen Abtren­nung noch hin­aus, dann wird das Reich der ver­kehr­ten Welt auf­ge­rich­tet, und der Anti­christ trägt die Mas­ke des Erlö­sers, wie auf Signo­rel­lis Fres­co in Orvie­to. Der Teu­fel ist nicht der Töter, er ist Dia­bo­los, der Ver­leum­der, ist der Gott, in dem die Lüge nicht Feig­heit ist, wie im Men­schen, son­dern Herr­schaft. Er ver­schüt­tet den letz­ten Aus­weg der Ver­zweif­lung, die Erkennt­nis, er stif­tet das Reich der Ver­rückt­heit, denn es ist Wahn­sinn, sich in der Lüge einzurichten.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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